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3 ZA (pat) 22/13

BUNDESPATENTGERICHT ZA (pat) 22/13 zu 3 Ni 15/10 (EU) KOF 187/12

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Patentnichtigkeitssache …

BPatG 152 08.05

…

betreffend das europäische Patent … (DE …)

(hier: Kostenfestsetzungsverfahren)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 20. August 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm sowie der Richter Guth und Dipl.-Chem. Dr. Gerster beschlossen:

1. Die Erinnerung der Klägerin wird zurückgewiesen. 2. Die Klägerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens. 3. Der Gegenstandswert des Erinnerungsverfahrens beträgt

38.481,36 Euro.

Gründe I.

Die Erinnerungsgegnerin war Inhaberin des europäischen Patents … (DE …), das der Senat mit Urteil vom 5. April 2011 für nichtig erklärt hat. Die hiergegen eingelegte Berufung hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 21. August 2012 (X ZR 87/11) zurückgewiesen. Die Kosten beider Instanzen sind der Beklagten auferlegt worden.

Die Klägerin hat Festsetzung der Kosten für beide Instanzen in Höhe von insgesamt 74.719,95 € beantragt. Dieser Betrag umfasst u. a. Kosten für die Erstellung von Privatgutachten und Übersetzungs- bzw. Dolmetscherkosten in beiden Instanzen in Höhe von insgesamt 38.481,36 €.

Mit Beschluss vom 15. Mai 2013 hat die Rechtspflegerin des Bundespatentgerichts die der Klägerin von der Beklagten zu erstattenden Kosten auf 33.538,59 € festgesetzt, wobei die Kosten für die Gutachtenerstellung und die Übersetzungsbzw. Dolmetscherkosten nicht berücksichtigt worden sind. Dies wird damit begründet, dass die Kosten eines Privatgutachtens nur ausnahmsweise als notwendig im Sinne des § 91 ZPO anzusehen seien, wenn die Partei ihrer Darlegungsund Beweislast nur mit Hilfe eines Privatgutachters genügen könne. Die Klägerin hätte jedoch zunächst die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens anregen oder mit dem Senat die Erforderlichkeit eines Privatgutachtens abklären müssen. Ebenso seien die Übersetzungskosten nicht notwendig gewesen, da es sich bei der Klägerin um eine rechtlich selbständige Gesellschaft mit Sitz in Deutschland handele. Die Erforderlichkeit einer Korrespondenz mit der ausländischen Muttergesellschaft folge lediglich aus der Organisationsstruktur des Konzerns, der die Klägerin angehöre und dürfe nicht zu Lasten der Beklagten gehen.

Hiergegen wendet sich die Erinnerung der Klägerin, die der Meinung ist, dass die Kosten der Privatgutachten bei objektiver Betrachtung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien, weil die entscheidungserheblichen Fragen des relevanten Fachmanns und des Verständnisses des Standes der Technik von den Prozessvertretern der Klägerin nicht erschöpfend gelöst werden konnten und die Klägerin der Zurückweisung eines in der Berufungsinstanz eingereichten Gutachtens als verspätet gem. § 117 PatG neuer Fassung vorbeugen musste.

Die Übersetzungen und die Beiziehung von Dolmetschern seien erforderlich gewesen, um die weisungsberechtigte Konzernmutter der Klägerin, die alle Rechtsund Patentangelegenheiten für die Klägerin besorge, auf dem Laufenden zu halten. Die Klägerin stelle eine reine Vertriebsgesellschaft dar, die keine Rechts- oder Patentabteilung unterhalte. Eine Nichtigkeitsklage durch die Konzernmutter sei nicht sinnvoll gewesen, da die Klägerin von der Beklagten aus dem Streitpatent abgemahnt worden sei und bei unterschiedlichen Prozessparteien außerdem eine Aussetzung des Verletzungsprozesses unwahrscheinlich gewesen sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die von der Beklagten der Klägerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 72.019,95 € festzusetzen.

Die Beklagte, die sich der Begründung des angefochtenen Beschlusses anschließt, beantragt sinngemäß,

die Erinnerung der Klägerin zurückzuweisen.

II.

Die auf die Erstattung der Kosten für die Privatgutachten sowie die Übersetzungsbzw. Dolmetscherkosten beschränkte Erinnerung der Klägerin ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Gemäß § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO hat die unterliegende Partei die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Dies sind nur die Kosten für solche Handlungen, die zur Zeit ihrer Vornahme objektiv erforderlich und geeignet erscheinen, das im Streit stehende Recht zu verfolgen oder zu verteidigen. Maßstab ist, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftige Partei die kostenauslösende Maßnahme im damaligen Zeitpunkt (ex ante) als sachdienlich ansehen durfte, wobei jedoch auch der Grundsatz sparsamer Prozessführung gilt (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 33. Auflage, § 91 Rn. 9).

1. Wie bereits im angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt sind Privatgutachten Bestandteil des Parteivortrags und deren Kosten daher wie die im Zusammenhang mit dem übrigen Parteivortrag entstandenen Kosten grundsätzlich mit den Gebühren nach dem RVG abgegolten. Ausnahmsweise erstattungsfähig sind Kosten für Privatgutachten allerdings dann, wenn die Partei mangels eigener Sachkunde nur mit Hilfe des Privatgutachters ihrer Darlegungspflicht oder Beweisführungslast genügen kann oder wenn die Sachkunde aus sonstigen Gründen nicht gewährleistet ist (vgl. dazu Schulte, Patentgesetz, 8. Aufl., § 80 Rn. 76; Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Aufl., § 91 Rn. 79, 81; Thomas/Putzo, a. a. O., § 91 Rn. 49).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht vor (vgl. etwa BPatG GRUR 1993, 548 - Privatgutachterkosten; BPatG Az. 3 Ni 44/00 (EU), Beschluss vom 11.2.2008; BPatG Az. 3 ZA (pat) 1/09, Beschluss vom 18.5.2010; 3 ZA (pat) 76/10, Beschluss vom 29.6.2011, jeweils veröffentlicht online in juris Das Rechtsportal).

Die Klägerin hat ihrer Darlegungslast und Substantiierungspflicht durch die Ausführungen in ihren Schriftsätzen - auch im Vorfeld des am 17. Februar 2011 erstellten Privatgutachtens - und in der mündlichen Verhandlung, die die erforderliche Sachkunde belegen, genügt. Zudem hatte die Klägerin bereits angesichts des vorterminlichen Hinweises des Senats vom 13. Januar 2011, der die Fragen des relevanten Fachmanns und des Verständnisses des Standes der Technik nicht in einer vom Klägervortrag abweichenden Weise problematisierte, auch angesichts der Sachkunde der technischen Mitglieder des Senats keinen Anlass, von sich aus ein Privatgutachten einzuholen.

Es ist nämlich Aufgabe des - sachkundig besetzten - Senats, im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht Beweis durch einen gerichtlich bestellten Gutachter zu erheben, falls die betreffende Frage entscheidungserheblich erscheint und der Senat nicht selbst über die erforderliche Sachkunde verfügt. Aus diesem Grund hätte die Klägerin ggf. die Erhebung des Sachverständigenbeweises durch das Gericht beantragen müssen. Dies gilt besonders, weil die Klägerin nicht erwarten konnte, dass der Senat, sofern er die Untersuchungen für erforderlich gehalten hätte, Privatgutachten denselben Wert wie dem Gutachten eines gerichtlich bestellten Sachverständigen zubilligen werde, und demnach damit rechnen musste, dass zusätzlich die Einholung eines gerichtlichen Gutachtens erforderlich würde oder dass der Senat - wie im vorliegenden Fall geschehen - aufgrund eigener Sachkunde die Einholung eines Gutachtens nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beauftragung des Privatgutachtens hat daher zu vermeidbaren und damit nicht erstattungsfähigen Kosten geführt (so etwa auch BPatG GRUR 1993, 548 - Privatgutachterkosten).

Auch das Argument der Klägerin, es habe durch vorbeugende Vorlage der Privatgutachten einer eventuellen Präklusion eines Sachverständigengutachtens gemäß § 117 PatG neuer Fassung in der Berufungsinstanz vorgebeugt werden müssen, greift nicht durch, da die Vorlage eines Privatgutachtens in zweiter Instanz nicht notwendigerweise neues Vorbringen darstellt (BGH GRUR 2012, 1236 - Fahrzeugwechselstromgenerator). Der auf das Gutachten gestützte Parteivortrag ist nicht neu, wenn - wie im vorliegenden Fall - durch die Ausführungen des Gutachters Vorbringen aus der ersten Instanz zusätzlich konkretisiert, verdeutlicht oder erläutert worden wäre (vgl. etwa auch Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 114 Rn. 8).

2. Bei den Übersetzungskosten handelt es sich ebenfalls nicht um außergerichtliche Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren.

Zwar ist die rechtlich selbständige Klägerin Tochtergesellschaft einer US-amerikanischen Muttergesellschaft, die die Rechts- und Patentangelegenheiten der Klägerin erledigt. Nach ständiger Rechtsprechung darf sich eine derartige Organisationsstruktur aber nicht kostenrechtlich zum Nachteil der Beklagten auswirken. Wenn es ausländischen Konzernen auch freisteht, die für sie aus organisatorischen, logistischen oder rechtlichen Gründen wirtschaftlichste Aufteilung in weltweite Einzelgesellschaften - etwa eigenständige kleine Vertriebsgesellschaften - zu wählen, so müssen diese Unternehmensgruppen bzw. deren Einzelgesellschaften auch die damit verbundenen Nachteile tragen. Die Erinnerungsführerin ist für den vorliegenden Rechtsstreit rechts- und parteifähig und konnte ihr prozessuales Verhalten mit Hilfe ihrer inländischen Prozessbevollmächtigten selbständig beurteilen und verfolgen. Wenn die Klägerin als Teil eines internationalen Unternehmens ihr Vorgehen mit einer übergeordneten Geschäftsebene abzustimmen hatte oder bestimmte Tätigkeiten ausgelagert sind, handelt es sich insoweit um konzerninterne Entscheidungsstrukturen, die sich nicht zu Lasten des Verfahrensgegners auswirken dürfen (vgl. OLG Frankfurt WRP 2006, 1274; BPatG 5 W (pat) 443/03, Beschluss vom 6. März 2008), zumal die Nichtigkeitsklage von jedermann - nicht nur von einer aus dem Streitpatent Abgemahnten oder Verklagten - erhoben werden kann.

Soweit die Klägerin geltend macht, eine Aussetzung des Verletzungsverfahrens sei bei Identität der Parteien von Verletzungs- und Nichtigkeitsverfahren leichter zu erreichen, greift auch dieser Einwand nicht durch. Denn nach der einschlägigen Vorschrift des § 148 ZPO und der Rechtsprechung zu dieser Vorschrift ist allein entscheidend, ob eine Vernichtung des Streitpatents hinreichend wahrscheinlich erscheint (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 139 Rn. 270 ff.; Busse, a. a. O., § 140 Rn. 7 ff.). Die Identität von Klagepartei im Nichtigkeitsverfahren und Beklagtenpartei im Verletzungsverfahren ist dabei grundsätzlich unerheblich.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO. Der Wert des Erinnerungsverfahrens ergibt sich aus dem mit der Erinnerung zur Überprüfung gestellten Betrag.

Schramm Guth Dr. Gerster Cl

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