Paragraphen in 9 W (pat) 31/10
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
3 | 79 | PatG |
1 | 22 | PatG |
Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 22 | PatG |
3 | 79 | PatG |
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 31/10 Verkündet am 24. Februar 2016
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2005 031 958 …
BPatG 154 05.11
…
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber, sowie der Richter Paetzold, Dipl.-lng. Sandkämper und Dr.-Ing. Baumgart beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Die Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach Prüfung des von der M… AG erhobenen Einspruchs das am 8. Juli 2005 angemeldete und am 11. Oktober 2007 veröffentliche Patent mit der Bezeichnung
"Druckmaschine für Zeitungs- und Tabloid- bzw. Telefonbuchproduktion" durch Beschluss vom 8. Oktober 2008 aufrechterhalten. Die Patentabteilung hat die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des seinerzeit in der erteilten Fassung verteidigten Patentanspruchs 1 ursprünglich offenbart sei, neu sei gegenüber dem Stand der Technik und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe; zudem liege kein Offenbarungsmangel vor.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Sie vertritt die Auffassung, mit den geltenden Patentansprüchen ginge der Gegenstand des Patents über den Inhalt der Anmeldung hinaus. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 sei im Übrigen auch nicht patentfähig.
Die Einsprechende und Beschwerdeführerin stellte den Antrag,
den Beschluss der Patentabteilung 27 des DPMA vom 8. Oktober 2008 aufzuheben und das Patent zu widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellte den Antrag,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zum Stand der Technik sind von der Einsprechenden die folgenden Druckschriften in das Verfahren eingeführt worden:
D2: DE 198 03 809 A1 D3: DE 202 21 095 U1 D4: DE 10 2004 002 984 A1 D5: EP 0 557 774 A1 D6: EP 1 145 850 A1 D7: Wolfgang Walenski: Der Rollenoffsetdruck, Fachschriften-Verlag, 1995, S. 91, Faltblatt 1/3-3/3, 98, 101, 186, 190, 192, 194, 196, 333-334 D8: Projektzeichnungen und Bilder zu UNIMAN 4/2 S, 9 Blatt.
In der Anhörung vor dem Deutschen Patent- und Markenamt wurden noch folgende Dokumente eingereicht:
D9: DE 10 2006 038 638 A1 (nachveröffentlicht) D10: Duden: Das Bedeutungswörterbuch, 3. Auflage, Dudenverlag, zum Stichwort
"eigen" im Patentanspruch 4 (ohne Veröffentlichungsdatum).
Im Prüfungsverfahren waren über die von der Einsprechenden genannten Dokumente hinaus noch folgende Druckschriften in Betracht gezogen worden:
D11: DE 10 2004 041 666 A1 D12: DE 10 2004 033 923 A1 D13: DE 101 31 976 A1 D14: DE 100 52 015 A1 D15: DE 43 44 362 A1 D16: DE 42 04 254 A1.
Die Beschwerdeführerin/Einsprechende stützt ihre Argumentation in der Beschwerde noch auf die D17: Alexander Braun: Atlas des Zeitungs- und Illustrationsdruckes, Polygraph Verlag, 1960, S. 13-19 und S. 119-199, D18: Wolfgang Walenski: Der Rollenoffsetdruck, Fachschriften-Verlag, 1995, S. 82-83 D19: Helmut Teschner: Offsetdrucktechnik, 10. Auflage, Fachschriften-Verlag, 1997, S. 10/27, 10/80-10/81 und die D20: Helmut Kipphan: Handbuch der Printmedien, Springer-Verlag, 2000, S. 294-295, 301-302, 362.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin verweist ergänzend zu dem Vorbringen der Beschwerdeführerin noch auf D18.1: Wolfgang Walenski: Der Rollenoffsetdruck, Fachschriften-Verlag, 1995, S. 80-83 D19.1: Helmut Teschner: Offsetdrucktechnik, 10. Auflage, Fachschriften-Verlag, 1997, S. 10/25-10/27 und D20.1: Helmut Kipphan: Handbuch der Printmedien, Springer-Verlag, 2000, S. 360-362.
In der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2016 überreichte die Beschwerdeführerin noch die D21: DE 101 63 209 A1.
Mit der Ladung vom 14. Oktober 2015 an die Beteiligten hat der Senat mitgeteilt, er erwäge eine Zurückverweisung der Sache nach § 79 Abs. 3 S. 2 PatG, weil der Beschluss der Patentabteilung an einem wesentlichen Mangel leide. Der Beschluss sei am Ende der Anhörung am 8. Oktober 2008 verkündet worden. Die Beschlussbegründung mit Datum vom 28. Juni 2010 sei offensichtlich aber erst am 30. Juni 2010 an die Beteiligten versandt worden (vgl. Bl. 168 und 169 der Amtsakte). Damit seien seit Verkündung des Beschlusses bis zum Geschäftsstelleneingang mehr als 20 Monate vergangen. Hingegen habe die höchstrichterliche Rechtsprechung wiederholt (u. a. BGH GRUR 2006, 2001) entschieden, dass eine Begründung spätestens fünf Monate nach Verkündung eines Beschlusses fertiggestellt und an die Geschäftsstelle übergeben sein müsse. Dieser Mangel führe aber nicht zwingend zur Zurückverweisung. Denn nach § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG stehe dem Patentgericht insoweit ein Ermessen zu. Bei Ausübung dieses Ermessens seien Instanzenverlust, Entscheidungsreife, Verfahrensverzögerung und ausreichende Prüfungsmöglichkeit des Patentstreitfalls zu berücksichtigen.
Vor einer möglichen Zurückverweisung wurde den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2015 beantragt, das Verfahren vor dem Senat fortzuführen. Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, sie wünsche die Fortführung des Verfahrens vor dem Senat.
Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:
Druckmaschine mit mehreren Drucktürmen (T) mit jeweils mehreren Druckwerken zum Bedrucken von Bahnen sowie mindestens einer Falztrichteranordnung (F1; F2; F3) zum Längsfalzen von Bahnen, dadurch gekennzeichnet, - dass die Falztrichteranordnung (F1; F2; F3) in Maschinenlängsrichtung (M) betrachtet hintereinander zwei Trichteraufbauten (Fx-A und Fx-B) aufweist - dass zumindest ein Teil der Druckwerke mit einem Formzylinder ausgebildet ist, welcher - einen über die gesamte nutzbare Ballenlänge reichenden Kanal zur Aufnahme von Druckformenden aufweist, - und wahlweise in einer ersten Betriebsweise in axialer Richtung mit vier jeweils eine stehende Druckseite im Broadsheetformat tragenden Druckformen oder in einer zweiten Betriebsweise mit einer einzigen, sechs liegende Druckseiten im Tabloidformat tragenden, oder zwei vollumfänglichen, jeweils drei Tabloidseiten nebeneinander tragenden Druckformen bestückbar ist, - und dass ein erster der beiden Trichteraufbauten (Fx-A) nebeneinander drei erste Falztrichter (A', B' und C') mit je einer Breite, die kleiner als die Hälfte einer maximalen Bahnbreite ist, aufweist, und der zweite Trichteraufbau (Fx-B) mindestens eine Trichterebene mit zwei nebeneinander angeordneten zweiten Trichtern (A, B bzw. C, D) mit je einer Breite aufweist, welche jeweils im Wesentlichen einer Hälfte einer maximalen Bahnbreite entspricht.
Zum Wortlaut der geltenden Unteransprüche 2 bis 6 und weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1. Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.
2. Von einer Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt, dessen Beschluss an einem wesentlichen Mangel leidet, hat der Senat abgesehen. Eine Zurückverweisung steht nach § 79 Abs. 3 PatG im Ermessen des Gerichts. Das Gericht kann, muss aber nicht zurückverweisen. Bei der Ermessensentscheidung sind Instanzverlust, Verfahrensverzögerung und ausreichende Prüfung in der Sache gegeneinander abzuwägen. Bei Entscheidungsreife kommt eine Zurückverweisung nicht in Betracht. Da die Beteiligten übereinstimmend beantragt haben, das Verfahren vor dem Senat fortzuführen, erscheint es auch geboten, dem Interesse der Beteiligten an einer alsbaldigen Erledigung des Beschwerdeverfahrens nachzukommen.
3. Einsprechende war ursprünglich die M… AG in A…. Nach Namensänderung in m… AG und Insolvenz der m… AG hat der Insolvenzverwalter die Beteiligtenstellung an die m… GmbH abgegeben.
Damit ist auf Seiten der Einsprechenden in zulässiger Weise eine Änderung der Beteiligtenstellung eingetreten, was in der mündlichen Verhandlung auch ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen worden ist.
Die Patentinhaberin hat im Laufe des Beschwerdeverfahrens ihren Namen von „K… Aktiengesellschaft“ in „K… AG“ geändert.
4. Wie im angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts zutreffend festgestellt wurde, ist der Einspruch zulässig.
5. Als Durchschnittsfachmann sieht der Senat einen Maschinenbauingenieur mit mehrjähriger Berufserfahrung im Anlagenbau an, der mit der Planung und Projektierung von Druckmaschinen insbesondere für den Zeitungsdruck betraut ist.
6. Zulässigkeit der Änderungen des Streitpatents (§ 21 (1) Nr. 4 und § 22 PatG)
Die Merkmale der Verfahren gemäß den erteilten Patentansprüchen sind sämtlich offenbart. Sie ergeben sich ohne weiteres aus den ursprünglichen Unterlagen.
Der erteilte Patentanspruch 1 geht im Wesentlichen zurück auf die ursprünglichen Ansprüche 1 bis 4 i. V. m. Seite 1, viertletzter Abs. (Abs. [0006] der A1-Schrift) und Seite 5, Abs. 1 (Abs. [0025] der A1-Schrift). Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung nur noch geltend gemacht, im ursprünglichen Anspruch 3 sei offenbart, dass ein Formzylinder des Druckwerks in einer zweiten Betriebsweise mit einer einzigen Druckform in Längsrichtung bestückt sei. Die Streichung der Längsrichtung führe zu einer unzulässigen Erweiterung. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Schon durch die Angabe, dass der Formzylinder einen über die gesamte nutzbare Ballenlänge reichenden Kanal zur Aufnahme von Druckformenden aufweist, ist festgelegt, dass auch in der zweiten Betriebsweise der Formzylinder mit der Druckform in Längsrichtung bestückt ist, der Offenbarung Abs. [0023] in der den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglichen Fassung wiedergebenden DE 10 2005 031 958 A1 folgend.
Der auf den Patentanspruch 1 rückbezogene Unteranspruch 2 geht auf den ursprünglichen Anspruch 5 zurück, die Unteransprüche 3 bis 6 folgen unmittelbar aus der ursprünglichen Beschreibungsseite 3 (Abs. [0019] und [0020] der A1-Schrift).
7. Patentfähigkeit der streitpatentgemäßen Vorrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 1 (§ 21 (1) Nr. 1 PatG)
Zur Erleichterung von Bezugnahmen ist Patentanspruch 1 nachstehend in Form einer Merkmalsgliederung wiedergegeben:
1. Druckmaschine mit mehreren Drucktürmen (T) 1.1. mit jeweils mehreren Druckwerken zum Bedrucken von Bahnen, 1.2. sowie mindestens einer Falztrichteranordnung (F1; F2; F3) zum Längsfalzen von Bahnen,
1.3. wobei die Falztrichteranordnung (F1; F2; F3) in Maschinenlängsrichtung (M) betrachtet hintereinander zwei Trichteraufbauten (Fx-A und Fx-B) aufweist,
1.4. wobei zumindest ein Teil der Druckwerke mit einem Formzylinder ausgebildet ist, welcher 1.4.1. einen über die gesamte nutzbare Ballenlänge reichenden Kanal zur Aufnahme von Druckformenden aufweist, 1.4.2. und wahlweise bestückbar ist 1.4.2.1. in einer ersten Betriebsweise in axialer Richtung mit vier jeweils eine stehende Druckseite im Broadsheetformat tragenden Druckformen 1.4.2.2. in einer zweiten Betriebsweise mit einer einzigen, sechs liegende Druckseiten im Tabloidformat tragenden, oder zwei vollumfänglichen, jeweils drei Tabloidseiten nebeneinander tragenden Druckformen
1.5. und wobei ein erster der beiden Trichteraufbauten (Fx-A) nebeneinander drei erste Falztrichter (A’, B’ und C’) aufweist 1.5.1. mit je einer Breite, die kleiner als die Hälfte einer maximalen Bahnbreite ist
1.6. und der zweite Trichteraufbau (Fx-B) mindestens eine Trichterebene mit zwei nebeneinander angeordneten zweiten Trichtern (A, B bzw. C, D) aufweist, 1.6.1. wobei die Breite jeweils im Wesentlichen einer Hälfte einer maximalen Bahnbreite entspricht.
Das Patent betrifft eine Druckmaschine mit mehreren Drucktürmen (T) (Merkmal 1) und ihrerseits mit jeweils mehreren Druckwerken zum Bedrucken von Bahnen (Merkmal 1.1). Ein Druckturm ist ausreichend, da lediglich mindestens eine Falztrichteranordnung gefordert ist (Merkmal 1.2). Zumindest ein Teil der Druckwerke ist mit einem Formzylinder ausgebildet (Merkmal 1.4), welcher einen über die gesamte nutzbare Ballenlänge reichenden Kanal zur Aufnahme von Druckformenden aufweist (Merkmal 1.4.1). Der Formzylinder (dessen Kanal) ist wahlweise bestückbar (Merkmal 1.4.2) in einer ersten Betriebsweise in axialer Richtung mit vier jeweils eine stehende Druckseite im Broadsheetformat tragenden Druckformen (Merkmal 1.4.2.1) und in einer zweiten Betriebsweise mit einer einzigen, sechs liegende Druckseiten im Tabloidformat tragenden, oder zwei vollumfänglichen, jeweils drei Tabloidseiten nebeneinander tragenden Druckformen (Merkmal 1.4.2.2). Der abgerollte Formzylinder mit unterschiedliche Druckseitenformate aufweisenden Druckformen ist in den Fig. 4a) und b) dargestellt.
In einer Druckmaschine ist daher derselbe Formzylinder wahlweise mit verschiedenen, unterschiedliche Druckseitenformate aufweisenden Druckformen zu bestücken, entsprechend der ersten Betriebsweise mit vier Druckformen oder der zweiten Betriebsweise mit einer oder zwei Druckformen.
Die Druckmaschine ist mit mindestens einer Falztrichteranordnung (F1; F2; F3) zum Längsfalzen von Bahnen versehen (Merkmal 1.2), die in Maschinenlängsrichtung (M) betrachtet hintereinander zwei Trichteraufbauten (Fx-A und Fx-B) aufweist (Merkmal 1.3). Der erste der beiden Trichteraufbauten (Fx-A) weist nebeneinander drei erste Falztrichter (A’, B’ und C’) auf (Merkmal 1.5), mit je einer Breite, die kleiner als die Hälfte einer maximalen Bahnbreite ist (Merkmal 1.5.1) und der zweite Trichteraufbau (Fx-B) weist mindestens eine Trichterebene mit zwei nebeneinander angeordneten zweiten Trichtern (A, B bzw. C, D) auf (Merkmal 1.6), wobei die Breite jeweils im Wesentlichen einer Hälfte einer maximalen Bahnbreite entspricht (Merkmal 1.6.1). Es sind somit zwei hinsichtlich der Anzahl und der Breite der Falztrichter unterschiedliche Trichteraufbauten hintereinander vorgesehen.
a) Zur gewerblichen Anwendbarkeit und Neuheit Die streitpatentgemäße Vorrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist offensichtlich gewerblich anwendbar.
Sie ist auch neu, denn im Stand der Technik ist keine derartige Vorrichtung mit sämtlichen Merkmalen nachgewiesen. Insbesondere zeigt keine der Druckschriften eine Falztrichteranordnung mit zwei hintereinander angeordneten Trichteraufbauten, umfassend drei erste und zwei zweite Trichter (Merkmal 1.3 i. V. m. den Merkmalen 1.5 und 1.6).
b) Zur erfinderischen Tätigkeit Die Vorrichtung nach dem erteilten Patentanspruch 1 ist durch den Stand der Technik auch nicht nahegelegt, denn der zu berücksichtigende Stand der Technik vermittelt dem Durchschnittsfachmann keine Anregung, eine Vorrichtung mit den im erteilten Patentanspruch 1 des angegriffenen Patents enthaltenen Merkmalen auszubilden.
Die D2 betrifft eine doppeltbreite Zeitungsdruckmaschine mit vier nebeneinander am Formzylinder angeordneten Druckformen und einem Trichteraufbau mit Doppeltrichter. Die D2 schlägt einen Formzylinder vor, der mit einem Übertragungszylinder zusammen wirkt, dessen Durchmesser ein ganzzahliges Vielfaches des Formzylinders beträgt, vgl. Spalte 1, Zeilen 26 bis 30. Um mit relativ geringem technischen Aufwand die rationelle Herstellung vielgestaltiger Produkte zu ermöglichen, ist der Formzylinder (1; 2) in Umfangsrichtung mit einer und in Längsrichtung mit mindestens vier stehenden Druckseiten im Broadsheetformat bestückbar. Wahlweise ist dieser Formzylinder (1; 2) auch mit liegenden Druckseiten im Tabloidformat bzw. stehenden oder liegenden Druckseiten im Buchformat mittels in Umfangsrichtung des Formzylinders (1; 2) jeweils einer und dessen Längsrichtung mindestens einer auf diesem anordbaren flexiblen Druckplatte (12.1 bis 12.4) bestückbar, vgl. Zusammenfassung. Für die dem Druckvorgang nachfolgende Herstellung von ein- und zweilagigen Produkten sind zwei Falztrichter 128, 134 vorgesehen, vgl. Fig. 11 bis 28 und zugehörige Beschreibung. Der D2 fehlt es zumindest an zwei benachbarten Trichteraufbauten (Merkmal 1.3), die entsprechend den Merkmalen 1.5 und 1.6 unterschiedlich ausgebildet sind, und an der für doppeltbreite Zeitungsmaschinen im betrachteten Stand der Technik nicht nachgewiesenen Bestückbarkeit des Formzylinders mit lediglich einer oder zwei Druckformen anstelle von vieren.
Die D21 betrifft eine Vorrichtung zur Herstellung von Falzprodukten. Sie weist einen Falzaufbau mit einer Trichtergruppe von mindestens drei in einer Richtung quer zu einer Laufrichtung der Bahn horizontal zueinander versetzt angeordneten Trichtern mit jeweils mindestens einer Breite von zwei aufrechten Zeitungsseiten oder vier liegenden Druckseiten im Tabloidformat auf. In horizontaler Richtung betrachtet, überschneiden sich diese in ihrer vertikalen Ausdehnung zumindest teilweise, wobei mindestens einer der außen liegenden Trichter der Trichtergruppe jedoch in vertikaler Richtung um eine Höhe versetzt zu einem innen liegenden Trichter angeordnet ist, vgl. Zusammenfassung. Diese Ausbildung gibt keine Hinweise oder Anregungen zu einer Falztrichteranordnung im Sinne des angegriffenen Patents.
Die D3 und D4 betreffen dreifachbreite Zeitungsdruckmaschinen mit sechs einseitenbreiten Druckformen und drei Falztrichtern nebeneinander. Für den Fall, dass die Druckmaschine doppelbreit (vier Seiten breit) ausgebildet ist, können zwei Trichter nebeneinander angeordnet sein (Absatz 117 der D3). Dies sind jedoch zwei unterschiedliche Ausführungsformen einer Druckmaschine, jedoch keine „Mischung“. Auch der D3 bzw. D4 fehlt es schon an dem zweiten, vom ersten Trichteraufbau unterschiedlichen Trichteraufbau (Merkmale 1.3 i. V. m. 1.5 und 1.6).
Die D5 zeigt und beschreibt lediglich einen Trichteraufbau mit zwei Trichtern nebeneinander und einem darüber angeordneten dritten Trichter, während die D6 lediglich einen Trichteraufbau mit zwei schmaleren und einem breiteren Trichter in einer Maschinenebene offenbart. Beide Druckschriften geben damit ebenfalls keine Hinweise oder Anregungen zu einer Falztrichteranordnung im Sinne des angegriffenen Patents.
Die Vorrichtung gemäß erteiltem Patentanspruch 1 ergibt sich auch nicht in Verbindung mit dem allgemeinen oder speziellen Fachwissen. Die Beschwerdeführerin hat hierzu in ihrer Begründung auf die D17 bis 20 abgestellt, die ihrer Auffassung nach das Fachwissen des hier zuständigen Fachmanns wiedergeben. In den genannten Fachbüchern sind unterschiedliche Druckmaschinenausbildungen und Falzapparate, teilweise für den Zeitungsdruck, beschrieben und dargestellt.
Die Übertragung der dort gelehrten Einzelmaßnahmen auf jenen patentgemäßen Anwendungsfall erfordert eine Abstraktion der Lehre des Fachwissens, die die unterschiedliche Anordnung von Druckformen auf einem Formzylinder und die nachfolgende Anordnung und Ausbildung der Falztrichteranordnung betrachtet, die zu berücksichtigen sind, wenn eine größere Variabilität einer Druckmaschine ermöglicht werden soll. Eine solche Abstraktion bildet die gedankliche Grundlage der Übertragung der technischen Lösungsmittel und bedarf wie diese grundsätzlich einer Veranlassung oder eines Anstoßes hierzu in dem mit dem Wissen und Können des Fachmanns verarbeiteten Stand der Technik; andernfalls wird die Anregung unzulässig durch die Logik der fertigen technischen Lehre ersetzt (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2009 – Xa ZR 92/05 – BGHZ 182, 1 = GRUR 2009, 746 – Betrieb einer Sicherheitseinrichtung). Eine solche Anregung ist im Streitfall nicht aufgezeigt und kann auch nicht durch Erwägung der Beschwerdeführerin ersetzt werden, das „Auffinden des durch den Kunden vergebenen Problems der größeren Variabilität einer Druckmaschine“ könne keine erfinderische Tätigkeit begründen. Demgegenüber wirken beim Patent die in der Merkmalsgruppe 1.4 offenbarten Maßnahmen, nämlich der über die gesamte Ballenlänge reichende Kanal des Formzylinders und die wahlweise Bestückung des Formzylinders mit unterschiedlichen Druckformen so zusammen, dass sich an sie die in den Merkmalen 1.3 und 1.5 bzw. 1.6 offenbarte Falztrichteranordnung mit zwei Trichteranordnungen anschließen kann, die schließlich eine größere Variabilität der Druckmaschine ermöglicht. Hinweise oder Anregungen, eine Druckmaschine auf diese Weise auszugestalten, sind den Druckschriften D17 bis D20 nicht zu entnehmen.
Das Naheliegen kann auch nicht damit begründet werden, dass sich die Fachwelt in einer "Einbahnstraßensituation" befunden habe, die keine anderen Möglichkeiten als die des Streitpatents zugelassen habe (vgl. dazu BGH, Urt. v. 8.7.2008 – X ZR 189/03 – GRUR 2008, 885 – Schalungsteil). Eine solche "Einbahnstraßensituation" war hier nämlich nicht gegeben. Dem Fachmann standen auch andere Möglichkeiten zur Verfügung, die möglichen Unzulänglichkeiten, die sich aus der Lösung in der deutschen Offenlegungsschrift D2 ergaben, zu beherrschen. Hierzu ist in erster Linie auf die D5 zu verweisen, die einen Trichteraufbau mit zwei Trichtern nebeneinander und einen dritten Trichter offenbart, der zuschaltbar ist, wenn aus einer Papierbahn anstelle von zwei drei Teilbahnen gefalzt werden sollen. Auch die D6 und die von der Beschwerdeführerin zuletzt genannte D21 offenbaren ähnliche Lösungsmöglichkeiten.
Die übrigen Entgegenhaltungen kommen dem Streitpatent jedenfalls nicht näher; sie haben im Beschwerdeverfahren keine Rolle mehr gespielt. Allen Druckschriften fehlt es zumindest an zwei benachbarten Trichteraufbauten (Merkmal 1.3), die entsprechend den Merkmalen 1.5 und 1.6 ausgebildet sind.
Die Vorrichtung gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 ist daher patentfähig. Mit ihm sind es die Weiterbildungen der Vorrichtung nach den darauf zurückbezogenen Patentansprüchen 2 bis 5.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe gestützt wird, nämlich dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Hilber Paetzold Sandkämper Baumgart Ko
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
3 | 79 | PatG |
1 | 22 | PatG |
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 22 | PatG |
3 | 79 | PatG |
Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.
Öffnen