7 Ni 17/17
BUNDESPATENTGERICHT Ni 17/17 (Aktenzeichen)
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IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am 16. Mai 2019
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In der Patentnichtigkeitssache ECLI:DE:BPatG:2019:160519U7Ni17.17.0 betreffend das deutsche Patent 10 2006 017 807 hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, des Richters Dipl.-Ing. Küest, der Richterin Dr. Schnurr sowie der Richter Dipl.-Ing. Dr. Großmann und Dipl.-Ing. Univ. Richter für Recht erkannt:
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Klage richtet sich gegen das deutsche Patent 10 2006 017 807, das auf eine als Druckschrift DE 10 2006 017 807 A1 (nachfolgend: A1-Schrift) veröffentlichte Anmeldung vom 13. April 2006 zurückgeht und mit „Trinkwassersystem sowie Verfahren zum Betrieb eines solchen Systems“ bezeichnet ist. Das Patent umfasst 18 Ansprüche, die alle mit der vorliegenden Klage angegriffen werden. Anspruch 1 und die darauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 17 stellen ein Wassersystem, Anspruch 18 stellt ein Verfahren zum Austausch stehenden Wassers in einem Trinkwassersystem unter Schutz.
Die Patentansprüche 1 und 18 haben folgenden Wortlaut:
1. Wassersystem mit einem Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang (2) und mehreren jeweils von dem Strang (2) an einem Abzweig (14) abgehenden und in Strömungsrichtung dahinter über eine Mündung (16) an den Strang angeschlossenen Ringleitungen (10), die jeweils zu wenigstens einer Entnahmestelle (12) führen, wobei die Ringleitungen (10), der Abzweig (14) und die Mündung (16) der jeweiligen Ringleitung (10) derart ausgebildet sind, dass bei Entnahme von Trinkwasser an einer an den Strang angeschlossenen Entnahmestelle (12) durch eine Strömung in dem Strang zwischen dem Abzweig (14) und der Mündung (16) an einer in Strömungsrichtung der Entnahmestelle (12) vorgelagerten Ringleitung (10) des Stranges eine Druckdifferenz erzeugt wird, durch welche zwischen dem Abzweig (14) und der Mündung (16) eine Druckdifferenz erzeugt wird dadurch gekennzeichnet, dass das Wassersystem als Trinkwassersystem mit einer Übergabestelle (22) aus einem öffentlichen Trinkwasser-Versorgungsnetz versehen ist und ein den Ringleitungen nachgeordnetes steuerbares Ventil (28, 30) aufweist, das im geöffneten Zustand eine eine Spülströmung bewirkende Strömung in dem Strang erzeugt und das Trinkwassersystem mit einer Abgabestelle (32) für verbrauchtes Wasser an das öffentliche Abwasserentsorgungsnetz verbindet.
18. Verfahren zum Austausch von in einem Strang (2) und in von dem Strang (2) jeweils an einem Abzweig (14) abgehenden und in Strömungsrichtung dahinter über eine Mündung (16) an den Strang (2) angeschlossenen Ringleitungen (10) stehendem Wasser eines Trinkwassersystems, bei dem durch Öffnen eines steuerbaren Ventils (28, 30) in dem Strang (2) eine Strömung erzeugt wird, durch welche zwischen dem Abzweig (14) und der Mündung (16) eine Druckdifferenz erzeugt wird, durch welche in der jeweiligen zugeordneten Ringleitung (10) eine Spülströmung erzeugt wird, und bei dem das Ventil (28, 30) so lange geöffnet wird, bis abgestandenes Wasser in dem Strang (2) und in den daran angeschlossenen Ringleitungen (10) ausgetauscht ist.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 17 wird auf die Streitpatentschrift DE 10 2006 017 807 B4 Bezug genommen.
Die Klägerin macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit, der unzureichenden Offenbarung und der unzulässigen Erweiterung (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 PatG) geltend.
Den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit bezieht die Klägerin auf das nach ihrer Meinung unverständliche kennzeichnende Merkmal des Patentanspruchs 1, demzufolge die Ringleitungen (10), der Abzweig (14) und die Mündung (16) der jeweiligen Ringleitung (10) derart ausgebildet sind, dass bei Entnahme von Trinkwasser an einer an den Strang angeschlossenen Entnahmestelle (12) durch eine Strömung in dem Strang zwischen dem Abzweig (14) und der Mündung (16) an einer in Strömungsrichtung der Entnahmestelle (12) vorgelagerten Ringleitung (10) des Stranges eine Druckdifferenz erzeugt wird, durch welche zwischen dem Abzweig (14) und der Mündung (16) eine Druckdifferenz erzeugt wird. Für den Fachmann sei unklar, wie das Erzeugen einer Druckdifferenz an der vorgelagerten Ringleitung eine zusätzliche Druckdifferenz an der nachgelagerten Ringleitung erzeugen solle. Die Beschreibung des Streitpatents gebe hierbei keine Hilfestellung.
Auch die Ausgestaltungen gemäß den Ansprüchen 14 (einstellbare Drossel) und 15 (Vollstrom-Absperrventil) seien nicht ausführbar.
Der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung wird von der Klägerin im Hinblick auf Patentanspruch 1 damit begründet, dass nach den Anmeldungsunterlagen die Ringleitungen in Erstreckungsrichtung des Stranges hintereinander angeordnet sein müssen (siehe A1-Schrift, Beschreibung Abs. [0005] und Anspruch 1). Dagegen werde die Anordnung der Ringleitungen bezüglich des Stranges im erteilten Anspruch 1 offen gelassen; der Patentanspruch 1 mache nicht deutlich, ob die vorgelagerte Ringleitung Teil der mehreren Ringleitungen sei, oder ob vielmehr eine zusätzliche Ringleitung vorliege.
Den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit stützt die Klägerin auf folgende Publikationen:
D1 deutsche Gebrauchsmusterschrift 93 02 446 U1 D2 deutsche Gebrauchsmusterschrift 89 15 477 U1 D3 Kommentar zu DIN 1988 Teile 1 bis 8, Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen (TRWI), Beuth-Kommentare (Hrsg. DIN Deutsches Institut für Normung e. V.), 1. Auflage, 1989 D4 deutsche Offenlegungsschrift 196 31 403 A1 D5 US-Patentanmeldung 2005/0103693 A1 D6 deutsche Patentschrift 100 59 255 C1 D7 deutsche Offenlegungsschrift 32 05 697 A1 D8 deutsche Offenlegungsschrift 37 40 084 A1 D9 deutsche Offenlegungsschrift 195 08 114 A1 D10 deutsche Offenlegungsschrift 196 08 527 A1 D11 deutsche Offenlegungsschrift 197 06 564 A1 D12 deutsche Offenlegungsschrift 198 14 903 A1 D13 UK-Patentanmeldung 2 360 365 A E1 deutsche Offenlegungsschrift 10 2005 024 252 A1 (nachveröffentlicht) E2 deutsche Offenlegungsschrift 100 31 854 A1 E3 US-Patent 7,221,281 B1 E4 internationale Patentanmeldung WO 2005/124494 A2 E5 deutsche Patentschrift 728 154 E6 US-Patent 5,622,203 A E7 US-Patent 5,518,022 A E8 deutsche Offenlegungsschrift 26 05 994 A1 E9 japanische Offenlegungsschrift 2000-192520 A, mit deutscher Übersetzung E9‘ E10 japanische Offenlegungsschrift 1990-74734 A mit deutscher Übersetzung E10‘ E11 US-Patentschrift 6,705,344 B2 E12 US-Patentschrift 6,125,880 A E13 deutsche Offenlegungsschrift 43 41 898 A1 E14 deutsche Offenlegungsschrift 38 32 837 A1 E15 deutsches Gebrauchsmuster 94 06 298 U1 E16 europäische Patentanmeldung 1 493 873 A2 E17 deutsches Gebrauchsmuster 295 00 918 U1 E18 europäische Patentanmeldung 0 882 848 A2 E19 deutsche Offenlegungsschrift 42 38 450 A1 E20 deutsche Offenlegungsschrift 10 2004 033 770 A1.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht neu gegenüber D1, E1, E2, E3, E9, E10 und E11. Zudem sei er dem Fachmann am Anmeldetag ausgehend von D2 bzw. D1 nahegelegt gewesen, ebenso durch wahlweise Zusammenschau der Druckschriften E2 oder E10 mit E13, E9 mit E14 oder E20 mit E9. Hinweise auf den Anspruchsgegenstand habe der Fachmann auch den Schriften E15 bis E19 entnehmen können. Entsprechendes gelte für die Merkmale der Unteransprüche 2 bis 17 und das Verfahren gemäß Anspruch 18.
Die Klägerin beantragt,
das deutsche Patent 10 2006 017 807 in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage insgesamt abzuweisen,
hilfsweise die Klage abzuweisen, soweit sie sich gegen Patentanspruch 1 in der Fassung der mit Schriftsatz vom 25. April 2019 eingereichten, in der Reihenfolge ihrer Nummerierung gestellten Hilfsanträge 1 und 2 sowie gegen die in ihrem Wortlaut gegenüber der erteilten Fassung unveränderten, auf die jeweils geänderte Fassung des Patentanspruchs 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 17 und gegen den in seinem Wortlaut ebenfalls unveränderten Patentanspruch 18 richtet.
Zum Wortlaut der Hilfsanträge wird auf die Anlage zum Schriftsatz vom 25. April 2019 Bezug genommen.
Die Beklagte hält den Vorwurf der mangelnden Ausführbarkeit des durch Patentanspruch 1 geschützten Gegenstandes für unberechtigt und verweist auf das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 6 der Streitpatentschrift. In einem geschlossenen System gebe es keine unterschiedlichen Druckdifferenzen, weil sämtliche Leitungsdrücke miteinander in Wechselwirkung stünden. Auch die Merkmale der Patentansprüche 14 und 15 seien für den Fachmann ausreichend offenbart.
Ebenso liege der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung nicht vor. Die nunmehr beanspruchte Anordnung der über den Strang angeschlossenen und nach Betätigung des Spülventils durchspülten Ringleitungen sei bereits in den Anmeldungsunterlagen (A1-Schrift Spalte 5, Zeilen 35 bis 38) eindeutig offenbart.
Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist nach Meinung der Beklagten auch patentfähig. Er gehe aus keiner der Entgegenhaltungen hervor und werde durch diese auch nicht nahegelegt. Die von der Beklagten entwickelte und vermarktete Lösung zur Zwangsdurchströmung von Strängen und daran angeschlossenen Ringleitungen stelle einen großen Fortschritt dar und könne mit Produkten von Wettbewerbern nicht verglichen werden. Zumindest in der Fassung der Hilfsanträge habe Patentanspruch 1 Bestand. Entsprechendes gelte für den nebengeordneten Anspruch 18 sowie die Unteransprüche 2 bis 17 mit Rückbezug auf die erteilte Fassung des Anspruchs 1.
Der Klägerin zufolge sind die Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen unzulässig, zumindest aber ebenfalls nicht patentfähig.
Der Senat hat den Parteien mit Schreiben vom 11. Januar 2019 einen frühen gerichtlichen Hinweis gemäß § 83 Abs. 1 PatG zukommen lassen.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf deren Schriftsätze mit sämtlichen Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe der unzureichenden Offenbarung, der mangelnden Ausführbarkeit und mangelnden Patentfähigkeit (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 PatG) liegen nicht vor.
I.
1. Die vorliegende Erfindung geht nach ihrer Beschreibung in der Streitpatentschrift (Abs. [0002]) von aus den deutschen Gebrauchsmusterschriften 89 15 477 U1 (= Entgegenhaltung D2) und 93 02 446 U1 (D1) bekannten Wassersystemen aus. Dabei handele es sich um Reinstwassersysteme mit einem ringförmigen Strang, von dem mehrere Ringleitungen abgingen und in dem ein Wasseraufbereiter und ein Reinstwasserumwälzer angeordnet seien. Zur Zufuhr von frischem Leitungswasser sei dem Reinstwasseraufbereiter eine Vorbehandlung vorgeschaltet, durch welche das Leitungswasser zunächst aufbereitet werde. Die jeweiligen Ringleitungen würden dort über einen Abzweig von dem Strang abgehen und über eine Mündung wieder in den Strang zurückführen. Zwischen dem Abzweig und der Mündung werde in dem Strang eine Druckdifferenz erzeugt, aufgrund derer bei einer Strömung in dem Strang eine Strömung in der Ringleitung bewirkt werde. Durch eine Pumpe werde das Reinstwasser in dem ringförmigen Strang ständig umgewälzt und durch Hindurchleiten durch den Reinstwasseraufbereiter als Reinstwasser aufbereitet und in entsprechender Qualität gehalten (Streitpatentschrift Abs. [0003]).
Zudem sei beispielsweise aus der deutschen Patentschrift 100 59 255 C1 (D6) ein Trinkwasserversorgungssystem bekannt, bei dem über eine Wasserzufuhrleitung einem Rohrleitungssystem, welches in einen Kaltwasser- und Warmwasserkreislauf aufgeteilt sei, Frischwasser zugeführt werde. Sowohl der Kaltwasser- als auch der Warmwasserkreislauf des Rohrleitungssystems seien mit einer Wasserreinigungseinheit ausgestattet, einem Dreiwegeventil, welches in vorgegebenen Zyklen betätigt werde und durch Abbau des im Rohrleitungssystem befindlichen Überdrucks eine Wasserbewegung in dem Rohrleitungssystem bewirke (Streitpatentschrift Abs. [0004]).
Als Stockwerksstrang im Sinne der Erfindung werde insbesondere ein horizontal verlaufendes Rohr verstanden, welches eine Gruppe oder sämtliche Zimmer eines Stockwerks, beispielsweise eines Hotels oder eines Krankenhauses, mit Trinkwasser versorge. Ein Steigrohr verbinde verschiedene Stockwerke eines Gebäudes miteinander und erstrecke sich üblicherweise ausschließlich in der Vertikalen. Von dem Steigrohrstrang gingen Leitungen ab, die üblicherweise übereinander angeordnete Nasszellen des Gebäudes mit Trinkwasser versorgten. Die vorliegende Erfindung könne als Kaltwassersystem ausgebildet sein; denkbar sei aber auch die Ausbildung als Warmwassersystem. Dabei wolle die Erfindung vornehmlich ein entsprechendes Trinkwassersystem ohne permanente Zirkulation angeben (Streitpatentschrift Abs. [0006]).
Bei solchen gattungsgemäßen Systemen bestehe das Problem, dass bei fehlender Entnahme von Trinkwasser an einem Verbraucher das Wasser in der Leitung stagniere. Werde beispielsweise an einem in Strömungsrichtung vorderen Verbraucher des Stranges Wasser entnommen, so werde lediglich der zu diesem vorderen Bereich führende Leitungsabschnitt des Wassersystems durchströmt.
Ähnlich verhalte es sich bei einem Steigrohrstrang, wenn lediglich in einem unteren Geschoß Wasser entnommen werde. Das in dem restlichen Abschnitt des Stranges stehende Wasser laufe Gefahr zu verkeimen (Streitpatentschrift Abs. [0007]).
Aufgabe der vorliegenden Erfindung sei die Schaffung eines Trinkwassersystems, welches einen möglichst hygienischen Betrieb sicherstelle und mit welchem dem Risiko einer Verkeimung wirksam begegnet werden könne. Ferner wolle die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Betreiben eines Stranges und daran angeschlossener Ringleitungen eines Trinkwassersystems angeben, durch welches dem Risiko einer Verkeimung des Trinkwassersystems wirkungsvoll begegnet werden könne (Streitpatentschrift Abs. [0008]).
2. Diese Aufgabe soll erfindungsgemäß durch ein Wassersystem und ein Verfahren zum Wasseraustausch mit den Merkmalen gemäß den Patentansprüchen 1 und 18 gelöst werden. Die Merkmale dieser Ansprüche können (entsprechend einem Vorschlag der Klägerin) wie folgt gegliedert werden:
Anspruch 1
1.1 Wassersystem mit
1.2 einem Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang (2) und
1.3 mehreren Ringleitungen (10),
1.3.a die jeweils von dem Strang (2) an einem Abzweig (14) abgehen und in Strömungsrichtung dahinter über eine Mündung (16) an den Strang angeschlossen sind,
1.3.b die jeweils zu wenigstens einer Entnahmestelle (12) führen, wobei
1.3.c die Ringleitungen (10), der Abzweig (14) und die Mündung (16) der jeweiligen Ringleitung (10) derart ausgebildet sind, dass bei Entnahme von Trinkwasser an einer an den Strang angeschlossenen Entnahmestelle (12) durch eine Strömung in dem Strang zwischen dem Abzweig (14) und der Mündung (16) an einer in Strömungsrichtung der Entnahmestelle (12)
vorgelagerten Ringleitung (10) des Stranges eine Druckdifferenz erzeugt wird, durch welche zwischen dem Abzweig (14) und der Mündung (16) eine Druckdifferenz erzeugt wird,
1.4 wobei das Wassersystem als Trinkwassersystem mit einer Übergabestelle (22) aus einem öffentlichen Trinkwasser-Versorgungsnetz versehen ist und
1.5 ein Ventil (28, 30) aufweist,
1.5.a das den Ringleitungen nachgeordnet ist,
1.5.b das steuerbar ist,
1.5.c das im geöffneten Zustand eine eine Spülströmung bewirkende Strömung in dem Strang erzeugt und
1.5.d das Trinkwassersystem mit einer Abgabestelle (32) für verbrauchtes Wasser an das öffentliche Abwasserentsorgungsnetz verbindet.
Anspruch 18
18.1 Verfahren zum Austausch von in einem Strang (2) und in von dem Strang (2) jeweils an einem Abzweig (14) abgehenden und in Strömungsrichtung dahinter über eine Mündung (16) an den Strang (2) angeschlossenen Ringleitungen (10) stehendem Wasser eines Trinkwassersystems, bei dem
18.2 durch Öffnen eines steuerbaren Ventils (28, 30) in dem Strang (2) eine Strömung erzeugt wird, durch welche zwischen dem Abzweig (14) und der Mündung (16) eine Druckdifferenz erzeugt wird, durch welche in der jeweiligen zugeordneten Ringleitung (10) eine Spülströmung erzeugt wird, und
18.3 bei dem das Ventil (28, 30) so lange geöffnet wird, bis abgestandenes Wasser in dem Strang (2) und in den daran angeschlossenen Ringleitungen (10) ausgetauscht ist.
3. Zuständiger Durchschnittsfachmann, auf dessen Wissen und Können es insbesondere für die Auslegung der Merkmale des Streitpatents und für die Interpretation des Standes der Technik ankommt, ist im vorliegenden Fall ein Diplomingenieur (TU oder FH) der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung und der Konstruktion von Rohrleitungs- systemen für Anwendungen im Heizungs- und Sanitärbereich bzw. in der Gebäudetechnik.
4. Dieser Fachmann legt den Merkmalen der erteilten nebengeordneten Patentansprüche 1 und 18 folgendes Verständnis zu Grunde:
a) Das mit Patentanspruch 1 beanspruchte Wassersystem dient der Versorgung eines Gebäudes mit Trinkwasser. Es weist verschiedene Rohre zur Führung von kaltem oder warmem Wasser auf, darunter gemäß den Merkmalen 1.2 bis 1.3.a
- (wenigstens) einen sich in einem Stockwerk erstreckenden, insbesondere horizontal verlaufenden Stockwerksstrang, der als Verteilleitung eine Gruppe von Zimmern bzw. sämtliche Zimmer eines Stockwerks (z. B. in einem Hotel oder Krankenhaus) mit Trinkwasser versorgt,
- (wenigstens) einen i. d. R. vertikal verlaufenden Steigrohrstrang zur Versorgung von übereinander angeordneten Entnahmestellen mit Trinkwasser,
- Ringleitungen, die jeweils von einem Strang abzweigen und in diesen in Strömungsrichtung dahinter wieder einmünden.
b) Das Trinkwasser wird gemäß Merkmal 1.4 an einer Übergabestelle dem öffentlichen Trinkwasser-Versorgungsnetz entnommen. Der Anspruchswortlaut lässt hierbei offen, ob diese Übergabestelle innerhalb oder außerhalb des Gebäudes liegt und ob sie zum privaten oder zum öffentlichen Wassernetz gehört.
c) Gemäß Merkmal 1.3.b führen die Ringleitungen jeweils zu wenigstens einer Entnahmestelle (= Verbraucher, z. B. Handwaschbecken, Toilette, Badewanne oder Dusche, s. Streitpatentschrift Abs. [0012]). Diese muss nach dem Anspruchswortlaut nicht zwingend unmittelbar an die Ringleitung angeschlossen sein; der Anschluss kann z. B. auch über eine Stichleitung erfolgen. Dies gilt unabhängig davon, dass in der Stichleitung vorhandenes Wasser von einer Strömung in der Ringleitung nicht erfasst wird. Zwar wird durch den unmittelbaren Anschluss das in dem Trinkwassersystem geführte Wasser - verglichen mit dem Anschluss über eine Stichleitung - näher an den Verbraucher herangeführt, was die mit stagnierendem Wasser verbundene Verkeimungsgefahr reduziert. Auch in diesem Fall kann das Wasser jedoch nur „nahezu“ (s. Streitpatentschrift Abs. [0012]), aber nicht vollständig ausgetauscht werden, weil jedenfalls in den Armaturen ein geringes Volumen von nicht ausgetauschtem Wasser stehen bleibt.
d) Das Merkmal 1.3.c betrifft die Ausbildung der von dem Strang abzweigenden und in ihn wieder einmündenden Ringleitung. Die bauliche Ausgestaltung der betreffenden Rohre mit Abzweig und Mündung wird hierbei nicht konkret angegeben, sondern i. S. einer Zweckbestimmung dahin gehend festgelegt, dass bei Entnahme von Trinkwasser an einer an den Strang angeschlossenen Entnahmestelle durch eine (durch die Strömung zu dem Verbraucher bewirkte) Strömung in dem Strang zwischen dem Abzweig und der Mündung an einer in Strömungsrichtung der Entnahmestelle vorgelagerten Ringleitung des Stranges eine Druckdifferenz erzeugt wird, durch welche zwischen dem Abzweig und der Mündung eine Druckdifferenz erzeugt wird. Es handelt sich demnach um ein funktionelles Merkmal in dem Sinne, dass die Elemente der Ringleitung so beschaffen sein müssen, dass sie zur Herbeiführung des genannten Zwecks objektiv geeignet sind (vgl. BGH GRUR 2018, 1128 [17] – Gurtstraffer).
Durch die angestrebte Druckdifferenz soll in der einem Verbraucher zugeordneten und der (bzw. den) in Strömungsrichtung davor liegenden Ringleitungen eine Spülströmung erzeugt werden (Streitpatentschrift Abs. [0010]). Wie stark diese Strömung sein soll, ist im Patentanspruch 1 nicht festgelegt. Es muss sich jedenfalls um eine substantielle Strömung handeln, wie sie z. B. durch die Wasserentnahme an einem Handwaschbecken bewirkt wird; bloße Leckageströmungen sollen nicht genügen (Streitpatentschrift Abs. [0012]).
e) Gemäß den Merkmalen 1.5, 1.5.a weist das anspruchsgemäße Wassersystem ein Ventil auf, das den in der Merkmalsgruppe 1.3 genannten Ringleitungen nachgeordnet ist. Dieses Ventil kann auch einer Entnahmestelle zugeordnet sein, die an der in Strömungsrichtung hintersten Ringleitung angeschlossen ist (z. B. einer Toilettenspülung, s. Streitpatentschrift Abs. [0014] und Anspruch 2). Patentanspruch 1 ist aber auf diese Ausführung nicht festgelegt, d. h. es kann sich auch um ein gesondertes, von den Entnahmestellen unabhängiges, sämtlichen Ringleitungen in Strömungsrichtung nachgeordnetes Ventil handeln.
Die genaue Lage dieses Ventils wird in Patentanspruch 1 zwar nicht ausdrücklich angesprochen; da es aber jedenfalls nicht vor der in Strömungsrichtung letzten Ringleitung angeordnet ist, befindet es sich zwingend am hinteren Ende des Strangs (Streitpatentschrift Abs. [0009]; vgl. auch die Formulierung „Strangendbereich“ in den Patentansprüchen 2, 3, 4 und 6 und in Abs. [0014]).
f) Das Merkmal 1.5.c, wonach das den Ringleitungen nachgeordnete Ventil im geöffneten Zustand eine eine Spülströmung bewirkende Strömung in dem Strang erzeugt, knüpft an das aus dem Stand der Technik bekannte, bereits in Merkmal 1.3.c zum Ausdruck gebrachte Prinzip an, durch Erzeugung einer Druckdifferenz zwischen dem Abzweig und der Mündung einer Ringleitung eine Strömung in der Ringleitung zu bewirken und mit Hilfe dieser Strömung einer Verkeimungsgefahr in dem der betreffenden Ringleitung vorgelagerten Strangabschnitt zu begegnen. Durch Öffnung des nachgeordneten, d. h. im Strangendbereich befindlichen Ventils soll sichergestellt werden, dass dieser Spüleffekt im gesamten, diesem Ventil vorgelagerten Strang samt den daran angeschlossenen Ringleitungen eintritt. Dass durch den Spülvorgang in diesem Bereich ein kompletter Wasseraustausch bewirkt, d. h. jegliches stagnierende Wasser völlig entfernt wird, ist für die Verwirklichung des Merkmals nicht erforderlich und erscheint - u. a. aus den bereits genannten Gründen (s. oben c)) - auch nicht realistisch.
g) Der Kerngedanke der vorliegenden Erfindung kommt in Merkmal 1.5.b zum Ausdruck, wonach das den Ringleitungen nachgeordnete Ventil steuerbar ist. Aus- gehend von der Erkenntnis, dass bei fehlender Entnahme von Trinkwasser an einem Verbraucher das Wasser in der Leitung stagniert (Streitpatentschrift Abs. [0007]) soll durch die Steuerbarkeit des nachgeordneten Ventils eine Strömung in dem gesamten Strang auch dann gewährleistet werden, wenn von dem Strang kein oder nur über eine einzige Ringleitung Wasser entnommen wird (Abs. [0009]).
Das nachgeordnete Ventil verfügt über einen steuerbaren Stellantrieb, wobei hierfür verschiedene – z. B. mechanische, elektrische oder pneumatische - Antriebe in Frage kommen; beispielhaft nennt die Streitpatentschrift ein mit einem Stellmotor versehenes motorgetriebenes Ventil (Streitpatentschrift, Abs. [0009]).
Die erfindungsgemäße Steuerung des Ventilantriebs erfolgt über ein Stellsignal (Streitpatentschrift, Abs. [0009]), d. h. der Impuls zur Veränderung der Ventilstellung (von geöffnet bis hin zu geschlossen) wird mittels technischer Unterstützung übertragen. Anspruchsgemäß ist auch ein mittelbar steuerbares Ventil, z. B. das Ventil einer Toilettenspülung, das über einen seinerseits ansteuerbaren Auslösehebel betätigt wird (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0014]). Merkmal 1.5.b schließt die Möglichkeit einer Handbetätigung zwar nicht aus, jedoch muss das nachgeordnete Ventil daneben auch über ein Stellsignal steuerbar sein.
Die Steuerung soll auf unterschiedliche Weise erfolgen können, um eine zyklische, ggf. allein bedarfsabhängige – und somit Wasser sparende - Durchspülung des Stranges (bzw. der Stränge) zu ermöglichen. Als mögliche Steuerungsmittel werden in Abs. [0017] der Streitpatentschrift ein einfaches batteriebetriebenes Zeitmodul sowie eine zentrale Steuereinheit, ggf. in Zusammenwirkung mit Durchfluss- und Temperatursensoren, genannt.
h) Das Trinkwassersystem wird gemäß Merkmal 1.5.d durch das steuerbare Ventil mit einer Abgabestelle für verbrauchtes Wasser an das öffentliche Abwasserentsorgungsnetz verbunden. Dies hat zur Folge, dass dem öffentlichen Abwassernetz nicht nur das mittels angeschlossener Verbraucher (z. B. Duschen,
Waschbecken, Toiletten) entnommene Wasser zugeführt wird, sondern darüber hinaus auch dasjenige Wasser, das keinem Verbrauchszweck, sondern nur der Erzeugung eines (Zwangs-) Spülstroms dient und zu diesem Zweck durch das mittels Ansteuerung geöffnete nachgeordnete Ventil fließt.
Dies unterscheidet das vorliegende Wassersystem, bei dem die Stränge nicht ringförmig ausgeführt sind, von einer Anlage, bei der das nicht verbrauchte Wasser permanent ringförmig zirkuliert (was z. B. bei der in der Streitpatentschrift, Abs. [0033], erwähnten, nicht erfindungsgemäßen Warmwasserzirkulationsleitung der Fall ist).
Zwar beschreibt die Streitpatentschrift in Abs. [0023] als vorteilhafte Ausgestaltung auch eine Zirkulationsleitung, durch die mit Hilfe einer Pumpe eine Zirkulation innerhalb des Wassersystems eingerichtet werden kann. Dies soll - anders als bei einer klassischen Ringleitung - dazu geschehen, um das Wasser mit Hilfe einer zwischengeschalteten Wasserbehandlungseinheit, u. U. durch Zugabe von Chemikalien, vorzubehandeln (z. B. zu entkeimen). Die Zirkulationsleitung ersetzt aber nicht die in Merkmal 1.5.d vorgesehene Abgabestelle, über die das für den Spülstrom verwendete Wasser in die öffentliche Kanalisation geleitet wird.
i) Der Verfahrensanspruch 18 betrifft ebenso wie der Vorrichtungsanspruch 1 ein Trinkwassersystem mit einem Strang und daran angeschlossenen Ringleitungen, bei dem eine Spülung des Strangs mit sämtlichen Ringleitungen durch Öffnen eines steuerbaren Ventils erzeugt wird. Zur Auslegung der Merkmale 18.1 bis 18.3 kann auf die Ausführungen oben d) bis g) verwiesen werden.
II.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in seiner erteilten Fassung ist für den Fachmann ausreichend offenbart, so dass er ihn nacharbeiten kann. Der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit liegt daher insoweit nicht vor.
Dem Fachmann war am Anmeldetag die Funktionsweise nach Merkmal 1.3.c, d. h. die Erzeugung einer Zwangsdurchströmung durch bewusst hervorgerufene Druckdifferenzen - z. B. mit Hilfe von Drosseln, die als (sog. Venturi-) Düse ausgebildet sein können - bekannt. In diesem Zusammenhang erhält er in der Streitpatentschrift in Abs. [0003] Hinweise auf den diesbezüglichen Stand der Technik und es wird ihm in Figur 6 i. V. m. Abs. [0038], [0042] eine konkrete Ausgestaltungsmöglichkeit offenbart.
III.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in seiner erteilten Fassung ist gegenüber der Offenbarung in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen nicht unzulässig erweitert.
Dies gilt ungeachtet davon, dass im erteilten Patentanspruch 1 die Anordnung der Ringleitungen „in Erstreckungsrichtung des Stranges hintereinander“ – anders als in den Anmeldungsunterlagen (vgl. den Wortlaut des Anspruchs 1 gemäß der A1Schrift) - nicht ausdrücklich angesprochen wird. Eine solche Anordnung kann nämlich indirekt auch dem Merkmal 1.3.c des erteilten Anspruchs 1 entnommen werden, wonach „an einer in Strömungsrichtung der Entnahmestelle vorgelagerten Ringleitung“ eine Druckdifferenz erzeugt wird. Vorgelagert bzw. nachgelagert können nur in Erstreckungsrichtung hintereinander angeordnete Ringleitungen sein. Zwar lässt der Wortlaut des erteilten Anspruchs 1 offen, ob es daneben auch noch andere, nicht hintereinander (sondern nebeneinander) angeordnete Ringleitungen gibt. Eine derartige zusätzliche Anordnung von Ringleitungen wird aber auch durch den ursprünglichen Anspruchswortlaut nicht ausgeschlossen und ist in der A1-Schrift sogar eindeutig offenbart (s. z. B. die Figuren 3 und 5 mit jeweils paarweise von den Strängen 2.1 bis 2.4 abgehenden Ringleitungen 10).
IV.
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung des Streitpatents ist gegenüber dem Stand der Technik auch patentfähig.
1. Die im erteilten Anspruch 1 enthaltenen Merkmale gehen in ihrer Gesamtheit aus keiner der von der Klägerin unter dem Gesichtspunkt fehlender Neuheit entgegengehaltenen Druckschriften hervor, weshalb diese Schriften nicht neuheitsschädlich sind.
a) Die deutsche Gebrauchsmusterschrift 93 02 446 U1 (D1) zeigt in Figur 1 ein dort als Leitungsnetz bezeichnetes Wassersystem mit den Merkmalen 1.1 bis 1.3. Der Fachmann wird bei der Lektüre von D1 auch die in Merkmal 1.4 vorgesehene, in D1 nicht ausdrücklich erwähnte Übergabestelle aus einem öffentlichen Trinkwasser-Versorgungsnetz ohne weiteres voraussetzen. Jedoch zeigt D1 kein gesondertes, den Ringleitungen nachgeordnetes steuerbares Ventil i. S. d. Merkmalsgruppe 1.5. Dies gilt unabhängig davon, ob die Hauptleitung zur Erzeugung eines kontinuierlichen Flüssigkeitsstroms 1 entsprechend dem Ausführungsbeispiel gemäß D1, Figur 1 i. V. m. Seite 6, Zeilen 18 bis 32, als Ringleitung oder auf andere Weise ausgebildet ist, was gemäß D1, Seite 7, Zeilen 1 bis 3 ebenfalls möglich sein soll. Jedenfalls offenbart D1 keine Ventile, die gemäß Merkmal 1.5.c gezielt zur Erzeugung einer Spülströmung angesteuert werden können und das Trinkwassersystem gemäß Merkmal 1.5.d mit einer Abgabestelle für verbrauchtes Wasser verbinden (s. o. I.4.g) und h)).
b) Die Offenbarung der deutschen Offenlegungsschrift 10 2005 024 252 A1 (E1), die als nachveröffentlichter Stand der Technik bei der Neuheitsprüfung zu berücksichtigen ist (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 PatG), unterscheidet sich hinsichtlich des Aufbaus des Installationssystems bereits dadurch von dem streitpatentgemäßen Wassersystem, dass es keine Steig- oder Stockwerkstränge mit gerade verlaufenden Rohren aufweist. Vielmehr sind dort diese Stränge ausdrücklich als Ringleitungen ausgebildet (siehe Zusammenfassung), weshalb das Merkmal 1.2 nicht vorliegt (siehe Figur 1 i. V m. Anspruch 1 und Absatz [0006]). Auch ein steuerbares Ventil i. S. d. Merkmalsgruppe 1.5 ist bei E1 nicht vorhanden, da eine von der Wasserentnahme an einem Verbraucher unabhängige Spülung des gesamten Systems z. B. durch das letzte WT-Ventil im Obergeschoss (s. E1, Figur 1, links oben) nicht möglich ist.
c) Die deutsche Offenlegungsschrift 100 31 854 A1 (E2) zeigt eine Anlage zur stetigen Erneuerung des Trinkwassers in einer von einer Versorgungsleitung abzweigenden, zu einem Verbraucher führenden Anschlussleitung. Diese Anlage hat weder einen Stockwerks- noch einen Steigrohrstrang, sondern ist Teil eines öffentlichen Trinkwasserversorgungsnetzes. Auch wenn dort Anschlussleitungen so an einer Versorgungsleitung angeschlossen sind, dass durch sie ein Spülstrom fließt, ist jedoch kein Ventil mit den in der Merkmalsgruppe 1.5 genannten Eigenschaften offenbart.
d) Die US-Patentschrift 7,221,281 (E3) betrifft ein Verfahren zur Durchflusserfassung, -messung und Regelung sowie Verfahren zu deren Verwendung. Sie zeigt nicht sämtliche Merkmale des Streitpatents, denn entgegen der von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung dargelegten Auffassung weist sie kein steuerbares Ventil im Sinne des Merkmals 1.5.b auf, welches zum Zwecke des Austausches von Wasser Verwendung findet; dies gilt insbesondere auch für das von der Klägerin angeführte Ventil des Duschkopfes 2364b.
Die von Klägerseite angesprochene Figur 23 dieser Patentschrift zeigt ein Brandschutzsystem. Die dort beschriebenen Sensoren wie der Strömungssensor (2301b), der Störungsmeldeschalter (2356), der Störungsmelder (2360) und das Thermoelement (2336) dienen einem ganz anderen Zweck als das steuerbare Ventil des Streitpatents. Sie kommen in Mehrzweckrohrleitungssystemen zum Einsatz, die mindestens einen Sprinkler enthalten und dienen u. a. der Kontrolle des Durchflusses zu den Brandschutzsprinklern, der Wasser- oder der Umgebungstemperatur. Somit lässt die Offenbarung von E3 keinen Bedarf für eine zusätzliche Spülmöglichkeit erkennen.
e) Die japanische Offenlegungsschrift 2000-192520 A (E9/E9’) zeigt in ihren Figuren eine Vielzahl von einzelnen Warmwasser-Ringleitungen. Zweck dieser Rohrleitungsanordnung ist es, bei Zuführung von Warmwasser in die Rohrleitungsanordnung die Menge anfänglichen Kaltwassers zu verringern.
Von den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 ist in E9 jedenfalls ein Ventil i. S. d. Merkmalsgruppe 1.5 nicht offenbart. Zwar wird – worauf die Klägerin zutreffend hinweist – durch Öffnung der in E9, Figur 1, dargestellten Mischarmatur (a) Wasser aus der Hauptleitung (1) zugeführt und dadurch eine Spülströmung zu der Mischarmatur (b) und der Warmwasserreinigungsvorrichtung (d) induziert; dies gilt jedenfalls, solange das Wasser nicht mittels einer Pumpe in Umlauf gehalten wird. Es ist aber aus E9 nicht ersichtlich, dass das Ventil der Mischarmatur (a) steuerbar ist und einen Spülstrom unabhängig von einer Wasserentnahme an dem Verbraucher ermöglicht.
f) Die japanische Offenlegungsschrift 1990-74734 A (E10/E10´) zeigt in Figur 6 ein Trinkwassersystem mit den Merkmalen 1.1 bis 1.4, wobei die Ringleitungen (9) auf Grund der Ausgestaltung der Armatur (14) zwangsdurchströmt werden (siehe Figur 2 i. V. m. Figur 1 i. V. m. Seite 3, rechte Spalte, zweiter Absatz). Ein den Ringleitungen nachgeschaltetes steuerbares Ventil i. S. d. Merkmalsgruppe 1.5, das Wasser ins Abwassersystem zur Erzeugung einer Strömung im Strang entsorgt, wird allerdings nicht offenbart und ist auch nicht erforderlich, da im System über eine sog. Umlaufverbindung (42) eine Zirkulation in Verbindung mit einer Pumpe (5) erzeugt wird. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass – wie die Klägerin geltend macht - die Strömung im Strang bei jedem Öffnen der Ventile (7) intensiviert wird.
Das in der Figur 5, rechts unten, an dem Filter (11) angeordnete Ventil (siehe Figur 3, Bezugsziffer 28) dient zum Ausspülen von Fremdkörpern aus dem Filter (11), jedoch nicht gezielt dem Erzeugen einer Zwangsdurchströmung im Strang, um dort einer Verkeimung entgegenzuwirken; zudem ist auch in Bezug auf dieses Ventil eine Steuerbarkeit nicht offenbart.
g) Die US-Patentschrift·6,705,344 B2 (E11) zeigt in den Figuren 1 und 4 eine Vielzahl von als Ringleitungen ausgebildeten Abzweigleitungen (22), (90), (60). Ein steuerbares, den Ringleitungen nachgeordnetes Ventil i. S. der Merkmalsgruppe 1.5, das im geöffneten Zustand eine eine Spülströmung bewirkende Strömung in dem Strang erzeugt und das das Trinkwassersystem mit einer Abgabestelle für verbrauchtes Wasser an das öffentliche Abwasserentsorgungsnetz verbindet, offenbart diese Schrift jedoch nicht. Dies gilt auch unter Einbeziehung der von der Klägerin angestellten Überlegung, wonach an die Ringleitungen wasserführende, elektrisch angesteuerte Haushaltsgeräte angeschlossen sein können, weil diese Steuerungen lediglich den Betrieb des jeweiligen Haushaltsgeräts betreffen, nicht jedoch die gezielte Erzeugung einer Spülströmung unabhängig von der Benutzung der in dem Wassersystem angeschlossenen Verbraucher.
2. Auf Grundlage der von der Klägerin vorgelegten Druckschriften konnte der Senat auch nicht zu der Überzeugung gelangen, dass dem Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 die erforderliche Erfindungshöhe fehlt.
a) Die in der Beschreibungseinleitung der Streitpatentschrift als Ausgangspunkt der vorliegenden Erfindung referierte deutsche Gebrauchsmusterschrift 89 15 477 U1 (D2) zeigt eine Reinstwasserversorgungsvorrichtung, bei der über den Reinstwasserumwälzer (14) i. V. m. dem Reinstwasserbereiter (20) eine kontinuierliche Umwälzung erfolgt (siehe Figur 1 i. V. m. Seite 5, letzter Absatz). Ein nachgeordnetes Ventil zur Erzeugung eines Spülstromes ist bei dieser Vorrichtung nicht vorhanden; insbesondere sind die von der Klägerin als derartige Ventile angesehenen Absperrventile (26a), (28a) und (26b) nicht steuerbar und erfüllen schon deshalb nicht die Anforderungen der Merkmalsgruppe 1.5. Auf Grund der bereits vorhandenen kontinuierlichen Umwälzung des Reinstwassers bestand für den Fachmann am Anmeldetag auch keine Veranlassung, zusätzliche Mittel für eine Zwangsdurchspülung nach Maßgabe des Streitpatents vorzusehen.
b) Auch ausgehend von der Entgegenhaltung D1 konnte der Fachmann nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 gelangen. Diese Schrift vermittelt zwar die Idee, durch Querschnittsverengungen und den dadurch hervorgerufenen Venturi-Effekt in allen Leitungen eine gewisse Strömung aufrecht zu erhalten, erzeugt wird diese Strömung aber nicht durch die Verbraucher, sondern durch Pumpen in einer Aufbereitungsanlage. D1 weist somit einen anderen Lösungsweg. Ein Anlass zur Verwendung eines eine Spülströmung bewirkenden Ventils war somit nicht vorhanden.
c) Ebenso wenig konnte eine Zusammenschau der Druckschrift E2 mit der deutschen Offenlegungsschrift 43 41 898 A1 (E13) dem Fachmann den Anspruchsgegenstand nahelegen.
E2 betrifft nur einen Teilaspekt der Erfindung, nämlich die Erzeugung einer Strömung in einer von einer Strangleitung abgehenden Ringleitung auch dann, wenn in der Ringleitung selbst kein Wasser verbraucht wird. Eine Anregung zur Erzeugung einer Spülströmung, die unabhängig von der Nutzung der Wasserzapfstellen ist, gibt sie nicht.
Eine derartige Anregung konnte der Fachmann auch nicht der Druckschrift E13 entnehmen. Diese offenbart zwar ein steuerbares motorgetriebenes Ventil; dieses dient jedoch der Reinigung eines Filters und kann zur Lösung der streitpatentgemäßen Aufgabe nichts beitragen.
d) Auch die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemachte Kombination der Druckschriften E10/E10‘ und E13 kann den Anspruchsgegenstand letztlich nicht nahelegen.
In E10/E10´, Seite 2, linke Spalte, Absatz 2, wird es sinngemäß als nachteilig angesehen, wenn Wasser ungenutzt über lange Zeit in der Wasserleitung verbleibt, wie es z. B. während der Sommerferien in Schulgebäuden vorkommen könne. Die Folgen seien dann vermehrter Rost in den Wasserleitungen und eine Verschlechterung der Wasserqualität.
Um diese Nachteile zu verringern, zeigt E10/E10‘ eine Vorrichtung mit einem Wasseraufnahmetank (1) zur Speicherung von zugeführtem Wasser, mit einem hochgestellten Wasseraufnahmetank (6) zur Speicherung von hochgepumptem Wasser und mit unterhalb dieses hochgestellten Wasseraufnahmetanks (6) über Haupt- und Nebenwasserleitung (8), (9) angeschlossenen, als Wasserzufuhröffnungen (7) bezeichnete Entnahmestellen.
Die Entnahmestellen (7) und die hochgestellten Wasseraufnahmetanks (6) oder die Wasseraufnahmetanks (1) für zugeführtes Wasser sind durch Umlaufrohre verbunden. Das Wasser zirkuliert in diesen Vorrichtungen zwischen den Entnahmestellen (7) und den hochgestellten Wasseraufnahmetanks (6). Dementsprechend wird das Wasser aktiviert und das Auftreten von Rost in den Wasserleitungen wie auch die Verminderung der Wasserqualität wird verhindert (siehe Figuren 1, 5 bis 7 i. V. m. Seite 2, linke Spalte, Abs. 3, und rechte Spalte, Abs. 1 u. 2).
Gemäß Anspruch 2 in E10/E10‘ ist vorgesehen, dass das zwischen den Entnahmestellen (7) und dem hochgestelltem Wasseraufnahmetank (6) zirkulierende Wasser mittels eines in das vorgenannte Umlaufrohr zwischengeschalteten Umlauffilter (11) gefiltert wird. In den Ausführungsbeispielen nach den Figuren 1 und 5 ist offenbar zur Erhaltung der Qualität des im Wasserleitungssystem befindlichen Wassers dem Umlauffilter (11) ein Aktivfilter (12) nachgeordnet. Der Umlauffilter (11) ist in etwa trichterförmig und besitzt ein Gehäuse (20), an dessen unterem Ende eine Auslassöffnung (28) zum Auslass von gefilterten Fremdkörpern ausgebildet und an dessen oberem Ende ein Deckel (29) befestigt ist (siehe Figur 3 i. V. m. Seite 4, linke Spalte, Absatz 1).
Nach Darlegung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung wird beim Ablassen der herausgefilterten bzw. abgesetzten Filterrückstände durch die Auslassöffnung (28) ein Spülstrom im Sinne des Streitpatents erzeugt. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil das in E10/E10‘ offenbarte Umlaufsystem mit seiner Wasserbehandlungsvorrichtung einschließlich Umlauffilter (11) und Aktivfilter (12) auf die Ausbildung eines Wasserkreislaufs zur Regenerierung des im Kreislauf befindlichen Wassers und nicht auf den bewussten (Teil-) Austausch von Wasser in einem Wasserversorgungssystem gerichtet ist. Aus diesem Grund wird der Fachmann durch diese Schrift auch nicht zur streitpatentgemäßen Erzeugung eines Spülstroms bzw. zu deren vorrichtungsgemäßer Ausgestaltung angeregt.
E13 mag in Zusammenhang mit E10/E10‘ dem Fachmann zwar Hinweise zur Verbesserung der Umlauffilterkonstruktion, z. B. im Hinblick auf eine automatisierte Filterreinigung, liefern. In Bezug auf die streitpatentgemäße Lehre, abgestandenes Wasser in Trinkwassersystemen auszutauschen, kann E13 dem Fachmann jedoch auf Grund des anderen technologischen Hintergrunds ebenfalls keine richtungsweisende Anregung zur anspruchsgemäßen Ausgestaltung des Ventils vermitteln. Vielmehr führt auch diese Schrift von einem Austausch von Trinkwasser im Rahmen einer Leitungsspülung weg, da durch die darin vorgeschlagene Automatisierung gerade vermieden werden soll, Wassermengen in unnötiger Weise zu verwerfen (siehe Spalte 1, letzter Absatz).
e) Ausgehend von E9 konnte der Fachmann auch dann nicht zum Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 gelangen, wenn er diese Schrift mit dem Offenbarungsgehalt der deutschen Offenlegungsschrift 38 32 837 A1 (E14) kombinierte. Bei dieser Schrift geht es um die gesteuerte Öffnung eines an einer Zapfarmatur vorgesehenen Spülventils, das einerseits an der Kaltwasserleitung liegt und andererseits an die Warmwasser-Druckleitung und/oder an die Auslaufleitung angeschlossen ist. Nach einer Warmwasserzapfung werden die Spülventile (8), (14) für kurze Zeit geöffnet, so dass Kaltwasser durch die Warmwasser-Druckleitung (2) und die Auslaufleitung (13) abfließt (E14, Spalte 1, Zeilen 31 bis 40).
Der in E14 beschriebene Spülvorgang soll ebenso wie der streitpatentgemäße einer Verkeimung der Leitungsanordnung entgegenwirken. Er bewirkt dies aber auf andere Weise als das Streitpatent. Die Öffnung des Spülventils dient bei E14 dem Durchspülen der Warmwasser-Druckleitung und der Auslaufleitung mit Wasser aus der Kaltwasserleitung (E14, Spalte 2. Zeilen 22 bis 26) und nicht – wie beim Streitpatent – der Erzeugung einer eine Spülströmung bewirkenden Strö- mung in dem Strang. Aus diesem Grund kann auch E14 den Fachmann nicht dazu anregen, bei der aus E9 bekannten Rohrleitungsanordnung ein nachgeordnetes Ventil gemäß der Merkmalsgruppe 1.5 vorzusehen.
f) Schließlich konnte auch eine Zusammenschau der deutschen Offenlegungsschrift 10 2004 033 770 A1 (E20) mit der Entgegenhaltung E9 dem Fachmann am Anmeldetag den Anspruchsgegenstand nicht nahelegen.
E20 beschreibt in einem zweiten Ausführungsbeispiel eine Wasser-Hausinstallation, bei der kaltes und warmes Wasser stockwerksweise in Zuführleitungen zu der Spüleinrichtung eines Wasserklosetts geführt wird. In einem Mischabschnitt werden das Warm- und das Kaltwasser miteinander vermischt, wobei - ggf. selbsttätig arbeitende - Stellmittel vorgesehen sind, durch welche die der WCSpüleinrichtung zuströmende Warm- und/oder Kaltwasseranteile in Abhängigkeit einer Wassertemperatur kontrollierbar sind. Damit soll erreicht werden, dass an der WC-Entnahmestelle jederzeit das Wasser mit der gewünschten Temperatur verfügbar ist (E20 Abs. [0008], [0020] und Patentanspruch 1).
In E20 wird auch die Möglichkeit angesprochen, das Wasser aus den Zuführleitungen regelmäßig abzuleiten, damit an den Entnahmestellen jederzeit Wasser mit der gewünschten Temperatur verfügbar ist, ohne dass zuerst merkliche Mengen ungenutzt abfließen. Dadurch könne das abgeleitete Wasser gleichzeitig im Toilettenbereich einer Nutzung zugänglich gemacht und außerdem könne einer Vermehrung von Keimen in abgekühltem Warmwasser entgegengewirkt werden (E20 Abs. [0017 bis 0019]). Sofern – wie in dem Ausführungsbeispiel gemäß E20, Figur 2 – dem Wasserklosett verschiedene Entnahmestellen (z. B. Spüle, Dusche, Handwaschbecken) in Strömungsrichtung vorgelagert sind, hat die Ableitung des Wassers über die WC-Spüleinrichtung zur Folge, dass die Zuführleitungen bis hin zu der Spüleinrichtung durchströmt werden, nicht jedoch die Stichleitungen, mit denen die vorgelagerten Entnahmstellen an die Zuführleitungen angebunden sind.
Ringleitungen i. S. d. Merkmalsgruppe 1.3 sind in E20 nicht vorgesehen und es wird durch diese Schrift auch nicht angeregt, die vorhandenen, zu den Entnahmestellen führenden Stichleitungen durch Ringleitungen entsprechend der Merkmalsgruppe 1.3 zu ersetzen, um auf diese Weise einen Spülstrom nicht nur in den Zuführleitungen, sondern auch in den zu den Entnahmestellen führenden Leitungen zu erzeugen, um auch dort die Verkeimungsgefahr zu reduzieren. Bei der Druckschrift E20 geht es nach der dortigen Aufgabenstellung um die Optimierung des Energie- und Wasserverbrauchs (s. E20, Abs. [0004]); die Reduzierung der Verkeimungsgefahr stellt bei E20 lediglich einen positiven Nebeneffekt dar.
Auch der erfindungswesentliche Gedanke, ein nachgeordnetes steuerbares Spülventil i. S. d. Merkmale 1.5, 1.5.a und 1.5.b am Strangende anzuordnen, um auf diese Weise eine der Entkeimung des gesamten Wassersystems dienende Durchspülung des gesamten Strangs auch dann zu gewährleisten, wenn von dem Strang kein oder nur über eine einzige Ringleitung Wasser entnommen wird (s. o. I.4.g), ist in E20 nicht angelegt.
Aus den genannten Gründen hätte der Fachmann ausgehend von E20 auch die japanische Offenlegungsschrift E9/E9’ mit dem dort offenbarten System von Haupt- und Ringleitungen nicht ergänzend herangezogen, um auf diese Weise zum Gegenstand des Patentanspruchs 1 zu gelangen. Auch diese Schrift gibt keine Anregung, ein steuerbares nachgeordnetes Ventil am Ende eines Stockwerks- oder Steigrohrstrangs zu dem Zweck zu installieren, einen Spülstrom im gesamten Strang samt den daran angeschlossenen Ringleitungen zu erzeugen und das zur Spülung verwendete Wasser anschließend in das öffentliche Wasserentsorgungsnetz abzuleiten. Auch die Vermeidung von Stichleitungen bzw. deren Ersatz durch Ringleitungen wird durch die in E9/E9‘ gezeigte Ausgestaltung, bei der auf Stichleitungen ebenso nicht gänzlich verzichtet wird, nicht nahegelegt.
g) Als weitere Anordnungen, die zur automatischen Wasserentnahme im Rahmen der Leitungsanordnung der Druckschrift E9 geeignet seien, hat die Klägerin die deutsche Gebrauchsmusterschrift 94 06 298 U1 (E15), die europäische Patentanmeldung 1 493 873 A2 (E16), die deutsche Gebrauchsmusterschrift 295 00 918 U1 (E17), die europäische Patentanmeldung 0 882 848 A2 (E18) und die deutsche Offenlegungsschrift 42 38 450 A1 (E19) genannt. Allerdings hat sie nicht vorgetragen, welche bestimmten technischen Informationen, die der Fachmann diesen Entgegenhaltungen entnehmen kann, das Klagebegehren rechtfertigen sollen, weshalb die genannten Druckschriften unberücksichtigt bleiben müssen (BGH GRUR 2013, 1272 [36] – Tretkurbeleinheit).
V.
Somit hat der Patentanspruch 1 in seiner erteilten Fassung Bestand, und mit ihm die darauf rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 17.
Dies gilt auch im Hinblick auf die Unteransprüche 14 und 15, die von der Klägerin zusätzlich unter dem Gesichtspunkt mangelnder Ausführbarkeit angegriffen werden.
1. Gemäß Patentanspruch 14 (mit Rückbezug auf die beiden vorhergehenden Ansprüche) mündet jede Ringleitung des Wassersystems in einer an dem Strang nach Art einer einstellbar ausgestalteten Drossel ausgebildeten Ringleitungsspülarmatur. Diese Lehre ist für den Fachmann ausführbar, weil die Ausbildung und Funktionsweise von Drosseln, bei denen eine Querschnittsverengung einstellbar ist, zu seinem Fachwissen gehört (s. o. II.). Zwar soll die Drosseleinstellung vorzugsweise automatisiert erfolgen, und weiter vorzugsweise soll sie an eine zentrale Steuereinheit angeschlossen sein (Streitpatentschrift Abs. [0044]). Da entsprechende Vorgaben im Wortlaut des Anspruchs 14 nicht enthalten sind, kommen aber auch herkömmliche mechanische Drosselspindeln in Betracht.
2. Patentanspruch 15 enthält das zusätzliche Merkmal, wonach zwischen dem Abzweig und der Mündung der Ringleitung am Strang und der zugeordneten Ringleitung jeweils totraumfreie Vollstrom-Absperrventile vorgesehen sind. Entge- gen der von der Klägerin vertretenen Meinung ist das Merkmal „Vollstrom-Absperrventil“ für den Fachmann ebenfalls ausführbar. Hinweise dafür findet er insbesondere in Absatz [0022] der Streitpatentschrift, wonach das Vollstrom-Absperrventil vorzugsweise als Kugelventil mit einem dem Durchmesser der Ringleitung entsprechenden Durchmesser auszubilden ist, und in Absatz [0034 a. E.] mit Bezugnahme auf einschlägige Normierungen.
VI.
Auch der nebengeordnete Verfahrensanspruch 18 ist bestandsfähig.
1. Der Gegenstand dieses Anspruchs ist nicht deshalb unzulässig erweitert, weil in Merkmal 18.1 nur von einem „Strang (2)“ die Rede ist, und nicht mehr - wie in dem Verfahrensanspruch 21 der ursprünglichen Anmeldung - von einem „Stockwerks- oder Steigrohrstrang (2)“. Aus dem Gesamtzusammenhang der Streitpatentschrift ist zu entnehmen, dass die Bezugsziffer (2) in den Patentansprüchen 1 und 18 jeweils dasselbe bezeichnet, nämlich einen Stockwerks- bzw. Steigrohrstrang.
2. Auch wenn die Merkmale des Anspruchs 18 mit denen des Anspruchs 1 nicht völlig übereinstimmen (z. B. sind bei Anspruch 18 keine den Merkmalen 1.3.b und 1.5.d entsprechenden Merkmale vorhanden), so ist dennoch festzustellen, dass - aus den unter IV. genannten Gründen - keine der von der Klägerin genannten Druckschriften sämtliche Merkmale des beanspruchten Verfahrens aufzeigt; insbesondere ist dort nirgends ein steuerbares Ventil i. S. d. Merkmals 18.2 offenbart. Aus diesem Grund ist auch der Gegenstand des Anspruchs 18 als neu anzusehen.
Nachdem sich keine der Druckschriften explizit mit einem Verfahren zum Austausch von Wasser in Leitungssystemen mit einem Strang und Ringleitungen i. S.
d. Merkmals 18.3 befasst, erhält der Fachmann auch keine Anregung zur Ausstattung dieser Systeme mit einem steuerbaren Ventil.
VII.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
VII.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden.
Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Rauch Küest Dr. Schnurr Dr. Großmann Richter Ko