Paragraphen in 18 W (pat) 11/17
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 11/17 Verkündet am 31. Juli 2019
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BESCHLUSS In der Einspruchsbeschwerdesache betreffend das Patent 102 47 252
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ECLI:DE:BPatG:2019:310719B18Wpat11.17.0 hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 31. Juli 2019 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie die Richter Kruppa, Dipl.-Ing. Altvater und Dr.-Ing. Flaschke beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 10. Oktober 2002 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung 102 47 252.1 ist das Streitpatent mit der Bezeichnung
„Vorrichtung zum Sortieren und/oder Sammeln von Materialien, wie Mehrweg- und/oder Einweggetränkeverpackungen“
erteilt und am 27. Februar 2014 veröffentlicht worden. Auf die dagegen eingelegten Einsprüche (I) vom 4. März 2014 (zurückgenommen am 9. Mai 2014) und (II) vom 23. November 2014 wurde das Patent durch den am 29. November 2016 verkündeten Beschluss der Patentabteilung 53 des Deutschen Patent- und Markenamts widerrufen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 22. Mai 2017 eingegangene Beschwerde der Patentinhaberin.
Die Patentinhaberin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 53 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. November 2016 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten: - Patentansprüche 1 bis 4,
hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1 Patentansprüche 1 bis 4, hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2 Patentansprüche 1 und 2, jeweils eingegangen am 21. Juni 2019, - Beschreibung Seiten 1 bis 7, eingegangen am 21. Juni 2019, - Figuren gemäß Patentschrift.
Der seitens des Senats mit einer Merkmalsgliederung versehene Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
M1 „Vorrichtung zum Sortieren und/oder Sammeln von Mehrwegund/oder Einweggetränkeverpackungen, wie PET/Glasflaschen, Dosen, Trinkbecher,
M2 mit einer Erkennungseinrichtung zum Erkennen eines auf in einen Eingaberaum der Vorrichtung eingebrachtes Material aufgebrachten Sicherheitscodes bestehend aus einer bildartigen Darstellung, die aus zumindest einem Bereich aus Normalfarbe und einem Bereich aus Infrarotfarbe zusammengesetzt ist,
gekennzeichnet durch,
M3 - eine auf Sichtbild- und Infrarotbildbasis arbeitende, zur Erkennungseinrichtung gehörende Kamera (10)
M4 - Beleuchtungsmittel, um den Sicherheitscode (1)
M4.1a zum Einen mit Kunstlicht M4.1b und zum Anderen zusätzlich mit Infrarotlicht zu beleuchten,
M4.2 wobei die Beleuchtungsmittel eine Infrarotlichtquelle (22) aufweisen, die im dem Bereich der Kamera (10) angeordnet ist und M5 - eine elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung (19) M5.1 mit einem Speicher zur Hinterlegung von einem mit der Kamera (10) unter Kunstlicht aufgenommenen ersten Originalbild und von einem mit der Kamera (10) unter Kunstlicht und Infrarotlicht aufgenommenen zweiten Originalbild des Sicherheitscodes (1) als Sollwerte M5.2 und zum Vergleich dieser Sollwerte mit von der Kamera (10) unter Kunstlicht und Infrarotlicht aufgenommenen Bildern (Istwerte) des Sicherheitscodes (1), M5.3 wobei die elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung (19) ausgebildet ist, von dem Sicherheitscode 1 zwei Bilder zu machen, M5.3a nämlich ein erstes Bild unter Kunstlicht zu machen und ein aktuell unter Kunstlicht aufgenommenes Bild mit einem in einem Speicher abgelegten ersten Originalbild zu vergleichen und im Falle der Übereinstimmung ein zweites Bild unter Kunstlicht und Infrarotlicht zu machen und mit einem ebenfalls in dem Speicher abgelegten zweiten Originalbild zu vergleichen, M5.3b und dann, wenn beide aktuell aufgenommen Bilder den jeweiligen Originalbildern entsprechen, ein Signal an eine Zentraleinheit auszugeben, dass es sich nicht um eine Fälschung handelt.“
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 4 nach Hauptantrag wird auf die Akte verwiesen.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hauptantrags in der Ergänzung der Bezugnahme auf für ein menschliches Auge sichtbares Kunstlicht in den Merkmalen M4.1a und M5.3a (Änderungen hervorgehoben):
M1 „Vorrichtung zum Sortieren und/oder Sammeln von Mehrwegund/oder Einweggetränkeverpackungen, wie PET/Glasflaschen, Dosen, Trinkbecher,
M2 mit einer Erkennungseinrichtung zum Erkennen eines auf in einen Eingaberaum der Vorrichtung eingebrachtes Material aufgebrachten Sicherheitscodes bestehend aus einer bildartigen Darstellung, die aus zumindest einem Bereich aus Normalfarbe und einem Bereich aus Infrarotfarbe zusammengesetzt ist,
gekennzeichnet durch,
M3 - eine auf Sichtbild- und Infrarotbildbasis arbeitende, zur Erkennungseinrichtung gehörende Kamera (10)
M4 - Beleuchtungsmittel, um den Sicherheitscode (1)
M4.1a*
zum Einen mit für ein menschliches Auge sichtbarem Kunstlicht M4.1b und zum Anderen zusätzlich mit Infrarotlicht zu beleuchten,
M4.2 wobei die Beleuchtungsmittel eine Infrarotlichtquelle (22) aufweisen, die im dem Bereich der Kamera (10) angeordnet ist und M5 M5.1
- eine elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung (19) mit einem Speicher zur Hinterlegung von einem mit der Kamera (10) unter Kunstlicht aufgenommenen ersten Originalbild und von einem mit der Kamera (10) unter Kunstlicht und Infrarotlicht aufgenommenen zweiten Originalbild des Sicherheitscodes (1) als Sollwerte M5.2 und zum Vergleich dieser Sollwerte mit von der Kamera (10) unter Kunstlicht und Infrarotlicht aufgenommenen Bildern (Istwerte) des Sicherheitscodes (1),
M5.3 wobei die elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung (19) ausgebildet ist, von dem Sicherheitscode 1 zwei Bilder zu machen,
M5.3a* nämlich ein erstes Bild unter für ein menschliches Auge sichtbarem Kunstlicht zu machen und ein aktuell unter Kunstlicht aufgenommenes Bild mit einem in einem Speicher abgelegten ersten Originalbild zu vergleichen und im Falle der Übereinstimmung ein zweites Bild unter Kunstlicht und Infrarotlicht zu machen und mit einem ebenfalls in dem Speicher abgelegten zweiten Originalbild zu vergleichen,
M5.3b und dann, wenn beide aktuell aufgenommen Bilder den jeweiligen Originalbildern entsprechen, ein Signal an eine Zentraleinheit auszugeben, dass es sich nicht um eine Fälschung handelt.“
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 4 nach Hilfsantrag 1 wird auf die Akte verwiesen.
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 durch Anfügen des Merkmals M6 am Ende des Anspruchs:
M6 „sowie dadurch gekennzeichnet, dass der Boden des Eingaberaums (7) von zumindest zwei motorisch angetriebenen Walzen 12, 13) gebildet ist und die Seitenwände (14) des Eingaberaums (7) als Schwenkklappen (15, 16) ausgebildet sind, an deren unteren, längsverlaufenden Enden die Walzen (12, 13) drehbar angeordnet sind.“
Wegen des Wortlauts des Unteranspruchs 2 nach Hilfsantrag 2 wird auf die Akte verwiesen.
Der ordnungsgemäß geladene Einsprechende ist wie mit Schriftsatz vom 22. Juli 2019 angekündigt zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und hat mit diesem Schriftsatz weiter mitgeteilt, dass er alle Einwände gegen alle Anträge der Patentinhaberin aufrecht halte. Der Einsprechende hat mit den Schriftsätzen vom 3. Oktober 2018 und 4. November 2018 beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Patentinhaberin hat keinen Erfolg. Denn der Gegenstand des Patentanspruchs 1 geht in der Fassung des Hauptantrags und der Hilfsanträge 1 und 2 jeweils über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (§ 21 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. § 38 PatG). Die Frage der Patentfähigkeit der Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche kann somit dahinstehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1990 – X ZR 29/89, GRUR 1991, 120, Abschnitt II. 1. – Elastische Bandage).
1. Die Einspruchsbeschwerde wurde rechtzeitig eingelegt und ist auch sonst zulässig. Die Einsprüche I und II waren ausreichend substantiiert und ebenfalls zulässig.
2. Das Patent betrifft eine Vorrichtung zum Sortieren und/oder Sammeln von Materialien wie Mehrweg- und/oder Einweggetränkeverpackungen, wie PET/Glasflaschen, Dosen, Trinkbecher, mit einer Erkennungseinrichtung zum Erkennen eines auf in einen Eingaberaum der Vorrichtung eingebrachten Material aufgedruckten Sicherheitscodes bestehend aus einer bildartigen Darstellung, die aus zumindest einem Bereich aus Normalfarbe und einem Bereich aus Infrarotfarbe zusammengesetzt ist (vgl. Patentschrift, Abs. 0001 sowie Oberbegriff von Anspruch 1).
Gemäß der Beschreibungseinleitung erfolge nach dem Stand der Technik die Erkennung von Verpackungen, die zurückgenommen werden sollen, u. a. mittels eines Barcodes, der auf die Verpackungen aufgebracht sei. Ein herkömmlicher Barcode sei jedoch auf einfache Art und Weise kopierbar oder mittels eines Druckers in einfacher Weise reproduzierbar. Dies habe zur Folge, dass Verpackungen, die einen kopierten oder reproduzierten Barcode besitzen, von den original pfandberechtigten Verpackungen oder Materialien nicht unterschieden werden könnten und folglich von herkömmlichen Rücknahmeautomaten angenommen würden. Dies habe wiederum zur Folge, dass aufgrund dessen erhebliche Verluste durch unberechtigte Pfandauszahlung entstünden (vgl. Patentschrift, Abs. 0002). Die Patentschrift nennt zum Stand der Technik die Druckschriften DE 43 19 555 A1, die DE 100 63 368 A1 und die WO 98/ 02 853 A1, die in den die Absätzen 0003 bis 0005 der Patentschrift gewürdigt werden.
Dem Patent liegt gemäß der Patentschrift die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, die mit noch größerer Sicherheit gewährleistet, dass nur für zurückzunehmendes Material in gerechtfertigter Weise Pfand gezahlt wird, ohne dass eine große Chance für eine Manipulation besteht (vgl. Patentschrift Abs. 0006).
Als Fachmann, der mit der Lösung dieser Aufgabenstellung betraut wird, sieht der Senat einen Diplom-Physiker mit fundiertem Wissen im Bereich der Optik und mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Anwendung von Sicherheitsmerkmalen zur Erhöhung der Fälschungssicherheit an, der bei der Entwicklung und Konstruktion von Vorrichtungen zum Sortieren und/oder Sammeln von Verpackungen im Team mit einem Maschinenbauingenieur zusammenarbeitet.
Die Aufgabe soll durch eine Vorrichtung zum Sortieren und/oder Sammeln von Materialien wie Mehrweg- und/oder Einweggetränkeverpackungen gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag bzw. den Hilfsanträgen 1 und 2 gelöst werden.
3. Die Merkmale des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 bedürfen der Auslegung.
Nach Merkmal M1 dient die beanspruchte Vorrichtung „zum Sortieren und/oder Sammeln von Mehrweg- und/oder Einwegverpackungen“. Sie weist eine Erkennungseinrichtung zum Erkennen eines auf dem Material aufgebrachten Sicherheitscodes auf, wenn das Material in einen Eingaberaum der Vorrichtung eingebracht ist. Der Sicherheitscode besteht dabei aus einer bildartigen Darstellung, für welche in Absatz 0008 der Patentschrift Beispiele genannt sind. Die bildartige Darstellung ist aus zumindest einem Bereich aus Normalfarbe und einem Bereich aus Infrarotfarbe zusammengesetzt (Merkmal M2). Die Art der bildlichen Darstellung des Sicherheitscodes und wie diese auf das Material aufgebracht ist, stellen daher keine Eigenschaften der beanspruchten Vorrichtung bzw. ihrer Erkennungseinrichtung dar. Die Eigenschaften des Sicherheitscodes charakterisieren die Vorrichtung nur insoweit, dass diese Mittel zum Erkennen einer solchen bildartigen Darstellung aufweisen muss (vgl. Merkmal M2). Solche Mittel sind in den Merkmalsgruppen M3, M4 und M5 näher beschrieben.
Die Vorrichtung nach Anspruch 1 ist gekennzeichnet durch eine auf Sichtbild- und Infrarotbildbasis arbeitende, zur Erkennungseinrichtung gehörende Kamera (Merkmal M3). Auf „Sichtbildbasis arbeitend“ ist hierbei im Sinne einer Aufnahme im Bereich der menschlichen Wahrnehmung, also in dem für den Menschen sichtbaren Spektralbereich zu verstehen. Das Merkmal legt nicht fest, ob die Kamera dazu eingerichtet ist, Bilder im gesamten Erkennungsbereich aufzunehmen oder einzelne Bilder jeweils im Infrarot- oder Sichtbereich.
Die Vorrichtung nach Anspruch 1 weist gemäß Merkmal M4 Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des Sicherheitscodes auf. Der Sicherheitscode soll zum einen mit Kunstlicht (Merkmal M4.1a) und zum anderen zusätzlich mit Infrarotlicht (Merkmal M4.1b) beleuchtet werden. Hierbei wird der Begriff „Kunstlicht“ im Streitpatent als eine Form von „Normallicht“ verwendet, das im Streitpatent als „Tages- und/oder Kunstlicht“ gegenüber Infrarotlicht abgegrenzt wird (vgl. Streitpatent, Abs. 0008). Eine nähere Beschreibung der Beleuchtung ist den Absätzen 0008 und 0009 der Patentschrift zu entnehmen. Demnach sind unter Normallicht beide Bereiche aus Normalfarbe und aus Infrarotfarbe sichtbar, während bei Normallicht und zusätzlich Infrarotlicht oder nur bei Infrarotlicht für die Kamers nur noch die Normalfarbe sichtbar ist und die Infrarotfarbe nicht mehr. Nach Merkmal M4.2 ist präzisiert, dass die Beleuchtungsmittel eine Infrarotlichtquelle aufweisen, die im Bereich der Kamera angeordnet ist (vgl. Abs. 0030). Während Merkmal M4 offen lässt, ob sich der Begriff „Beleuchtungsmittel“ auf zwei separate Beleuchtungsmittel (einmal für Infrarotlicht und einmal für Kunstlicht) oder auf ein einziges Beleuchtungsmittel bezieht (das beide Wellen- bzw. Spektralbereiche abdecken kann) ergibt sich aus der Verwendung des Begriffs in Merkmal M4.2 im Plural („die Beleuchtungsmittel“) eine Verwendung von mehr als einem Beleuchtungsmittel, um die Beleuchtungsszenarien nach den Merkmalen M4.1a und M4.1b zu erreichen.
Die Vorrichtung ist weiter durch eine elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung (Merkmal M5) gekennzeichnet, die einen Speicher umfasst, der zur Hinterlegung von zwei Originalbildern des Sicherheitscodes als Sollwerte dient, die unter Kunstlicht bzw. unter Kunst- und Infrarotlicht aufgenommen wurden (Merkmal M5.1). Da ein Speicher nicht durch die inhaltliche Bedeutung der enthaltenen Daten charakterisiert wird, beschreibt dies nur die Eignung des Speichers zum Hinterlegen entsprechender Daten. Die elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung ist außerdem zum Vergleich der hinterlegten Sollwerte mit den von der Kamera gelieferten Bildern (Istwerte) des Sicherheitscodes eingerichtet (Merkmal M5.2).
Die elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung ist nach Merkmal M5.3 dazu ausgebildet, vom Sicherheitscode zwei Bilder (Istwerte) zu machen, was als eine Eignung zum Veranlassen der Aufnahme von zwei Bildern durch die Kamera zu verstehen ist, da die Kamera als Mittel zur Bildaufnahme zwar nach Merkmal M3 Teil der „Erkennungseinrichtung“, aber nicht zwangsläufig Teil der „Auswerteund Steuerungseinrichtung“ nach Merkmal M5 ist. Zuerst wird ein Bild unter Kunstlicht aufgenommen und mit dem im Speicher abgelegten Originalbild verglichen. Bei Übereinstimmung wird ein zweites Bild unter Kunst- und Infrarotlicht aufgenommen und mit dem abgelegten zweiten Originalbild verglichen (Merkmal M5.3a). Die elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung ist außerdem dazu ausgebildet, ein Signal an eine nicht näher beschriebene Zentraleinheit auszugeben. Dieses besagt, dass es sich nicht um eine Fälschung handelt, falls beide aktuell aufgenommen Bilder den jeweiligen Originalbildern, also den hinterlegten Sollwerten entsprechen (Merkmal M5.3b).
In Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 ist der Begriff Kunstlicht dadurch präzisiert, dass es – auch in Abgrenzung zum Infrarotlicht – für ein menschliches Auge sichtbar ist (Merkmale M4.1a* und M5.3a*).
Mit Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 wird Merkmal M6 hinzugefügt, wonach der Boden des Eingaberaums von zumindest zwei motorisch angetriebenen Walzen gebildet ist und die Seitenwände des Eingaberaums als Schwenkklappen ausgebildet sind, an deren unteren, längsverlaufenden Enden die Walzen drehbar angeordnet sind.
4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der mit dem Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 beschränkt verteidigten Fassung geht jeweils über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (§ 21 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. § 38 PatG).
a) Zum Hauptantrag Die in Patentanspruch 1 nach Hauptantrag gegenüber der ursprünglich eingereichten Anspruchsfassung des Vorrichtungsanspruchs geänderte Merkmalsgruppe M4, welche die Beleuchtungsmittel der Vorrichtung näher beschreibt, ist den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen.
Die Vorrichtung nach Anspruch 1 des Hauptantrags ist durch drei Komponenten gekennzeichnet. Sie weist eine Kamera (vgl. Merkmal M3), Beleuchtungsmittel (vgl. Merkmalsgruppe M4) sowie eine Auswerte- und Steuerungseinrichtung (vgl. Merkmalsgruppe M5) auf.
Nach den Merkmalen 4.1a und 4.1b sollen Beleuchtungsmittel der Vorrichtung dazu geeignet sein, den Sicherheitscode zum Einen mit Kunstlicht und zum Anderen zusätzlich mit Infrarotlicht zu beleuchten. Aus Merkmal 4.2 folgt, dass es sich um mehr als ein Beleuchtungsmittel handelt. Ein Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des Sicherheitscodes mit Kunstlicht als Teil der beanspruchten Vorrichtung ist ursprünglich nicht offenbart.
Dem Argument der Patentinhaberin, aus der Nennung von Kunstlicht folge, dass entsprechende Beleuchtungsmittel vorhanden sind, kann der Senat zwar zustimmen. Jedoch folgt aus einer Beleuchtung mit Kunstlicht nicht zwangsweise, dass diese Beleuchtungsmittel auch Teil der beanspruchten Vorrichtung selbst sind. In den ursprünglich eingereichten Unterlagen findet sich kein Hinweis auf solche Beleuchtungsmittel der Vorrichtung. Vielmehr wird „Kunstlicht“ nur zusammen mit „Tageslicht“ im Rahmen der Beschreibung der Eigenschaften von Sicherheitscodes genannt. Auch aus der Funktion der elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung gemäß der Merkmalsgruppe 5 des Anspruchs 1 ergibt sich kein Hinweis auf Beleuchtungsmittel für Kunstlicht, die Teil der Vorrichtung sind, da die elektronische Auswerte- und Steuerungseinrichtung zwar die Aufnahme der Bilder veranlasst, aber weder im vorliegenden Anspruch noch in der Beschreibung
(Patentschrift und Anmeldeunterlagen) eine Aussage zur Steuerung von entsprechenden Beleuchtungsmitteln für die einzelnen Bildaufnahmen gemacht ist. Darüber hinaus ist eine Nutzung des Umgebungslichts der Vorrichtung – also von Kunst- oder auch Tageslicht – weder explizit ausgeschlossen noch technisch nicht praktikabel, so dass der Fachmann erst aufgrund seines Fachwissens oder durch Abwandlung der offenbarten Lehre zu einer Vorrichtung gelangen würde, die neben einer Infrarotlichtquelle auch Beleuchtungsmittel für Kunstlicht aufweist. Die beanspruchte Merkmalskombination ergibt sich somit nicht zweifelsfrei und eindeutig aus den ursprünglichen Unterlagen (vgl. auch BGH, Urteil Xa ZR 124/07 vom 8. Juli 2010, Leitsatz – Fälschungssicheres Dokument).
Gleiches gilt für die geltende Beschreibung, die in Absatz 0008 der zuletzt am 21. Juni 2019 geänderten Fassung – ebenso wie in der Fassung des Streitpatents – davon spricht, dass die Vorrichtung Beleuchtungsmittel zum Beleuchten des Sicherheitscodes mit Normallicht (Tages- und/oder Kunstlicht) und mit Infrarotlicht besitzt. Eine solche Aussage ist den ursprünglich eingereichten Unterlagen – wie vorstehend zu Anspruch 1 ausgeführt – nicht zu entnehmen. Auch die Beschreibung in der geltenden Fassung ergibt sich somit nicht zweifelsfrei und eindeutig aus den ursprünglichen Unterlagen.
Die Änderungen des vorliegenden Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag und die Änderungen der Beschreibung gegenüber dem ursprünglichen Anmeldungsgegenstand sind daher nicht zulässig.
Ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag weitere unzulässige Erweiterungen gegenüber dem Anmeldungsgegenstand aufweist, beispielsweise hinsichtlich der Definition der „Kamera“ in Merkmal M3, kann dahinstehen. Gleiches gilt für eine Bewertung der weiteren, im Laufe des Prüfungsverfahrens an der Beschreibung vorgenommenen Änderungen.
b) Zu Hilfsantrag 1 Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom Hauptantrag in der Präzisierung des Begriffs „Kunstlicht“ in den Merkmalen M4.1a* und M5.3a*. Dies führt zu keiner anderen Beurteilung der auf Beleuchtungsmittel gerichteten Merkmale M4 bis M4.2. Denn auch die Präzisierung in Merkmal M4.1a* sieht (zusätzliche) Beleuchtungsmittel für „Kunstlicht“ als Teil der beanspruchten Vorrichtung vor, die den ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht zu entnehmen sind.
Die Änderungen des Patentanspruchs 1 gegenüber dem ursprünglichen Anmeldungsgegenstand in den Anmeldeunterlagen sind daher auch in der Fassung des Hilfsantrags 1 nicht zulässig.
c) Zu Hilfsantrag 2 Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 basiert auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 unter Hinzufügen des Merkmals M6, das sich mit weiteren konstruktiven Merkmalen (Walzen, Schwenkklappen) der beanspruchten Vorrichtung befasst. Das zusätzliche Merkmal führt daher zu keiner anderen Beurteilung der auf die Beleuchtungsmittel gerichteten Merkmale M4 bis M4.2, so dass die Ausführungen zu Anspruch 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 hier in gleicher Weise gelten.
Die Änderungen des Patentanspruchs 1 gegenüber dem ursprünglichen Anmeldungsgegenstand sind daher auch in der Fassung des Hilfsantrags 2 nicht zulässig.
5. Nachdem die jeweiligen Anspruchssätze nach Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 und 2 nicht zulässig sind, war die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Wickborn Kruppa Altvater Dr. Flaschke Pr
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