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11 W (pat) 23/08

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 23/08 Verkündet am 31. Juli 2014

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 103 47 345 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 31. Juli 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing. Fetterroll beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Auf die am 11. Oktober 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des Patents 103 47 345 mit der Bezeichnung

" Verfahren und Anordnung zum Reibungsschweißen " am 14. Juni 2006 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden, worauf die Patentabteilung 45 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent durch Beschluss vom 27. Mai 2008 mit der Begründung widerrufen hat, dass die beanspruchten Gegenstände nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Patentinhaberin.

In der mündlichen Verhandlung hat sie vorgetragen, dass die Gegenstände der Patentansprüche sowohl nach Haupt- als auch nach Hilfsantrag neu seien sowie auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten. Weiterhin ist sie der Auffassung, dass auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ursprünglich offenbart sei.

Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin beantragt,

den angefochtenen Beschluss des Patentamts aufzuheben und das Patent mit den Patentansprüchen 1 bis 9 vom 19. April 2007 sowie der Beschreibung mit den Absätzen 1 bis 5 und 13 bis 19 gemäß Patentschrift in Verbindung mit den die Absätze 6 bis 12 der Patentschrift ersetzenden Beschreibungsseiten 1 bis 3 vom 19. April 2007, hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 9 und den Beschreibungsseiten 1 bis 3 vom 31. Juli 2014, und jeweils mit den Zeichnungen Fig. 1 bis 4 gemäß Patentschrift beschränkt aufrechtzuerhalten.

Die Beschwerdegegnerin und Einsprechende beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beschwerdegegnerin ist der Auffassung, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Beim Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem Hilfsantrag ist sie der Meinung, dass aufgrund der Hinzufügung des Merkmals, dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Bewegungsrichtung des Schwingers, die mit Hilfe eines die jeweilige Position des Schwingers aufnehmenden Wegaufnehmers ermittelt wird, dieser unzulässig erweitert sei und der Hilfsantrag somit unzulässig sei.

Zur Stützung ihres Vortrags bezieht sich die Beschwerdeführerin u. a. auf folgende Druckschriften:

D1 WO 02/076737 A1 D2 Schießl Anton: "Reibleistungsvibration beim Vibrationsschweißen technischer Thermoplasten: Realisierung und Potentialabschätzung", Diplomarbeit, Lehrstuhl für Kunststofftechnik der Universität Erlangen-Nürnberg, 2003.

Der geltende Anspruch 1 nach dem Hauptantrag lautet in gegliederter Fassung:

M1 Verfahren zum Reibungsschweißen, bei welchem eines der zu verbindenden Teile mit Hilfe eines elektromagnetischen Schwingers in Schwingung versetzt wird, dadurch gekennzeichnet,

M2 dass nach einem geregelten Anschwingen und einer vorgebbaren Schwingzeit der Schwinger elektrisch abgebremst wird,

M3 dass das Anschwingen und das Abbremsen durch abwechselndes Bestromen zweier entgegengesetzt wirkender Elektromagnete erfolgt,

M4 dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Bewegungsrichtung des Schwingers beim Anschwingen ein die Bewegung unterstützender Elektromagnet und M4.1 beim Abbremsen ein die jeweilige Bewegung hemmender Elektromagnet bestromt wird M5 und dass während des Abbremsens bei Erreichen einer vorgegebenen Schwingungsamplitude die Bestromung abgeschaltet wird.

Der nebengeordnete Anspruch 3 nach dem Hauptantrag lautet in gegliederter Fassung:

M1 Anordnung zum Reibungsschweißen, bei welcher ein Schwinger vorgesehen ist, mit dem eines der zu verbindenden Teile in Schwingung versetzt wird und M2 der von entgegengesetzt wirkenden Elektromagneten angetrieben wird,

M3 wobei ein Ausgang eines die jeweilige Position des Schwingers (4, 5, 6) aufnehmenden Wegsensors (11) mit einem Eingang eines Reglers (12) verbunden ist, der ausgangsseitig an Eingänge einer Leistungsendstufe (13) zur Bestromung der Elektromagnete (2, 3) angeschlossen ist, dadurch gekennzeichnet,

M4 dass der Regler (12) die Leistungsendstufe (13) derart ansteuert, dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Bewegungsrichtung des Schwingers (4, 5, 6) ein die Bewegung unterstützender Elektromagnet (2, 3) bestromt wird,

M4.1 dass zum Abbremsen ein die jeweilige Bewegung hemmender Elektromagnet (2, 3) bestromt wird und M5 dass während des Abbremsens bei Erreichen einer vorgegebenen Schwingungsamplitude die Bestromung abgeschaltet wird.

Der mit dem Hilfsantrag verteidigte Anspruch 1 lautet in gegliederter Fassung:

M1 Verfahren zum Reibungsschweißen, bei welchem eines der zu verbindenden Teile mit Hilfe eines elektromagnetischen Schwingers in Schwingung versetzt wird, dadurch gekennzeichnet,

M2 dass nach einem geregelten Anschwingen und einer vorgebbaren Schwingzeit der Schwinger elektrisch abgebremst wird,

M3 dass das Anschwingen und das Abbremsen durch abwechselndes Bestromen zweier entgegengesetzt wirkender Elektromagnete erfolgt,

M4 dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Bewegungsrichtung des Schwingers, die mit Hilfe eines die jeweilige Position des Schwingers aufnehmenden Wegaufnehmers ermittelt wird, beim Anschwingen ein die Bewegung unterstützender Elektromagnet und M4.1 beim Abbremsen ein die jeweilige Bewegung hemmender Elektromagnet bestromt wird M5 und dass während des Abbremsens bei Erreichen einer vorgegebenen Schwingungsamplitude die Bestromung abgeschaltet wird.

Der mit dem Hilfsantrag verteidigte Anspruch 3 ist mit dem des Hauptantrags identisch.

Zu den diesen Ansprüchen jeweils nachgeordneten Ansprüchen und wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Einspruch ist zulässig.

Das angegriffene Patent betrifft ein Verfahren und eine Anordnung zum Reibungsschweißen, bei welchen eines der zu verbindenden Teile mit Hilfe eines elektromagnetischen Schwingers in Schwingung versetzt wird (vgl. Abs. [0001] der Patentschrift).

Bei einer aus der Druckschrift EP 0 481 125 A2 bekannten Vorrichtung werde von einem Mikroprozessor die Arbeitsfrequenz des Generators solange verändert, bis die Stromstärke bei einer vorgegebenen Schwingungsamplitude minimal sei. Dabei vergehe jedoch Zeit, in welcher die Vorrichtung nicht optimal arbeite. Um dieses zu verbessern, sei bei der bekannten Vorrichtung weiterhin vorgesehen, dass die frequenzabhängige Stromkurve für ein bestimmtes Werkzeug ermittelt und als Referenz gespeichert werde. Damit werde jedoch insgesamt noch nicht eine möglichst kurze Schwingzeit erreicht. (vgl. Abs. [0005] der Patentschrift).

Dem angegriffenen Patent liegt deshalb die objektive Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zu schaffen, mit dem die Schwingzeit und damit die gesamte Prozesszeit verkürzt wird.

Der mit der Lösung dieser Aufgaben betraute Fachmann ist ein Ingenieur der Fachrichtung Fertigungstechnik, der seit mehreren Jahren mit der Entwicklung und Erprobung von Vorrichtungen zum Reibungsschweißen betraut ist und bei Bedarf einen Mess- und Regelungstechniker zu Rate zieht.

Zum Hauptantrag Die geltenden Ansprüche des Hauptantrags sind zulässig; dies ist unstreitig.

Das Verfahren nach Anspruch 1 des Hauptantrags ist zwar neu und gewerblich anwendbar, jedoch beruht es nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Reibungsschweißen unterteilt sich im Wesentlichen in die Phasen: Einschwingen – Schweißen – Ausschwingen – Halten/Abkühlen. Erheblichen Einfluss auf die Schweißzeit und damit auf die gesamte Prozesszeit hat das Einschwingen. Je kürzer die Einschwingzeit, d. h. je eher die zur Schweißung notwendige Frequenz und Amplitude erreicht ist, umso kürzer wird die Prozesszeit.

Diese Erkenntnis liegt der den Ausgangspunkt für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bildenden Druckschrift D1 bereits zugrunde. Mit Hilfe des in der D1 offenbarten Verfahrens zum Reibungsschweißen soll die als zu lange erachtete Einschwingzeit (startup time) des Standes der Technik verringert werden (S. 2, Z. 24 bis S. 3, Z. 1 i. V. m. S. 6, Z. 9 bis 10).

Das Verfahren gemäß der Druckschrift D1 sieht hierzu folgende Schritte vor:

- eines der zu verbindenden Teile (workpiece second portion 36) wird mit Hilfe eines elektromagnetischen Schwingers (flexure array 38) in Schwingung versetzt, wozu abwechselnd die Bestromung der entgegengesetzt wirkenden Elektromagnete MR, ML (second 44 and first 42 magnet assembly) erfolgt (vgl. Fig. 1 i. V. m. claim 1; Merkmal M1, Teilmerkmal M3),

- das geregelte Anschwingen erfolgt derart, dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Bewegungsrichtung des Schwingers beim Anschwingen ein die Bewegung unterstützender Elektromagnet bestromt wird (Fig. 5 i. V. m. S. 11, Z. 8 bis 14; Merkmal M4),

- nach Erreichen eines ausreichenden Aufschmelzens der Grenzschicht (interface) zwischen den Werkstückteilen 34, 36 (workpiece first and second portions) werden die Schwingungen (oscillations) gestoppt (S. 14, Z. 20 bis 23; Teilmerkmale M2, M5).

Eine naheliegende Maßnahme, um die Schwingung nach dem ausreichenden Aufschmelzen der Grenzschicht zu stoppen, ist aus Sicht des Fachmanns, die Bestromung der Elektromagnete abzuschalten (Teilmerkmale M2, M5).

Hierbei entspricht das gemäß Druckschrift D1 vorgesehene Abbruchkriterium „ausreichendes Aufschmelzen der Grenzschicht“ dem patentgemäßen Abbruchkriterium „vorgebbare Schwingzeit“. Die „vorgebbare Schwingzeit“ ist in der Patentschrift nicht näher erläutert bzw. definiert. Der Fachmann muss daher davon ausgehen, dass die Schwingzeit diejenige Zeit repräsentiert, nach der die Grenzschicht ausreichenden geschmolzen und somit eine Verschweißung der Werkstücke erfolgen kann. Von einem Abbruchkriterium, das vor Erreichen der vollständigen Verschweißung liegt, muss er aufgrund seines Fachwissens und des Offenbarungsgehalts der streitigen Patentschrift nicht ausgehen.

Der Einwand der Patentinhaberin, dass mit Hilfe des Positionssensors der Vorrichtung gemäß Druckschrift D1 nur der Nulldurchgang des Schwingkopfes erfasst werde und danach die Bestromung der Magnete erfolge, wodurch man in der Periode festgelegt sei und eine genaue Regelung des Schwingkopfes – wie dies beim Streitgegenstand der Fall sei – daher nicht möglich sei, muss ins Leere gehen. So ist im streitigen Verfahrensanspruch nur von einem geregelten Anschwingen die Rede, von einer Positionsbestimmung hingegen nicht. Davon abgesehen geht auch aus der D1, insbesondere der Figur 5, ein geregeltes Anschwingen des Schwingers (flexure array position P) hervor. Im linken Bereich der Abszisse erkennt der Fachmann, dass während des Anschwingens der rechte Elektromagnet MR so bestromt wird, dass er den Schwinger anzieht (oberes Rechteck, durchgezogene Linie), und dann umgepolt wird, um den Schwinger abzustoßen (unters Rechteck, durchgezogene Linie), wie dies auch auf Seite 11 beschrieben ist (vgl. Z. 8 bis 12). Hiernach ist – entgegen der Auffassung der Patentinhaberin - ein geregeltes Anschwingen aus der D1 bekannt.

Das beanspruchte Verfahren nach Anspruch 1 gemäß Hauptantrag unterscheidet sich daher von dem aus der D1 bekannten allenfalls dadurch, dass der Schwinger (auch) elektrisch durch abwechselndes Bestromen zweier entgegengesetzt wirkender Elektromagnete abgebremst wird, das Abbremsen des Schwingers derart erfolgt, dass ein die jeweilige Bewegung hemmender Elektromagnet bestromt wird, und nach Erreichen einer vorgegebenen Schwingungsamplitude die Bestromung abgeschaltet wird (Teilmerkmale M2, M3, M5 und Merkmal M4.1).

In diesem geregelten Abbremsen des Schwingers sieht die Patentinhaberin eine weitere Lösung der Aufgabe, zu einer kürzeren Schwingzeit zu gelangen.

Für den Fachmann, der aus der D1 bereits weiß, dass durch das geregelte Anschwingen ein Zeitvorteil bezüglich der Schwingzeit erzielbar ist, liegt es auf der Hand, sich auch der Ausschwingzeit zu widmen, um so eventuell eine weitere Prozesszeitverkürzung zu erreichen. Dies umso mehr, als die eigentliche Schweißzeit aus Gründen der Qualität durch das zu verschweißende Material bestimmt ist.

Aus der Druckschrift D2 ist eine Untersuchung zur Reibleistungsvariation beim Vibrationsschweißen technischer Thermoplaste bekannt, die u. a. die Auswirkungen unterschiedlicher Ein- und Ausschwingzeiten auf die Prozesszeit sowie die optische (Partikelemission, Fusselbildung) und mechanische Nahtqualität klären soll (vgl. S. 1, letzter Abs.).

Für den Fertigungsfachmann bestand daher Veranlassung, die D2 aufzugreifen und sich insbesondere die Auswirkungen der Ausschwingzeiten auf die Prozesszeit näher anzuschauen, zumal die Vibrationsschweißmaschine der D2 (Bild 4. 1) den grundsätzlich gleichen Aufbau hat wie die aus der D1 (Fig. 1) bekannte.

Ergebnis der Untersuchung ist, dass die Ausschwingzeit für die verschiedenen Werkstoffe im Zug- und Berstdruckversuch unterschiedlich starken Einfluss auf die mechanischen Eigenschaften zeigt. Für bestimmte Werkstoffe hat sich jedoch ergeben, dass mit zunehmender Ausschwingzeit die Festigkeit der Schweißverbindung stark abnimmt (S. 117, letzter Abs.). Im Umkehrschluss bedeutet dies für den Fachmann, er kann die Ausschwingzeit und damit die Prozesszeit verkürzen, ohne sich dadurch Nachteile einzuhandeln, und bei bestimmten Werkstoffen sogar noch Vorteile bezüglich der Nahtqualität erreichen.

Der Einwand der Patentinhaberin, der Fachmann habe keine Veranlassung, die D2 überhaupt zu berücksichtigen, da diese keine Anregung auf eine Verkürzung der Ausschwingzeit liefere, ist - wie zuvor gezeigt - nicht stichhaltig. Aber auch ihre Einlassung, wonach das Bild 6.49 (Linear) deutlich zeige, dass das freie Ausschwingen gegenüber dem geregelten Ausschwingen zu einer höheren Festigkeit beim Berstdruckversuch führe und daher dem Fachmann nicht nahe lege, eine Verkürzung der Ausschwingzeit in Betracht zu ziehen, kann nicht überzeugen. Vielmehr zeigt dort der Kurvenverlauf für das geregelte Ausschwingen eindeutig, dass zum einen die Festigkeit mit abnehmender Ausschwingzeit zunimmt und zum andern es sich bei dem Ergebnis für das freie Ausschwingen nur um einen einzigen Messpunkt handelt. Der Fachmann schließt daraus, dass eine Verkürzung der Ausschwingzeit geeignet ist, die Prozesszeit zu verkürzen, zumal auch das Bild 6.48 (linear) – bei gleicher Werkstoffwahl (Ultramid A3 WG6) - die generelle Aussage des Bildes 6.49 bestätigt und darüber hinaus offenbart, dass die Verkürzung der Ausschwingzeit auch noch zu einer Erhöhung der Festigkeit gegenüber dem freien Ausschwingen führen kann. Einziger Unterschied zwischen beiden Versuchen ist dabei die Fügezonenbreite. Es bleibt daher die Aussage der Zusammenfassung der D2 festzuhalten, dass der Einfluss der Ausschwingzeit auf die mechanischen Eigenschaften der verschiedenen Werkstoffe im Zug- und Berstdruckversuch unterschiedlich stark ausgeprägt ist und bei bestimmten Werkstoffen noch mit einer Verbesserung der mechanischen Eigenschaften einhergeht und daher eine Verkürzung der Ausschwingzeit in jedem Fall vorteilhaft ist.

Aber auch die Auffassung der Patentinhaberin, dass die ihrem Verfahren zugrundeliegende Erkenntnis, die Vibration möglichst unmittelbar nach dem Fügevorgang zu beenden, damit eine Beeinträchtigung der bereits erfolgten Verbindung vermieden werde, nicht durch die D2 vermittelt werde, ist durch die voranstehenden Ausführungen widerlegt. Zumal auch aus der Zusammenfassung (vorletzter Absatz) hervorgeht, dass bei langer Ausschwingdauer die Schweißnaht der beiden Werkstoffe PA66, PP nur aus einer inneren Zone besteht, wohingegen bei kurzer Ausschwingdauer weitere Zonen hinzu treten, die vermutlich für die mechanischen Eigenschaften entscheidend sind und zu den höheren Festigkeiten bei der Zugprüfung und im Berstdruckversuch führen. Schließlich wird im letzten Absatz empfohlen, weitere Untersuchungen in diese Richtung vorzunehmen.

Dass es sich beim geregelten Ausschwingen des Schwingers (vgl. Kapitel 6.2.1.2 Ein- und Ausschwingdauer) auch um eine Abbremsung desselben handeln muss, und nicht wie die Patentinhaberin einwendet, um eine Amplitudenregelung, ergibt sich schon aus demselben Kapitel. Dort sind nämlich die sich bei Freischwingversuchen (d. h. der Schwingkopf wird nicht durch ein gefügtes Bauteil abgebremst) ergebenden Istzeiten bei vorgegeben Sollzeiten für das geregelte Ausschwingen und für das freie Ausschwingen dargestellt (vgl. Bild 6.14). Da der Schwingkopf nicht durch ein Bauteil abgebremst werden kann, folgt daraus zwangsläufig, dass der Schwingkopf zum Einhalten der vorgegeben Sollzeit für das Ausschwingen aktiv gebremst werden muss. Dies ist offensichtlich nicht durch eine Amplitudenregelung zu leisten, was besonders in dem Sollvorgabenbereich 0 bis 100 ms des Bildes 6.14 deutlich wird: Die Messpunkte für das freie Ausschwingen liegen, da keine Sollzeiten vorgebbar sind, auf der Ordinate im Bereich von 600 ms bis 800 ms, wohingegen die Messpunkte für das geregelte Ausschwingen für den Sollvorgabebereich 0 bis 100 ms im Bereich bis 100 ms liegen. Diese Ergebnisse lassen nur den Schluss zu, dass beim geregelten Ausschwingen der Schwinger gebremst wird. Würde er nicht gebremst, müssten die Werte des freien Ausschwingens erreicht werden, da der Schwingkopf nicht durch ein zu verschweißendes Bauteil abgebremst wird.

Damit ist auch der Einwand der Patentinhaberin widerlegt, der unvoreingenommene Fachmann könne unter dem Begriff „Abbremsen“ ein Abbremsen des Schwingkopfes durch ein gefügtes Bauteil verstehen.

Schließlich wird in der Diplomarbeit D2 noch die Bestimmung der Ein-/Ausschwingdauer beschrieben (vgl. Abschnitt 5.2.5). Als Kriterium für das Festlegen der Dauer des Ausschwingvorgangs wird dort ein Amplitudenwert herangezogen. Es liegt daher auf der Hand, während der laufenden Produktion den geregelten Schwingvorgang nach Unterschreiten eines (gerade noch messtechnisch erfassbaren) Amplitudenschwellwertes abzubrechen und zu beenden, um die Prozesszeit kurz zu halten. Für die Produktion ist es trivialerweise wenig sinnvoll, die Regelung über das „Ende“ des Ausschwingvorgangs hinaus zu betreiben, wenn dieses bekannt ist. Dem steht nicht entgegen, dass für die in D2 beschriebenen Untersuchungen Messwerte des Ausschwingvorgangs auch noch über ein längeres Zeitintervall erfasst worden sind, zumal anhand dieser Aufzeichnungen und mithilfe des Abbruchkriteriums die Ausschwingdauer ermittelt wurde.

Nach alledem hatte der Fachmann Veranlassung, die Erkenntnisse der D2 aufzugreifen, um mit deren Hilfe zu einer weiteren Verkürzung der durch das Verfahren der D1 erzielbaren Prozesszeit zu gelangen.

Die Ausschwingzeit beim Verfahren gemäß der D1 mit denselben Regelungsvorrichtungen zu regeln, die die D1 zur Regelung der Einschwingzeit verwendet, ist naheliegend, da es sich hierbei lediglich um eine kinematische Umkehr des geregelten Anschwinges handelt. Wie bereits dargelegt, wird zum Beschleunigen des Anschwingvorgangs der Elektromagnet MR so bestromt, dass der Schwinger, abhängig vom Ort auf seiner Bahnkurve, angezogen oder abgestoßen wird. Dieses Regelverfahren so umzukehren, dass der Schwinger abgebremst wird, liegt im Griffbereich des Fachmanns.

Zur vollständigen Lehre des streitigen Anspruch 1 nach Hauptantrag gelangte der Fachmann somit durch eine Zusammenschau der Inhalte der Druckschriften D1 und D2 sowie dem Fachwissen des Mess- und Regelungstechnikers.

Die Vorrichtung nach Anspruch 3 des Hauptantrags ist zwar neu und gewerblich anwendbar, jedoch beruht auch sie nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Aus der Druckschrift D1 ist eine Anordnung zum Reibungsschweißen bekannt (claim 16), bei welcher ein Schwinger (flexure array 38) vorgesehen ist, mit dem eines der zu verbindenden Teile (workpiece second portion 36) in Schwingung versetzt wird (Merkmal M1). Dabei wird der Schwinger 38 von entgegengesetzt wirkenden Elektromagneten MR, ML angetrieben (Merkmal M2). Ein Ausgang eines die jeweilige Position des Schwingers 38 aufnehmenden Wegsensors (sensors 52, 56) ist mit einem Eingang eines Reglers (DPU 76) verbunden, der ausgangsseitig an Eingänge einer Leistungsendstufe (amplifiers 78, 80) zur Bestromung der Elektromagnete MR, ML angeschlossen ist (vgl. Fig. 4; Merkmal M3). Der Regler 76 steuert dabei die Leistungsendstufe 78, 80 derart an, dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Bewegungsrichtung des Schwingers 48 ein die Bewegung unterstützender Elektromagnet MR, ML bestromt wird (vgl. claim 23; Merkmal M4).

Hiervon unterscheidet sich die streitige Vorrichtung dadurch, dass zum Abbremsen ein die jeweilige Bewegung hemmender Elektromagnet (2, 3) bestromt (Merkmal M4.1) und dass während des Abbremsens bei Erreichen einer vorgegebenen Schwingungsamplitude die Bestromung abgeschaltet wird (Merkmal M5).

Da die verbleibenden Verfahrensmerkmale schon nicht die Patentierbarkeit des streitigen Verfahrens nach Anspruch 1 zu stützen vermögen, sind sie auch nicht dazu angetan, eine erfinderische Tätigkeit in Bezug auf die beanspruchte Vorrichtung zu begründen.

Zum Hilfsantrag Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist unzulässig. Sein Gegenstand geht über den Inhalt der am Anmeldetag eingereichten Fassung hinaus.

Anspruch 1 nach Hilfsantrag unterscheidet sich vom Anspruch 1 gemäß Hauptantrag durch die Einfügung wonach die jeweilige Bewegungsrichtung des Schwingers „mit Hilfe eines die jeweilige Position des Schwingers aufnehmenden Wegaufnehmers ermittelt wird“ (in Merkmal M4).

Das Ermitteln der Bewegungsrichtung des Schwingers mit Hilfe eines Wegaufnehmers ist jedoch weder in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen noch in der Patentschrift offenbart. Ein Wegaufnehmer ist zwar im Zusammenhang mit der Vorrichtung beschrieben (vgl. Abs. [0010] der Patentschrift) jedoch lediglich insoweit, als damit die Position des Schwingrahmens 4 gemessen wird (vgl. Abs. [0026] der Patentschrift i. V. m. Fig. 1).

Im Übrigen wird auf die Ausführungen zum Hauptantrag verwiesen.

Zu den weiteren Ansprüchen nach Haupt- und Hilfsantrag Die Unteransprüche 2 sowie 4 bis 9 nach dem jeweiligen Antrag, in denen ein eigenständiger erfinderischer Gehalt nicht erkennbar ist, was auch nicht geltend gemacht worden ist, teilen in der Antragsgesamtheit das Rechtsschicksal der Ansprüche 1 und 3.

III.

Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Dr. Höchst v. Zglinitzki Dr. Fritze Fetterroll Bb

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