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AK 25/25

BUNDESGERICHTSHOF AK 25/25 BESCHLUSS vom 15. Mai 2025 in dem Ermittlungsverfahren gegen wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland u.a. ECLI:DE:BGH:2025:150525BAK25.25.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschuldigten und seiner Verteidigerin am 15. Mai 2025 gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern. Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach allgemeinen Grundsätzen zuständigen Gericht übertragen.

Gründe:

I. 1 1. Der Beschuldigte ist am 14. Oktober 2024 vorläufig festgenommen worden und befindet sich seit dem Folgetag aufgrund eines Haftbefehls des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vom 15. Oktober 2024 (2 BGs 953/24) ununterbrochen in Untersuchungshaft. Mit Beschluss vom 15. November 2024 (2 BGs 1113/24) hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs im Rahmen einer Haftprüfung den Haftbefehl aufrechterhalten und die Fortdauer der Untersuchungshaft angeordnet. Nach Abgabe des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt an die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf hat das Oberlandesgericht Düsseldorf eine Haftbeschwerde des Beschuldigten mit Beschluss vom 4. Februar 2025 (III-5 Ws 2/25) verworfen. 2 2. Gegenstand des Haftbefehls sind folgende Tatvorwürfe:

a) Dem Beschuldigten wird zur Last gelegt, er habe im Zeitraum von Anfang Februar 2024 bis zu seiner Verhaftung am 14. Oktober 2024 in zwei Fällen eine schwere staatsgefährdende Gewalttat, und zwar eine Straftat gegen das Leben in den Fällen des § 211 StGB oder des § 212 StGB, die nach den Umständen bestimmt und geeignet gewesen sei, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates oder einer internationalen Organisation zu beeinträchtigen oder Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben, vorbereitet, indem er in einem Fall (Fall 1) sich habe unterweisen lassen in sonstigen Fertigkeiten, die der Begehung einer der in § 89a Abs. 1 StGB genannten Straftaten gedient hätten, und in einem weiteren Fall (Fall 10) es unternommen habe, zum Zweck der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen.

Der Haftbefehl geht insofern von einer hochwahrscheinlichen Strafbarkeit des Beschuldigten gemäß § 89a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 StGB (Fall 1) und § 89a Abs. 1, Abs. 2a StGB (Fall 10) aus.

b) Weiter wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe im vorgenannten Zeitraum durch fünf selbständige Handlungen (Fälle 2 bis 6) die terroristische Vereinigung im Ausland „Islamischer Staat“ (IS) unterstützt, deren Zwecke und Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB), Totschlag (§ 212 StGB), Völkermord (§ 6 VStGB), Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB) oder Kriegsverbrechen (§ 8 ff. VStGB) zu begehen, und dabei jeweils zugleich gegen das Bereitstellungsverbot der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 139 vom 29. Mai 2002, S. 9) veröffentlichten unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 verstoßen, die der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme gedient habe.

Der Haftbefehl nimmt insofern eine mutmaßliche Strafbarkeit des Beschuldigten gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2, §§ 52, 53 StGB, § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 8 AWG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 632/2013 der Kommission der Europäischen Union vom 28. Juni 2013 (ABl. L 179 vom 29. Juni 2013, S. 85) an.

c) Schließlich wird dem Beschuldigten mit dem Haftbefehl vom 15. Oktober 2024 zur Last gelegt, er habe sich durch drei selbständige Handlungen (Fälle 7 bis 9) jeweils einen Inhalt (§ 11 Abs. 3 StGB) verschafft, der geeignet gewesen sei, als Anleitung zu einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a Abs. 1 StGB) zu dienen, um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen.

Der Haftbefehl geht insofern von einer hochwahrscheinlichen Strafbarkeit des Beschuldigten gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 2, § 53 StGB aus.

II.

Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.

1. Der Beschuldigte ist der ihm mit dem Haftbefehl vom 15. Oktober 2024 zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.

a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Der aus Iran stammende und als Geflüchteter in die Bundesrepublik Deutschland gelangte Beschuldigte radikalisierte sich in seinem islamischen Glauben und sympathisierte mit der terroristischen Vereinigung im Ausland „Islamischer Staat“ (IS), deren Ideologie er teilte. Zunächst beabsichtigte er, einen terroristischen Anschlag für den IS in Europa zu begehen, entschloss sich dann aber, zum IS nach Syrien auszureisen und sich dort der Vereinigung anzuschließen.

aa) Die Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) ist eine Organisation mit militant-fundamentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel gesetzt hatte, einen das Gebiet des heutigen Irak und die historische Region „ash-Sham“ – die heutigen Staaten Syrien, Libanon und Jordanien sowie Palästina – umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden „Gottesstaat“ unter Geltung der Scharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im Irak sowie das Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie jeden, der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als „Feind des Islam“ begreift; die Tötung solcher „Feinde“ oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht die Vereinigung als legitimes Mittel des Kampfes an.

Die Führung der Vereinigung, die sich mit der Ausrufung des „Kalifats“ am 29. Juni 2014 von „Islamischer Staat im Irak und in Großsyrien“ (ISIG) in „Islamischer Staat“ (IS) umbenannte – wodurch sie von der territorialen Selbstbeschränkung Abstand nahm –, hatte seit 2010 bis zu seiner Tötung im Oktober 2019 Abu Bakr al-Baghdadi inne. Die Vereinigung setzte ihre Ziele durch offenen militärischen Bodenkampf im Irak und in Syrien sowie durch Sprengstoff- und Selbstmordanschläge, aber auch durch Entführungen, Erschießungen und spektakulär inszenierte, grausame Hinrichtungen durch. Sie teilte von ihr besetzte Gebiete in Gouvernements ein und errichtete einen Geheimdienstapparat; diese Maßnahmen zielten auf die Schaffung totalitärer staatlicher Strukturen. Angehörige der irakischen und syrischen Armee, aber auch in Gegnerschaft zum IS stehender Oppositionsgruppen, ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorganisationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsanspruch des IS in Frage stellten, sahen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom IS zu Zwecken der Einschüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus beging der IS immer wieder Massaker an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs Terroranschläge. So übernahm er auch für Anschläge in Europa, etwa in Paris, Brüssel, Nizza und Berlin, die Verantwortung.

Im Irak gelang es dem IS im Jahr 2014, etwa ein Drittel des Staatsterritoriums zu besetzen. Am 10. Juni 2014 erlangte er die Kontrolle über die Millionenstadt Mossul, die bis zu der Offensive der von den USA unterstützten irakischen Armee Ende 2016 der zentrale Ort seiner Herrschaft im Irak war. In den Jahren 2013 und 2014 gelang es dem IS zudem, weite Teile im Norden und Osten Syriens unter seine Gewalt zu bringen.

Seit Januar 2015 wurde die Vereinigung schrittweise erfolgreich zurückgeschlagen. So begann am 16. Oktober 2016 die Rückeroberung von Mossul, die Anfang Juni 2017 abgeschlossen war. Am 27. August 2017 wurde der IS aus seiner letzten nordirakischen Hochburg in Tal Afar verdrängt. Die irakischen Sicherheitskräfte erklärten im Dezember 2017 den Krieg gegen den IS für beendet, nachdem sie in einem letzten Schritt die Kontrolle von Gebieten an der syrisch-irakischen Grenze vollständig zurückerlangt hatten.

Auch in Syrien büßte der IS im Laufe des Jahres 2018 große Gebiete ein. Ende 2018 verblieb dem IS nur noch ein kleines Territorium im Raum Baghuz in der Provinz Deir Ezzor, in das sich die IS-Kämpfer zurückziehen konnten. Am 9. Februar 2019 begann die finale Offensive der Syrian Democratic Forces (SDF) um den Ort Baghuz, wobei sie Luftunterstützung durch die Anti-IS-Koalition erhielten. Am 23. März 2019 kapitulierten dort die letzten IS-Kämpfer; tausende von ihnen sowie zehntausende Frauen und Kinder wurden in Gefängnissen und Lagern – etwa in Al-Hol oder Roj im Nordosten Syriens – interniert. Damit brach das territoriale Kalifat des IS mit quasi staatlichen Strukturen zusammen. Weitere Rückschläge erlitt die Vereinigung durch die Tötung ihres Anführers Abu Bakr al-Baghdadi und ihres offiziellen Sprechers in der Nacht vom 26. auf den 27. Oktober 2019 im Rahmen einer US-amerikanischen Militäraktion in der syrischen Provinz Idlib.

Trotz des Zusammenbruchs des Kalifats war der IS als militant-dschihadistische und international agierende Organisation nicht zerstört. Vielmehr verblieb die Vereinigung unter Aufrechterhaltung ihrer ideologischen Ausrichtung in der Folgezeit in ihrem Kerngebiet Syrien/Irak, insbesondere in der syrisch-irakischen Grenzregion sowie der syrischen Wüste. Auch passte sich der IS an die veränderten Rahmenbedingungen an: So benannte er kurz nach der Tötung der beiden Führungspersonen einen neuen Sprecher und einen neuen Emir, setzte seine Propagandatätigkeiten fort und operierte zunehmend aus dem Untergrund heraus. Schätzungen zufolge verfügt er im Kerngebiet weiterhin über 4.000 bis 6.000 aktive Kämpfer. Seit 2019 verübte er mehrere tausend terroristische Anschläge in Syrien und im Irak in Form von Sturm- und Raketenangriffen sowie Selbstmord- und Sprengstoffanschlägen. Derartige militärische Operationen führte er auch in Somalia, Ägypten/Sinai, Jemen, Nigeria, Tschad und Burkina Faso aus. Daneben nahm er gezielt Tötungen und Hinrichtungen von Einzelpersonen wie beispielsweise sunnitischen Stammesältesten, Kämpfern des SDF und solchen des syrischen Regimes vor.

Der IS ist auch weiterhin in der Provinz Idlib aktiv. So gelang es der Vereinigung Ende Dezember 2017 nach tagelangen Kämpfen mit der Hai´At Tahrir AlSham (HTS), die in dieser Provinz militärisch, wirtschaftlich und politisch stark vertreten war, dort mehrere Dörfer einzunehmen. Es folgten zahlreiche Kämpfe zwischen beiden Gruppierungen, ohne dass der IS aus der von der HTS kontrollierten Region vollständig verdrängt werden konnte.

Mit der Ausrufung weltweiter Provinzen außerhalb seines ursprünglichen Kerngebiets und fortwährender terroristischer Aktivitäten in zahlreichen Staaten in Afrika und Asien, vor allem in Ägypten/Sinai, West- und Zentralafrika sowie in der Provinz Khorasan bestehend aus den Ländern Afghanistan, Pakistan und Tadschikistan – dort agierend unter der Bezeichnung „Islamischer Staat Provinz Khorasan“ (ISPK) – unterstreicht der IS seinen Anspruch, ein global agierender Akteur zu sein. In jüngerer Zeit hat sich der IS zu Anschlägen in Europa bekannt, die von Personen verübt wurden, welche über soziale Medien von der Vereinigung angeleitet worden waren.

bb) Der Beschuldigte beging hochwahrscheinlich folgende Taten:

(1) Am 6. Januar 2024 bat der Beschuldigte einen Telegram-Chatpartner, ihm die Fertigkeiten zur Herstellung einer Bombe zu vermitteln, deren Sprengkraft Panzerfahrzeuge zerstören und Menschen zerfetzen könne. Denn er war fest entschlossen, in Europa einen Terroranschlag zu verüben, so am „Dschihad“ teilzunehmen und dadurch eine möglichst große Zahl „Ungläubiger“ zu töten. Der Chatpartner kam der Bitte nach. Im Verlaufe des Chats, am 20. Februar 2024, übersandte er dem Beschuldigten vier Anleitungen zu den Themen „Chemische Explosionen“, „Kernwaffenexplosion“, „Zündschnur“ und „Elektroschocker“. Er erklärte ihm zudem, wie er beim Öffnen der Dateien vorgehen müsse, damit sein Tun den Strafverfolgungsbehörden verborgen bleibe (Fall 1).

(2) Zwischen dem 5. Februar 2024 und dem 27. März 2024 transferierte der Beschuldigte in der Absicht, damit den IS zu unterstützen, über den Finanzdienstleister „Western Union“ an Finanzmittler in der Türkei Geldbeträge, die von diesen jeweils erfolgreich an weibliche IS-Mitglieder weitergeleitet wurden, die im Gefangenenlager Al-Hol interniert waren. Konkret transferierte der Beschuldigte am 5. Februar 2024 einen Betrag in Höhe von 200 € (Fall 2), am 17. Februar 2024 einen Betrag in Höhe von 350 € (Fall 3), am 2. März 2024 einen Betrag in Höhe von 350 € (Fall 4) und am 27. März 2024 einen Geldbetrag in bislang unbekannter Höhe (Fall 5). Mit den Geldzahlungen wollte der Beschuldigte den Empfängerinnen ermöglichen, im Lager ein Leben entsprechend den Vorstellungen des IS zu führen und sich für eine Rückkehr zu der Vereinigung nach einer Freilassung oder einem Freikauf bereitzuhalten.

Zudem übermittelte der Beschuldigte in der Absicht, auch dadurch die Tätigkeit des IS finanziell zu fördern, am 7. Juni 2024 mittels Hawala-Banking erfolgreich einen Geldbetrag in Höhe von 100 US-$ an ein weibliches IS-Mitglied, das in dem bei Idlib gelegenen Gefangenenlager Atmah interniert war. Der Beschuldigte wollte der Geldempfängerin mit der Zuwendung ermöglichen, im Lager ein mit der IS-Ideologie konformes Leben zu führen und zudem dort für die Vereinigung tätig zu werden (Fall 6).

(3) Am 4. Mai 2024 erlangte der Beschuldigte ein elektronisches Dokument mit dem Titel „Dschihadistische Gedanken und Ratschläge“, das er auf seinem Mobiltelefon abspeicherte. Das Dokument enthielt eine detaillierte Beschreibung zur Vorbereitung und Durchführung eines tödlichen Messerangriffs, eine Anleitung zur Herstellung des Explosivstoffes Acetonperoxid, eine Erklärung zur Anfertigung eines Zünders und dessen Anbringung an einem Sprengsatz und zur Herstellung einer „Unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (USBV) aus Acetonperoxid und Ammoniumnitrat sowie eine taugliche Anleitung zur Herstellung des Giftes Rizin und dessen Einsatz zur Tötung einer möglichst großen Personenzahl im Rahmen eines terroristischen Anschlages (Fall 7).

(4) Nachdem der Beschuldigte einer Chatgruppe auf einem Telegram-Kanal mit dem Titel „Wie man eine Bombe baut“ beigetreten war, lud er am 9. Mai 2024 eine auf diesem Kanal veröffentlichte ausführliche Beschreibung herunter, die in Wort und Bild die Herstellung von Rizin aus Rizinbohnen erklärte. Mit Hilfe dieser Anleitung war es selbst einem Laien möglich, das Gift Rizin zu produzieren. Am 30. Mai 2024 leitete er das Dokument an zwei eigene Accounts weiter (Fall 8).

(5) Am 8. Juni 2024 erlangte der Beschuldigte von einem Chatpartner eine Sammlung verschiedener elektronischer Dokumente und leitete diese an einen anderen eigenen Account weiter. Die Dokumente beinhalteten Ratschläge zum Vorgehen bei Anschlägen sowie Anleitungen zur Herstellung und Anwendung von Sprengstoffen (Fall 9).

(6) Am 14. Oktober 2024 begab sich der Beschuldigte zum Flughafen H. , um von dort aus über Is. nach M. (Türkei) zu fliegen. Anschlie- ßend wollte er auf dem Landweg weiter nach Syrien reisen, um sich dort dem IS als Kämpfer anzuschließen. Nachdem er sich am Flughafen auf den gebuchten Flug eingecheckt sowie die Ausreise- und Sicherheitskontrollen passiert hatte, wurde er durch Polizeikräfte festgenommen. Dadurch wurde seine beabsichtigte Ausreise zum IS unterbunden (Fall 10).

b) Der dringende Tatverdacht (§ 112 Abs. 1 Satz 1 StPO) beruht auf Folgendem:

aa) In Bezug auf die außereuropäische terroristische Vereinigung „Islamischer Staat“ ergibt sich der dringende Tatverdacht, wie dem Senat aus anderen Verfahren bekannt ist, insbesondere aus Gutachten des Sachverständigen S. , umfangreichen Auswertevermerken des Bundeskriminalamts und Behördenerklärungen des Bundesnachrichtendienstes.

bb) Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der dem Beschuldigten zur Last gelegten Aktivitäten folgt aus einer Gesamtschau der bisherigen Ermittlungsergebnisse, darunter eine teilgeständige Einlassung des Beschuldigten hinsichtlich der äußeren Umstände der ihm vorgeworfenen Taten, eine Auswertung sichergestellter Mobiltelefone des Beschuldigten, aber auch Erkenntnisse des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Wegen der Einzelheiten der den dringenden Tatverdacht begründenden Umstände nimmt der Senat Bezug auf die detaillierten diesbezüglichen Ausführungen im Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. Februar 2025, mit dem eine Haftbeschwerde des Beschuldigten verworfen worden ist. Ergänzend bemerkt der Senat: Die beabsichtigte Ausreise des Beschuldigten aus der Bundesrepublik Deutschland ergibt sich aus polizeilichen Feststellungen bei dem Antritt der Flugreise. Seine übrigen dschihadistischen Aktivitäten mit IS-Bezug, von denen mit hoher Wahrscheinlichkeit auszugehen ist, lassen den vorläufigen Schluss auf den Zweck der Reise und das Reiseziel zu. Ob die bestreitende Einlassung des Beschuldigten zutrifft, er habe lediglich seinen Vater in der Türkei besuchen wollen, bleibt den weiteren Ermittlungen vorbehalten; jedenfalls gegenwärtig stellt sie den dringenden Tatverdacht nicht in Frage.

2. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus, dass sich der Beschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit wie folgt strafbar gemacht hat:

a) Durch das Sichunterweisenlassen in der Herstellung einer Bombe zur Begehung eines Sprengstoffanschlages hat sich der Beschuldigte im Sinne eines dringenden Tatverdachts strafbar gemacht wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 89a Abs. 1 und 2 Nr. 1 StGB, allerdings – wie bereits das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 4. Februar 2025 (III-5 Ws 2/25) zutreffend angenommen hat – abweichend vom Haftbefehl in der Variante des Sichunterweisenlassen in der Herstellung von und im Umgang mit Sprengstoffen und Sprengvorrichtungen.

Es ist hochwahrscheinlich, dass der Beschuldigte plante, mit dem erlangten Wissen selbst eine USBV herzustellen und durch deren Verwendung einen Anschlag zu begehen, bei dem eine Vielzahl „Ungläubiger“ getötet und verletzt werden sollte. Diese von dem Beschuldigten beabsichtigte und mit dem Sichunterweisenlassen vorbereitete Tat ist als schwere staatsgefährdende Gewalttat im Sinne des § 89a Abs. 1 Satz 2 StGB einzustufen. Denn sie war nicht nur gegen das Leben einer Vielzahl von Personen gerichtet, sondern auch nach den Umständen bestimmt und geeignet, die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen (vgl. zu den Voraussetzungen BGH, Urteile vom 27. Oktober 2015 – 3 StR 218/15, BGHSt 61, 36 Rn. 10, 14; vom 8. Mai 2014 – 3 StR 243/13, BGHSt 59, 218 Rn. 37, 39, 53; MüKoStGB/Anstötz, 5. Aufl., § 89a Rn. 22). Dies folgt aus der Dimension des mit hoher Wahrscheinlichkeit beabsichtigten Anschlaggeschehens und der islamistisch-jihadistischen Motivation des Beschuldigten. Die einer Feindschaft des Beschuldigten gegen das freiheitlich-demokratische Staats- und Gesellschaftssystem der Bundesrepublik Deutschland entspringende beabsichtigte Tat, durch die eine Vielzahl zufälliger Opfer hätte getötet und verletzt werden können, hätte das Vertrauen der Bevölkerung, vor gewaltsamen Einwirkungen in der Bundesrepublik geschützt zu sein, massiv erschüttern und ein verbreitetes Gefühl der Unsicherheit bewirken können; hierauf zielte das Agieren des Beschuldigten hochwahrscheinlich ab.

Die Vorstellungen und Planungen des Beschuldigten hinsichtlich der Tatbegehung waren hinreichend konkret. Denn eine Festlegung der genauen Art der Tatausführung, von Zeit und Ort ihrer Begehung sowie der potentiellen Opfer ist nicht zu verlangen (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2017 – 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 Rn. 13; Urteil vom 8. Mai 2014 – 3 StR 243/13, BGHSt 59, 218 Rn. 42 f.; MüKoStGB/Anstötz, 5. Aufl., § 89a Rn. 30, 55).

Für eine Strafbarkeit nach § 89a Abs. 1 und 2 StGB ist zudem erforderlich, dass der Vorbereitungstäter bei seiner unter Strafe gestellten Vorbereitungshandlung gemäß § 89a Abs. 2 StGB bereits fest entschlossen ist, die vorbereitete schwere staatsgefährdende Gewalttat im Sinne des § 89a Abs. 1 StGB zu begehen (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 – 3 StR 243/13, BGHSt 59, 218 Rn. 45; s. ferner BGH, Beschlüsse vom 7. Februar 2023 – 3 StR 483/21, BGHR StGB § 89a Subjektiver Tatbestand 1 Rn. 34; vom 31. März 2021 – AK 16/21, juris Rn. 19; vom 6. April 2017 – 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 Rn. 35; MüKoStGB/Anstötz, 5. Aufl., § 89a Rn. 57). Auch diese strafbarkeitsbeschränkende Voraussetzung ist hochwahrscheinlich erfüllt.

b) Durch die Geldtransfers (Fälle 2 bis 6) hat sich der Beschuldigte hochwahrscheinlich wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB in Tateinheit (§ 52 StGB) mit einem Verstoß gegen das Bereitstellungsverbot der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 139 vom 29. Mai 2002, S. 9) veröffentlichten unmittelbar geltenden Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 8 AWG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 und der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 632/2013 der Kommission der Europäischen Union vom 28. Juni 2013 (ABl. L 179 vom 29. Juni 2013, S. 85) in fünf Fällen (§ 53 StGB) strafbar gemacht.

aa) Hinsichtlich der mutmaßlichen Strafbarkeit des Beschuldigten wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland gilt Folgendes:

(1) Bei dem IS handelt es sich um eine terroristische Vereinigung im Ausland (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2023 – StB 63+64/23, juris Rn. 31; vom 21. September 2023 – StB 56/23, juris Rn. 36; vom 27. Juli 2023 – StB 44/23, juris Rn. 7 ff., 38).

(2) Unter einem Unterstützen im Sinne von § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz 1 und 2 StGB ist grundsätzlich jedes Tätigwerden eines Nichtmitglieds zu verstehen, das die innere Organisation der Vereinigung und deren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten – wenngleich nicht unbedingt maßgebend – erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 19. Oktober 2023 – StB 63+64/23, juris Rn. 32; vom 11. August 2021 – 3 StR 268/20, NStZ-RR 2022, 13; Urteile vom 19. April 2018 – 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17; vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 136). Dies kann zum einen dadurch geschehen, dass ein Außenstehender mitgliedschaftliche Beteiligungsakte eines Angehörigen der Vereinigung fördert; in diesem Sinne handelt es sich beim Unterstützen um eine zur Täterschaft verselbständigte Beihilfe zur Mitgliedschaft (vgl. etwa BGH, Urteile vom 19. April 2018 – 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17; vom 3. Oktober 1979 – 3 StR 264/79, BGHSt 29, 99, 101). Zum anderen greift der Begriff des Unterstützens einer Vereinigung über ein im strengeren Sinne des § 27 Abs. 1 StGB auf die Förderung der Tätigkeit eines Vereinigungsmitglieds beschränktes Verständnis hinaus; denn er bezieht sich auch und – wie schon der Wortlaut des Gesetzes zeigt – sogar in erster Linie auf die Vereinigung als solche, ohne dass im konkreten Fall die Aktivität des Nichtmitglieds zu einer einzelnen organisationsbezogenen Tätigkeit eines Organisationsmitglieds hilfreich beitragen muss (vgl. BGH, Beschluss vom 11. August 2021 – 3 StR 268/20, NStZ-RR 2022, 13; Urteile vom 19. April 2018 – 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 17; vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 136; Beschluss vom 16. Mai 2007 – AK 6/07, BGHSt 51, 345 Rn. 16 ff.). Erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn die Förderungshandlung an sich konkret wirksam, für die Organisation objektiv nützlich ist und dieser mithin irgendeinen Vorteil bringt; ob der Vorteil genutzt wird und daher etwa eine konkrete, aus der Organisation heraus begangene Straftat oder auch nur eine organisationsbezogene Handlung eines ihrer Mitglieder mitprägt, ist dagegen ohne Belang (vgl. BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2023 – StB 63+64/23, juris Rn. 32; Urteil vom 19. April 2018 – 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 18; Beschluss vom 27. Oktober 2015 – 3 StR 334/15, BGHR StGB § 129a Abs. 5 Unterstützen 6 Rn. 5; Urteil vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 134). In diesem Sinne muss der Organisation durch die Tathandlung kein messbarer Nutzen entstehen (vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2018 – 3 StR 286/17, BGHSt 63, 127 Rn. 18; Beschluss vom 11. Juli 2013 – AK 13/13 u.a., BGHSt 58, 318 Rn. 19; Urteile vom 14. August 2009 – 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 134; vom 25. Juli 1984 – 3 StR 62/84, BGHSt 33, 16, 17; vom 25. Januar 1984 – 3 StR 526/83, BGHSt 32, 243, 244).

(3) Hieran gemessen handelte der Beschuldigte hochwahrscheinlich in mehrfacher Hinsicht in für den IS objektiv nützlicher Weise und unterstützte damit die Vereinigung im Sinne des § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 1 StGB (vgl. insofern BGH, Beschlüsse vom 11. August 2021 – 3 StR 268/20, juris Rn. 11; vom 9. Januar 2020 – AK 61/19, juris Rn. 29 f.).

Zum einen ermöglichte der Beschuldigte den Geldempfängerinnen, bei denen es sich um internierte IS-Frauen handelte, im betreffenden Gefangenen- lager ein Leben im Sinne der Vereinigung zu führen und sich für ein anderweitiges Engagement im IS nach einer Freilassung zur Verfügung zu halten (vgl. insofern BGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 2023 – AK 91-95/23, juris Rn. 122; vom 19. Oktober 2023 – StB 63+64/23, juris Rn. 35; vom 21. September 2023 – StB 56/23, juris Rn. 38; vom 23. August 2023 – StB 47/23, juris Rn. 7 ff.; vom 27. Juli 2023 – StB 44/23, juris Rn. 15 ff., 42 ff.; vom 11. August 2021 – 3 StR 268/20, juris Rn. 11; vom 9. Januar 2020 – AK 61/19, juris Rn. 29 f.).

Zum anderen förderte der Beschuldigte in den haftbefehlsgegenständlichen Geldtransferfällen den IS als Gesamtorganisation unmittelbar. Denn mit der finanziellen Unterstützung inhaftierter IS-Frauen wurde das Signal an Mitglieder und Sympathisanten des IS ausgesandt, dass sich die Vereinigung intensiv um gefangen genommene oder aus anderen Gründen unterstützungsbedürftige Angehörige kümmert. Dies war geeignet, die Überzeugung von der fortbestehenden Wirkmacht der Vereinigung und die Loyalität zu dieser zu stärken (vgl. insofern BGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 2023 – AK 91-95/23, juris Rn. 123; vom 19. Oktober 2023 – StB 63+64/23, juris Rn. 35; vom 21. September 2023 – StB 56/23, juris Rn. 38; vom 23. August 2023 – StB 47/23, juris Rn. 7 ff.; vom 27. Juli 2023 – StB 44/23, juris Rn. 15 ff., 42 ff.).

bb) Jeweils tateinheitlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 2023 – AK 91-95/23, juris Rn. 124; vom 19. Oktober 2023 – StB 63+64/23, juris Rn. 38; vom 27. Juli 2023 – StB 44/23, juris Rn. 46; vom 11. August 2021 – 3 StR 268/20, juris Rn. 25; vom 14. Juli 2021 – AK 37/21, juris Rn. 46 mwN) zur Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland hat sich der Beschuldigte in den fünf Geldtransferfällen hochwahrscheinlich gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Variante 8 AWG strafbar gemacht. Die Übersendung von Geldern an IS-Mitglieder in Syrien verstieß gegen das in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 vom 27. Mai 2002 normierte Bereitstellungsverbot (vgl. BGH, Beschlüsse vom

13. Dezember 2023 – AK 91-95/23, juris Rn. 124; vom 19. Oktober 2023 – StB 63+64/23, juris Rn. 38 mwN; vom 23. August 2023 – StB 47/23, juris Rn. 10; vom 27. Juli 2023 – StB 44/23, juris Rn. 15 ff., 42 ff.; vom 7. Februar 2023 – 3 StR 483/21, juris Rn. 22; vom 18. November 2021 – AK 47/21, juris Rn. 10 ff.; vom 14. Juli 2021 – AK 37/21, juris Rn. 32). Denn der IS ist seit der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 632/2013 der Kommission vom 28. Juni 2013 (ABl. L 179 vom 29. Juni 2013, S. 85) eine in der Verordnung gelistete Vereinigung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Februar 2023 – 3 StR 483/21, juris Rn. 22; vom 11. August 2021 – 3 StR 268/20, juris Rn. 16; Urteil vom 29. Juli 2021 – 3 StR 156/20, BGHR AWG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Bereitstellungsverbot 3 Rn. 9; Beschluss vom 14. Juli 2021 – AK 37/21, juris Rn. 40 mwN). Gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung dürfen gelisteten Gruppierungen weder direkt noch indirekt Gelder zur Verfügung gestellt werden.

Indem der Beschuldigte hochwahrscheinlich dafür sorgte, dass Gelder an IS-Mitglieder im (früheren) Hauptagitationsgebiet der Vereinigung gelangten und von diesen im Sinne der Vereinigung verwendet werden konnten, stellte er finanzielle Ressourcen im Sinne des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 zur Verfügung. Angesichts der Struktur des IS und des Umstandes, dass es sich bei der Vereinigung um einen Personenverband handelt, werden Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen jedenfalls dann bereits dem IS selbst unmittelbar zur Verfügung gestellt, wenn sie einem im Betätigungsgebiet der (Kern-)Organisation befindlichen und agierenden Mitglied, das in die dortigen Vereinigungsstrukturen eingebunden ist, zur Verwendung für die Ziele und Zwecke der Vereinigung zufließen. Insofern ist nicht erforderlich, dass die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen in die direkte Verfügungsgewalt eines Führungsverantwortlichen oder eines für Finanzangelegenheiten zuständigen Vereinigungsmitglieds gelangen oder solche höherrangigen Mitglieder eine eigene Zugriffsmöglichkeit erhalten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 2023 – AK 91-95/23, juris Rn. 125; vom 19. Oktober 2023 – StB 63+64/23, juris Rn. 40; vom 27. Juli 2023 – StB 44/23, juris Rn. 47; vom 7. Februar 2023 – 3 StR 483/21, juris Rn. 22; vom 18. November 2021 – AK 47/21, wistra 2022, 207 Rn. 17 ff.; vom 11. August 2021 – 3 StR 268/20, juris Rn. 18 ff.; Urteil vom 29. Juli 2021 – 3 StR 156/20, BGHR AWG § 18 Abs. 1 Nr. 1 Bereitstellungsverbot 3 Rn. 18 ff.; Beschlüsse vom 14. Juli 2021 – AK 37/21, juris Rn. 40; vom 24. Februar 2021 – AK 6/21, juris Rn. 33, 37 f.).

Unerheblich ist insofern, dass jedenfalls einige der Geldempfängerinnen in von kurdischen Milizen kontrollierten Lagern interniert waren (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. Dezember 2023 – AK 91-95/23, juris Rn. 126; vom 19. Oktober 2023 – StB 63+64/23, juris Rn. 40; vom 27. Juli 2023 – StB 44/23, juris Rn. 48). Denn sie konnten auch dort weitgehend selbstorganisiert ein Leben entsprechend den Vorstellungen des IS führen und für die Vereinigung tätig werden.

c) Durch die Beschaffung von Anleitungen unter anderem zur Herstellung einer USBV und des Giftes Rizin (Fälle 7 bis 9) hat sich der Beschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit wegen Sichverschaffens einer Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gemäß § 91 Abs. 1 Nr. 2 StGB in drei Fällen (§ 53 StGB) strafbar gemacht.

d) Die versuchte Ausreise des Beschuldigten aus der Bundesrepublik Deutschland am 14. Oktober 2024 führt nach der derzeitigen Beweislage zum dringenden Tatverdacht einer Strafbarkeit wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a Abs. 2a in Verbindung mit Abs. 1 und 2 Nr. 1 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. August 2019 – StB 19/19, juris Rn. 16, 29; vom 25. Juli 2019 – AK 36/19, juris Rn. 14; vom 13. Juni 2019 – StB 13/19, juris Rn. 20 f., 29, 35 ff.; vom 6. April 2017 – 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 Rn. 6 ff.). Da der Beschuldigte bereits auf den Flug eingecheckt und die Ausreisekontrolle passiert hatte, als er festgenommen wurde, war die Schwelle von der straflosen Ausreisevorbereitung zum strafbaren Unternehmen der Ausreise überschritten (vgl. MüKoStGB/Anstötz, 5. Aufl., § 89a Rn. 53).

e) Die hochwahrscheinlichen Taten des Beschuldigten unterfallen der deutschen Strafgewalt nach dem Territorialitätsprinzip (§ 3 StGB), weil er jeweils in Deutschland tätig wurde. Deshalb ist auch der von § 129b Abs. 1 Satz 2 StGB geforderte strafbarkeitsbegründende Inlandsbezug gegeben.

3. Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von bereits begangenen und künftigen Taten nach § 129a StGB im Zusammenhang mit der terroristischen Vereinigung im Ausland „Islamischer Staat“ (IS) hat das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz – als Neufassung einer früheren Verfolgungsermächtigung – am 13. Oktober 2015 erteilt.

Einer Verfolgungsermächtigung nach § 89a Abs. 4 StGB in Bezug auf eine Strafverfolgung wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat bedarf es nicht, weil sich die betreffenden Tatvorwürfe auf im Inland begangene Taten beziehen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. August 2019 – StB 19/19, juris Rn. 31; vom 25. Juli 2019 – AK 36/19, juris Rn. 17; vom 13. Juni 2019 – StB 13/19, juris Rn. 41; vom 6. April 2017 – 3 StR 326/16, BGHSt 62, 102 Rn. 16).

4. Die Zuständigkeit der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf zur Verfolgung der Taten – und des Ermittlungsrichters des Oberlandesgerichts Düsseldorf für Haftbefehlsentscheidungen im vorliegenden Verfahren – ergibt sich hinsichtlich des Vorwurfs der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland aus § 120 Abs. 1 Nr. 6, § 142a Abs. 2 Nr. 2 GVG. Hinsichtlich der weiteren Straftaten ist die Verfolgungszuständigkeit der Generalstaatsanwaltschaft beziehungsweise des Oberlandesgerichts aufgrund Sachzusammenhangs (§ 2 StGB) begründet.

5. Es ist der Haftgrund der Fluchtgefahr gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO gegeben. Es ist wahrscheinlicher, dass sich der Beschuldigte – sollte er auf freien Fuß gelangen – dem Strafverfahren entziehen, als dass er sich ihm stellen wird.

Der Beschuldigte hat im Falle seiner Verurteilung nicht zuletzt angesichts der hohen Zahl und der Gefährlichkeit der ihm zur Last gelegten Taten mit einer erheblichen Gesamtfreiheitsstrafe zu rechnen. Insofern ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die von ihm beschafften Anleitungen zur Herstellung von Tatmitteln für terroristische Anschläge hochwahrscheinlich geeignet waren, ihm die erforderlichen Kenntnisse zur Produktion von Gift (Rizin) und Sprengstoffen zu vermitteln.

Dem von der Straferwartung ausgehenden großen Fluchtanreiz stehen keine hinreichenden fluchthemmenden Umstände entgegen. Insofern gilt, dass die Annahme von Fluchtgefahr kein sicheres Wissen um die sie begründenden Tatsachen erfordert; es genügt derselbe Wahrscheinlichkeitsgrad wie bei der Annahme des dringenden Tatverdachts (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. September 2022 – AK 27/22, juris Rn. 36; vom 5. Oktober 2018 – StB 43 u. 44/18, juris Rn. 37).

Der alleinstehende Beschuldigte ist Staatsangehöriger des Iran; dort leben weiterhin seine Familienangehörigen. Er kam als Flüchtling nach Deutschland; sein Asylantrag wurde jedoch abgelehnt. In der Bundesrepublik ist er weder beruflich noch sozial fest verankert. Die Staatsordnung Deutschlands lehnt er angesichts seiner Affinität zur dschihadistisch-salafistischen Vereinigung IS mit hoher Wahrscheinlichkeit ab. Mit seiner versuchten Ausreise aus Deutschland im Oktober 2024, die mutmaßlich dem Ziel diente, sich in Syrien dem IS anzuschließen, hat er seine fehlende Anbindung an die Bundesrepublik manifestiert.

Der Zweck der Untersuchungshaft kann unter den gegebenen Umständen nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen im Sinne des § 116 Abs. 1 StPO erreicht werden.

6. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) sind gegeben. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft. Das Verfahren ist bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.

Die Ermittlungen waren und sind besonders komplex und umfangreich; die Akten haben derzeit einen Umfang von etwa 10.000 Seiten. Es sind mehrere Mobiltelefone des Beschuldigten mit einer großen Datenmenge sichergestellt worden, die einer intensiven, bislang nicht abgeschlossenen Auswertung durch das mit den Ermittlungen betraute Bundeskriminalamt bedürfen. Zudem sind mehrere zeitaufwändige Rechtshilfeersuchen erforderlich geworden.

Zwar ist nach Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft noch nicht mit der Fertigung der beabsichtigten Anklageschrift begonnen worden. Mit Blick auf den weit fortgeschrittenen Stand der Ermittlungen geht der Senat jedoch davon aus, dass die Generalstaatsanwaltschaft ungeachtet der noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen nunmehr – gegebenenfalls parallel zu diesen – eine Anklageschrift erstellen und in Kürze Anklage gegen den Beschuldigten erheben wird.

7. Schließlich steht die Untersuchungshaft nach Abwägung zwischen dem Freiheitsgrundrecht des Beschuldigten einerseits sowie dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit andererseits derzeit nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Falle einer Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO).

Schäfer Berg Kreicker

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