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V ZB 174/14

BUNDESGERICHTSHOF V ZB 174/14 BESCHLUSS vom 14. Januar 2016 in der Abschiebungshaftsache ECLI:DE:BGH:2016:140116BVZB174.14.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Januar 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch und die Richter Dr. Czub, Dr. Kazele und Dr. Göbel beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 15. August 2014 aufgehoben, soweit der Feststellungsantrag des Betroffenen zurückgewiesen worden ist. Im Übrigen wird festgestellt, dass die Beschlüsse des Amtsgerichts Bonn vom 1. August 2014 und der vorstehend genannte Beschluss des Landgerichts Bonn den Betroffenen in seinen Rechten verletzt haben.

Gerichtskosten werden in allen Instanzen nicht erhoben. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen in allen Instanzen werden der Stadt Bonn auferlegt.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.

Gründe:

I.

Der Betroffene, ein georgischer Staatsangehöriger, war 2006 in das Bundesgebiet eingereist und nach Ablehnung seines Asylantrags und Androhung der Abschiebung im September 2007 untergetaucht. Er wurde am

21. Mai 2014 von der Polizei spätabends bei einem versuchten Einbruchdiebstahl festgenommen.

Die beteilige Behörde stellte am folgenden Tag bei dem Amtsgericht den Antrag, gegen den Betroffenen Haft zur Sicherung seiner Abschiebung anzuordnen und erließ gegen ihn eine Abschiebungsandrohung. Die Staatsanwaltschaft erklärte ihr Einverständnis mit der Abschiebung. Das Amtsgericht ordnete nach Anhörung des Betroffenen mit Beschluss vom 22. Mai 2014 Abschiebungshaft bis längstens zum 21. August 2014 an. Der Betroffene, der zunächst in der Justizvollzugsanstalt Büren untergebracht worden war, wurde Ende Juli 2014 mit allen anderen Abschiebehäftlingen in dieser Justizvollzugsanstalt für den weiteren Vollzug der Sicherungshaft in die Abschiebehafteinrichtung Berlin-Köpenick verlegt. Eine für den 29. Juli 2014 vorgesehene Abschiebung des Betroffenen vom Flughafen Frankfurt/Main nach Tiflis wurde auf den 5. August 2014 verschoben. Die Abschiebung an diesem Tag scheiterte an einer durch einen Verkehrsunfall bedingten Vollsperrung der Autobahn, was ein rechtzeitiges Eintreffen am Flughafen verhinderte. Der nachfolgende Abschiebungsversuch am 12. August 2014 endete damit, dass der Betroffene sich mithilfe einiger auf ihn wartenden Komplizen bei einem Halt des Transportfahrzeugs auf einem Rastplatz gewaltsam aus dem polizeilichen Gewahrsam befreite. Der Betroffene ist seitdem flüchtig.

Zuvor hatte der Betroffene Beschwerde gegen die Haftanordnung eingelegt und am 31. Juli 2014 die Aufhebung der Abschiebungshaft beantragt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 1. August 2014 zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluss vom 15. August 2014 zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, mit der er beantragt, die Verletzung in seinen Rechten durch die vorgenannten Beschlüsse festzustellen.

II.

1. a) Die Rechtsbeschwerde ist nach § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 FamFG mit dem Antrag statthaft, entsprechend § 62 Abs. 1 FamFG die Rechtsverletzung des Betroffenen durch die Zurückweisung seines Antrags auf Haftaufhebung nach § 426 Abs. 2 Satz 1 FamFG festzustellen (Senat, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - V ZB 302/10, juris Rn. 12; Beschluss vom 7. Oktober 2013 - V ZB 24/13, juris Rn. 6).

aa) Die Rechtsverletzung des Betroffenen durch die Zurückweisung eines Antrags auf Haftaufhebung kann allerdings - auch wenn die Haft nicht hätte angeordnet werden dürfen - grundsätzlich erst ab dem Eingang des Antrags bei dem Amtsgericht festgestellt werden (Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2013 - V ZB 24/13, juris Rn. 6). So wird es von der Rechtsbeschwerde auch beantragt.

bb) Das Feststellungsinteresse entfällt nicht deswegen, weil der Betroffene sich mithilfe seiner Komplizen gewaltsam aus der Haft befreit hat. Dass die richterliche Feststellung der Rechtsverletzung des Betroffenen auch nach der Erledigung der Hauptsache, die hier jedenfalls mit dem Ablauf der angeordneten Haftdauer eingetreten ist, zu dessen Rehabilitierung geboten ist, mag angesichts der hier vorliegenden Umstände zweifelhaft sein. Die Feststellung der Rechtsverletzung dürfte nicht geeignet sein, einer Beeinträchtigung des Ansehens des Betroffenen in der Öffentlichkeit durch die Haftanordnung entgegenzuwirken (zu diesem Aspekt: BVerfGE 104, 220, 235). Das ändert aber nichts daran, dass eine unrechtmäßige Inhaftierung einen schwerwiegenden Grundrechtseingriff darstellt und deshalb ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen an der richterlichen Feststellung der Rechtswidrigkeit der Haft anzuerkennen ist, das weder von dem konkreten Ablauf des Verfahrens noch von dem Zeitpunkt der Erledigung der Maßnahme abhängt (Senat, Beschluss vom

14. Oktober 2010 - V ZB 78/10, FGPrax 2011, 39 Rn. 12; Beschluss vom 11. Oktober 2012 - V ZB 328/11, FGPrax 2013, 39 Rn. 5 st. Rspr.).

b) Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen nach § 71 FamFG zulässig.

2. Das Rechtsmittel ist mit dem Feststellungsantrag begründet.

Die Zurückweisung eines Antrags auf Haftaufhebung verletzt den Betroffenen u.a. dann in seinen Rechten, wenn die Haft schon nicht hätte angeordnet werden dürfen, weil es an einem zulässigen, den Begründungsanforderungen des § 417 Abs. 2 FamFG entsprechenden Haftantrag fehlte (Senat, Beschluss vom 15. Dezember 2011 - V ZB 302/10, juris Rn. 14). So verhält es sich hier.

a) In dem Haftantrag der beteiligten Behörde wird allerdings unter Darstellung der einzelnen Schritte erläutert, dass die zur Abschiebung des Betroffenen nach Georgien notwendige Passersatzausstellung - mit oder ohne Identitätsnachweis - innerhalb von zwei Monaten erfolgen werde und daher dessen Abschiebung innerhalb der beantragten Haftdauer von drei Monaten möglich sei. Damit ist jedoch nur die Zulässigkeit der beantragten Sicherungshaft nach § 62 Abs. 3 Satz 4 AufenthG aF (jetzt Satz 3) dargelegt worden; diese darf nicht angeordnet werden, wenn feststeht, dass aus Gründen, die der Ausländer nicht zu vertreten hat, die Abschiebung nicht innerhalb der nächsten drei Monate nicht durchgeführt werden kann.

b) Es fehlt jedoch eine Begründung dafür, weshalb eine Haft von drei Monaten erforderlich erschien und ein Haft von kürzerer Dauer nicht ausreichte. Eine solche Erläuterung ist unverzichtbarer Bestandteil eines zulässigen Haftantrags, weil die Abschiebungshaft nach § 62 Abs. 1 Satz 2 AufenthG auf die kürzest mögliche Dauer zu beschränken ist und die Frist von drei Monaten vorbehaltlich des § 62 Abs. 4 AufenthG die obere Grenze der möglichen Haft und nicht deren Normaldauer bestimmt (vgl. Senat, Beschluss vom 10. Mai 2012 - V ZB 246/11, juris Rn. 10).

Dieser Mangel des Haftantrags ist weder durch ergänzende Ausführungen der Behörde (vgl. Senat, Beschluss vom 15. September 2011 - V ZB 136/11, FGPrax 2011, 318 Rn. 8; Beschluss vom 17. Oktober 2013 - V ZB 172/12, InfAuslR 2014, 52 Rn. 10) noch durch richterliche Feststellungen in den angegriffenen Beschlüssen (Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13, InfAuslR 2014, 384 Rn. 23) behoben worden. Die gegen den Betroffenen angeordnete Haft beruht daher auf einer Verletzung einer Verfahrensgarantie, deren Beachtung von Art. 104 Abs. 1 GG gefordert ist (vgl. Senat, Beschluss vom 16. Juli 2014 - V ZB 80/13, aaO Rn. 16), weshalb die Zurückweisung des Haftaufhebungsantrags sich als eine Verletzung der Rechte des Betroffenen darstellt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 2, § 430 FamFG, Art. 5 EMRK analog. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 36 Abs. 3 GNotKG.

Stresemann Schmidt-Räntsch Czub Kazele Göbel Vorinstanzen: AG Bonn, Entscheidung vom 01.08.2014 - 50 XIV 4861 B LG Bonn, Entscheidung vom 15.08.2014 - 4 T 257/14 -

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1 104 GG
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