9 W (pat) 6/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 6/14
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung … (hier: Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe) …
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 4. August 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Dipl.-Ing. Sandkämper, Paetzold und Dr.-Ing. Geier beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Prüfungsstelle 21 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. März 2012 aufgehoben.
BPatG 152 08.05
2. Das Verfahrenskostenhilfeverfahren wird zur weiteren Durchführung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Gründe I.
Der Anmelder und Antragsteller hat am 12. März 2010 eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung
"…" eingereicht und Antrag auf Verfahrenskostenhilfe gestellt. Auf den Bescheid des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) vom 6. September 2010, mit dem er um eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie um Vorlage einer Einnahmeüberschussrechnung für das Jahr 2009 gebeten worden war, und einem weiteren Bescheid vom 19. Oktober 2010 hat er mit Schreiben vom 17. Dezember 2010 unter Beifügung von Unterlagen über seine persönlichen/wirtschaftlichen Verhältnisse und den Steuerbescheiden 2009 und 2010 beantwortet. Wie sich aus einem behördlichen Korrekturvermerk in der elektronischen Akte ergibt, sind diese Unterlagen erst nach einer Datenkorrektur am 31. Januar 2014 in die betreffende Verfahrenskostenhilfeakte gelangt. Nach weiterem Schriftverkehr ist der Antragsteller im Amtsbescheid vom 27. Juni 2011 darauf hingewiesen worden, dass der vorangegangene Bescheid nicht vollständig beantwortet sei. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2011 ist er nochmals darauf hingewiesen worden, dass noch keine vollständige Erwiderung zur Akte gelangt sei und allein aus diesem Grunde mit der Zurückweisung des Antrages auf Verfahrenskostenhilfe zu rechnen sei.
Mit Beschluss vom 8. März 2012 hat die Prüfungsstelle 21 den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Erteilungsverfahren und die im Erteilungsverfahren fällig werdenden Jahresgebühren zurückgewiesen. In der Begründung ist ausgeführt, dass der Antragsteller trotz wiederholter Aufforderungsschreiben nicht die zum Nachweis der Bedürftigkeit erforderlichen Unterlagen eingereicht habe.
Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss, an den Antragsteller per Übergabeeinschreiben am 9. März 2012 versandt, hat dieser „Widerspruch gegen die Rückweisung des Antrags auf Verfahrenskostenhilfe“ eingelegt und dies damit begründet, dass er seiner Auskunftspflicht in aller Form nachgekommen sei, indem er die Steuerbescheide und zusätzlich die Bilanzen übersandt habe. Die von der Sachbearbeiterin auf telefonische Anfrage als fehlend benannte Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) sei sowohl in den Steuerbescheiden als auch in den Bilanzen ausgewiesen; die Vorlage der GuV für das Jahr 2011 sei ihm erst jetzt möglich gewesen, weshalb er sie seinem Schreiben beifüge.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die vom Antragsteller als „Widerspruch“ benannte Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft. Daran ändert auch nichts, dass der Beschluss nicht von der Patentabteilung, sondern von der Prüfungsstelle 21 erlassen worden ist. Zwar sieht § 135 Abs. 3 Satz 1 PatG vor, dass Beschlüsse nach den §§ 130 bis 133 ergehenden Beschlüsse unanfechtbar sind, soweit es sich nicht um einen Beschluss der Patentabteilung handelt, durch den Patentabteilung die Verfahrenskostenhilfe verweigert. Für solche Beschlüsse ist eine Prüfungsstelle aber gar nicht zuständig, sondern gemäß § 27 Abs.1 Nr. 2 PatG ausdrücklich nur die Patentabteilung. Beschwerden gegen Beschlüsse, die entgegen dieser Vorschrift erlassen werden,
müssen ebenso nach § 135 Abs.3 PatG statthaft sein, abgesehen davon, dass ansonsten die Beschwerde nach § 73 Abs. 1 PatG statthaft wäre.
Dass im vorliegenden Schreiben das Wort „Beschwerde“ nicht vorkommt, hindert nicht die Zulässigkeit, solange die Erklärung den Willen zur Anfechtung erkennen lässt (vgl. BPatGE 6, 58, 61; Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl. 2014, § 65 Rdn. 65).
Die Beschwerde ist auch begründet. Dem Antragsteller ist zu Unrecht die Verfahrenskostenhilfe wegen fehlender wirtschaftlicher Bedürftigkeit verweigert worden.
Zur Beantragung von Verfahrenskostenhilfe, die gemäß § 129 PatG nach Maßgabe der §§ 130 bis 138 PatG gewährt wird, ist nach der Verweisungsvorschrift des § 136 Satz 1 PatG in Verbindung mit § 117 Abs. 2 ZPO eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen. Diese hat der Antragsteller unter Verwendung eines Formblattes darzulegen und zu belegen (vgl. BPatG, Beschluss vom 13.03.2009 – Az. 8 W (pat) 54/08; Schulte, PatG, 9. Aufl. 2014, § 130, Rn. 9).
Diesen Erfordernissen ist der Antragsteller seinerzeit nachgekommen, was die Prüfungsstelle auch nicht beanstandet hat. Welche konkreten Unterlagen noch fehlen sollten, hat die Prüfungsstelle nicht weiter ausgeführt.
Schon deshalb ist die Sache zurückzuverweisen.
Allerdings ist dem Beschwerdeschreiben des Antragstellers zu entnehmen, dass die Verfahrenskostenhilfe deshalb nicht gewährt worden sei, weil der Antragsteller nicht die GuV 2009 eingereicht habe. Diese ist jedoch, worauf der Antragsteller zu Recht hinweist, in den Steuerbescheiden berücksichtigt und spätestens mit seinem Schreiben vom 17. Dezember 2010 eingereicht worden.
Weitere Gesichtspunkte, die die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Antragstellers in Zweifel ziehen könnten, sind nicht ersichtlich. Gegen solche Zweifel spricht auch, dass in dem vom Antragsteller in seinem „Widerspruch“ benannte Parallelverfahren Az. … der Beschwerde abgeholfen worden ist, wie sich dem entsprechenden Registerauszug entnehmen lässt.
Neben der Bedürftigkeit hängt die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe zusätzlich von der Erfolgsaussicht der Patentanmeldung ab, die im Amtsverfahren bisher nicht geprüft worden ist.
Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und Sache gemäß § 79 Abs. 3 PatG zurückzuverweisen. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne von § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG vorliegt. Der angegriffene Beschluss ist nämlich, wie bereits erwähnt, von der formell unzuständigen Prüfungsstelle 21 erlassen worden anstatt von der entsprechenden Prüfungsabteilung (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 2 PatG); zwar rechtfertigt ein solcher Mangel allein keine Zurückverweisung gemäß § 78 Abs.3 Nr. 2 PatG, wenn der Beschluss in der Sache zutreffend ist und damit eine eigene Entscheidung des Senats möglich ist (vgl. Schulte a. a. O. § 79 Rn. 10 und 18 m. w. N.). Im vorliegenden Fall ist die Sache aber weiter von der Patentabteilung auf alle Voraussetzungen der beantragten Verfahrenskostenhilfe zu prüfen.
Hilber Paetzold Sandkämper Dr. Geier Ko