35 W (pat) 411/11
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 411/11 Verkündet am 24. Januar 2013
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
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betreffend das Gebrauchsmuster 20 2006 002 827 hier: Löschungsantrag hat der 35. Senat (Gebrauchsmuster-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2013 durch den Vorsitzenden Richter Baumgärtner sowie die Richter Dipl.-Ing. Univ. Rippel und Dr.-Ing Dorfschmidt beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe I.
Das Gebrauchsmuster DE 20 2006 002 827 U1 mit der Bezeichnung „Schneidwerkzeug“, das die Priorität der Gebrauchsmusteranmeldung AT GM 113/2005 vom 25. Februar 2005 in Anspruch nimmt, ist am 22. Februar 2006 angemeldet und am 20. April 2006 in das Gebrauchsmusterregister beim Deutschen Patentund Markenamt eingetragen worden. Es ist in Kraft.
Der eingetragene Schutzanspruch 1 lautet:
„Schneidwerkzeug zur spanenden Bearbeitung von Metallen oder dergleichen mit einer Schneide und einem Spanbrecher und einer dazwischen angeordneten Spanfläche, wobei die Schneide und die Spanfläche und/oder der Spanbrecher aus Diamant oder kubischem Bornitrid bestehen, dadurch gekennzeichnet, dass der Spanbrecher (3) vorgeschobene Bereiche (5) und zurückgezogene Bereiche (6) aufweist und/oder die Spanfläche (4) erhöhte Bereiche (8) und vertiefte Bereiche (9) aufweist.“
Wegen des Wortlauts der eingetragenen abhängigen Schutzansprüche 2 bis 16 wird auf die Gebrauchsmusterschrift verwiesen.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 8. September 2008 bei der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts, Löschungsantrag mit dem Ziel der Löschung des Gebrauchsmusters im Umfang sämtlicher Schutzansprüche 1 bis 16 gestellt. Zum Stand der Technik hat die Antragstellerin im Laufe des Verfahrens folgende Dokumente genannt:
D1: EP 1 023 961 B1 D2: DE 695 22 678 T2 D3: DE 25 44 991 B1 D4: Unterlagen zu behaupteten Vorbenutzung Fa. Miele & Cie.
GmbH & Co, 2005 D5: Handbuch der Zerspanung, 1996, Sandvik Coromant,
S. Vl-60, 61 D6: Prospekt: Fa. Valenite, 1998 D7: Prospekt: Fa. Sumitomo Electric, 1998 D8: EP 307 563 A1 D9: DE 197 36 110 A1 D10: US 2003 / 0011862 A1.
Nach Prüfung des Löschungsantrages hat die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts das Gebrauchsmuster DE 20 2006 002 827 U1 mit Beschluss vom 26. November 2010 teilgelöscht, soweit es über die Anspruchsfassung nach dem Hauptantrag der Antragsgegnerin gemäß Schriftsatz vom 11. November 2010 hinausgeht. Im Übrigen hat die Gebrauchsmusterabteilung I den Löschungsantrag zurückgewiesen.
Der von der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts als bestandsfähig erachtete Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
„Schneidwerkzeug zur spanenden Bearbeitung von Metallen oder dergleichen mit einer Schneide und einem Spanbrecher und einer dazwischen angeordneten Spanfläche, wobei der Spanbrecher (3) vorgeschobene Bereiche (5) und zurückgezogene Bereiche (6) aufweist und die Spanfläche (4) erhöhte Bereiche (8) und vertiefte Bereiche (9) aufweist, wobei die Spanfläche (4) im Schnitt parallel zur Schneide (2) gesehen wellenförmig ausgebildet ist und bei der Spanfläche (4) die erhöhten Bereiche (8) und die vertieften Bereiche (9) jeweils einander abwechselnd nebeneinander angeordnet sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Schneide (2), die Spanfläche (4) und der Spanbrecher (3) aus Diamant oder kubischem Bornitrid bestehen,
wobei die Spanfläche (4) und der Spanbrecher (3) eine direkt an die Schneide (2) anschließende Eintiefung (7) im Diamant (11) oder im kubischen Bornitrid begrenzen, die Konturen der Schneide (2) und/oder der Spanfläche (4) und/oder des Spanbrechers (3) mittels Laser aus dem Diamant oder dem kubischen Bornitrid (11) herausgearbeitet sind, dass die Übergänge zwischen Spanbrecher (3) und Spanfläche (4) abgerundet ausgebildet sind, dass die Eintiefung (7) von der Schneide (2) aus gesehen in Richtung des Spanbrechers (3) entlang der Spanfläche (4) in ihrer Tiefe zunimmt und dass im Schnitt entlang einer Geraden (BB) im Bereich eines vertieften Bereichs (9) bzw. eines Wellentals der Winkel ( 2) deutlich größer ist als der Winkel ( 1) im Schnitt entlang einer Geraden (AA) im Bereich eines erhöhten Bereichs (8) bzw. eines Wellenberges.“
Wegen des Wortlauts der geltenden Unteransprüche 2 bis 11 wird auf die Akten verwiesen.
Gegen diesen Teillöschungsbeschluss richtet sich die Beschwerde der Löschungsantragstellerin und Beschwerdeführerin. Sie ist der Auffassung, dass auch der Gegenstand des Gebrauchsmusters gemäß dem geltenden Schutzanspruch 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der D3 oder der zwischenzeitlich noch eingereichten D8 nicht schutzfähig sei, weil alle Merkmale des geltenden Schutzanspruchs 1 aus der D3 neuheitsschädlich vorweggenommen oder zumindest nahegelegt seien. Zudem stehe auch die D8, die von der Lehre der D3 ausgehe, der Schutzfähigkeit des Streitgebrauchsmusters im Wege.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patent- und Markenamts vom 26. November 2010 aufzuheben und das Gebrauchsmuster 20 2006 002 827 in vollem Umfang zu löschen.
Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Beschwerde zurückzuweisen soweit sie sich gegen das Gebrauchsmuster in der Fassung des Hilfsantrags vom 26. November 2010 richtet.
Die Beschwerdegegnerin hat den Ausführungen der Antragstellerin und Beschwerdeführerin widersprochen und vorgetragen, dass der Fachmann weder der D3 noch der D8 technische Lösungsvorschläge hätte entnehmen können, die ihn ohne eigenes erfinderisches Zutun zum Gegenstand des geltenden Schutzanspruchs 1 gemäß Haupt- bzw. Hilfsantrag führen könnte.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet, denn der geltende Schutzgegenstand in der verteidigten Fassung gemäß Hauptantrag ist nach §§ 1 bis 3 GebrMG schutzfähig.
1. Der Schutzgegenstand gemäß Hauptantrag nach Anspruch 1 betrifft ein Schneidwerkzeug zur spanenden Bearbeitung von Metallen oder dergleichen mit einer Schneide und einem Spanbrecher und einer dazwischen angeordneten Spanfläche.
Nach Absatz [0002] der Streitgebrauchsmusterschrift werde bei gattungsgemäßen Schneidwerkzeugen der Span von der Schneide vom zu bearbeitenden Werkstück, welches in der Regel aus Metall besteht, abgehoben und gleite dann an der Spanfläche entlang zu einem Spanbrecher. Dieser diene im Wesentlichen dazu, den Span vom Schneidwerkzeug wieder zu lösen und umzulenken. Bei herkömmlichen Schneidwerkzeugen aus Diamant oder kubischem Bornitrid komme es häufig zum Verkleben des Spans auf der Spanfläche aufgrund zu hoher Wärmeentwicklung. Darüber hinaus bestehe das Problem, dass der vom Spanbrecher abgelöste Span oft nicht in gewünschte Richtungen geleitet werde.
Der Erfindung liegt nach der Beschreibung Absatz [0003] die Aufgabe zugrunde, ein gattungsgemäßes Schneidwerkzeug dahingehend zu verbessern, dass diese Probleme nicht mehr auftreten.
Die Lösung erfolgt gemäß den Merkmalen des geltenden Schutzanspruchs 1, der sich in folgender Weise gliedern lässt:
Schneidwerkzeug zur spanenden Bearbeitung von Metallen oder dergleichen 1.1 mit einer Schneide (2); 1.2 mit einem Spanbrecher (3); 1.3 mit einer dazwischen angeordneten Spanfläche (4); der Spanbrecher (3) weist vorgeschobene Bereiche (5) und zurückgezogene Bereiche (6) auf; die Spanfläche (4) weist erhöhte Bereiche (8) und vertiefte Bereiche (9) auf; 3.1 die Spanfläche (4) ist im Schnitt parallel zur Schneide (2) gesehen wellenförmig ausgebildet;
3.2 bei der Spanfläche (4) sind die erhöhten Bereiche (8) und die vertieften Bereiche (9) jeweils einander abwechselnd nebeneinander angeordnet; - Oberbegriff - Schneide (2), Spanfläche (4) und Spanbrecher (3) bestehen aus Diamant oder kubischem Bornitrid; die Spanfläche (4) und der Spanbrecher (3) begrenzen eine direkt an die Schneide (2) anschließende Eintiefung (7) im Diamant oder im kubischen Bornitrid; die Konturen der Schneide (2) und/oder der Spanfläche (4) und/oder des Spanbrechers (3) sind mittels Laser aus dem Diamant oder dem kubischen Bornitrid herausgearbeitet; die Übergänge zwischen Spanbrecher (3) und Spanfläche (4) sind abgerundet ausgebildet; die Eintiefung (7) nimmt von der Schneide (2) aus gesehen in Richtung des Spanbrechers (3) entlang der Spanfläche (4) in ihrer Tiefe zu; im Schnitt entlang einer Geraden (BB) im Bereich eines vertieften Bereichs bzw. eines Wellentals ist der Winkel ( 2) deutlich größer als der Winkel ( 1) im Schnitt entlang einer Geraden (AA) im Bereich eines erhöhten Bereichs bzw. eines Wellenberges. - Kennzeichen - Der Gegenstand nach Schutzanspruch 1 betrifft nach seinem Wortlaut ein Schneidwerkzeug zur spanenden Bearbeitung von Metallen oder dergleichen. Die Merkmale 1 bis 1.3 des geltenden Schutzanspruchs 1 beschreiben die (notwendigen) Strukturen des gattungsgemäßen Schneidwerkzeugs. Das Merkmal 2 legt fest, dass der Spanbrecher vorgeschobene Bereiche und zurückgezogene Bereiche aufweist, also Bereiche die näher bzw. weiter weg bezüglich der Schneide liegen. Der Merkmalkomplex 3 beschreibt Ausgestaltungen der Spanfläche. Merkmale 4 bzw. 6 legen das Material sowie die besondere Art der Herstellung des streitgemäßen Schneidwerkzeugs fest.
Nach Merkmal 5 begrenzen die Spanfläche und der Spanbrecher eine direkt an die Schneide anschließende Eintiefung im Diamant oder im kubischen Bornitrid, wie es nach den Ausführungen im Absatz [0015] des Streitgebrauchsmusters in den Figuren 2 und 3 im Rahmen eines Ausführungsbeispiels dargestellt ist. Nach Merkmal 7 sind die Übergänge zwischen Spanbrecher und Spanfläche abgerundet ausgebildet. Gemäß Merkmal 9 werden zwei Winkel ( 1) und ( 2) definiert, die der zuständige Fachmann, ein Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau, der über einschlägige Kenntnisse der Metallbearbeitung, sowie über langjährige Erfahrungen im Bereich der Konstruktion und Herstellung von Schneidwerkzeugen zur spanenden Bearbeitung metallischer Werkstücke verfügt, mit Hilfe der Zeichnungen ohne weiteres als die jeweiligen Spanwinkel im Wellenberg ( 1) bzw. Wellental ( 2) erkennt. Demnach soll der Spanwinkel im Wellental ( 2) deutlich größer als der Spanwinkel ( 1) im Wellenberg sein.
2. Die Schutzansprüche 1 bis 11, mit denen das Streitgebrauchsmuster gemäß Hauptantrag verteidigt wird, sind zulässig (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 GebrMG).
Die Merkmale des geltenden Schutzanspruchs 1 sind in den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 1, 3, 4, 7, 8 ,9 und 12 offenbart. Die Ergänzung nach Merkmal 9 ergibt sich aus dem Absatz [0016] der eingetragenen Beschreibung sowie aus Seite 3, Absatz 3 der ursprünglichen Beschreibung. Die Merkmale der Ansprüche 2 bis 11 sind in den ursprünglichen und eingetragenen Ansprüchen 2, 4, 5, 6, 10, 11, 13 bis 16 offenbart.
3. Der geltend gemachte Löschungsgrund mangelnder Schutzfähigkeit (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 GebrMG) ist gegenüber den geltenden Schutzansprüchen nicht gegeben.
3.1. Der Gegenstand des geltenden Schutzanspruchs 1 ist neu gegenüber dem zu berücksichtigenden Stand der Technik i. S. v. § 3 GebrMG. Weder das bekannte Schneidwerkzeug nach der D3 noch das nach der D8 offenbaren das Merkmal 4 des geltenden Schutzanspruchs, wonach Schneide, Spanfläche und der Spanbrecher aus Diamant oder kubischen Bornitrid bestehen. Hinsichtlich der übrigen Druckschriften hat die Antragstellerin zu Recht den Löschungsgrund der fehlenden Neuheit des Streitgegenstandes nicht vorgetragen, so dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.
3.2. Der zweifellos gewerblich anwendbare Gegenstand des verteidigten Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag beruht auf einem erfinderischen Schritt i. S. v. § 1 Abs. 1 GebrMG, denn der im Verfahren befindliche Stand der Technik konnte weder für sich genommen noch in einer Zusammenschau betrachtet, dem Fachmann ein Schneidwerkzeug mit den Merkmalen des geltenden Schutzanspruchs 1 nahe legen.
Die DE 25 44 991 B1 (D3) zeigt ein Schneidwerkzeug zur spanenden Bearbeitung von Metallen mit vier Schneiden (8 bis 11), vier Spanflächen (17 bis 20) und mit jeweils drei Spanbrecherstufen (22, 23, 24), so dass die Merkmale 1 bis 1.3 des geltenden Schutzanspruchs 1 verwirklicht sind. In den Figuren 1 bis 5 sowie 11 bis 20 sind die Schneidkanten des bekannten Schneidwerkzeugs gerade und in den Figuren 6 und 10 gewellt ausgebildet. Die Spanbrecher (22, 23, 24) des bekannten Schneidwerkzeugs weisen gemäß der zeichnerischen Darstellung in den Figuren 2 und 3 vorgeschobene und zurückgezogene Bereiche auf (Merkmal 2). Die Spanfläche des bekannten Schneidwerkzeugs ist nach den Ausführungen in Spalte 6, Zeilen 8 - 9, der D3 in sich gewellt und hat deshalb erhöhte und vertiefte Bereiche (Merkmal 3). Zwangsläufig ist daher die Spanfläche im Schnitt parallel zur Schneide gesehen wellenförmig ausgebildet (Merkmal 3.1). Ebenso ist aus der Figur 10 der D3 erkennbar, dass bei der Spanfläche die erhöhten Bereiche und die vertieften Bereiche jeweils einander abwechselnd nebeneinander angeordnet sind (Merkmal 3.2). Nach den Figuren 7 bis 9 der D3 sind die Übergänge zwischen der Spanbrecherkante (25) und der Spanfläche (18) ersichtlich abgerundet ausgebildet (Merkmal 7). Wie auch die Beschwerdeführerin in ihrem Beschwerdeschriftsatz unter Punkt B3 zugesteht, sind die Merkmale 4 und 6, wonach Schneide, Spanfläche und der Spanbrecher aus Diamant oder kubischen Bornitrid bestehen, deren Konturen mittels Laser aus dem Diamant oder dem kubischen Bornitrid herausgearbeitet werden, aus der D3 nicht bekannt. Darüber hinaus ist auch das Merkmal 9 - entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht in der D3 beschrieben. Denn über eine unterschiedliche Ausgestaltung des Spanwinkels im Wellental und im Wellenberg ist der Druckschrift D3 nichts zu entnehmen. Wenn überhaupt, dann ist lediglich den Figuren 7 (Schnitt VII - VII aus Figur 6) und 9 (Schnitt IX - IX aus Figur 6), die ein Wellental bzw. einen Wellenberg im Schnitt zeigen, die Bemessung des jeweiligen Spanwinkels zu entnehmen. Jedoch sind dort die Spanwinkel im Wellental und im Wellenberg ersichtlich identisch ausgebildet. Auch die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Überlegungen hinsichtlich der Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 11 bis 20 sowie deren Variationsmöglichkeiten können die besondere Ausgestaltung für den Spanwinkel nach Merkmal 9 des geltenden Schutzanspruchs 1 nicht aufzeigen. Vielmehr lehrt die D3 dem Fachmann, insbesondere unter Berücksichtigung der Ausführungen in Spalte 6, Zeile 14 der D3, dass bei dem bekannten Schneidwerkzeug nach der D3 ein über die gesamte Länge der Schneidkante gleichbleibender Spanwinkel angestrebt wird. Daher kann die D3 die Lehre des geltenden Schutzanspruchs 1 - insbesondere hinsichtlich des Merkmals 9 - nicht vorwegnehmen oder nahe legen.
Letztendlich kann es deshalb unentschieden und dahingestellt bleiben, ob - entsprechend der Auffassung der Beschwerdeführerin - das bekannte Schneidwerkzeug der D3 eine direkt an die Schneide anschließende Eintiefung aufweist, die von Spanfläche und Spanbrecher begrenzt ist und von der Schneide aus gesehen in Richtung des Spanbrechers entlang der Spanfläche in ihrer Tiefe zunimmt oder ob diese Eintiefung - entsprechend der Auffassung der Gebrauchsmusterabteilung 1 - bei dem bekannten Schneidwerkzeug nach der D3 nicht verwirklicht ist.
Die Druckschrift D8 zeigt ein Schneidwerkzeug zur spanenden Bearbeitung von Metallen mit einer (wellenförmigen) Schneide (2) und einer wellenförmigen Spanfläche. Der innerste Bereich (1) der Spanfläche ist gemäß Spalte 3, Zeile 25, als Spanbrecherbereich ausgebildet, so dass der Merkmalskomplex 1 bei der D8 verwirklicht ist. Der Spanbrecher (1) weist ersichtlich vorgeschobene Bereiche und zurückgezogene Bereiche auf (Merkmal 2). Auch weist die Spanfläche (Figur 2) erhöhte Bereiche und vertiefte Bereiche auf (Merkmal 3). Die Spanfläche ist im Schnitt parallel zur Schneide (2) gesehen wellenförmig ausgebildet (Merkmal 3.1), wobei die erhöhten Bereiche und die vertieften Bereiche jeweils einander abwechselnd nebeneinander angeordnet sind (Merkmal 3.2). In Figur 1 bzw. 2 sind mit Hilfe der Figur 3a und 3b auch Eintiefungen erkennbar, die direkt an die Schneide anschließen, und zumindest von der Spanfläche begrenzt werden (Teilmerkmal 5). Nach den Figuren 3a und 3b nimmt die Tiefe jeder Eintiefung von der Schneide aus gesehen in Richtung des Spanbrechers entlang der Spanfläche (zunächst) zu (Merkmal 8). Ebenso sind die Übergänge zwischen Spanbrecher (1) und Spanfläche abgerundet ausgebildet (Merkmal 7). Anders als das Streitgebrauchsmuster zeigt die D8 nicht das Merkmal 4 des geltenden Schutzanspruchs 1, wonach die Schneide (2), die Spanfläche (4) und der Spanbrecher (3) aus Diamant oder kubischem Bornitrid bestehen und demzufolge auch nicht das Merkmal 6 bzw. den darauf bezogenen Teil des Merkmals 5.
Ebenso ist bei dem bekannten Schneidwerkzeug nach der D8 nicht das Merkmal 9 verwirklicht. Denn die Figur 3c - als Schnittdarstellung C-C gemäß Figur 1 - zeigt ein Wellenminimum, also ein Wellental, mit einem Spanwinkel ( 2 nach der Bezugszeichenbenennung im Streitgebrauchsmuster), der nach den Ausführungen in Spalte 3, Zeile 42, 0° betragen soll. Die Figur 3a der D8 zeigt nach Spalte 3, Zeile 38, ein Wellenmaximum, also einen Wellenberg, mit einem positivem Spanwinkel ( 1 nach der Bezugszeichenbenennung im Streitgebrauchsmuster) von 10° (Spalte 3, Zeile 40). Somit lehrt die D8 dem Fachmann, den Spanwinkel im Wellental ( 2) kleiner auszubilden als den Spanwinkel im Wellenberg ( 1). Dies steht jedoch der Lehre des Streitgebrauchsmusters völlig entgegen, weil dort nach Merkmal 9 der Spanwinkel im Wellental ( 2) deutlich größer sein soll als der Spanwinkel im Wellenberg ( 1), so dass der Fachmann damit von der Lehre nach dem geltenden Schutzanspruch 1 weggeführt wird.
Die Druckschrift EP 1 023 960 B1 (D1) zeigt ein Schneidwerkzeug für die spanabhebende Bearbeitung von Werkstücken. Die (gerade) Schneidkante und die angrenzende Spanfläche bestehen aus einer Schicht aus polykristallinem Diamant oder Bornitrid. Die Spanfläche (26) weist eine Einsenkung (28) mit einer Tiefe von 0,2 bis 0,5 mm auf. Vorgeschobene und zurückgezogene Bereiche des Spanbrechers oder eine wellenförmig ausgebildet Spanfläche mit erhöhten und vertieften Bereichen hat das bekannte Schneidwerkzeug nach der D3 nicht. Daher weist das bekannte Schneidwerkzeug nach der D3 zumindest nicht die Merkmale 2, 3.1, 3.2 und 9 des geltenden Schutzanspruchs 1 auf. Weil somit keine der vorgenannten Druckschriften D1, D3 und D8 das im geltenden Schutzanspruch 1 des Streitgebrauchmusters aufgeführten Merkmal 9 aufweist, können sie - weder für sich gesehen noch in Kombination - den Fachmann dazu anregen, die Spanwinkel im Wellental und im Wellenberg entsprechend Merkmal 9 auszubilden. Auch die übrigen Druckschriften D2, D4 bis D7 sowie D9 und D10, die in der mündlichen Verhandlung von der Antragstellerin und Beschwerdeführerin nicht mehr aufgegriffen worden sind, können den Fachmann nicht dazu anleiten, einen Gegenstand mit den gesamten Merkmalen des geltenden Schutzanspruchs 1 auszugestalten, wie der Senat überprüft hat. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch einfache fachübliche Erwägungen ohne weiteres auffindbar, sondern bedurfte darüber hinaus gehender Gedanken und Überlegungen, die auf das Vorliegen eines erfinderischen Schritts schließen lassen.
Der Schutzanspruch 1 in der verteidigten Fassung gemäß Hauptantrag ist daher rechtsbeständig.
3.3. Dies gilt auch für die übrigen Schutzansprüche 2 bis 11 in geltender Fassung nach Hauptantrag, die zweckmäßige Ausgestaltungen des Schneidwerkzeugs nach Schutzanspruch 1 beschreiben und von der Schutzfähigkeit des Schutzanspruchs 1 mitgetragen werden.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 18 Abs. 2 S. 2 GebrMG, 84 Abs. 2 PatG, 97 Abs. 1 ZPO.
Baumgärtner Rippel Dr. Dorfschmidt Cl