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V ZR 77/24

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES V ZR 77/24 Nachschlagewerk: ja BGHZ:

nein BGHR:

ja JNEU:

nein URTEIL in dem Rechtsstreit WEG § 17, § 44 Abs. 1 Satz 1 a) Ein Beschluss, durch den der Verwalter mit der Abmahnung eines Wohnungseigentümers wegen eines die Gemeinschaft schädigenden Verhaltens beauftragt wird, ist nicht anders zu behandeln als ein Abmahnungsbeschluss und deshalb selbständig anfechtbar. Dass der Verwalter die Abmahnung bereits ausgesprochen hat, lässt das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage nicht entfallen (Fortführung von Senat, Urteil vom 5. April 2019 - V ZR 339/17, BGHZ 222, 1 Rn. 6, 9).

b) Lässt sich einem solchen Beschluss nicht entnehmen, dass bei Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens die Entziehung des Wohnungseigentums droht, und führt der Verwalter den Beschluss aus, liegt zwar keine wirksame Abmahnung i.S.d. § 17 Abs. 2 WEG vor. Der Beschluss enthält aber bei der gebotenen objektiven Auslegung jedenfalls die zulässige Aufforderung an den Wohnungseigentümer, das monierte Verhalten zukünftig zu unterlassen.

c) Im Rahmen einer gegen einen solchen Aufforderungsbeschluss gerichteten Anfechtungsklage sind nur formelle Beschlussmängel zu prüfen, nicht jedoch, ob ein Unterlassungsanspruch besteht.

BGH, Urteil vom 4. Juli 2025 - V ZR 77/24 - LG Köln AG Köln ECLI:DE:BGH:2025:040725UVZR77.24.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2025 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, die Richter Dr. Göbel, Dr. Hamdorf und Dr. Malik und die Richterin Dr. Grau für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 21. März 2024 wird auf Kosten der Klägerin mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE). In der Eigentümerversammlung vom 24. Januar 2023 wurde mehrheitlich der Beschluss gefasst, die Klägerin durch die Hausverwaltung im Namen und im Auftrag der Eigentümergemeinschaft für ihr „WEG-schädigendes Verhalten“ abzumahnen. Die Klägerin habe sich gegen die Interessen der GdWE gestellt, indem sie Frau B. dabei geholfen habe, Argumente gegen deren Entlassung aus dem Dienstleistungsverhältnis wegen Nicht- und Schlechterfüllung vertraglich vereinbarter Leistungen zu finden. Sie habe behauptet, der Verwalter habe die Kündigung gegen Frau B. zurückgenommen und sei der Argumentation des gegnerischen Anwalts gefolgt. Ein weiterer Grund für die Abmahnung ergebe sich daraus, dass die Klägerin nach ihrem Ausscheiden aus dem Beirat immer noch ein Einsichtsrecht in die Verwaltungskonten ausgeübt habe und zwar insgesamt siebenmal in dem Zeitraum vom 1. Juli bis zum 11. September 2022. In beiden Verhaltensweisen liege ein Verstoß gegen § 14 WEG. Mit Schreiben vom 1. Februar 2023 mahnte der Verwalter die Klägerin entsprechend den Vorgaben des Beschlusses ab.

Das Amtsgericht hat die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage als unzulässig abgewiesen. Die Berufung vor dem Landgericht ist erfolglos geblieben. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, möchte die Klägerin weiterhin erreichen, dass der Beschluss für ungültig erklärt wird.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht hält die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses für unzulässig. Zwar sei ein Abmahnungsbeschluss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wie jeder andere Beschluss gerichtlich nachprüfbar. Hier sei jedoch die Abmahnung nicht in dem angefochtenen Beschluss enthalten; vielmehr werde der Verwalter angewiesen, der Klägerin eine Abmahnung zu erteilen. Die auf dieser Grundlage von dem Verwalter erteilte Abmahnung sei als rechtsgeschäftsähnliche Handlung nicht überprüfbar. Hierdurch werde die Klägerin nicht rechtlos gestellt, da die materielle Richtigkeit der Abmahnung in dem auf einen möglichen Entziehungsbeschluss folgenden gerichtlichen Entziehungsprozess geprüft werde.

II.

Die Revision hat im Ergebnis keinen Erfolg. Zwar halten die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der Unzulässigkeit der Klage der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Dies verhilft der Revision aber nicht zum Erfolg, weil die Klage richtigerweise als unbegründet abzuweisen ist.

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Klage zulässig. Insbesondere hat die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse daran, den Beschluss vom 24. Januar 2023 im Wege der Anfechtungsklage gerichtlich überprüfen zu lassen.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist ein Rechtsschutzbedürfnis im Beschlussanfechtungsverfahren im Regelfall nicht zu prüfen, weil das Anfechtungsrecht dem Interesse der Gemeinschaft an einer ordnungsmäßigen Verwaltung dient (vgl. nur Senat, Urteil vom 5. Juli 2019 - V ZR 278/17, ZfIR 2020, 142 Rn. 11; Urteil vom 13. Mai 2011 - V ZR 202/10, WuM 2011, 440 Rn. 16). Das Rechtsschutzinteresse entfällt nur ausnahmsweise, wenn ein Erfolg der Klage den Wohnungseigentümern oder der Gemeinschaft keinen Nutzen mehr bringen kann. Das gilt nicht, solange Auswirkungen der Beschlussanfechtung auf Folgeprozesse nicht sicher auszuschließen sind. Ein bestandskräftiger Beschluss schließt jedenfalls den Einwand aus, die Beschlussfassung habe nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprochen. Nach einer erfolgreichen Beschlussanfechtungsklage steht unter den Wohnungseigentümern als Folge der Rechtskraft fest, dass der Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entsprach (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juli 2019 - V ZR 278/17, aaO).

b) Ist Gegenstand eines Beschlusses die Abmahnung eines Wohnungseigentümers zur Vorbereitung der späteren Entziehung des Wohnungseigentums, hat der Senat unter der Geltung des § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG aF entschieden, dass auch ein solcher Beschluss wie jeder andere Beschluss der Wohnungseigentümer anfechtbar ist. Das Rechtsschutzinteresse für eine Beschlussanfechtungsklage fehlt nicht deshalb, weil die Abmahnung auch durch den Verwalter hätte ausgesprochen werden können und eine solche Abmahnung nicht anfechtbar ist. Eine Anfechtungsklage scheitert auch nicht daran, dass sie die tatsächlichen Wirkungen des Beschlusses nicht beseitigen könnte und ihr unter diesem Gesichtspunkt das erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt. Die tatsächliche Wirkung einer Abmahnung könnte ein aufgehobener Abmahnungsbeschluss nämlich nur haben, wenn er den Anforderungen an eine Abmahnung genügt (vgl. Senat, Urteil vom 5. April 2019 - V ZR 339/17, BGHZ 222, 1 Rn. 6). Nach fast einhelliger und zutreffender Auffassung kann ein Abmahnungsbeschluss auch unter der Geltung des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes angefochten werden (vgl. nur Heinemann in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 17 Rn. 60; Bärmann/ Pick/Fichtner, WEG, 21. Aufl., § 17 Rn. 29; BeckOK WEG/Hogenschurz [2.1.2025], § 17 Rn. 27; aA Bärmann/Suilmann, WEG, 15. Aufl., § 17 Rn. 48).

c) Anders als das Berufungsgericht meint, fehlt das Rechtsschutzinteresse der Klägerin nicht deshalb, weil es sich bei dem angefochtenen Beschluss nicht um einen Abmahnungsbeschluss handelt. Ein Beschluss, durch den der Verwalter mit der Abmahnung eines Wohnungseigentümers wegen eines die Gemeinschaft schädigenden Verhaltens beauftragt wird, ist nicht anders zu behandeln als ein Abmahnungsbeschluss und deshalb selbständig anfechtbar. Dass der Verwalter die Abmahnung bereits ausgesprochen hat, lässt das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtungsklage nicht entfallen (so auch OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29. August 2003 - 20 W 33/03, juris Rn. 15; Bärmann/Pick/Fichtner, WEG, 21. Aufl., § 17 Rn. 31).

aa) Der sachliche Gehalt beider Beschlussfassungen ist identisch, unterschiedlich ist nur die Modalität der Ausführung der Abmahnung. Ein Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers daran zu überprüfen, ob die Entscheidung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, besteht in gleichem Maße. Auch sind Auswirkungen auf Folgeprozesse - ebenso wie beim Abmahnungsbeschluss - nicht sicher auszuschließen. Wird ein Abmahnungsbeschluss bestandskräftig, so steht sowohl für die Anfechtung eines etwaigen Entziehungsbeschlusses als auch für das anschließende gerichtliche Entziehungsverfahren fest, dass eine gültige Abmahnung vorliegt (vgl. Senat, Urteil vom 5. April 2019 - V ZR 339/17, BGHZ 222, 1 Rn. 9). Nichts anderes gilt bei einem Beschluss, wie er hier gefasst wurde. Der Verwalter hat diesen Beschluss ohne eigene Entscheidungskompetenz auszuführen. Gegenstand der Anfechtungsklage ist in dem einen wie in dem anderen Fall die auf die Erteilung der Abmahnung bezogene Willensbildung der GdWE. Ob sie ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, muss der betroffene Wohnungseigentümer gerichtlich überprüfen lassen können. Anders ist es nur, wenn der Verwalter als vertretungsbefugtes Organ ohne vorherige Beschlussfassung eine Abmahnung ausspricht, die als geschäftsähnliche Handlung nicht anfechtbar ist (vgl. Senat, Urteil vom 19. Januar 2007 - V ZR 26/06, BGHZ 170, 369 Rn. 19); dazu kann er auch im Innenverhältnis beispielsweise unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG zur Abwendung eines Nachteils befugt sein, wenn eine Abmahnung ohne Zeitverzug geboten und ein Zuwarten bis zu der nächsten Eigentümerversammlung untunlich ist.

bb) Die Überlegung des Berufungsgerichts, der abgemahnte Wohnungseigentümer sei nicht rechtlos gestellt, weil die materielle Richtigkeit der Abmahnung in dem auf einen möglichen Entziehungsbeschluss folgenden Entziehungsprozess geprüft werde, veranlasst keine abweichende Beurteilung. In dem Zeitpunkt, zu dem die Abmahnung durch oder aufgrund eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer ausgesprochen wird, steht - jedenfalls nicht sicher - fest, ob es tatsächlich zu einem Entziehungsprozess kommt. Wäre eine Anfechtungsklage gegen den Beschluss unzulässig, hätte der betroffene Wohnungseigentümer unter Umständen keine Möglichkeit, den Beschluss darauf hin überprüfen zu lassen, ob er ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht.

2. Der Umstand, dass das Berufungsgericht hiernach die Klage zu Unrecht als unzulässig angesehen hat, führt aber nicht zur Aufhebung des Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Vielmehr ist die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Klage als unbegründet abgewiesen wird (§ 561 ZPO).

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann über die sachliche Berechtigung der Klage auch nach deren Abweisung als unzulässig entschieden werden, wenn das Berufungsurteil für die rechtliche Beurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet und bei Zurückverweisung der Sache ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint. Denn hätte das Berufungsgericht bei zutreffender verfahrensrechtlicher Behandlung der Klage sofort eine Entscheidung in der Sache treffen können, besteht keine Veranlassung, den Parteien durch eine Zurückverweisung Gelegenheit zur weiteren Ergänzung ihres Vorbringens zu geben. In einem solchen Fall hat nunmehr das Revisionsgericht die Entscheidung zu treffen, die an sich schon in der Berufungsinstanz hätte ergehen müssen (näher Senat, Urteil vom 29. September 2017 - V ZR 19/16, NJW-RR 2018, 719 Rn. 41 ff. mwN - insoweit in BGHZ 216, 83 nicht abgedruckt).

b) Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Inhalt des Beschlusses sowie die ihn tragenden Gründe ergeben sich aus dem Berufungsurteil und den hierin in Bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts. Weitere Feststellungen sind nicht erforderlich. Auf dieser Grundlage ist die Anfechtungsklage unbegründet.

aa) Allerdings genügt der von dem Verwalter umgesetzte Beschluss auch unter Beachtung des insoweit eingeschränkten Prüfungsumfangs nicht den Anforderungen, die an eine für die Durchführung eines Verfahrens zur Entziehung des Wohnungseigentums nach § 17 Abs. 2 WEG erforderliche Abmahnung zu stellen sind.

(1) Wird die Abmahnung unmittelbar durch einen Beschluss der Wohnungseigentümer ausgesprochen, ist ein solcher Beschluss nur eingeschränkt, nämlich darauf überprüfbar, ob die formellen Voraussetzungen der Beschlussfassung eingehalten sind, ob der Beschluss hinreichend bestimmt ist sowie schließlich, ob das abgemahnte Verhalten einen Entziehungsbeschluss bzw. die Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigen kann (vgl. Senat, Urteil vom 5. April 2019 - V ZR 339/17, BGHZ 222, 1 Rn. 8). Insoweit gilt der gleiche Prüfungsmaßstab wie bei einer Anfechtungsklage gegen einen möglichen Entziehungsbeschluss (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juli 2011 - V ZR 2/11, BGHZ 190, 236 Rn. 6 ff. zu § 18 Abs. 3 WEG aF).

(2) Soweit es um die hinreichende Bestimmtheit geht, muss der Abmahnungsbeschluss inhaltlich erkennen lassen, warum und mit welchem Ziel die Abmahnung ausgesprochen wird. Es muss ein konkretes Fehlverhalten beschrieben werden, zu dessen Unterlassung der betroffene Wohnungseigentümer aufgefordert werden soll. Die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Abmahnung ergeben sich aus deren Zweck. Dieser besteht darin, dem Wohnungseigentümer ein bestimmtes, als Entziehungsgrund beanstandetes Fehlverhalten vor Augen zu führen, verbunden mit der Aufforderung, das Verhalten zur Vermeidung eines Entziehungsbeschlusses aufzugeben oder zu ändern. Aus der Abmahnung muss daher erkennbar sein, dass dem Wohnungseigentümer bei Fortführung seines Verhaltens die Entziehung des Wohnungseigentums droht (vgl. Senat, Urteil vom 5. April 2019 - V ZR 339/17, BGHZ 222, 1 Rn. 21; Urteil vom 8. Juli 2011

- V ZR 2/11, BGHZ 190, 236 Rn. 8; vgl. auch LG Frankfurt a.M., ZMR 2025, 234). Demgegenüber bleibt die Prüfung der materiellen Richtigkeit der von der GdWE beschlossenen Abmahnung dem gerichtlichen Entziehungsprozess vorbehalten. Erst in diesem Verfahren wird die Abmahnung auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin überprüft, also, ob die Gründe für die Abmahnung tatsächlich vorgelegen haben sowie ob nach der Abmahnung erneut gegen Pflichten verstoßen worden ist und dieses Verhalten die Entziehung des Wohnungseigentums rechtfertigt (vgl. dazu Senat, Urteil vom 8. Juli 2011 - V ZR 2/11, BGHZ 190, 236 Rn. 10).

(3) Dieser eingeschränkte Prüfungsmaßstab gilt bei einem wie hier gefassten Beschluss entsprechend (so auch OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 29. August 2003 - 20 W 33/03, juris Rn. 15; Bärmann/Pick/Fichtner, WEG, 21. Aufl., § 17 Rn. 31). Ebenso wie im Rahmen der Prüfung des Rechtsschutzinteresses (vgl. oben Rn. 8 f.) sind die Beschlüsse auch bei der Begründetheitsprüfung gleich zu behandeln.

(4) Hier wird in dem Beschluss zwar näher erläutert, worin das konkrete Fehlverhalten der Klägerin liegen soll. Die Klägerin soll sich zum einen bei einer rechtlichen Auseinandersetzung der GdWE mit Frau B., die in einem Dienstleistungsverhältnis mit der GdWE stand, auf die Seite von Frau B. gestellt und diese unterstützt haben; zum anderen soll sie trotz Beendigung der Beiratsstellung Einsicht in die Verwaltungskonten genommen haben. Die Voraussetzungen für eine wirksame Abmahnung i.S.d. § 17 Abs. 2 WEG liegen aber jedenfalls deshalb nicht vor, weil in dem Beschluss nicht zum Ausdruck gebracht wird, dass der Klägerin bei Fortsetzung ihres Verhaltens die Entziehung des Wohnungseigentums droht. Die - von dem Verwalter weisungsgemäß ausgesprochene - Abmahnung kann daher eine auf die Entziehung bezogene Warnfunktion nicht erfüllen.

bb) Dass der von dem Verwalter ausgeführte Beschluss nicht geeignet ist, die Voraussetzungen für ein Entziehungsverfahren nach § 17 WEG zu schaffen,

hat jedoch nicht seine Rechtswidrigkeit zur Folge. Die Wohnungseigentümer konnten den Beschluss unter einem anderen Gesichtspunkt, nämlich als Aufforderung zu der Unterlassung des der Klägerin vorgeworfenen Verhaltens (sog. Aufforderungsbeschluss), rechtmäßig fassen.

(1) Im Ausgangspunkt ist es den Wohnungseigentümern gestattet, durch Beschluss ihren Willen darüber zu bilden, ob sie bestimmte Verhaltensweisen einzelner Wohnungseigentümer für unzulässig halten. Entschieden hat der Senat dies im Hinblick auf Nutzungen oder bauliche Veränderungen; sieht die Mehrheit sie als unzulässig an, dürfen die betroffenen Wohnungseigentümer in dem Beschluss zur Unterlassung bzw. zum Rückbau aufgefordert werden. Wird dies dem Wortlaut nach als Ge- oder Verbot beschlossen, ist darin nächstliegend lediglich ein Aufforderungsbeschluss zu sehen (näher Senat, Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 215/21, NJW 2023, 2945 Rn. 21).

(2) Im Rahmen einer gegen einen Aufforderungsbeschluss gerichteten Anfechtungsklage sind nur formelle Beschlussmängel zu prüfen, nicht jedoch, ob ein Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch besteht. Letzteres ist in einem gegebenenfalls anzustrengenden Unterlassungs- oder Beseitigungsverfahren zu klären, sollte der betroffene Wohnungseigentümer der Aufforderung nicht Folge leisten. Hierbei ist das Gericht an die in dem Aufforderungsbeschluss niedergelegte Auffassung der Mehrheit der Wohnungseigentümer nicht gebunden. In einem solchen Verfahren ist dem Wohnungseigentümer in Folge der vorangegangenen Aufforderung aber der Einwand, er habe keine Veranlassung zur Klage gegeben, abgeschnitten (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 215/21, NJW 2023, 2945 Rn. 21 f.).

(3) Diese Überlegungen gelten auch im vorliegenden Zusammenhang. Abmahnungen zur Vorbereitung der Entziehung des Wohnungseigentums nach

§ 17 WEG und auf eine „schlichte“ Unterlassung gerichtete Abmahnungen weisen Parallelen auf (vgl. hierzu auch Greiner, Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl., § 3 Rn. 69, 91). Lässt sich - wie hier - einem Beschluss, durch den der Verwalter mit der Abmahnung eines Wohnungseigentümers wegen eines die Gemeinschaft schädigenden Verhaltens beauftragt wird, nicht entnehmen, dass bei Fortsetzung des beanstandeten Verhaltens die Entziehung des Wohnungseigentums droht, und führt der Verwalter den Beschluss aus, liegt zwar keine wirksame Abmahnung i.S.d. § 17 Abs. 2 WEG vor. Der Beschluss enthält aber bei der gebotenen objektiven Auslegung jedenfalls die zulässige Aufforderung an den Wohnungseigentümer, das monierte Verhalten zukünftig zu unterlassen. Im Rahmen einer gegen einen solchen Aufforderungsbeschluss gerichteten Anfechtungsklage sind nur formelle Beschlussmängel zu prüfen, nicht jedoch, ob ein Unterlassungsanspruch besteht. Dies ist in einem gegebenenfalls anzustrengenden Unterlassungsverfahren ohne Bindung an die in dem Abmahnungsbeschluss niedergelegte Auffassung zu klären.

(4) Hier ist der angegriffene Beschluss als Aufforderungsbeschluss rechtmäßig. Bei der gebotenen objektiven Auslegung haben die Wohnungseigentümer eindeutig zum Ausdruck gebracht, das näher beschriebene Verhalten der Klägerin werde als Verstoß gegen die Pflichten aus § 14 WEG gewertet und missbilligt; die Klägerin soll aufgefordert werden, dieses Verhalten zukünftig zu unterlassen. Formelle Beschlussmängel sind insoweit nicht ersichtlich und werden von der Klägerin auch nicht geltend gemacht. Die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs sind in dem hiesigen Prozess nicht zu klären. Ob ein Aufforderungsbeschluss ausnahmsweise ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht, wenn ein Unterlassungsanspruch von vorneherein unzweifelhaft ausscheidet, kann dahinstehen, da diese Voraussetzungen hier nicht vorliegen. Ent- gegen der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen auch eine Wiederholungsgefahr nicht eindeutig ausschließen.

III. 24 Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Brückner Malik Göbel Grau Vorinstanzen:

AG Köln, Entscheidung vom 19.09.2023 - 204 C 18/23 LG Köln, Entscheidung vom 21.03.2024 - 29 S 135/23 - Hamdorf Verkündet am: 4. Juli 2025 Rinke, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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Paragraphen in V ZR 77/24

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Häufigkeit Paragraph
6 17 WEG
2 14 WEG
2 18 WEG
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1 562 ZPO
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