4 Ni 17/12 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 17/12 (EP) verbunden mit 4 Ni 29/12 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
17. Dezember 2013 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 gegen …
betreffend das europäische Patent EP 1 077 658 (DE 699 20 440)
hat der 4. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Dezember 2013 durch den Vorsitzenden Richter Engels sowie die Richterin Friehe, die Richter Dipl.-Phys. Dr.rer.nat. Müller, Dipl.-Ing. Veit und Dipl.-Ing. Univ. Schmidt-Bilkenroth für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 077 658 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass seine Patentansprüche folgende Fassung erhalten:
1) Stimmventil zur Verbindung mit einer Tracheostoma, mit einem regenerativen Filter (16) zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch beim Atmen durch das Stimmventil, einem Gehäuse (15), das den Filter (16) aufnimmt und eine erste Öffnung (13A) an einer Seite von dem Filter zur Verbindung mit der Tracheostoma, zumindest eine zweite Öffnung an der gegenüberliegenden Seite von dem Filter, die mit der Umgebung verbunden ist, und ein manuell betätigbares Ventilelement (15`, 23) zum Blockierern eines Luftgangs durch den Filter aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass ein Sockel (13, 20, 30), der in das Innere von dem Gehäuse (15) ragt, einen Ventilsitz bildet, welcher die erste Öffnung (13A) definiert, um mit dem Ventilelement (15´, 23) durch eine manuelle Betätigung von diesem abdichtend in Eingriff zu kommen, wobei die erste Öffnung (13A) durch eine Dichtfläche (13A) begrenzt ist, die durch das Gehäuse (15) ausgebildet ist, und wobei die Dichtfläche (13A) durch die Endfläche des Sockels (13, 20, 30) ausgebildet ist.
2) Stimmventil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse (15) mit einem Kreuz aus abdichtenden Schwächungslinien (18) zum Durchdringen des Gehäuses unter Öffnung einer Saugkatheteröffnung versehen ist.
II. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen 1/3 und die Beklagte 2/3.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 077 658 (Streitpatent), das am 12. Mai 1999 unter Inanspruchnahme der Priorität der Patentanmeldung SE 9801685 vom 14. Mai 1998 angemeldet wurde. Das Streitpatent wurde in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 699 20 440 geführt. Es betrifft ein Stimmventil mit Filter und umfasst 12 Patentansprüche, die sämtlich angegriffen sind.
Patentanspruch 1 lautet in der Verfahrenssprache Englisch:
-5und in der deutschen Übersetzung Wegen der abhängigen Ansprüche 2 bis 12 wird auf die Streitpatentschrift Bezug genommen.
Die internationale Offenlegungsschrift vom 2. Dezember 1999 trägt die Nummer WO 99/60954 und wurde als K1 bzw. MLP 12 vorgelegt.
Mit ihren Klagen machen die Klägerinnen die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung und des Schutzumfangs und der fehlenden Patentfähigkeit geltend, die Klägerin zu 1 beruft sich zudem auf die fehlende Ausführbarkeit hinsichtlich der Patentansprüche erteilter Fassung.
Die Klägerinnen berufen sich auf folgenden druckschriftlichen Stand der Technik (Klägerin zu 1: MLPx bzw. GPRx; Klägerin zu 2: Kx):
MLP5 = K 18 MLP6a = K 19 MLP6b = K 19a MLP7 = K 20 SE 348 643 SE 467 195 EP 0 387 220 A2 (zur MLP6a parallele EPSchrift) WO 95/17138 A1 MLP11 = K 9 MLP15 MLP16 MLP17 MLP18 = K13 MLP19 = K13 GPR 21 K9 = MLP11 K10 K11 K12 K13 = MLP18/19 K14 K15 K15a K16 K17 K18 = MLP5 K19 = MLP6a WO 98/33543 A1 nachveröffentlichter Stand der Technik, auszugsweise Kopie des Katalogs „1995 Professional Catalog“ der INHEALTH TECHNOLOGIES mit Copyright-Vermerk November 1994 auszugsweise Kopie des Katalogs „Hilfen zur Rehabilitation“ der Klägerin mit Vermerk Auflage/Stand 08/1997 auszugsweise Kopie des Katalogs „Hilfen zur Rehabilitation“ der Klägerin, lt. Klägerin aus dem Jahr 1993 (in der DS ist kein Erscheinungsdatum angegeben) WO 93/08860 A1 DE 692 11 011 T2 (Übersetzung der EP 0 610 413 B1; EP-Patent zu MLP18) Auszug aus einer Preisliste 1996 der Klägerin zu 1) WO 98/33543 A FR 2 567 748 A GB 2 313 317 A SE 9402574 A WO 93/08860 A1 US 4 971 054 US 5 738 095 EP 0 735 844 B1 (zur K15 parallele EPSchrift) US 4 592 058 US 4 325 366 SE 348 643 SE 467 195 K19a = MLP6b K20 = MLP7 EP 0 387 220 B2 (zur K19 parallele EPSchrift) WO 95/17138 A1.
Die Klägerinnen beantragen,
das europäische Patent 1 077 658 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen; hilfsweise, die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit dem am 26. November 2013 eingereichten Hauptantrag verteidigt wird,
weiter hilfsweise, die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag Ia verteidigt wird; ferner hilfsweise, die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den am 26. November 2013 eingereichten Hilfsanträgen 1 bis 3 verteidigt wird; weiter hilfsweise, die Klage abzuweisen, soweit das Streitpatent mit den Ansprüchen 1 und 5 des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags Ia verteidigt wird (Hilfsantrag Ib).
Der in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag Ia hat folgenden Inhalt:
1. Stimmventil zum Verbindung mit einer Tracheostoma, mit einem regenerativen Filter (16) zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch beim Atmen durch das Stimmventil, einem Gehäuse (15), das den Filter (16) aufnimmt und eine erste Öffnung (13A) an einer Seite von dem Filter zur Verbindung mit der Tracheostoma, zumindest eine zweite Öffnung an der gegenüberliegenden Seite von dem Filter, die mit der Umgebung verbunden ist, und ein manuell betätigbares Ventilelement (15`, 23) zum Blockieren eines Luftgangs durch den Filter aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass ein Sockel (13, 20, 30), der in das Innere von dem Gehäuse (15) ragt, einen Ventilsitz bildet, welcher die erste Öffnung (13A) definiert, um mit dem Ventilelement (15´, 23) durch eine manuelle Betätigung von diesem abdichtend in Eingriff zu kommen, wobei die erste Öffnung (13A) durch eine Dichtfläche (13A) begrenzt ist, die durch das Gehäuse (15) ausgebildet ist, und wobei die Dichtfläche (13A) durch die Endfläche des Sockels (13, 20, 30) ausgebildet ist.
2. Stimmventil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse (15) einen an beiden Enden offenen Sockel umfasst, wobei die erste Öffnung zwischen zwei Filterkörpern (16) angeordnet ist, die jeweils an einem Ende von dem Sockel angeordnet sind.
3. Stimmventil nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das manuell betätigbare Ventilelement einen Ventilteller (23) in dem Gehäuse (15) umfasst, das ein Betätigungselement (24), das an der Außenseite an dem Gehäuse verfügbar ist, aufweist.
4. Stimmventil nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Ventilteller eine elastisch verformbare Platte (23) umfasst, die mit dem Gehäuse verbunden ist.
5. Stimmventil nach einem der Ansprüche 1-4, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse (15) mit einem Kreuz aus abdichtenden Schwächungslinien (18) zum Durchdringen des Gehäuses unter Öffnung einer Saugkatheteröffnung versehen ist.
Die Patentinhaberin tritt dem Vorbringen der Klägerinnen entgegen. Sie hält den Gegenstand des Streitpatents für patentfähig, ausführbar und für nicht unzulässig erweitert.
Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis nach § 83 PatG zugeleitet. Auf Bl. 379 ff. der Akten wird Bezug genommen.
Des Weiteren wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 17. Dezember 2013.
Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig und insoweit begründet, als der Gegenstand des Streitpatents über die Fassung des in der mündlichen Verhandlung gestellten letztrangigen Hilfsantrags Ib hinausgeht; soweit das Patent mit diesem Hilfsantrag zulässig verteidigt wird, sind die Ansprüche nicht unzulässig erweitert und patentfähig (Art. II § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 3 IntPatÜG; Art. 138 Abs. 1 a) und c), Art. 54 und 56 EPÜ). Der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Ausführbarkeit wurde hinsichtlich dieses Hilfsantrags nicht geltend gemacht.
I.
1. Das Streitpatent betrifft ein Stimmventil, das bei einem Tracheostoma Anwendung findet (Abs. [0001]). Nach der Beschreibungseinleitung sind im Stand der Technik Stimmventile bekannt, die von Menschen mit Tracheostoma angewendet werden. Nach Absatz [0007] der Beschreibung des Streitpatents wird bei dem Stimmventil nach der WO 95/17138 A1 der Luftgang durch das Tracheostoma über den Filter blockiert, indem die zweite Öffnung bei manueller Betätigung des Ventilelementes geschlossen wird. Nach den Ausführungen im Streitpatent beinhaltet das einen klaren Nachteil, weil nur ein begrenztes Gebiet in einer Ebene von der Öffnung und somit von dem Filter vorgesehen sein kann, um einen dichten Verschluss zu erreichen. Ansonsten würde das Stimmventil bei dem notwendigen Filtervolumen unverhältnismäßig hoch werden. Eine kleine Fläche des Filters impliziere einen schlechten Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch.
2. Ausgehend hiervon bezeichnet es die Patentschrift in Absatz [0008] als Aufgabe der Erfindung, diesen Nachteil zu beheben.
3. Zur Lösung dieser Aufgabe gibt das Patent im erteilten Anspruch 1 ein Stimmventil mit folgenden Merkmalen an (Gliederung hinzugefügt; Fassung in der Verfahrenssprache Englisch kursiv gekennzeichnet):
a Stimmventil zum Verbindung mit einer Tracheostoma, Vocal valve for connection to a tracheostoma,
b mit einem regenerativen Filter (16) zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch beim Atmen durch das Stimmventil, comprising a regenerating filter (16) for moisture and heat exchange at breathing through the vocal valve,
c einem Gehäuse (15), a housing (15)
c1 das den Filter (16) aufnimmt und receiving the filter (16) and c2 eine erste Öffnung (13A) an einer Seite von dem Filter zur Verbindung mit der Tracheostoma, having a first opening (13A) at one side of the filter to be connected to the tracheostoma,
c3 zumindest eine zweite Öffnung an der gegenüberliegenden Seite von dem Filter, die mit der Umgebung verbunden ist, at least one second opening at the opposite side of the filter, communicating with the surroundings,
c4 und ein manuell betätigbares Ventilelement (15', 23) zum Blockieren eines Luftgangs durch den Filter aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass and a manually operated valve element (15', 23) for blocking the air passage through the filter, characterized that d eine Hülse (13, 20, 30), a socket (13, 20, 30)
d1 die in das Innere von dem Gehäuse (15) ragt, projecting into the interior of the housing (15)
d2 einen Ventilsitz bildet, forms a valve seat d21 welcher die erste Öffnung (13A) definiert, defining said first opening (134),
d22 um mit dem Ventilelement (15', 23) durch eine manuelle Betätigung von diesem abdichtend in Eingriff zu kommen. to be sealingly engaged by the valve element (15', 23) at manual operation thereof.
Nach Patentanspruch 1 in der hilfsweise verteidigten Fassung (Hauptantrag vom 26. November 2013) weist das Stimmventil folgende Merkmale auf (Gliederung hinzugefügt):
a Stimmventil zum Verbindung mit einer Tracheostoma, b mit einem regenerativen Filter (16) zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch beim Atmen durch das Stimmventil, c einem Gehäuse (15), c1 das den Filter (16) aufnimmt und c2 eine erste Öffnung (13A) an einer Seite von dem Filter zur Verbindung mit der Tracheostoma, c3 zumindest eine zweite Öffnung an der gegenüberliegenden Seite von dem Filter, die mit der Umgebung verbunden ist, c4 und ein manuell betätigbares Ventilelement (15', 23) zum Blockieren eines Luftgangs durch den Filter aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass d‘ ein Sockel (13, 20, 30), d1‘ der in das Innere von dem Gehäuse (15) ragt, d2 einen Ventilsitz bildet, d21 welcher die erste Öffnung (13A) definiert, d22 um mit dem Ventilelement (15', 23) durch eine manuelle Betätigung von diesem abdichtend in Eingriff zu kommen,
d23 wobei die erste Öffnung (13A) durch eine Dichtfläche (13A) begrenzt ist, die durch das Gehäuse (15) ausgebildet ist,
d24 und wobei die Dichtfläche (13A) durch die Endfläche des Sockels (13, 20, 30) ausgebildet ist e wobei das Gehäuse aus einem unelastischen Material hergestellt ist,
f und wobei ein separates Ventilelement innerhalb des Gehäuses bereitgestellt ist, um mit dem Ventilsitz zusammenzuwirken,
f1 wobei das Ventilelement von außerhalb des Gehäuses betätigt wird.
Nach Patentanspruch 1 in der weiter hilfsweise verteidigten Fassung gemäß dem in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrag Ia weist das Stimmventil folgende Merkmale auf (Gliederung hinzugefügt)
a Stimmventil zum Verbindung mit einer Tracheostoma, b mit einem regenerativen Filter (16) zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch beim Atmen durch das Stimmventil, c einem Gehäuse (15), c1 das den Filter (16) aufnimmt und c2 eine erste Öffnung (13A) an einer Seite von dem Filter zur Verbindung mit der Tracheostoma, c3 zumindest eine zweite Öffnung an der gegenüberliegenden Seite von dem Filter, die mit der Umgebung verbunden ist, c4 und ein manuell betätigbares Ventilelement (15', 23) zum Blockieren eines Luftgangs durch den Filter aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass d‘ ein Sockel (13, 20, 30), d1‘ der in das Innere von dem Gehäuse (15) ragt, d2 einen Ventilsitz bildet, d21 welcher die erste Öffnung (13A) definiert,
d22 um mit dem Ventilelement (15', 23) durch eine manuelle Betätigung von diesem abdichtend in Eingriff zu kommen,
d23 wobei die erste Öffnung (13A) durch eine Dichtfläche (13A) begrenzt ist, die durch das Gehäuse (15) ausgebildet ist,
d24 und wobei die Dichtfläche (13A) durch die Endfläche des Sockels (13, 20, 30) ausgebildet ist.
In der weiter hilfsweise verteidigten Fassung gemäß den am 26. November 2013 eingereichten Hilfsanträgen 1-3 lauten die jeweiligen Patentansprüche 1 gegliedert (Unterschiede zum Hauptantrag vom 26. November 2013 gekennzeichnet):
Hilfsantrag 1:
a Stimmventil zum Verbindung mit einer Tracheostoma, b1 mit einem aus einem Schaummaterial bestehenden b regenerativen Filter (16) zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch beim Atmen durch das Stimmventil, c einem Gehäuse (15), c1 das den Filter (16) aufnimmt und c2 eine erste Öffnung (13A) an einer Seite von dem Filter zur Verbindung mit der Tracheostoma, c3 zumindest eine zweite Öffnung an der gegenüberliegenden Seite von dem Filter, die mit der Umgebung verbunden ist, c4 und ein manuell betätigbares Ventilelement (15', 23) zum Blockieren eines Luftgangs durch den Filter aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass d‘ ein Sockel (13, 20, 30), d1‘ der in das Innere von dem Gehäuse (15) ragt, d2 einen Ventilsitz bildet, d21 welcher die erste Öffnung (13A) definiert, d22 um mit dem Ventilelement (15', 23) durch eine manuelle Betätigung von diesem abdichtend in Eingriff zu kommen,
d23 wobei die erste Öffnung (13A) durch eine Dichtfläche (13A) begrenzt ist, die durch das Gehäuse (15) ausgebildet ist,
d24 und wobei die Dichtfläche (13A) durch die Endfläche des Sockels (13, 20, 30) ausgebildet ist e wobei das Gehäuse aus einem unelastischen Material hergestellt ist,
f und wobei ein separates Ventilelement innerhalb des Gehäuses bereitgestellt ist, um mit dem Ventilsitz zusammenzuwirken,
f1 wobei das Ventilelement von außerhalb des Gehäuses betätigt wird.
Hilfsantrag 2:
a Stimmventil zum Verbindung mit einer Tracheostoma, b mit einem regenerativen Filter (16) zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch beim Atmen durch das Stimmventil, c einem Gehäuse (15), c1 das den Filter (16) aufnimmt und c2 eine erste Öffnung (13A) an einer Seite von dem Filter zur Verbindung mit der Tracheostoma, c3 zumindest eine zweite Öffnung an der gegenüberliegenden Seite von dem Filter, die mit der Umgebung verbunden ist, c4 und ein manuell betätigbares Ventilelement (15', 23) zum Blockieren eines Luftgangs durch den Filter aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass d‘ ein Sockel (13, 20, 30), d1‘ der in das Innere von dem Gehäuse (15) ragt, d2 einen Ventilsitz bildet, d21 welcher die erste Öffnung (13A) definiert, d22 um mit dem Ventilelement (15', 23) durch eine manuelle Betätigung von diesem abdichtend in Eingriff zu kommen,
d23 wobei die erste Öffnung (13A) durch eine Dichtfläche (13A) begrenzt ist, die durch das Gehäuse (15) ausgebildet ist,
d24 und wobei die Dichtfläche (13A) durch die Endfläche des Sockels (13, 20, 30) ausgebildet ist,
e wobei das Gehäuse aus einem unelastischen Material hergestellt ist,
f‘ und wobei ein separater Ventilteller innerhalb des Gehäuses bereitgestellt ist, um mit dem Ventilsitz zusammenzuwirken,
f1 wobei das Ventilelement von außerhalb des Gehäuses betätigt wird f2 und wobei der Ventilteller (23) eine elastisch verformbare Platte umfasst, die mit dem Gehäuse (15) verbunden ist.
Hilfsantrag 3:
a Stimmventil zum Verbindung mit einer Tracheostoma, b mit einem regenerativen Filter (16) zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch beim Atmen durch das Stimmventil, c einem Gehäuse (15), c1 das den Filter (16) aufnimmt und c2 eine erste Öffnung (13A) an einer Seite von dem Filter zur Verbindung mit der Tracheostoma, c3 zumindest eine zweite Öffnung an der gegenüberliegenden Seite von dem Filter, die mit der Umgebung verbunden ist, c4 und ein manuell betätigbares Ventilelement (15', 23) zum Blockieren eines Luftgangs durch den Filter aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass d‘ ein Sockel (13, 20, 30), d1‘ der in das Innere von dem Gehäuse (15) ragt, d2 einen Ventilsitz bildet, d21 welcher die erste Öffnung (13A) definiert,
d22 um mit dem Ventilelement (15', 23) durch eine manuelle Betätigung von diesem abdichtend in Eingriff zu kommen,
d23 wobei die erste Öffnung (13A) durch eine Dichtfläche (13A) begrenzt ist, die durch das Gehäuse (15) ausgebildet ist,
d24 und wobei die Dichtfläche (13A) durch die Endfläche des Sockels (13, 20, 30) ausgebildet ist,
e wobei das Gehäuse aus einem unelastischen Material hergestellt ist,
f‘ und wobei ein separater Ventilteller innerhalb des Gehäuses bereitgestellt ist, um mit dem Ventilsitz zusammenzuwirken,
f1 wobei das Ventilelement von außerhalb des Gehäuses betätigt wird f2 und wobei der Ventilteller (23) eine elastisch verformbare Platte umfasst, die mit dem Gehäuse (15) verbunden ist f3 und wobei das Gehäuse (15) mit einem Kreuz aus abdichtenden Schwächungslinien zum Durchdringen des Gehäuses unter Öffnung einer Saugkatheteröffnung versehen ist.
In der weiter hilfsweise verteidigten Fassung gemäß dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag Ib wird das Streitpatent nur noch mit den Ansprüchen 1 und 5 des in der mündlichen Verhandlung eingereichten Hilfsantrags Ia verteidigt.
Zu den jeweiligen Unteransprüchen wird auf die Akten verwiesen.
4. Als zuständigen Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur mit Hochschulbildung der Fachrichtung Medizintechnik mit beruflicher Erfahrung in der Entwicklung von Stimm- bzw. Sprechventilen.
II.
1. Den Grundsätzen zu Art. 69 Abs. 1 EPÜ folgend, ist bei der Auslegung eines europäischen Patents der Patentanspruch seinem technischen Sinn nach aufzufassen. Das heißt, dass der Erfindungsgedanke unter Ermittlung von Aufgabe und Lösung, wie sie sich aus dem Patent ergeben, zu bestimmen und maßgebend ist, wie der angesprochene Fachmann die Angaben versteht und welche Schlussfolgerungen er hieraus für die erfindungsgemäße Beschaffenheit zieht. Nach dessen maßgeblichem Verständnis und einer am Gesamtzusammenhang orientierten Betrachtung (st. Rspr., vgl. BGH, Urt. v. 18. November 2010, Xa ZR 149/07 = GRUR 2011, 129 – Fentanyl-TTS) ist zu beurteilen, welche technische Lehre Gegenstand des jeweiligen Patentanspruchs ist und welchen technischen Sinngehalt den Merkmalen des Patentanspruchs im Einzelnen und in ihrer Gesamtheit zukommt (BGH, Urt. v. 12. März 2002, X ZR 168/00 =GRUR 2002, 515, 517 - Schneidmesser I, m. w. N.). Dabei können in der Beschreibung enthaltene Angaben zur Aufgabe der Erfindung einen Hinweis auf das richtige Verständnis des Patentanspruchs enthalten; sie sind ein Hilfsmittel bei der Ermittlung des objektiven technischen Problems (BGH, Urt. v. 15. Mai 2012, X ZR 98/09 = GRUR 2012, 803 – Calcipotriol-Monohydrat), wobei die Patentschrift im Hinblick auf die gebrauchten Begriffe auch ihr eigenes Lexikon darstellt (BGH, Urt. v. 2. März 1999, X ZR 85/96 = GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube; Urt. v. 13. April 1999, X ZR 23/97 = Mitt. 2000, 105, 106 - Extrusionskopf). Ausgehend hiervon legt der Senat folgendes Verständnis zu Grunde:
1.1. Erste Öffnung (first opening); Merkmal c2: dieser Begriff kommt abgesehen vom Abs. [0006] der Streitpatentschrift, wo der Stand der Technik beschrieben ist, nur in den Patentansprüchen mit Bezugszeichen 13A vor. In den Ausführungsbeispielen wird dieses Bezugszeichen für die Begriffe Auflagefläche (seat surface; Abs. [0010], [0012], [0016], [0017] und [0018]) bzw. Auflage (seat; Abs. [0011]) bzw. Ventilauflagefläche (valve seat; Abs. [0014]) an dem Endflansch (end flange 13) einer Luftröhrenkanüle (tracheal cannula 10; vgl. Fig. 1, 6 und 10) sowie an der Öffnung eines Kragens (collar 20; vgl. Fig. 11) oder zentralen Rings (central ring 30; vgl. Fig. 15 und 17) verwendet. Als erste Öffnung kann daher die von dieser Fläche 13A umgrenzte jeweilige Öffnung des Endflansches (end flange 13), Kragens (collar 20) oder zentralen Rings (central ring 30) bezeichnet werden.
1.2. Zweite Öffnung (second opening); Merkmal c3: dieser Begriff kommt außer in der Beschreibung des Standes der Technik (Abs. [0006] und [0007]) nur im Anspruch 1 vor. Gemeint sind damit die in den Ausführungsbeispielen gezeigten Lufteinström- bzw. Luftausströmöffnungen (Endgitter [end grid 17] / Öffnungen [openings 21, apertures 27]) des Gehäuses (15 bzw. 15A/15B), über die der Filter 16 in Kontakt mit der Umgebung steht.
1.3. Hülse/Sockel (socket); Merkmal d/d': diese soll in das Innere des Gehäuses 15 ragen und einen Ventilsitz bilden, welcher die erste Öffnung definiert (Merkmale d1/d1‘, d2 u. d21).
Entsprechend den angegebenen Bezugszeichen ist in den Ausführungsbeispielen damit ein Endflansch (end flange 13; Fig. 1) an einer Luftröhrenkanüle 10 bzw. ein Kragen (collar 20; Fig. 11) bzw. ein zentraler Ring (central ring 30; Fig. 15, 17) bezeichnet. Es spielt dabei – anders als zur Frage der unzulässigen Erweiterung - für das funktionale Begriffsverständnis keine Rolle, ob diese „Hülse“ bzw. dieser „Sockel“ ein eigenes Bauteil oder Teil einer in das Gehäuse ragenden Kanüle 10 oder als vom Gehäuseboden sich erhebender Kragen 20 bzw. Ring 30 Teil des Gehäuses ist. Maßgebend ist die Eignung für die im jeweiligen Anspruch 1 angegebene Funktion, nach der die „Hülse“ bzw. der „Sockel“ so ausgebildet sein muss, dass sie/er mit einem Ventilelement – bei manueller Betätigung desselben – abdichtend in Eingriff kommen kann. Eine Öffnung in einer Seitenwand des Gehäuses, die in der Ebene dieser Seitenwand liegt und nicht von der Seitenwand abgesetzt in Richtung Gehäuseinneres verlagert ist – wie dies beispielsweise bei einem Rohrstutzen oder Kragen, der in das Gehäuseinnere ragt, der Fall ist – ist dagegen nicht als Hülse/Sockel im Sinne des Streitpatents anzusehen. Daran ändert auch die Umbenennung des Begriffs „Hülse“ (als Übersetzung von „socket“) im erteilten Anspruch 1 in den Begriff „Sockel“ in den hilfsweise verteidigten Anspruchsfassungen nichts. Bei der gebotenen technisch funktionalen Auslegung anhand des Streitpatents und des danach maßgeblichen technischen Bedeutungsgehalts ist der Begriff „Sockel“ genau wie der Begriff „Hülse“ so zu verstehen, dass eine bloße (flache) Öffnung im Gehäuse dieses Merkmal nicht ausfüllt.
1.4. Ventilelement (valve element); Merkmal d22: dieses kann beispielsweise ein Teilbereich des verformbaren Ventilgehäuses 15 bzw. 15A/15B (Fig. 1: Bereich 15‘; Fig. 16, 17: zentraler Bereich 28 mit Öffnungen 27) oder ein separates bewegliches Element (Fig. 12, 13: Ventilteller [valve disc 23] mit Hülse [socket 24] als Ventilschaft) sein. Der Bereich des Ventilgehäuses 15, der durch Fingerdruck verformt werden soll, kann zur leichteren Verformbarkeit beispielsweise mit einer dünneren Wanddicke versehen sein (Fig. 1, S. 3 Z. 56 - S. 4 Z. 1: Bereich 15').
1.5. Unelastisches Material (rigid material) des Gehäuses; Merkmal e: ist im Sinne des Streitpatents ein Material, das sich nicht mit dem Finger so zusammendrücken bzw. deformieren lässt, dass die Gehäusewand den Ventilsitz abdichtet, um den Luftstrom zu unterbrechen. Mit einem elastischen Material im Sinne des Streitpatents ist dies dagegen möglich (siehe Fig. 4, S. 3 Z. 48-55).
III.
1. Patentanspruch 1 erteilter Fassung Der auf den Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. c EPÜ gestützte Angriff der Klägerin hat Erfolg und führt zur Nichtigerklärung, soweit die Beklagte gemäß Hauptantrag das Streitpatent in der erteilten Fassung verteidigt.
Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 stellt eine unzulässige, in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen nicht offenbarte Verallgemeinerung (Erweiterung) von zwei unterschiedlichen ursprünglich offenbarten Ausführungsformen dar (unzulässige Zwischenerweiterung). Zwar lässt die Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts auch Verallgemeinerungen ursprungsoffenbarter Ausführungsbeispiele zu und ein „breit“ formulierter Anspruch ist unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren technischen Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung - sei es in Gestalt eines in der Anmeldung formulierten Anspruchs, sei es nach dem Gesamtzusammenhang der Unterlagen - als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnehmbar ist (st. Rspr. BGH, Urt. v. 11. Februar 2014 - X ZR 107/12 - Kommunikationskanal; Urteil vom 17. Juli 2012 – X ZR 117/11, BGHZ 194, 107 Rn. 52 - Polymerschaum). Denn das Erfordernis einer unmittelbaren und eindeutigen Offenbarung muss in einer Weise angewendet werden, die berücksichtigt, dass die Ermittlung dessen, was dem Fachmann als Erfindung und was als Ausführungsbeispiel der Erfindung offenbart wird, wer- tenden Charakter hat, und eine unangemessene Beschränkung des Anmelders bei der Ausschöpfung des Offenbarungsgehalts der Voranmeldung vermeidet (BGH, Urt. v. 11. Februar 2014 - X ZR 107/12 – Kommunikationskanal). Die Grenze des Zulässigen ist jedoch überschritten, wenn mit der Abstraktion auf eine als solche nicht genannte oder für den Fachmann ohne Weiteres erkennbare Eigenschaft abgehoben wird (BGH Urt. v. 14. August 2012, X ZR 3/10 = GRUR 2012, 1133UV-unempfindliche Druckplatte). So ist es hier.
In den MLP12]
ursprünglichen Unterlagen (vgl. WO 99/60954 A1 [K1 =
- Offenlegungsschrift –
bzw.
PCT/SE1999/000803 [K1a] - schwedischsprachige Anmeldeunterlagen – mit Übersetzung [K1b]) ist offenbart:
a) eine Kombination der Ansprüche 1 und 3 und 4 (die direkt aufeinander rückbezogen sind), bei der die die erste Öffnung begrenzende Dichtfläche (sealing surface 13A) Teil des Gehäuses 15 ist (Offenlegungsschrift, Anspruch 3: „said first opening ist bounded by a sealing surface (13A) formed by the housing (15)“) und diese Dichtfläche von der Endfläche einer Hülse/Sockel (socket) ausgebildet ist, die in das Innere des Gehäuses ragt (Offenlegungsschrift, Anspruch 4: „that the sealing surface (13A) is formed by the end surface of a socket (20; 30) projecting into the interior of the housing“).
Dies entspricht der Ausführungsform gemäß der Abwandlung des zweiten Ausführungsbeispiels (Fig. 11: collar 20 [= Hülse/Sockel]) und gemäß dem vierten Ausführungsbeispiel (Fig. 15 bis 17: central ring 30 [= Hülse/Sockel]).
b) eine Kombination der Ansprüche 1 und 2, bei der die erste Öffnung die Endöffnung einer Luftröhrenkanüle umfasst (Offenlegungsschrift, Anspruch 2: „said first opening comprises the end opening of a tracheal cannula (10)“). Dies entspricht der Ausführungsform gemäß dem ersten (Fig. 1 bis 5) und dem nicht abgewandelten zweiten (Fig. 6 bis 10) sowie dem dritten Ausführungsbeispiel (Fig. 12 bis 14). Bei dieser Ausführungsform wird die Dichtfläche (sealing surface 13A)
durch einen Endflansch (end flange 13) an der Luftröhrenkanüle (tracheal cannula 10) gebildet (Offenlegungsschrift, S. 4 Z. 31 - S. 5 Z. 2, Anspr. 2), die nicht Teil des Gehäuses ist. Von einer Hülse/Sockel (socket oder stuts) ist hier nicht die Rede.
Die gegenüber dem ursprünglichen Anspruch 1 (Merkmale a bis c4, d22) neu in den erteilten Anspruch 1 aufgenommenen Merkmale d bis d21 gründen auf den Merkmalen des ursprünglichen Anspruchs 4, wobei der Begriff Dichtfläche (sealing surface) durch den in der ursprünglichen Beschreibung angegebenen Begriff Ventilsitz (valve seat) ersetzt ist. Weggelassen wurden im erteilten Anspruch 1 die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 3, auf den der ursprüngliche Anspruch 4 zwingend rückbezogen war. Somit liegt eine unzulässige Verallgemeinerung (Erweiterung) der ursprünglich offenbarten Ausführungsform a) vor, da der Fachmann der ursprünglichen Ausführungsform die nunmehr beanspruchte verallgemeinerte Lehre und Eigenschaft, dass die Dichtfläche 13A nicht durch das Gehäuse 15 ausgebildet sein muss, nicht als zur ursprünglichen Offenbarung der maßgeblichen Ausführungsbeispiele zugehörig ansieht. Auch in der übrigen ursprünglichen Beschreibung oder in den ursprünglichen Patentansprüchen ist keine so breite Ausführungsform wie im erteilten Anspruch 1 angegeben offenbart.
Patentanspruch 1 der erteilten Fassung des Streitpatents ist somit unzulässig erweitert.
c. Der Prüfung weiterer Patentansprüche erteilter Fassung bedarf es nicht, da die Beklagte das Streitpatent hilfsweise mit mehreren Anspruchssätzen verteidigt und bereits damit, wie auch ihre ausdrückliche Erklärung in der mündlichen Verhandlung und der zusätzliche nachrangige letzte Hilfsantrag Ia bestätigt haben, zum Ausdruck gebracht hat, in welcher Reihenfolge und in welcher Form sie das Streitpatent beschränkt verteidigen will und eine Prüfung wünscht. Danach besteht kein Raum für eine vorrangige Prüfung weiterer einzelner Patentansprüche des Anspruchssatzes nach Hauptantrag vor der Überprüfung der jeweiligen nachrangigen Anspruchssätze der Hilfsanträge. Eine hiervon abweichende Teilnichtigerklärung würde deshalb dem erklärten Willen des Patentinhabers widersprechen, der auch im Nichtigkeitsverfahren zu beachten ist (BPatG GRUR 2009, 46, 49 - Ionenaustauschverfahren m. w. N.; BPatG GRUR 2012, 99 - Lysimeterstation).
2. Fassungen nach Haupt- und Hilfsanträgen 1 bis 3 von 26. November 2013 Auch soweit die Beklagte das Streitpatent hilfsweise mit dem am 26. November 2013 eingereichten Hauptantrag und Hilfsanträgen 1 bis 3 vom 26. November 2013 beschränkt verteidigt, erweisen sich die Klagen bereits deshalb als begründet, weil sich die insoweit verteidigte Fassung der Patentansprüche wegen der darin enthaltenen unzulässigen Erweiterung des Inhalts der Anmeldung Art. II § 6 Nrn. 1 IntPatÜG als unzulässig erweist und bereits deshalb das Streitpatent insoweit keinen Bestand haben kann.
2.1. Hauptantrag vom 26. November 2013 In den Anspruch 1 gemäß Hauptantrag vom 26. November 2013 sind gegenüber dem erteilten Anspruch 1 noch die Merkmale d23, d24, e, f und f1 aufgenommen, wobei der Begriff „Hülse“ im Merkmal d des erteilten Anspruchs 1 durch den Begriff „Sockel“ mit den Bezugszeichen (13, 20, 30) (Merkmal d‘) ersetzt ist. Der Begriff „Sockel“, wie er den Figuren mit den vorgenannten Bezugszeichen zu entnehmen ist, entspricht der deutschen Übersetzung des englischen Begriffs „socket“ im Anspruch 4 der Offenlegungsschrift bzw. dem Begriff „stuts“ in den schwedischsprachigen Anmeldeunterlagen.
Die Merkmale a bis c4 u. d22 gründen auf dem ursprünglichen Anspruch 1. Das Merkmal d23 ist aus dem ursprünglichen Anspruch 3 und die Merkmale d‘, d1‘, d2, d21 und d24 sind aus dem ursprünglichen Anspruch 4 entnommen.
Die Merkmale a bis d24 entsprechen somit der Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1 und 3 und 4, welche sich auf eine Ausführungsform bezieht, bei der die Dichtfläche (sealing surface 13A) Teil des Gehäuses ist, wie in der Fig. 11 und den Fig. 15 bis 17 gezeigt (= Ausführungsform a); vgl. die Ausführungen zum erteilten Anspruch 1 unter 2.).
Die weiteren Merkmale e, f, f1 sind der ursprünglichen Beschreibung (Offenlegungsschrift: S. 7 Z. 15 bis 22; K1b: S. 6 Z. 1 bis 6) entnommen. Diese Merkmale beziehen sich jedoch auf eine andere Ausführungsform (Fig. 12 und 13), bei der die erste Öffnung die Endöffnung einer Luftröhrenkanüle umfasst, gemäß der Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1 und 2 (Ausführungsform b); vgl. die Ausführungen zum erteilten Anspruch 1 unter 2.). Damit sind im Anspruch 1 zwei völlig verschiedene Ausführungsformen vermischt. Insoweit liegt eine unzulässige Erweiterung vor.
Die Beklagte machte in der mündlichen Verhandlung den Einwand geltend, dass die ursprüngliche Offenbarung der Merkmale e, f, f1 auf S. 7 Z. 15 bis 19 der Offenlegungsschrift eine von den Fig. 12 und 13 losgelöste allgemeine Offenbarung darstelle, die sich nicht auf eine bestimmte Ausführungsform beziehe. Erst die daran anschließende Beschreibung ab Z. 19 (For example …) betreffe die in den Fig. 12 und 13 gezeigte spezielle Ausführungsform b) mit der Luftröhrenkanüle (tracheal cannula 10). Die Angabe auf S. 7 Z. 22 der Offenlegungsschrift „Such an embodiment is disclosed in Figs. 12 and 13“ beziehe sich nur auf den vorhergehenden Satz „For example …“ und nicht auf die weiteren vorhergehenden Beschreibungsteile.
Dieser Meinung kann der Senat nicht folgen, weil sich der Fachmann gedanklich nicht vom Kontext der Beschreibung lösen und in dem die Merkmale e, f, f1 betreffenden Beschreibungsteil (Offenlegungsschrift, S. 7 Z. 15 bis 19) keine allgemeine Lehre lesen wird. Eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung liegt insoweit nicht vor. Bei unbefangenem Lesen des Textes ab S. 7 Z. 6, wo mit Beginn eines neuen Absatzes auf die Ausführungsform gemäß Fig. 11 hingewiesen wird („A modification of the embodiment in Figs. 6-9 is disclosed in Fig. 11 …“), wird der Fachmann den mit einem neuen Absatz beginnenden Beschreibungsteil ab Z. 15 den Fig. 12 und 13 zuordnen und nicht der Fig. 11 und ihn auch nicht als von den Ausführungsbeispielen losgelöste allgemeine Lehre auffassen.
2.2. Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 vom 26. November 2013 Auch die Fassung von Patentanspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 vom 26. November 2013 erweist sich im Hinblick auf die darin enthaltenen unzulässigen Erweiterungen des Inhalts der Anmeldung als unzulässig.
2.2.1. In den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist zusätzlich noch das Merkmal b1 (regenerativer Filter aus Schaummaterial) aufgenommen. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist jedoch ebenso wie der Anspruch 1 nach Hauptantrag durch die Merkmale e, f, f1 und die daraus resultierende Vermischung verschiedener Ausführungsformen unzulässig erweitert.
2.2.2. In den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag noch das Merkmal f2 (Ventilteller umfasst eine elastisch verformbare Platte …) aufgenommen. Des Weiteren ist der Begriff „Ventilelement“ durch den Begriff „Ventilteller“ (Merkmal f‘) ersetzt. Bereits die isolierte Aufnahme des Begriffs „Ventilteller“ aus dem ursprünglichen Anspruch 10, ohne das zugehörige Betätigungselement mitaufzunehmen, stellt eine unzulässige Erweiterung dar, da sowohl im ursprünglichen Anspruch 10 als auch in der ursprünglichen Beschreibung der Ventilteller und das zugehörige Betätigungselement nur zusammengehörend genannt sind (Offenlegungsschrift, S. 7 Z. 22 bis 25). Darüber hinaus ist An- spruch 1 nach Hilfsantrag 2 ebenso wie der Anspruch 1 nach Hauptantrag durch die Merkmale e, f‘, f1 und die daraus resultierende Vermischung verschiedener Ausführungsformen unzulässig erweitert.
2.2.3. In den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 ist gegenüber dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 noch das Merkmal f3 aufgenommen, welches dem ursprünglichen Anspruch 12 entspricht. Anspruch 1 nach Hilfsantrag 3 ist jedoch ebenso wie Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 durch das Merkmal f‘ (isolierte Aufnahme des Begriffs „Ventilteller“ aus dem urspr. Anspruch 10) sowie durch die Merkmalskombination e, f‘, f1 und die daraus resultierende Vermischung verschiedener Ausführungsformen unzulässig erweitert.
3. Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag Ia Auch die mit Hilfsantrag Ia verteidigte Fassung des Streitpatents erweist sich als unzulässig und der insofern auch geltend gemachte Angriff der Klägerinnen begründet, da die Patentansprüche 2 bis 4 unzulässig gegenüber dem Inhalt der Anmeldung erweitert sind.
3.1. Anspruch 1 nach Hilfsantrag Ia entspricht dem Anspruch 1 gemäß dem Hauptantrag vom 26. November 2013 ohne die Merkmale e, f, f1. Die Merkmale a bis d24 des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag Ia entsprechen, wie bereits zum Hauptantrag vom 26. November 2013 ausgeführt (vgl. unter 3.1.), der Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1 und 3 und 4; Anspruch 1 nach Hilfsantrag Ia ist somit ursprünglich offenbart.
3.2. Der Unteranspruch 2 gründet auf dem ursprünglichen Anspruch 9, wobei der ursprünglich verwendete Begriff „socket“ (ursprünglicher Anspruch 9 in Englisch) bzw. „Hylsa“ (ursprünglicher Anspruch 9 in Schwedisch) nunmehr in der in deutscher Sprache eingereichten Fassung gemäß Hilfsantrag Ia mit „Sockel“ statt „Hülse“ (erteilter Anspruch 9 in deutscher Sprache) bezeichnet ist. Dies stellt eine unzulässige Erweiterung der ursprünglichen Unterlagen dar, da „eine an beiden Enden offene Hülse“ (vgl. erteilter Anspruch 9 in deutscher Sprache) nicht mit dem deutschen Begriff „Sockel“ gleichgesetzt werden kann. Denn mit dem Begriff „Hylsa“ im ursprünglichen Anspruch 9 wird eine besondere Form des Gehäuses (15) beschrieben (vgl. Fig. 2, Abs. [0027] der Übersetzung [K1b] der schwedischsprachigen Anmeldeunterlagen „Ein Gehäuse 15 ist an der Buchse 14 befestigt und umfasst eine an beiden Enden offene Hülse aus relativ weichem Kunststoff“), die nicht mit dem Sockel im Merkmal d‘ des Anspruchs 1 gleichzusetzen ist, der wie beispielsweise in Fig. 11 dargestellt, einen Ventilsitz (valve seat 13; Merkmal d2) bildet. Des Weiteren war der ursprüngliche Anspruch 9 nur auf den ursprünglichen Anspruch 1 rückbezogen, während nach dem Hilfsantrag Ia der dem ursprünglichen Anspruch 9 entsprechende Unteranspruch 2 auf einen Anspruch 1 rückbezogen ist, dessen Gegenstand nun auch die kennzeichnenden Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 3 und 4 aufweist und damit eine Ausbildung der Dichtfläche durch das Gehäuse. Dadurch ergibt sich, wie vergleichbar zu Patentanspruch 1 nach Hauptantrag bereits erörtert, mangels sonstiger Offenbarung in den Anmeldeunterlagen eine ursprünglich nicht offenbarte Merkmalskombination und abweichende Lehre, mithin eine unzulässige Erweiterung des Inhalts der Anmeldung.
3.3. Dies gilt ebenso für die Unteransprüche 3 und 4, die den ursprünglichen Ansprüchen 10 und 11 entsprechen. In den ursprünglichen Unterlagen bezog sich der Anspruch 10 auf die Ansprüche 1 bis 3 und der Anspruch 11 auf den Anspruch 10 zurück (vgl. Offenlegungsschrift). Dadurch, dass der ursprüngliche Anspruch 4 in den Anspruch 1 nach Hilfsantrag Ia aufgenommen ist (Merkmale d‘, d1‘, d2, d21, d24), beziehen sich die Unteransprüche 3 und 4 nunmehr auch auf einen Gegenstand mit den kennzeichnenden Merkmalen des ursprünglichen Anspruchs 4 zurück. Da dies ursprünglich nicht der Fall war und auch die Anmeldung im Übrigen keine entsprechende Offenbarung aufweist, ergibt sich daraus eine unzulässige Erweiterung des Inhalts der Anmeldung.
3.4. Der sich auf die Ansprüche 1 bis 4 rückbeziehende Unteranspruch 5 entspricht dem ursprünglichen Anspruch 12, der in den ursprünglichen Unterlagen auf sämtliche vorhergehende Ansprüche rückbezogen war und ist insoweit zwingend unzulässig erweitert, als er sich auf die unzulässigen Ansprüche 2 bis 4 rückbezieht.
4. Fassung des Streitpatents gemäß Hilfsantrag Ib Die mit Hilfsantrag Ib verteidigte Fassung des Streitpatents erweist sich als zulässig und patentfähig.
4.1. Zulässigkeit In Hilfsantrag Ib sind gegenüber dem Hilfsantrag Ia die Unteransprüche 2 bis 4 gestrichen. Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag Ib entspricht dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag Ia und der Kombination der ursprünglichen Ansprüche 1 und 3 und 4 und ist, wie bereits ausgeführt, deshalb ursprünglich offenbart. Anspruch 2 nach Hilfsantrag Ib entspricht dem Anspruch 5 nach Hilfsantrag Ia und dem ursprünglichen auf sämtlichen Ansprüche rückbezogenen Anspruch 12 und ist, da er sich nunmehr nur noch auf den zulässigen Anspruch 1 und damit auf die ursprüngliche übereinstimmende Rückbeziehung der Kombination aus den Ansprüchen 1, 3, 4 ebenfalls ursprünglich offenbart. Die Ansprüche nach Hilfsantrag Ib sind somit zulässig.
4.2. Patentfähigkeit
4.2.1. Das Stimmventil gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag Ib ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des Fachmanns, Art. 54 EPÜ, Art. 56 EPÜ.
A) Anspruch 1 nach Hilfsantrag Ib ist, wie unter 4.1. ausgeführt, ursprünglich offenbart. Da die schwedische Anmeldung 9801685 vom 14. Mai 1998 [K1c], deren Priorität das Streitpatent beansprucht, mit den ursprünglichen Unterlagen des Streitpatents (PCT/SE1999/000803 [K1a] bzw. WO 99/60954 A1 [Offenlegungsschrift]) übereinstimmt, nimmt Anspruch 1 nach Hilfsantrag Ib auch die oben genannte Priorität nach Art. 87 EPÜ wirksam in Anspruch. Die zwar vor dem Prioritätstag des Streitpatents angemeldete, aber erst danach veröffentlichte ältere nationale Anmeldung K9 kann daher nur für die Beurteilung der Neuheit herangezogen werden, Art. 54 Abs. 3 EPÜ, Art. 139 Abs. 2 EPÜ.
Aus dieser Druckschrift ist ein Stimmventil zur Verbindung mit einer Tracheostoma bekannt (voice valve, stoma 4; Fig. 6, S. 5 Z. 11 bis 33, Anspruch 1) [= Merkmal a], mit einem regenerativen („impregnated with a moisture absorbing substance“; S. 4 Z. 26) Filter zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch (heat-moisture exchanger body 6) beim Atmen durch das Stimmventil [= Merkmal b]. Der Filter ist zwischen einer Deck- und Bodenplatte (plate 8, cover plate 16; Fig. 6) angeordnet. Außer dem dazwischen angeordneten Filter (6) gibt es keinerlei Verbindung – wie beispielsweise Seitenwände oder Streben – zwischen der Deck- und Bodenplatte (8, 16). Die Anordnung aus Deck- und Bodenplatte (8, 16) stellt daher kein Gehäuse dar [≠ Merkmale c und c1]. Außerdem ist der Sockel (flange 16), der in das Innere des Filters (6) ragt und einen Ventilsitz für die Deckplatte (8) bildet, als Kragen (= erste Öffnung) eines auf der Haut des Patienten angebrachten Films (film 1) ausgebildet (S. 5 Z. 20 und 21) und damit auch nicht Teil eines Gehäuses [≠ Merkmal d23]. Die Fig. 5 in der K9, die ein Gehäuse (casing 10) mit einem darin aufgenommenen regenerativen Filter (6) zeigt (S. 5 Z. 1 bis 10), betrifft kein Stimmventil, sondern lediglich ein über der Luftröhrenöffnung (stoma 4) angebrachtes Atemschutzfilter (heat-moisture exchanger body) und somit eine völlig andere Ausführungsform als die Fig. 6. Die Druckschrift K9 zeigt somit nicht alle Merkmale des Stimmventils nach Anspruch 1.
B) In der vorveröffentlichten Druckschrift K10 ist ein Stimmventil zur Verbindung mit einer Tracheostoma beschrieben (Ansprüche 1, 5, 6; Fig. 24 bis 26, S. 1 Z. 2 bis 5) [= Merkmal a] mit einem Filtergitter (grille filtrante 14) zum Herausfiltern von Fremdkörpern aus der Atemluft (Anspruch 5, Fig. 19, S. 5 Z. 4 bis 8) und mit einem mehrteiligen Gehäuse (Fig. 16, 23, 24; S. 5 Z. 3 bis 26: platine cervicale avec sa base 8 et son rebord 9, chambre circulaire 12, rebord 16) [= Merkmal c], das das Filtergitter (grille filtrante 14) aufnimmt [= Merkmal c1] und eine erste Öffnung (Öffnung der in einer Luftröhrenkanüle [canule endotrachéale; Fig. 1 bis 3] angeordneten Hülse mit Kragen 7 [mandrin avec sa collerette 7; Fig. 4 bis 6]) an einer Seite von dem Filtergitter (14) zur Verbindung mit dem Tracheostoma (Fig. 18, 23, 24) [= Merkmal c2], eine zweite Öffnung an der gegenüberliegenden Seite von dem Filter, die mit der Umgebung verbunden ist (= von den Rändern [rebord] 9 und 16 eingefasste, der äußeren Umgebung zugewandte Seite des Filtergitters 14; Fig. 19, 24) [= Merkmal c3] und ein manuell betätigbares Ventilelement (bouton pressoir 13) zum Blockieren eines Luftgangs durch den Filter (Fig. 26, S. 5 Z. 24 bis 26) [= Merkmal c4] aufweist. In das Innere des Gehäuses (8, 9, 12, 16) ragt der Kragen 7 der Hülse (mandrin avec sa collerette 7), der als Sockel im Sinne des Streitpatents angesehen werden kann [= Merkmale d', d1'] und einen Ventilsitz bildet (Fig. 26), welcher die erste Öffnung definiert, um mit dem Ventilelement (bouton pressoir 13, partie postérieure 19) durch eine manuelle Betätigung von diesem abdichtend in Eingriff zu kommen (Fig. 25, 26; S. 5 Z. 23 bis 26) [= Merkmale d2, d21, d22]. Die Endfläche des Kragens 7 der Hülse (mandrin avec sa collerette 7), die in eine Luftröhrenkanüle (canule endotrachéale; Fig. 1 bis 3) eingeschoben und befestigt ist (S. 4 Z. 18 bis 22; Fig. 7 bis 9), stellt somit eine Dichtfläche für das Ventilelement (bouton pressoir 13, partie postérieure 19) dar [= Merkmal d24].
Das beispielsweise aus Silber bestehende starre Filtergitter (grille filtrante 14; S. 2 Z. 7 bis 8) des Stimmventils der K10 kann nicht als regenerativer Filter zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch beim Atmen (= künstliche Nase [artificial nose]) im Sinne des Streitpatents (vgl. Abs. [0004]) angesehen werden [≠ Merkmal b]. Diese Wirkung kann ein einfaches (Metall-)Gitter nicht leisten, selbst wenn dies durch die Ausatemluft eine gewisse Erwärmung erfahren sollte. Außerdem ist die Endfläche des Kragens 7 der Hülse (mandrin avec sa collerette 7), die eine die erste Öffnung begrenzende Dichtfläche für das Ventilelement (bouton pressoir 13, partie postérieure 19) darstellt, nicht durch das Gehäuse (8, 9, 12, 16) ausgebildet. Vielmehr wird die Hülse in eine Luftröhrenkanüle eingeschoben und dort mit ihrem Kragen 7 mittels eines Riegels (verrou 1) befestigt (Fig. 7 bis 9) [≠ Merkmal d23].
Zwar waren dem Fachmann bereits vor dem Prioritätstag des Streitpatents sogenannte regenerative Filter zum Feuchtigkeits- und Wärmeaustausch der Ausatemmit der Einatemluft (heat and moisture exchanging (hme) filter) bei Stimmventilen bekannt (vgl. bspw. K15: Fig. 2, moisture and heat exchanging filter 11). Dazu müsste der Fachmann bei der K10 den freien Raum unter dem Gitterfilter 14 mit einem entsprechenden Filtermaterial ausfüllen. Dieser freie Raum wird jedoch beim Stimmventil der K10 als sogenanntes Sicherheitsvolumen genutzt (S. 2 Z. 25 bis 28). In dieses Volumen könnte beispielsweise ein eventueller Auswurf des Patienten aufgenommen werden. Beim vollständigen Ausfüllen dieses Volumens mit einem Filtermaterial könnte es zu einer frühen Verstopfung des Sprechventils aufgrund von Auswurf kommen. Bei der Verwendung eines kleineren Filters, welcher dieses Volumen nicht vollständig ausfüllt um einen gewissen Sicherheitsraum beizubehalten, könnte durch ein Verrutschen des Filters das Ventilelement (bouton pressoir 13) blockiert werden, oder gar die Luftröhrenkanüle [canule endotrachéale] verstopfen. Der Fachmann wird bei der K10 daher davon absehen, den Raum unter dem Gitterfilter 14 mit einem Filtermaterial auszufüllen.
Auch gab es für den Fachmann keinerlei Veranlassung, auf die Hülse mit der Endfläche 7 zu verzichten und die Dichtfläche für das Ventilelement (bouton pressoir 13, partie postérieure 19) durch das Gehäuse auszubilden. Die in die Luftröhrenkanüle (canule endotrachéale) eingeschobene gelochte Hülse (mandrin endotrachéale; Fig. 4 bis 9) dient nämlich zum Auffangen des vom Patienten abgesonderten Schleims und muss zum Reinigen aus der Luftröhrenkanüle entnommen werden können (S. 1 Z. 13 bis 21).
Ausgehend von der K10 konnte der Fachmann somit – auch unter Berücksichtigung seines allgemeinen Fachwissens – nicht auf naheliegende Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 gelangen.
C) Die Druckschrift K15 ist eine auf der Druckschrift K20 basierende Teilanmeldung (Continuation-in-part). Die Druckschrift K20 ist im Streitpatent als Ausgangspunkt für die dort beschriebene Erfindung genannt (vgl. Streitpatent, Abs. [0006] bis [0008]).
Bei dem in der K15 gezeigten Stimmventil (tracheostoma device; vgl. Fig. 2 mit Beschreibung) ist im Unterschied zum Gegenstand des Anspruchs 1 die erste Öffnung, die der Verbindung mit dem Tracheostoma dient, nicht durch die Endfläche (= Dichtfläche) eines in das Innere eines Gehäuses ragenden Sockels gebildet, sondern durch die Bodenöffnung des Gehäuses (Fig. 2, Sp. 3 Z. 24 bis 27; filter housing 10, central opening 35) [≠ Merkmale d2, d21, d23, d24]. Das Ventilelement (valve member, lid 18, central pin 19) kommt auch nicht abdichtend mit dieser Bodenöffnung (= erste Öffnung) in Kontakt, sondern mit einer innerhalb des Gehäuses umlaufenden Schulter (inner shoulder 15a; Sp. 3 Z. 31 bis 33) oberhalb des Filters (moisture and heat exchanging filter 11), die eine zweite Öffnung im Sinne des Streitpatents bildet [≠ Merkmal d22]. Zwar weist das Gehäuse des Stimmventils der K15 einen zentralen Sockel (central tube 12) auf, dieser dient jedoch lediglich der Verankerung und Führung des zentralen Führungsstiftes (central pin 19) des Ventilelementes (valve member; Sp. 2 Z. 36 bis 40).
Das aus der K15 und somit auch aus der K20 bekannte Stimmventil besitzt einen zum Gegenstand des Anspruchs 1 völlig unterschiedlichen Aufbau. Für den Fachmann bestand auch keinerlei Veranlassung, das Stimmventil der K15 bzw. K20 abzuändern. Ausgehend von diesen Druckschriften gelangte der Fachmann daher keinesfalls naheliegend zur Erfindung.
D) Die übrigen im Verfahren befindlichen Druckschriften liegen weiter ab, auch sie konnten dem Fachmann keine Anregung geben, die ihn zum Gegenstand des Anspruchs 1 hätte führen können.
5.2.2. Der Unteranspruch 2 gemäß Hilfsantrag Ib betrifft eine vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung und wird durch den Anspruch 1 getragen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 709 ZPO.
Engels Friehe Dr. Müller Veit Schmidt-Bilkenroth Pü