Paragraphen in 12 W (pat) 18/10
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 18/10 Verkündet am 25. Juli 2013
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2005 029 227 …
BPatG 154 05.11
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hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juli 2013 unter Mitwirkung des Richters Dipl.-Ing. Sandkämper als Vorsitzenden, der Richterin Bayer sowie der Richter Dipl.-Ing. Ausfelder und Dr.-Ing. Krüger beschlossen:
Die Beschwerde der Einsprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe I
Gegen das am 23. Juni 2005 angemeldete Patent 10 2005 029 227 mit der Bezeichnung „Clipmaschine“, dessen Erteilung am 8. November 2007 veröffentlicht wurde, hatte die Einsprechende und jetzige Beschwerdeführerin am 7. Februar 2008 Einspruch erhoben.
Die Patentabteilung 27 des deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss in der Anhörung am 3. Februar 2009 das Patent in vollem Umfang aufrechterhalten. Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden und jetzigen Beschwerdeführerin.
Das Patent umfasst 6 Ansprüche.
Der erteilte Anspruch 1 lautet:
Clipmaschine (100) mit einem Verschließhebel (118), einem ersten Verschließwerkzeug (124), welches an dem Verschließhebel (118) angeordnet und mit diesem schwenkbar ist, wobei der Verschließhebel (118) eine Führungsbahn (134) für einen zugeführten Clipstrang aufweist, die in Annäherung an das erste Verschließwerkzeug (124) mündet, einem zweiten Verschließwerkzeug (126, 226), wobei das erste Verschließwerkzeug (124) und das zweite Verschließwerkzeug (126, 226) zum Verschließen von Clips relativ zueinander zwischen einer Öffnungsstellung und einer Verschlussstellung bewegbar sind, mit einer Antriebssteuerung für die Verschließwerkzeuge, die so eingerichtet ist, dass zuerst das erste Verschließwerkzeug (124) und dann das zweite Verschließwerkzeug (126, 226) in die Verschlussstellung gefahren wird, und mit Einstellmitteln, eingerichtet zum Einstellen der Ruhelage des zweiten Verschließwerkzeugs (126, 226) und somit des Abstands der Verschließwerkzeuge, insbesondere in ihrer Verschlussstellung (Verschlussabstand) dadurch gekennzeichnet, dass das zweite Verschließwerkzeug (126, 226) entlang linearer Führungsmittel (220) relativ zum ersten Verschließwerkzeug (124) verfahrbar angeordnet ist.
Die Ansprüche 2 bis 6 sind direkt bzw. indirekt auf den Anspruch 1 rückbezogen.
Im Verfahren sind die folgenden Druckschriften und Dokumente:
D1.1) Tipper Tie Ersatzteilliste Doppelclip-Automat SV 4600 / SV 4611, Deckblatt und eine Zeichnung D1.2)
D1.3) D2) D3) D4) D5) D6) D7)
D8)
D9)
D10) D11) D12) D13) D14) D15)
Tipper Tie Handbuch / Manual Doppelclip-Automat SV 4600, 09/97, Deckblatt und Seiten 1, 2, 3, 6, 7, 26, 27 Tipper Tie Rechnung Nr. 10864 vom 18.06.97 DE 197 38 298 C1 DE 1 933 066 U DE 296 13 336 U1 DE 199 53 694 B4 DE 196 44 074 A1 Widerrufsentscheidung des Europäischen Patentamts vom 16.08.2011, Patent Nr. 1 736 412 Ansprüche gemäß Hilfsantrag 1 im Europäischen Einspruchsverfahren, Patent Nr. 1 736 412 Ansprüche gemäß Hilfsantrag 2 im Europäischen Einspruchsverfahren, Patent Nr. 1 736 412 DE 31 08 015 A1 US 4,001,926 DE 1 761 616 A DE 2 300 993 C Auszug aus Bescheid des EPA zur Anmeldung Nr. 11 005 998.7 CH 588 381 A5.
Davon sind die D1.1 bis D5 im Einspruchsverfahren, die D6 bis D15 im Beschwerdeverfahren von der Einsprechenden genannt worden. Die Dokumente D1.1 bis D1.3 beziehen sich auf eine nach Angabe der Einsprechenden vor dem Anmeldetag des angefochtenen Patents durch Benutzung der Öffentlichkeit zugänglich gemachte Clipmaschine.
Die Einsprechende und Beschwerdeführerin machte geltend, der Gegenstand des Patents beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 21 (1) 1. i. V. m. §§ 1 (1), 4 PatG).
Sie stellte den Antrag,
den Beschluss der Patentabteilung 27 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 3. Februar 2009 aufzuheben und das Patent 10 2005 029 227 zu widerrufen.
Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin stellte den Antrag,
die Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Wegen des Wortlauts der rückbezogenen Ansprüche und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1) Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden hat keinen Erfolg, da der mit dem zulässigen Einspruch geltend gemachte Widerrufsgrund, der Gegenstand des Patents beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 21 (1) 1. i. V. m. §§ 1 (1), 4 PatG), nicht vorliegt.
2) Der Anspruch 1 lässt sich wie folgt gliedern:
M1) Clipmaschine (100)
M2) mit einem Verschließhebel (118),
M3) einem ersten Verschließwerkzeug (124),
M3.1)
welches an dem Verschließhebel (118) angeordnet und mit diesem schwenkbar ist,
M4) wobei der Verschließhebel (118) eine Führungsbahn (134)
für einen zugeführten Clipstrang aufweist,
M4.1)
die in Annäherung an das erste Verschließwerkzeug (124) mündet,
M5) einem zweiten Verschließwerkzeug (126, 226),
M5.1)
wobei das erste Verschließwerkzeug (124)
und das zweite Verschließwerkzeug (126, 226)
zum Verschließen von Clips relativ zueinander zwischen einer Öffnungsstellung und einer Verschlussstellung bewegbar sind,
M6) mit einer Antriebssteuerung für die Verschließwerkzeuge,
die so eingerichtet ist, dass zuerst das erste Verschließwerkzeug (124)
und dann das zweite Verschließwerkzeug (126, 226)
in die Verschlussstellung gefahren wird, und M7) mit Einstellmitteln, eingerichtet zum Einstellen der Ruhelage des zweiten Verschließwerkzeugs (126, 226)
und somit des Abstands der Verschließwerkzeuge,
insbesondere in ihrer Verschlussstellung (Verschlussabstand)
dadurch gekennzeichnet,
M8) dass das zweite Verschließwerkzeug (126, 226)
entlang linearer Führungsmittel (220)
relativ zum ersten Verschließwerkzeug (124) verfahrbar angeordnet ist.
3) Als Fachmann ist vorliegend ein Maschinenbauingenieur (FH) mit Erfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von Clipmaschinen zuständig.
4) Nach dem Verständnis dieses Fachmanns bezieht sich das Patent auf eine Clipmaschine (M1), wie sie z. B. zum Verschließen von mit Wurstprodukten gefüllten schlauchförmigen Verpackungen verwendet wird, wobei die Schlauchhülle an der Verschlussstelle zu einem Schlauchzopf eingeschnürt und dieser mit Hilfe einer Metallklammer (Clip) umklammert und so verschlossen wird, siehe die Patentschrift (PS), Absätze 0001, 0002, 0008.
Gemäß den Merkmalen M3, M5 und M5.1 des Anspruchs 1 weist die Clipmaschine ein erstes und ein zweites Verschließwerkzeug auf, die zum Verschließen von Clips relativ zueinander zwischen einer Öffnungsstellung und einer Verschlussstellung bewegbar sind. Dem Merkmal M6, wonach eine Antriebssteuerung für die Verschließwerkzeuge so eingerichtet ist, dass zuerst das erste Verschließwerkzeug und dann das zweite Verschließwerkzeug in die Verschlussstellung gefahren wird, entnimmt der Fachmann, dass das erste Verschließwerkzeug als Matrize ausgeführt sein soll, die in der Regel unterhalb des Schlauchzopfes angeordnet ist, und das zweite Verschließwerkzeug als Stempel ausgeführt sein soll, der in der Regel oberhalb des Schlauchzopfes angeordnet ist.
Aus den Merkmalen M2, M3, M3.1 und M8 ergibt sich, dass - das erste Verschließwerkzeug (Matrize)
an einem Verschließhebel angeordnet und mit diesem schwenkbar ist, wohingegen - das zweite Verschließwerkzeug (Stempel) entlang linearer Führungsmittel verfahrbar angeordnet ist.
Laut Merkmalen M4 und M4.1 weist der Verschließhebel eine Führungsbahn für einen zugeführten Clipstrang auf, die in Annäherung an das erste Verschließwerkzeug (Matrize) mündet. Diesen Angaben entnimmt der Fachmann zwei Informationen, nämlich zum Einen, dass die Clips nicht über den Stempel („von oben“), sondern über die Matrize („von unten“) zum Schlauchzopf geführt werden, und zum Anderen eine Information über die Bauart der Clips, für deren Verwendung die beanspruchte Clipmaschine vorgesehen und eingerichtet ist. Dem Fachmann sind zwei Ausführungen von Clips geläufig:
Sogenannte S-Clips liegen als U-förmige Metallklammern vor, die mit ihren Breitseiten aneinander liegen und, z. B. mit einem Klebeband, zu einer Stange verbunden sind. Im Betrieb wird diese Stange in Längsrichtung der zu verschließenden Schlauchhülle durch ein ortsfestes Magazin geführt. In der Regel löst dann der Stempel auf seinem Weg von der Ruhelage zur Verschlussstellung einen Clip von der Stange ab und führt diesen einzelnen Clip („nach unten“) zum Schlauchzopf und der Matrize.
Sogenannte R-Clips sind mit ihren Schenkelenden einstückig verbunden und bilden so einen wellenförmigen Strang. Im Betrieb wird dieser Strang senkrecht zur Längsrichtung der zu verschließenden Schlauchhülle, in der Regel über den Verschließhebel der Matrize, bis zur Matrize und mit der Matrize („nach oben“) zum Schlauchzopf geführt. Erst unmittelbar vor dem Verschließen wird der vorderste, bereits in der Matrize befindliche Clip durch an Stempel und Matrize ausgeführte Schneidwerkzeuge vom Clipstrang abgetrennt.
Da „S-Clips“ in der Regel „von oben“ über den Stempel, „R-Clips“ dagegen in der Regel „von unten“ über den Verschließhebel zur Matrize geführt werden, lässt bereits die Angabe des Merkmals M4, dass die Clips über den Verschließhebel der Matrize zugeführt werden, den Fachmann an „R-Clips“ denken; aus der weiteren Angabe, dass es sich bei der nahe dem ersten Verschließwerkzeug (Matrize) mündenden Führungsbahn um eine Führungsbahn für die Zuführung eines Clipsstrangs – nicht dagegen für die Zuführung einzelner Clips – handelt, ergibt sich für ihn zweifelsfrei, dass die beanspruchte Clipsmaschine für die Verarbeitung von sogenannten R-Clips vorgesehen und eingerichtet ist.
Gemäß dem Merkmal M7 sind weiterhin Einstellmittel vorgesehen, zum Einstellen der Lage, die das zweite Verschließwerkzeug (Stempel) in seiner Ruhelage, d. h. in der der Verschlussstellung gegenüber liegenden Öffnungsstellung, einnimmt. Diese Einstellung wirkt sich zumindest bei der im Patent als Ausführungsbeispiel beschriebenen Clipmaschine auch auf den Abstand der Verschließwerkzeuge in ihrer Verschlussstellung (Verschlussabstand) aus, der jeweils angepasst werden muss, wenn unterschiedlich große Clips verarbeitet werden sollen, PS, Abs. 0008, 0028.
5) Der Gegenstand des Patents geht nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus, eine unzulässige Erweiterung wurde auch mit dem Einspruch nicht geltend gemacht.
6) Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist neu (§ 3 PatG).
Keines der im Verfahren befindlichen Dokumente offenbart eine Clipmaschine, - die für die Verarbeitung von sogenannten „R-Clips“ eingerichtet ist,
(Merkmale M4, M4.1), und bei der - das erste Verschließwerkzeug (Matrize) an einem Verschließhebel angeordnet und mit diesem schwenkbar ist,
(Merkmale M2, M3, M3.1), - das zweite Verschließwerkzeug (Stempel) dagegen entlang linearer Führungsmittel verfahrbar angeordnet ist (Merkmal M8).
7) Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit (§ 4 PatG).
Die D2 zeigt eine Clipmaschine des im Oberbegriff des Anspruchs 1 beschriebenen Typs, wobei es vorliegend nicht darauf ankommt, ob sämtliche Merkmale M1 bis M7 des Oberbegriffs eindeutig und unmittelbar offenbart sind, sondern darauf, dass das Merkmal M8 des kennzeichnenden Teils nicht offenbart ist. Bei der Maschine gemäß D2, siehe insbesondere Fig. 1, handelt es sich um eine Maschine zur Verarbeitung von sog. „R-Clips“, bei der sowohl Matrize 28 als auch Stempel 26 schwenkbar an Verschließhebeln 14, 12 angeordnet sind.
Die D4, siehe insb. die Fig. 1, offenbart eine vergleichbare Clipmaschine für „RClips“ mit je einem Verschließhebel 8, 9 für Matrize 4 und Stempel 5.
Bei beiden Maschinen wird der Bewegungsablauf der Verschließhebel durch Kurvenscheiben vorgegeben, siehe in D4 die Fig. 1, wobei in D2 auch die Möglichkeit angedeutet ist, mit einer einzigen Kurvenscheibe für den Antrieb beider Verschließhebel auszukommen, zusätzlich aber zwischen Kurvenscheibe und Stempel-Verschließhebel eine längsverstellbare Hubstange 18 zur Verstellung des Verschlussabstandes vorgesehen ist, D2, Spalte 3, Zeilen 32 bis 41. Damit kann ein Verschleiß der Verschließhebel ausgeglichen werden, siehe D2, Spalte 1, Zeile 64, bis Spalte 2, Zeile 16.
Ausgehend von den in D2 bzw. D4 offenbarten „R-Clips“-Maschinen mit zwei Schwenkhebeln für Matrize und Stempel hätte der Fachmann also, bei Beibehaltung des Schwenkhebels für die Matrize, eine lineare Führung für den Stempel vorsehen müssen, um zum Merkmal M8 zu gelangen. Dafür enthalten weder die D2 noch die D4 eine Anregung, vielmehr betreffen beide Druckschriften die Weiterentwicklung des als gegeben vorausgesetzten Verschließsystems mit zwei Verschließhebeln; im Fall der D4 durch Verminderung des Verschleißes im Hebelantrieb, siehe D4, Seite 1, Zeile 30, bis Seite 2, Zeile 24, im Fall der D2 durch Automatisierung der durch den Verschleiß im Hebelsystem erforderlichen Nachstellung des Verschlussabstandes, siehe D2, Spalte 1 Zeile 64, bis Spalte 2, Zeile 29 und weiter Zeile 66 ff. Auch die von der Beschwerdeführerin zitierte Beschreibungsstelle in D2, Spalte 3, Zeilen 37 bis 39, siehe insb. die Worte „Antrieb für Stempel oder Matrize oder beide“, weist entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin nicht darauf hin, dass unterschiedliche Bewegungsarten – schwenkend oder linear – für Matrize und Stempel vorgesehen sein können, sondern befasst sich lediglich damit, wie die zwei Schwenkhebel für Matrize und Stempel, in den Worten der D2 „das Hebelsystem, mit dem Stempel und Matrize bewegt werden“, Spalte 1, Zeilen 64 ff, angetrieben werden.
D2 und D4 führen daher weder einzeln noch in Zusammenschau in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 einschließlich des Merkmals M8.
Die D6 offenbart eine weitere „R-Clips“-Maschine, siehe Spalte 3, Zeilen 36 bis 39, und in Fig. 1 die dem Fachmann geläufige Form von Matrize 18 und Stempel 22 mit dort jeweils rechts angeordneter Schneidkante zum Abtrennen des bereits in die Matrize eingeführten Clips vom Clipstrang. In D6 wird das Bewegen von Stempel und Matrize mit je einem Schwenkhebel (Cliphebel) als geeignet bezeichnet, Spalte 2, Zeile 30 bis 32, bevorzugt wird allerdings eine Ausführung, bei der Stempel und Matrize beide linear geführt und elektrisch oder hydraulisch angetrieben werden, siehe Spalte 2, Zeilen 46 bis 65, und Fig. 1, wo anstelle von Verschließhebeln Verschließzylinder 24, 20 vorgesehen sind. Im ersten Fall – Stempel und Matrize werden geschwenkt – fehlt Merkmal M8, im zweiten Fall – Stempel und Matrize werden linear bewegt – Merkmal M2.
Eine Anregung, die vorgestellten Konzepte, nämlich Schwenkbewegung von Stempel und Matrize oder Linearbewegung von Stempel und Matrize, zu verlassen, und entsprechend dem Anspruch 1 bei einer „R-Clips“-Maschine nur die Matrize zu verschwenken, den Stempel aber linear zu bewegen, ist auch der D6 nicht zu entnehmen. Selbst wenn man aber dem Fachmann unterstellte, er würde im Rahmen seines fachmännischen Handelns die vorgestellten Konzepte in einzelne Elemente zerlegen und diese mosaikartig wieder zusammensetzen, so hätte er dadurch zwar zu einer Clipmaschine mit Schwenkbewegung der Matrize und linearer Bewegung des Stempels gelangen können, er wäre aber ausgehend von der D6 davon abgehalten worden, diese Bewegungskombination bei einer „R-Clips“-Maschine anzuwenden. Denn die wesentliche Lehre der D6 besteht darin, mittels z. B. elektrischer oder hydraulischer Antriebe und einer Programmsteuerung anstelle von durch Kurvenscheiben zwangskoordinierten Bewegungen die Bewegungsabläufe der am Verschließvorgang beteiligten Maschinenteile flexibel und unabhängig voneinander vorgeben zu können, siehe die Spalten 1 und 2. Dies ist aber in Verbindung mit einer Schwenkbewegung der Matrize und einer linearen Bewegung des Stempels bei einer „R-Clips“-Maschine nicht möglich. Denn bei dieser Bewegungskombination können die zum Abtrennen der R-Clips erforderlichen Schneidkanten an Stempel und Matrize sich nur auf einer bestimmten Höhe begegnen und dabei auch den Clip abtrennen. Wird für Stempel oder Matrize ein anderer Bewegungsablauf vorgegeben und begegnen die Schneidkante des Stempels und die Schneidkante der Matrize sich deshalb auf einer anderen Höhe, so führt dies entweder zu einer räumlichen Überschneidung, wodurch Stempel und Matrize zerstört würden, oder zu einem Spalt zwischen den Schneidkanten, wodurch ein bestimmungsgemäßes Abtrennen des bereits in die Matrize eingeführten Clips unmöglich würde.
Auch unter Berücksichtigung der D6 gelangt der Fachmann daher nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1 einschließlich der Merkmale M3, M3.1 und M8.
Die D11, siehe insbesondere die Figuren 1, 2, 5 und die zugehörigen Beschreibungsteile, offenbart eine Clipmaschine, bei der - das erste Verschließwerkzeug (Matrize 70)
an einem Verschließhebel (62) angeordnet und mit diesem schwenkbar ist, - das zweite Verschließwerkzeug (Stempel 34) dagegen entlang linearer Führungsmittel (40 u. a.) verfahrbar angeordnet ist. D11 offenbart allerdings nicht die Merkmale M4 und M4.1, denn bei der Clipmaschine nach D11 handelt es sich um eine Maschine für sog. „S-Clips“, bei der das lineare Verfahren des Stempels erforderlich ist, um die S-Clips (52) dem ortsfesten Magazin (50, Fig. 5) einzeln entnehmen und nach unten zum Schlauchzopf und der Matrize (70) führen zu können.
Obwohl der Fachmann sowohl „R-Clips“- als auch „S-Clips“-Maschinen kennt und daher, wenn er mit der Weiterentwicklung einer Maschine einer dieser Gattungen befasst ist, nicht blind für den Stand der Technik auf dem Gebiet der jeweils anderen Maschinengattung ist, führt ihn auch eine Zusammenschau der D11 mit den bekannten „R-Clips“-Maschinen nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1: Denn ausgehend von den „R-Clips“- Maschinen nach D2 oder D4 mit Schwenkbewegung sowohl der Matrize als auch des Stempels ergibt sich kein Anlass, die im Fall der D11 für das Vereinzeln und Transportieren der „S-Clips“ erforderliche Linearbewegung des Stempels zu übernehmen. Die bloße Möglichkeit, Merkmale mosaikartig zusammenzusetzen, reicht nicht aus, um das Ergebnis als naheliegend im Sinne des Patentgesetzes zu bezeichnen. Umgekehrt ausgehend von der „S-Clips“- Maschine nach D11 liefern die „R-Clips“Maschinen nach D2 und/oder D4 keinen Anlass, die „S-Clips“-Zuführung zum Stempel wegzulassen (die einen erheblichen Teil der Maschine nach D11 ausmacht), stattdessen eine „R-Clips“-Zuführung zur Matrize vorzusehen, und dabei aber trotzdem entgegen der Bauweise der „R-Clips“-Maschinen mit Schwenkbewegung sowohl der Matrize als auch des Stempels die nun sinnlos gewordene Linearbewegung des Stempels gemäß D11 beizubehalten. Berücksichtigt der Fachmann ferner die D6, wird er auch ausgehend von D11 davon abgehalten, „R-Clips“ mit Schwenkbewegung und Linearbewegung zu kombinieren, wie oben zur D6 bereits ausgeführt.
Auch unter Berücksichtigung der D11 gelangt der Fachmann daher nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Die D5 offenbart eine weitere Clipmaschine, siehe insbesondere die Fig. 1 bis 4 und die Beschreibung ab Abs. 0018, die wie die Maschine nach D11 sog. „S-Clips“ verarbeitet, also nicht entsprechend Merkmalen M4 und M4.1, bei der aber, wie auch in D11 - das erste Verschließwerkzeug (Matrize 3) an einem Verschließhebel
(Schwenkblech 8) angeordnet und mit diesem schwenkbar ist, - und das zweite Verschließwerkzeug (Stempel 13) – zumindest unter anderem – entlang linearer Führungsmittel (Stempelgehäuse 12) verfahrbar angeordnet ist.
Wie im Fall der D11 erfolgt auch hier das lineare Verfahren des Stempels mit Hilfe eines Druckluftzylinders (in D5 mit Bezugszeichen 14 bis 19). Zur Absenkung des Druckluftverbrauchs, siehe in D5 den Abs. 0003, ist allerdings der Druckluftzylinder zusätzlich an einem Schwenkblech (9) angeordnet und lediglich die zur Entnahme des einzelnen S-Clips (Verschlussklammer 22) aus dem ortsfesten Magazin (23) und die zum Verschließen des Clips mit dem Stempel erforderlichen Bewegungsanteile erfolgen linear mit Hilfe des Druckluftzylinders, siehe in D5 die Figurenfolge 1, 2, 3, 4.
D5 merkt an, siehe Abs. 0006, dass es an sich auch möglich sei, die Verschlussklammern (Clips) der Matrize statt dem Stempel zuzuführen, wobei im Falle dieser „kinematischen Umkehr“, siehe Abs. 0007, das ortsfeste ClipsMagazin und ein „entsprechender Mechanismus“, also ein zusätzlich zum oder anstelle des am Schwenkarm des Stempels angeordneten Druckluftzylinders vorzusehender Druckluftzylinder am Schwenkarm der Matrize für die Abgabe der vereinzelten Verschlussklammern (der „S-Clips“) vom Magazin an die Matrize zuständig wäre. Auch das führt jedoch nicht zu den Merkmalen M4 und M4.1 des Anspruchs 1, wonach nicht „S-Clips“ aus einem ortsfesten Magazin, sondern ein „R-Clips“Strang über eine Führungsbahn am Verschließhebel der Matrize zuzuführen sind.
Auch eine Zusammenschau der „S-Clips“-Maschine nach D5 mit den bekannten „R-Clips“-Maschinen führt daher, wie bereits zur „S-Clips“-Maschine nach D11 entsprechend ausgeführt, nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Die Druckschrift D12 betrifft nicht eine Clipmaschine, sondern befasst sich mit den zugehörigen Clips der Bauart, die an ihren Schenkelenden einstückig verbunden als Strang der Matrize zugeführt und erst in der Matrize durch Schneidwerkzeuge abgetrennt werden, also mit „R-Clips“, siehe in D12 den Clipstrang in Abb. 3 und die Schneidwerkzeuge 5 und 6 in Abb. 1.
Dabei geht es in D12 um das Problem, dass die R-Clips nicht immer genau an der vorgesehenen Stelle abgetrennt werden, wodurch unterschiedlich lange Schenkelenden und infolgedessen Fehlverschlüsse durch asymmetrisches Einknicken der Schenkel entstehen, siehe Seite 2, ersten ganzen Absatz, und Abb. 1, 2. Zur Lösung dieses Problems schlägt die D12 eine Gestaltung der R-Clips mit durch Einprägungen vorgegebenen Biegestellen vor. Dadurch lassen sich laut D12 die Clips auch dann fehlerfrei verschließen, wenn sie unterschiedlich lange Schenkelenden aufweisen, oder die Schenkel ungleichmäßig zusammengeführt werden, siehe Seite 3, zweiten ganzen Absatz, und Abb. 3 bis 7.
Die Beschwerdeführerin hat aus der D12, Seite 1, Ende des zweiten Absatzes, den Satzteil zitiert: „Ein ordnungsgemäßer Verschluss ist aber nur dann gewährleistet, wenn die beiden Schenkel der Klammer beim Zusammentreffen möglichst symmetrisch zueinanderstehen“. Sie hat ausgeführt, davon ausgehend würde der Fachmann erkennen, dass ein ordnungsgemäßer Verschluss aber nur dann erfolgen kann, wenn außerdem auch der Stempel symmetrisch auf die symmetrischen Klammerschenkel trifft. Sie hat weiter behauptet, deshalb ergäbe sich für den Fachmann aus der D12, dass ein ordnungsgemäßer Verschluss mit einer Schwenkbewegung des Stempels nicht möglich sei, sondern nur mit einer Linearbewegung des Stempels, weil nur so die Schenkelenden gleichmäßig, symmetrisch erfasst würden. Allerdings bezieht sich der von der Beschwerdeführerin aus der Beschreibungseinleitung der D12 zitierte Satzteil auf die Nachteile von Verschlussklammern („R-Clips“) nach dem Stand der Technik vor Erfindung der Verschlussklammern gemäß D12. Diese Nachteile werden durch die Gestaltung der R-Clips gemäß der Lehre der D12 beseitigt. Der unvoreingenommene Fachmann entnimmt somit der D12 gerade das Gegenteil dessen, was die Beschwerdeführerin behauptet, nämlich dass es, nachdem nun die Clips gemäß D12 erfunden wurden, für fehlerfreie Verschlüsse nicht mehr darauf ankommt, dass die Schenkelenden der Clips gleich lang sind und die Schenkel gleichmäßig zusammengeführt werden, siehe nochmals D12, Seite 3, Mitte des zweiten ganzen Absatzes, und Seite 4, zweiten Absatz. Das führt keinesfalls dazu, bei einer Clipmaschine für RClips eine Kombination von Linearbewegung des Stempels und Schwenkbewegung der Matrize vorzusehen.
Die Beschwerdeführerin hat weiter darauf hingewiesen, dass die senkrechten Kanten der Schneidwerkzeuge 5, 6 von Matrize 2 und Stempel 1 in den Abb. 5 und 6 der D12 als gerade Linien – statt kreisbogenförmig – dargestellt sind und behauptet, der Fachmann zöge daraus die Schlussfolgerung, die Stempelbewegung müsse linear erfolgen. Matrize 2 und Stempel 1 sind jedoch in den Abbildungen 5 bis 7 nur strichpunktiert und schematisiert angedeutet. Allein die Tatsache, dass in diesen Abbildungen, die laut Beschreibung, Seiten 6, 7, denselben Stempel 1 und dieselbe Matrize 2 lediglich in verschiedenen Positionen zeigen sollen, diese erkennbar „nach Augenmaß“ mit jeweils verschieden hohem Schneidwerkzeug 5, verschieden hohen Matrizenseiten und verschieden stark gekrümmter und asymmetrischer Stempel-Verschließkurve 3 hingezeichnet wurden, hält den sachkundigen Leser davon ab, aus diesen Darstellungen überhaupt Schlussfolgerungen über den Aufbau von Stempel, Matrize und Clipmaschine zu ziehen. Aber selbst wenn der Fachmann aufgrund der gerade dargestellten Kanten der Schneidwerkzeuge 5, 6 eine lineare Stempelbewegung in Betracht zöge, so führte dies immer noch nicht zur Kombination einer Linearbewegung des Stempels mit einer Schwenkbewegung der Matrize.
D13 offenbart, siehe insbesondere die Figuren 1 bis 3, eine von Hand zu betätigende Clipzange für „S-Clips“ (9), bei der Stempel (6) und Matrize (19) gegeneinander verschwenkt werden. Hierfür sind angepasste Clips mit verschieden langen Schenkeln vorgesehen. Daraus ergibt sich für den Fachmann kein Anlass, bei einer Clipmaschine für „R-Clips“ eine Kombination von Linearbewegung des Stempels und Schwenkbewegung der Matrize vorzusehen.
Auch unter Berücksichtigung der D12 wie auch der D13 gelangt der Fachmann somit nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des Anspruchs 1.
Die Beschwerdeführerin hat unter Berufung auf eine Entscheidung des Europäischen Patentamts zum parallelen Europäischen Patent Nr. 1 736 412 (siehe Dokumente D7, D8, D9) vorgetragen, für den Fachmann sei offensichtlich, dass der Stempel einer „R-Clips“-Maschine linear bewegt werden müsse, um das Einwirken unkontrollierbarer Kipp- und Drehmomente auf den Clip bei Verarbeitung von Clips unterschiedlicher Größe zu vermeiden. Dass dies für einen Fachmann, der die stark überzeichneten Darstellungen der Figuren 3A bis 3C des angefochtenen Patents nicht kannte, offensichtlich war, konnte der Senat jedoch nicht feststellen. Die bloße Behauptung reicht nicht als Beweis, dass der Fachmann vor dem Anmeldetag des Patents einen Anlass hatte, bei einer „R-Clips“Maschine eine Schwenkbewegung der Matrize mit einer Linearbewegung des Stempels zu kombinieren.
Die Beschwerdeführerin hat weiter vorgetragen, dass die lineare Bewegung des Stempels das Einwirken unkontrollierbarer Kipp- und Drehmomente auf den Clip nicht vermeiden könne, da diese beim Abtrennen des einseitig mit dem Clipstrang verbundenen „R-Clips“ mittels der an Stempel und Matrize ausgeführten Schneidwerkzeuge automatisch aufträten. Die patentgemäße Clipmaschine weise daher, da dieser technische Effekt nicht erreicht werde, keinen technischen Vorteil gegenüber dem Stand der Technik auf. Es habe deshalb im Belieben des Fachmanns gestanden und rechtfertige kein Beruhen auf erfinderischer Tätigkeit, bei einer „R-Clips“-Maschine mit Schwenkbewegung von Stempel und Matrize die Schwenkbewegung des Stempels gegen eine lineare Bewegung auszutauschen. Dies ergäbe sich daraus, dass nach der Entscheidung „Heizer“ (BGH Xa ZR 148/05) das Ergreifen einer Maßnahme auch ohne Vorliegen eines Anlasses dann als naheliegend zu bezeichnen sei, wenn durch diese Maßnahme kein technischer Vorteil erreicht würde. Letzteres konnte der Senat der zitierten Entscheidung jedoch nicht entnehmen. Vielmehr wird dort für einen besonders gelagerten Einzelfall ausgeführt, dass es anders als im Regelfall eines besonderen Anlasses für das Ergreifen einer Maßnahme dann nicht bedarf, um diese als naheliegend zu bezeichnen, wenn mit dieser kein technischer Vorteil verbunden ist, und außerdem eine zum Stand der Technik gehörende Druckschrift dem Fachmann diese Maßnahme als auf der Hand liegende Möglichkeit eröffnet, auf die er nur zugreifen muss. Die zweite dieser zwei Bedingungen ist jedoch vorliegend für die patentgemäße Merkmalskombination, nämlich Verarbeitung von R-Clips, Schwenkbewegung der Matrize und lineare Bewegung des Stempels, nicht gegeben.
Die weiteren Druckschriften und Dokumente liegen weiter ab und haben zu Recht in der mündlichen Verhandlung keine Rolle mehr gespielt.
8) Die Unteransprüche 2 bis 6 werden vom Anspruch 1 getragen.
Sandkämper Bayer Krüger Ausfelder Me
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