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14 W (pat) 12/19

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 12/19

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2006 014 457.0 …

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 15. April 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl. Phys. Dr. Maksymiw sowie der Richter Schell, Dipl. Chem. Dr. Wismeth und Dipl. Chem. Dr. Freudenreich ECLI:DE:BPatG:2019:150419B14Wpat12.19.0 beschlossen:

-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 13. Juni 2016 hat die Prüfungsstelle für Klasse C 08 F des Deutschen Patent- und Markenamts die deutsche Patentanmeldung mit der Bezeichnung

„Verfahren zur thermischen Dehalogenierung von halogenhaltigen Stoffen“

und dem Aktenzeichen 10 2006 014 457.0 zurückgewiesen. Der Zurückweisung zugrunde lag die ursprüngliche, zehn Patentansprüche mit einem unabhängigen Patentanspruch 1 aufweisende Anspruchsfassung.

Der Patentanspruch 1 vom Anmeldetag lautet:

Die Zurückweisung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die mit Patentanspruch 1 beanspruchte Vorrichtung gegenüber den Entgegenhaltungen (1) und (2) des mit den Druckschriften

(1) DE 102 34 837 A1, (2) EP 0 094 665 A1, (3) US 3 325 455 ermittelten Standes der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Im Einzelnen sei aus (1) ein Verfahren zur thermischen Dehalogenierung bekannt, bei dem die halogenhaltigen Stoffe mit einem Polyolefin in einer Inertgasatmosphäre vermischt würden und der entstandene Halogenwasserstoff abgetrennt werde. Um das aus dem Labormaßstab bekannte Verfahren im großtechnischen Maßstab zu betreiben, werde ein Team aus Fachleuten sich auf die Suche nach einer geeigneten Anlage machen, die unverändert zum Einsatz komme oder allenfalls mit kleinen Modifikationen für das Verfahren tauglich sei. Eine solche Anlage oder Vorrichtung nach Patentanspruch 1 finde sich in (2), die alle Merkmale der beanspruchten Vorrichtung zeige. Da im großtechnischen Maßstab kontinuierliche Verfahren bevorzugt würden, seien dort Reaktoren mit entsprechenden Einund Auslässen, sowie eine Temperierung des Reaktionsvolumens obligatorisch. Bei der Dehalogenierung falle nicht nur reiner Halogenwasserstoff an, sondern auch andere niedermolekulare Verbindungen und Radikale. Das Polyolefin diene quasi als Radikalfänger und löse auch niedermolekulare Kohlenwasserstoffe, so dass der Fachmann es in den Dampfraum sprühe, um solche Verunreinigungen aus dem entstandenen Halogenwasserstoff auszuwaschen. Die Auswahl einer geeigneten Vorrichtung erfolge ausschließlich auf den Vorrichtungsmerkmalen und nicht nach den Verfahren, die in der Vorrichtung ebenfalls durchgeführt werden könnten. Auch die Merkmale der Unteransprüche 2 bis 10 begründeten keine erfinderische Tätigkeit bei der beanspruchten Vorrichtung.

Gegen diesen Beschluss der Prüfungsstelle richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit Schriftsatz vom 13. Juli 2016, eingegangen beim Deutschen Patentund Markenamt am selben Tag, mit welcher sie die Patenterteilung auf Basis eines geänderten Patentanspruchs 1 weiter verfolgt.

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

Die Unteransprüche 2-10 entsprechen denen vom Anmeldetag, wobei Unteranspruch 4 redaktionell überarbeitet und Unteranspruch 5 mit einer Passage aus der Beschreibung vom Anmeldetag ergänzt wurde. Die Anmelderin vertritt die Auffassung, dass ein Fachmann durch Kombination der Lehre der Entgegenhaltung (1) mit einer der Entgegenhaltungen (2) und (3) nicht zum Gegenstand des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelange. Denn den Entgegenhaltungen (2) und (3) sei nichts zu einem Druckreaktor und zu auf 300°C erhitzten Düsen zu entnehmen. Die nunmehr beanspruchte Vorrichtung sei daher gegenüber dem aufgezeigten Stand der Technik nicht nur neu, sondern beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat die Anmelderin drei Hilfsanträge vom 15. März 2019 eingereicht und ausgeführt, diesen Hilfsanträgen liege der Aspekt zugrunde, dass dann eine besonders ideale Reaktionsumgebung vorliege, wenn eine innige Durchmischung der Reaktionskomponenten möglich sei, wie es sich aus der ersten Hälfte in Abs. [0013] der A1-Schrift ergebe (vgl. Erstunterlagen: S. 8 le. Abs.). Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet:

Die Unteransprüche 2-3 und 5-7 entsprechen den Unteransprüchen 2-3 und 8-10 nach Hauptantrag, während der Unteranspruch 4 aus der Beschreibung herangezogene Merkmale des Patentanspruchs 1 wiederholt. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet:

Die Unteransprüche 2-3 und 4-6 entsprechen den Unteransprüchen 2-3 und 8-10 nach Hauptantrag. Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 3 lautet:

Die Unteransprüche sind hinsichtlich der Verfahrenskategorie angepasst. Dabei gehen die Unteransprüche 2-3 und 7-10 auf die Unteransprüche nach Hauptantrag mit derselben Nummerierung zurück; die Unteransprüche 4-5 auf die Unteransprüche 5-6 nach Hauptantrag mit Ergänzungen aus der Fig. 1 und der Beschreibung. Auf die neuen Hilfsanträge hat der Senat der Anmelderin die Druckschrift

(4) Ullmanns Encyklopädie der technischen Chemie, 4. Aufl., Bd. 3, 1973, Verlag Chemie, Weinheim S. 384-385. – ISBN 3-52720003-7 übermittelt und darauf hingewiesen, dass diese Druckschrift die Vorbekanntheit einer Ausgestaltung mit mehreren Düsen für heterogene Reaktionen belege und insoweit eine innige Durchmischung bei allen heterogenen Reaktionen zu beachten sei.

Daraufhin hat die Anmelderin ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen und eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren beantragt.

Sie beantragt,

den Beschluss der Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Juni 2016 aufzuheben und das Patent auf Grundlage des Hauptantrags gemäß Schriftsatz vom 13. Juli 2016 zu erteilen,

hilfsweise das Patent mit der Maßgabe zu erteilen, dass es die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 3, vom 15. März 2019, erhält.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig (§ 73 PatG). Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da die mit Patentanspruch 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 2 beanspruchte Vorrichtung und das nach Hilfsantrag 3 beanspruchte Verfahren im Hinblick auf die Kombination der Druckschrift (1) mit der das fachmännische Wissen und Können belegenden Encyclopädie (4) auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruhen.

1. Als Fachmann ist, von der Anmelderin unbestritten, ein Team aus einem Ingenieur mit mehrjähriger Erfahrung im Anlagenbau und zumindest einem Chemiker zugrunde zu legen.

2. Anmeldungsgemäß betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zur Dehalogenierung, insbesondere Debromierung aus halogenhaltigen bzw. bromhaltigen Stoffen, insbesondere Abfällen gemäß des ersten Patentanspruchs. Die Vorrichtung dient insbesondere der Debromierung von fluidischen Stoffen, insbesondere kohlenstoffhaltigen Stoffen wie Öle sowie der Verflüssigung von Polypropylen im Rahmen einer thermischen Behandlung in einem Reaktor (vgl. Erstunterlagen: S. 4 Abs. 1).

In der als Stand der Technik diskutierten Druckschrift (1) wird ein Verfahrenskonzept zur Behandlung von halogenhaltigen Abfällen mittels Pyrolyse offenbart, bei dem sich Wertstoffe und/oder Energie zurückgewinnen lassen sollen, und zwar ohne eine weitere Entstehung weiterer halogenierter Schadstoffe. Die Abfälle werden dabei mit aufgeschmolzenen Polyolefin (substituiert oder unsubstituiert) in einer inerten Atmosphäre vermischt und dann in einem zweiten Schritt eine Abtrennung der beim Aufschmelzen entstehenden Halogenwasserstoffe vorgenommen, wobei sich die Kohlenstoff-Brom-Bindung bei Temperaturen oberhalb von 270°C ohne den Einsatz eines Reaktionspartners aufspaltet. Wesentlich zur Umsetzung des Verfahrenskonzepts der Druckschrift (1) sei die Bereitstellung einer ausreichenden Verweilzeit zur Durchführung der chemischen Vorgänge, da eine kommerziell realisierbare Umsetzung in einer großtechnischen Anlage häufig an diesem Punkt scheitere, weil eine im Vergleich zur gesamten Behandlungsdauer vergleichsweise kurze Verweilzeit der bromierten organischen Dämpfe im Reaktor (oder Abfallstromes durch den Reaktor) nur eine unvollständige Umsetzung (Enthalogenierung oder Entbromierung) erwarten lasse. Eine bloße Verlängerung der Verweilzeit erhöhe die Prozesszeit in einer Anlage und begrenze damit die Wirtschaftlichkeit (Erstunterlagen: S. 4 le. Abs. – S. 5 vorle. Abs.).

Vor diesem Hintergrund sieht es die Erfindung als Aufgabe an, eine Vorrichtung zur Debromierung von Ölen und Verflüssigung von Polypropylen vorzuschlagen, die eine Debromierung von organischen Substraten im großtechnischen Maßstab ermöglicht und die vorgenannten Einschränkungen nicht aufweist. Insbesondere soll mit der Vorrichtung die im Stand der Technik genannte chemische Reaktion in technisch relevanter Behandlungszeit durchführbar werden (vgl. Erstunterlagen: Abs. S. 5 auf 6).

3. Zur Lösung der Aufgabe dient nunmehr eine Vorrichtung mit den Merkmalen nach Hauptantrag, die nachfolgend mit nach Funktionseinheiten geordneten Merkmalen versehen ist:

V Vorrichtung zur thermischen Dehalogenierung von halogenhaltigen Stoffen, umfassend V1 ein temperierbares Reaktionsvolumen mit einem oben liegenden Dampfraum und einem unter dem Dampfraum liegenden Sumpfbereich,

V2 wobei die Vorrichtung druckbeständig ist, V2.1 mit Ventilen für die Zuführung von Inertgas in den Dampfraum und für den Auslass von in der Gasphase vorliegenden Reaktionsprodukten, V3 mit einem Einlass für die Stoffe, V4 mit jeweils Auslässen für die halogenhaltigen Reaktionsprodukte, die dehalogenierten Stoffe sowie für Polyolefin, V5 mit einem Einlass für das Polyolefin, V5.1 umfassend mindestens eine Düse, V5.2 der Einlass ist im Reaktionsraum so angeordnet, dass er in den das Inertgas enthaltenden Dampfraum oberhalb des Sumpfbereichs ausmündet und V5.3 der Einlass weist Mittel zur Aufheizung des Polyolefins über die Erweichungstemperatur auf, V5.3.1 die Mittel zur Aufheizung sind derart ausgebildet, dass das Polyolefin mit einer Temperatur von zumindest 300°C in den Dampfraum eingedüst werden kann.

4. Einige Merkmale der geltenden Anspruchsfassungen bedürfen der Auslegung.

4a. Die Angabe des Zweckes nach Merkmal V vermag die beanspruchte Vorrichtung insoweit nicht weiter auszugestalten, als die Vorrichtung lediglich geeignet sein muss, das beabsichtigte Verfahren darin durchführen zu können.

4b. Reaktionsvolumen (V1) und Reaktionsraum (V5.2) sind als synonym zu werten und umfassen im (Betriebs)Zustand des nicht vollständig befüllten Behälters einen Dampfraum und einen Sumpfbereich. Temperierbar bedeutet dabei die Möglichkeit, eine gewünschte Temperatur einzustellen. Die Einstellung der Temperatur kann dabei über eine Temperiervorrichtung 13 und einen Durchlauferhitzer 12 (vgl. Erstunterlagen: Fig. 1 und S. 10 Abs. 2) erfolgen. Mittel zum Einlass und zur Aufheizung des Polyolefins nach Merkmal V5.3 sind somit auch außerhalb des Reaktionsvolumens angeordnet zulässig.

4c. Soweit die Vorrichtung druckbeständig sein soll (V2), ist nicht angegeben, welchem Druck die Vorrichtung standhalten soll. Es können folglich Ventile zum Einsatz kommen, die auf kleine Druckänderungen ansprechen, wie sie in üblichen Reaktoren auftreten.

4d. Der Einlass für die Stoffe, das Ventil für die Inertgaszuführung, die Ventile bzw. Auslässe für die in Gasphase vorliegenden Reaktionsprodukte (halogenhaltig, dehalogeniert) und das Polyolefin sind nach Anspruchswortlaut beliebig an der Vorrichtung angebracht (V2.1, V3, V5).

4e. Als röhrenförmige technische Vorrichtungen können Düsen (V5.1) auf ihrer gesamten Länge die gleiche Querschnittsfläche haben, sich erweitern, verjüngen oder weitere komplexe Formen aufweisen. Anmeldungsgemäß erlaubt die Düse das Einführen der Schmelze in den Reaktionsraum als „feine Fäden oder als zerstäubtes Schmelzeaerosol“ (Erstunterlagen: S. 8 Abs. 2) bzw. als „feine Strahlen oder Nebel“ (a. a. O.: S. 10 Abs. 2), also nicht zwingend ein erst mit den Unteransprüchen 8-9 beanspruchtes Zerstäuben.

4f. Mit dem Merkmal V5.3.1 ist zu bewerten, ob eine aus dem Stand der Technik bekannte Vorrichtung den sich auf die Qualität der Einspritzdüse niederschlagenden Verfahrensaspekt „Eindüsen bei zumindest 300°C" offenbart oder nahelegt.

5. Es kann dahingestellt bleiben, ob die geltenden Anspruchsfassungen nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 zulässig auf die Unterlagen vom Anmeldetag zurückgehen, denn die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beruht jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6. Aus der bereits am Anmeldetag zitierten Druckschrift DE 102 34 837 A1 (1) gehen ein Verfahren und eine Vorrichtung hervor, bei dem in einem Reaktor kontinuierlich Polyolefin aufgeschmolzen und von einem gasförmigen Strom des halogenhaltigen Abfallstoffs durchströmt wird (vgl. (1): Abs. [0017]). Als Verfahrensbedingungen werden ein erhöhter Druck bis zu 10 bar, eine durch Vorversuche zu ermittelnde optimale Temperatur im Bereich von 200°C-500°C, sowie eine Inertgasatmosphäre angegeben (vgl. (1): Abs. [0008], [0012], [0017]). Somit lehrt die (1) bereits eine Vorrichtung mit den Merkmalen V-V5, da über jeder Schmelze ein Dampfraum (V1) vorliegt und die anzuwendenden Verfahrensbedingungen bei der Vorrichtung eine Zu- und Abfuhr der Reagenzien sowie eine Beständigkeit der Vorrichtung gegen erhöhte Temperaturen und Drücke verlangen.

Der in Druckschrift (1) beispielhaft angeführte Reaktor erschließt sich dem Fachmann als eine üblicherweise angewandte Reaktionsapparatur für Gas-Flüssig-Reaktionen, wie sie beispielsweise als Blasensäule mit niedrigem Gas-FlüssigkeitsVerhältnis zum Einsatz kommt. Bei dieser Form der Kontaktierung wird das gasförmige Medium durch die Flüssigkeit in fein dispergierter Form nach oben in einen Dampfraum geleitet.

Soweit in der Patentanmeldung die Bereitstellung einer ausreichenden Verweilzeit zur Durchführung der chemischen Vorgänge unter kommerziell realisierbaren Bedingungen geltend gemacht wird, kennt der Fachmann die Verweilzeit als zu beachtenden Parameter bei derartigen Umsetzungen, allerdings weiß er auch um die entscheidende Bedeutung der Phasengrenzfläche gas/flüssig. Je besser die Durchmischung der beiden Phasen erfolgt, umso leichter findet die gewünschte Reaktion statt und umso kürzer kann die Verweilzeit sein. Ein insoweit regelmäßig großtechnisch zum Einsatz kommender und sich damit als Alternative aufdrängender Gas-Flüssig-Reaktor, wie die sich aus (1) erschließende Blasensäule, ist der Strahlwäscher (vgl. (4): S. 384-385, Beispiel), bei dem als Alternative ein hohes Gas-Flüssigkeits-Verhältnis zur Anwendung kommt. Wie in Abb. 30 der (4) gezeigt, wird das flüssige Medium durch Düsen in die zu reinigende Gasphase fein verteilt versprüht. Damit ergeben sich die Merkmale V5.1-V5.3.1 beim Ausprobieren dieser Alternative von selbst. Denn der Einsatz einer Schmelze als Flüssigkeit verlangt ein dahingehendes Aufheizen des Polymers, dass es sich in der Düse nicht verfestigt und auch im Sumpfbereich flüssig bleibt (vgl. (4) S. 384 re. Sp. Pkt. 2: „Es ist daher zweckmäßig, die Flüssigphase im Kreis zu führen“).

Die Umrüstung einer als geläufige Alternative bekannten Fest-Flüssig-Reaktionsapparatur auf ein bekanntes Verfahren erfordert kein erfinderisches Zutun. Im Übrigen ist der gesamten Anmeldung nicht zu entnehmen, ob die beanspruchte Vorrichtung gegenüber der in Druckschrift (1) beschriebenen Vorrichtung besondere Vorteile aufweist. Denn sie schweigt dazu, ob der in (1) beschriebene Reaktor keine geeignete Verweilzeit bereitzustellen vermag.

Die Anmelderin macht geltend, die erfindungsgemäße Lösung basiere auf der Beobachtung der Erfinder, dass sowohl durch das Verdüsen als auch durch die Bereitstellung eines Druckreaktors eine Beschleunigung oder zumindest eine einfachere Verfahrensführung der maßgeblichen Reaktion möglich sei, weil durch das Verdüsen eine besonders große Oberfläche bereitgestellt werden könne und durch den Überdruck ebenfalls eine Beeinflussung der Reaktionsgeschwindigkeit erfolge.

Diesen Ausführungen ist zu folgen. Sie ändern aber nichts daran, dass Druckschrift (1) bereits eine Reaktion unter Druck und damit einen Druckreaktor lehrt, und dass großen Kontaktflächen, wie ausgeführt und wie bekannt, entscheidende Bedeutung bei Gas-Flüssig-Reaktionen zukommt.

Damit beruht der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

7. Auch die Ausgestaltungen nach den Hilfsanträgen vermögen keine Patentfähigkeit zu begründen.

7a. Nach Hilfsantrag 1 kommt zum Hauptantrag hinzu, dass der Einlass für das Polyolefin eine Vielzahl von über das Reaktionsvolumen verteilten und in den Dampfraum ausmündenden Düsen aufweist, oder alternativ Mittel vorgesehen sind, mit denen die halogenhaltigen Stoffe in den Dampfraum als Gase, Aerosole, Dämpfe, Feinpartikel oder in zerstäubter Form oder als Mischung aus den vorgenannten Formen einbringbar sind. Hilfsantrag 2 führt beide Alternativen durch die Konjunktion „und“ zusammen.

Beide Ausgestaltungen finden sich in Abb. 30 der (4) beschrieben, wonach die Abluft über ein Rohr als Gas in den Dampfraum geführt wird, und die Flüssigkeit über zwei und damit über mehrere Düsen.

Somit wirken auch diese Ausgestaltungen nicht patentbegründend.

7b. Hilfsantrag 3 spiegelt die Vorrichtungsmerkmale nach Hilfsantrag 1 als Verfahrensmerkmale wider und fügt hinzu, dass „das Polyolefin und die halogenhaltigen Stoffe miteinander zur Reaktion gebracht werden und in den Dampfraum so eingebracht werden, dass die halogenhaltigen Stoffe im Dampfraum vollständig in mit dem Polyolefin kontaktierter molekular durchmischter Form vorliegen“. Diese Beschreibung des Reaktionsverlaufs ist nichts anders als die Verwirklichung einer Gas-Flüssig-Reaktion nach Hauptantrag, die aus den oben genannten Gründen auch bei einem Wechsel der Anspruchskategorie zu keiner erfinderischen Tätigkeit führt.

8. Mit den nicht gewährbaren Patentansprüchen 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 fallen aufgrund der Antragsbindung auch die jeweiligen Unteransprüche (vgl. BGH, GRUR 1983, 171 – Schneidhaspel), so dass auf sie nicht gesondert eingegangen werden muss (BGH v. 27. Juni 2007, X ZB 6/05 – Informationsübermittlungsverfahren; BGH GRUR 11, 1997, 120 – Elektrisches Speicherheizgerät). Im Übrigen hat auch die Anmelderin keinen die erfinderische Tätigkeit begründenden Gehalt dieser Unteransprüche geltend gemacht.

Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten – vorbehaltlich des Vorliegens der weiteren Rechtsmittelvoraussetzungen, insbesondere einer Beschwer – das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses schriftlich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen.

Maksymiw Schell Wismeth Freudenreich prö

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