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AnwZ (Brfg) 21/25

BUNDESGERICHTSHOF AnwZ (Brfg) 21/25 BESCHLUSS vom

12. August 2025 in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache ECLI:DE:BGH:2025:120825BANWZ.BRFG.21.25.0 Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Guhling, die Richterinnen Dr. Liebert und Ettl sowie die Rechtsanwälte Dr. Lauer und Prof. Dr. Schmittmann am 12. August 2025 beschlossen:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das ihm an Verkündungs statt am 17. April 2025 zugestellte Urteil des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs wird abgelehnt. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe: I.

Der Kläger ist seit dem Jahr 1997 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 11. Mai 2020 widerrief die Beklagte seine Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Die hiergegen gerichtete Klage hat der Anwaltsgerichtshof abgewiesen.

Der Kläger beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der Zulassungsantrag des Klägers ist statthaft und auch im Übrigen zulässig gemäß § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO, hat in der Sache aber keinen Erfolg, weil kein Zulassungsgrund im Sinn von § 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 VwGO vorliegt.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 12. September 2022 - AnwZ (Brfg) 10/22, juris Rn. 39 mwN). Das Vorbringen des Klägers erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Soweit der Kläger ausführt, dass seit dem Widerruf mehr als fünf Jahre vergangen seien, und darlegt, wie sich seine Vermögenssituation seitdem entwickelt habe, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Widerrufs.

Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls ist nach der Rechtsprechung des Senats allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder - wenn das grundsätzlich vorgeschriebene Vorverfahren entbehrlich ist - auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen; die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (Senat, Beschlüsse vom 30. Juli 2024 - AnwZ (Brfg) 26/24, juris Rn. 7 f.; vom 11. Dezember 2024 - AnwZ (Brfg)

34/24, juris Rn. 6 mwN und vom 22. April 2025 - AnwZ (Brfg) 2/25, juris Rn. 4 mwN). Der Rechtsanwalt hat bei nachträglichem Wegfall des Widerrufsgrundes einen Anspruch auf sofortige Wiederzulassung und kann jederzeit einen entsprechenden Antrag stellen. Dieser setzt nicht voraus, dass der Anfechtungsprozess abgeschlossen ist (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Juli 2024 - AnwZ (Brfg) 26/24, aaO Rn. 8).

Eine Konsolidierung der Vermögensverhältnisse müsste der Kläger somit in einem Wiederzulassungsverfahren geltend machen. Der Anwaltsgerichtshof hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung des Klägers als gegeben angesehen, weil der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerrufsbescheids in das vom Zentralen Vollstreckungsgericht geführte Schuldnerverzeichnis wegen Nichtabgabe der Vermögensauskunft eingetragen war. Den Nachweis, dass die der vorgenannten Eintragung zugrundeliegende Forderung im maßgeblichen Zeitpunkt, dem Erlass des Widerrufsbescheids, bereits getilgt gewesen sei, habe der Kläger nicht geführt. Gegen diese Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs hat der Kläger in seiner Antragsbegründung nichts vorgebracht.

2. Dem Anwaltsgerichtshof ist entgegen der Ansicht des Klägers kein Verfahrensfehler unterlaufen, auf dem das Urteil beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

Der Anwaltsgerichtshof hat weder mit der mündlichen Verhandlung in Abwesenheit des Klägers noch mit der Ablehnung einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach Vorlage des ärztlichen Attests den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.

Der Kläger rügt, dass der Anwaltsgerichtshof mit der Ladung zum Termin bestimmt habe, dass bei einer Erkrankung erst ein Arzt aufgesucht werden müsse und dann der Arzt/die Ärztin des Gesundheitsamtes. Da er an dem betreffenden Montag erst am Nachmittag das Attest eines Arztes erhalten habe und zu diesem Zeitpunkt das Gesundheitsamt bereits geschlossen gewesen sei, habe der Anwaltsgerichtshof für den Kläger unmögliche Dinge verlangt.

Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, da der Anwaltsgerichtshof weder die Verhandlung in Abwesenheit des Klägers noch die Ablehnung der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mit der fehlenden Vorlage eines amtsärztlichen Attests begründet hat. Vielmehr hat der Anwaltsgerichtshof darauf abgestellt, dass der Kläger in seinem Fax am Morgen des 3. Februar 2025 - dem Tag der mündlichen Verhandlung - überhaupt keine Symptome geschildert habe, aus denen sich für den Senat Anhaltspunkte für einen Verhinderungsgrund hätten ergeben können, und dass aus dem nachträglich vorgelegten ärztlichen Attest weder die Erkrankung des Klägers noch Krankheitssymptome ersichtlich seien, die den Kläger an der Teilnahme des Termins zur mündlichen Verhandlung gehindert hätten. Die vom Anwaltsgerichtshof angelegten Maßstäbe entsprechen der Rechtsprechung des Senats.

Nach § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 102 Abs. 2 VwGO ist die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Entscheidung in Abwesenheit eines Beteiligten zulässig, wenn in der Ladung - wie hier - auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Zwar kann die Ablehnung eines Verlegungsantrags gleichwohl den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzen, wenn die Terminverlegung gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 173 Abs. 1 VwGO, § 227 Abs. 1 ZPO aus erheblichen Gründen geboten ist (Senat, Beschluss vom 24. März 2025 - AnwZ (Brfg) 48/24, juris Rn. 9 mwN). Ein solcher "erheblicher Grund" kann auch in der unerwarteten Erkrankung eines sich selbst vertretenden Beteiligten liegen, die durch entsprechende ärztliche Bescheinigung nachgewiesen ist. Eine Terminverlegung ist aber nur dann geboten, wenn diese Erkrankung so schwer ist,

dass sie auch die Verhandlungsunfähigkeit des Beteiligten begründet, d.h. eine Wahrnehmung des Termins von ihm krankheitsbedingt nicht erwartet werden kann (Senat, Beschluss vom 24. März 2025 - AnwZ (Brfg) 48/24, aaO mwN). Diese Voraussetzung hat der Beteiligte gemäß § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 173 VwGO, § 227 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

Wird ein Terminverlegungsantrag - wie hier - erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, muss der Beteiligte zur Glaubhaftmachung nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Gründe für die Verhinderung so angeben und untermauern, dass das Gericht die Frage seiner Verhandlungsfähigkeit selbst zu beurteilen vermag (vgl. Senat, Beschlüsse vom 8. Dezember 2011 - AnwZ (Brfg) 15/11, juris Rn. 12; vom 12. März 2015 - AnwZ (Brfg) 43/14, juris Rn. 5; vom 20. November 2017 - AnwZ (Brfg) 41/17, juris Rn. 16 und vom 6. Mai 2021 - AnwZ (Brfg) 38/20, ZInsO 2021, 1437 Rn. 29). Ein zu diesem Zweck vorgelegtes ärztliches Attest muss daher die Verhandlungsunfähigkeit substantiiert, eindeutig und nachvollziehbar beschreiben und sich zu Art und Schwere der Erkrankung äußern, um dem Gericht die Beurteilung der Reise- und Verhandlungsfähigkeit des Beteiligten zu ermöglichen (Senat, Beschluss vom 24. März 2025 - AnwZ (Brfg) 48/24, juris Rn. 10 mwN). Das vom Kläger vorgelegte Attest erfüllt diese Voraussetzungen nicht.

Mit Fax vom 3. Februar 2025 teilte der Kläger mit, dass er "erneut erkrankt" sei und sich zum Arzt und dann zum Gesundheitsamt begeben werde, um die Erkrankung von dort bestätigen zu lassen. Der Kläger legte mit am 4. Februar 2025 eingegangenem Fax ein Attest eines Facharztes für innere Medizin vor, wonach der Kläger ab Montag, den 3. Februar 2025, bis Montag, den 3. Februar 2025, "arbeitsunfähig" sei. Der Kläger führte dazu aus, dass der Arzt ihn eigentlich die gesamte Woche arbeitsunfähig krankschreiben habe wollen, dass er dem Arzt aber gesagt habe, dass er die Bestätigung nur für den Montag benötige. In dem Fax gab der Kläger zudem an, dass er die Nacht von Sonntag auf Montag nicht geschlafen, sondern abwechselnd unter Fieber, Schüttelfrost, Kopf-/Rücken- und Gliederschmerzen bei gleichzeitigem Abhusten von Schleim gelitten habe.

Der Begriff "Arbeitsunfähigkeit" enthält keine Diagnose und ist für sich auch nicht ausreichend, um von einer Verhandlungsunfähigkeit auszugehen (vgl. BGH, Urteil vom 14. September 2023 - IX ZR 219/22, NJW-RR 2024, 62 Rn. 19 und Beschluss vom 31. Dezember 2018 - AnwZ (Brfg) 45/17, juris Rn. 32). Die vom Kläger geschilderten Symptome werden im Attest nicht aufgegriffen, so dass der Anwaltsgerichtshof zu Recht zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das ärztliche Attest keine Grundlage bietet, um dem Gericht eine Beurteilung der Verhandlungsfähigkeit zu erlauben.

III. 16 Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Guhling Lauer Liebert Schmittmann Ettl Vorinstanz: AGH Celle, Entscheidung vom 17.04.2025 - AGH 12/20 (II/9/32) -

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