8 W (pat) 28/13
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 28/13
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2011 012 428.4 …
hat der 8. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts im schriftlichen Verfahren am 9. November 2017 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. phil. nat. Zehendner sowie die Richter Dr. Huber, Dipl.-Ing. Rippel und die Richterin Uhlmann ECLI:DE:BPatG:2017:091117B8Wpat28.13.0 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B21D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Juli 2013 aufgehoben und das Patent 10 2011 012 428 erteilt.
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Bezeichnung: "Beschlag für einen Fahrzeugsitz",
Patentansprüche 1 bis 8, eingereicht mit Schriftsatz vom 6 Juli 2017,
Beschreibung Seiten 1 bis 9, eingereicht mit Schriftsatz vom 22. September 2017 Seiten Zeichnungen Figuren 1 bis 4, gemäß Offenlegungsschrift.
Gründe I.
Die Patentanmeldung 10 2011 012 428.4 mit der ursprünglichen Bezeichnung "Verfahren zur Herstellung eines Beschlagteils eines Beschlags für einen Fahrzeugsitz" ist am 23. Februar 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt als Zusatz zur deutschen Patentanmeldung 10 2009 041 493.2 eingereicht worden und nach Wegfall der Hauptanmeldung selbstständig geworden. Nach einer Anhörung, in der die Prüfungsstelle eine Patenterteilung auf Basis des Hilfsantrages unter Auflagen in Aussicht gestellt hat, hat die ursprüngliche Anmelderin und bisherige Beschwerdeführerin - damals noch firmierend als K… GmbH & Co. KG mit Eingabe vom 15. September 2012 weitere Anträge gemäß Haupt- und Hilfsanträgen 1 und 2 eingereicht und die Erteilung eines Patents auf Grundlage der geänderten Unterlagen beantragt.
Die Prüfungsstelle hat mit Beschluss vom 31. Juli 2013 die Anmeldung zurückgewiesen, weil sie den Gegenstand nach Anspruch 1 gemäß Haupantrag, sowie den Hilfsanträgen 1 und 2 gegenüber dem Stand der Technik nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend ansieht.
Gegen den ihr am 5. August 2013 zugestellten Zurückweisungsbeschluss hat die ursprüngliche Anmelderin am 2. September 2013 Beschwerde eingelegt.
Auf Hinweise des Senats unter Verweis auf die Hauptanmeldung DE 10 2009 041 493 A1 hat die Anmelderin überarbeitete Patentansprüche sowie eine überarbeitete Beschreibung eingereicht und die Erteilung eines Patents auf Grundlage der geänderten Unterlagen beantragt.
Die ursprüngliche Anmelderin und bisherige Beschwerdeführerin ist nach Erhebung der Beschwerde von K… GmbH & Co. KG in J… GmbH & Co. KG umfirmiert worden. Wie dem Senat aus Parallelverfahren bekannt und aus dem Handelsregister der beteiligten Unternehmen ersichtlich ist, hat sie sodann nach Maßgabe des Spaltungs- und Übernahmevertrages vom 30. Mai 2017 Teile ihres Vermögens einschließlich der verfahrensgegenständlichen Patentanmeldung als Gesamtheit im Wege der Umwandlung durch Abspaltung auf die Firma A… Ltd. & Co. KG mit Sitz in K1… übertragen, die zum Konzern der Beschwerdeführerin gehört.
Der Wechsel der Inhaberschaft an der verfahrensgegenständlichen Patentanmeldung von der Fa. J… GmbH & Co. KG auf die A1… S.à.r.l. L… ist mit Wirkung vom 14. Februar 2017 im Patentregister vermerkt worden.
Die frühere Beschwerdeführerin hat mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 17. Oktober 2017 den Austritt aus dem Beschwerdeverfahren erklärt und ihre Zustimmung zur Übernahme des Beschwerdeverfahrens durch die A1… S.à.r.l. erteilt. Die A1… S.a.r.l hat erklärt, das Beschwerdeverfahren zu übernehmen.
Die Beschwerdeführerin stellt sinngemäß den Antrag,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B21D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Juli 2013 aufzuheben und das Patent 10 2011 012 428 mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Bezeichnung: "Beschlag für einen Fahrzeugsitz".
Patentansprüche 1 bis 8, eingereicht mit Schriftsatz vom 6. Juli 2017,
Beschreibung Seiten 1 bis 9, eingereicht mit Schriftsatz vom 22. September 2017 Seiten Zeichnungen Figuren 1 bis 4, gemäß Offenlegungsschrift.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet (Gliederung vom Senat hinzugefügt):
1. Beschlag (10) für einen Fahrzeugsitz, 1.1. mit zwei zueinander verdrehbaren Beschlagteilen (11, 12), 1.2. wobei an einem ersten Beschlagteil (11) ein Zahnkranz (17) und 1.3. an einem zweiten Beschlagteil (12) Führungssegmente (14) zur Lagerung des ersten Beschlagteils (11) und zur Führung von Riegeln (16) angeordnet sind, 1.4. wobei die Riegel (16) mit dem Zahnkranz zusammenwirken, um den Beschlag (10) zu verriegeln, 2. wobei die Beschlagteile (11, 12) aus einem Vergütungsstahl bestehen, 2.1. der zuvor hochfest gewalzt wird, 2.2. wobei beim Hochfest-Walzen ein Warmband des Vergütungsstahls in ein Kaltband von 30 % bis 70 % Stärke des Warmbandes gewalzt wird 2.3. und der so gewonnene, hart angewalzte Vergütungsstahl lufthärtend ist, 3. und wobei das Beschlagteil (11,12) aus dem Kaltband des hochfest gewalzten Vergütungsstahls gestanzt ist 4. und der Vergütungsstahl hinsichtlich seiner chemischen Zusammensetzung 4.1. 0,2 - 0,27 % C und 4.2. maximal 0,006% B aufweist, 5. wobei der Vergütungsstahl eine 0,2% - Dehngrenze Rp0,2 von 550 – 600 MPa aufweist, 6. wobei ein Vergütungsstahl mit einer 0,2% - Dehngrenze Rp0,2 = 657 MPa +/- 10 % ausgenommen ist.
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 7 sowie des auf einen Fahrzeugsitz gerichteten Anspruchs 8 wird auf Blatt 47 und 48 der Akten Bezug genommen.
Im Laufe des Verfahrens wurden folgende Druckschriften in Betracht gezogen:
D1 „Warmgewalzter Bandstahl- Hohenlimburger Mittelband“- Ausgabe 2005 D2 = D14 D3 DE 101 18 358 A1 D3A EP 1 377 480 B1 (Familienmitglied zu D3) D4 DE 103 39 119 B3 D5 DE 24 52 486 A1 D6 DE 197 38 943 A1 D7 WO 2007/039001A1 D8 DE 10 2004 061 062 A1 D9 Prospekt HOESCH HOHENLIMBURG (ThyssenKrupp „Warmgewalzte,
borlegierte Stähle / Die starke Alternative mit wirtschaftlichem Fokus“); 05/2006; insgesamt 12 Seiten D10 Salzgitter Flachstahl Werkstoffblatt „Lufthärtbarer Vergütungsstahl in warm- und kaltgewalzter Ausführung“; Ausgabe November 2006 (Erstausgabe); insgesamt 9 Seiten D11 DE 10 2004 054 444 B3 D12 DE 20 2007 005 182 U1 D13 DE 10 2004 053 620 A1 D14 EP 1 253 209 A2 D15 EP 1 881 083 A1 D16 DE 44 36 101 A1 D17 US 6 799 806 A D18 DE 10 2005 046 807 B3 D19 DE 10 2006 015 560 B3 D20 DE 10 2009 041 493 A1 II.
Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.
Die nunmehr im Patentregister eingetragene Inhaberin der Patentanmeldung war gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 265 ZPO auf ihren Antrag als neue Beschwerdeführerin im Beschwerdeverfahren zuzulassen, obwohl sie entgegen § 74 Abs. 1 PatG am Verfahren vor dem Patentamt nicht beteiligt war. Zwar führt die Umschreibung der Patentanmeldung auf den Rechtsnachfolger gemäß § 30 Abs. 3 PatG nicht zu einem Wechsel in der Beteiligtenstellung des Beschwerdeverfahrens. Gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 265 ZPO hat die Veräußerung des Verfahrensgegenstandes keine Auswirkung auf die Verfahrensstellung des bisherigen Anmelders. Auf entsprechenden Antrag und mit Zustimmung aller Beteiligten kann der Rechtsnachfolger jedoch in die Stellung des bisherigen Inhabers eintreten. Der Wechsel der Beteiligtenstellung von der ursprünglichen Anmelderin auf die jetzige Beschwerdeführerin war im konkreten Fall zuzulassen, da die bisherige Beschwerdeführerin ihr Ausscheiden aus dem Verfahren beantragt und ihre Rechtsnachfolgerin erklärt hat, in das Verfahren einzutreten. Gründe der Sachdienlichkeit stehen dem nicht entgegen. Denn die neue Beschwerdeführerin hat nach Übertragung des gesamten maßgeblichen Geschäftsbereichs in ihren Konzernbereich ein größeres wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Beschwerdeverfahrens und gleichzeitig die größere Sachnähe als die bisherige Anmelderin. Eine Verzögerung des Verfahrens ist nicht zu erwarten. Der Zustimmung des Gegners bedarf es im einseitigen Anmeldebeschwerdeverfahren naturgemäß nicht.
Die Beschwerde ist in der Sache auch begründet, denn die Anmeldungsgegenstände nach den geltenden Ansprüchen 1 bis 8 stellen jeweils eine patentfähige Erfindung im Sinne von §§ 1 bis § 5 PatG dar.
1. Der Anmeldegegenstand betrifft nach dem geltenden Anspruch 1 einen Beschlag für einen Fahrzeugsitz mit zwei zueinander verdrehbaren Beschlagteilen. Nach den Ausführungen auf Seite 1, 2. Absatz der geltenden Beschreibungseinleitung ist aus der EP 1 377 480 B1 (D3A) ein Verfahren zur Herstellung eines Beschlagteils dieser Art bekannt, bei dem ein aus Stahl bestehender Beschlag in den verschleißgefährdeten Bereichen lokal lasergehärtet wird. Jedoch haben nach den Ausführungen auf Seite 1, 2. Absatz der geltenden Beschreibung lokal härtbare Materialien in der Regel keine ausreichende Festigkeit für den Crashfall, während ausreichend feste Materialien nicht lokal gehärtet werden können.
Daher liegt nach Seite 2, 1. Absatz der geltenden Beschreibung der vorliegenden Patentanmeldung die Aufgabe zu Grunde, ausgehend von der EP 1 377 480 B1, ein derartiges Beschlagteil zu verbessern.
Gelöst wird diese Aufgabe nach den Ausführungen auf Seite 2 der geltenden Beschreibung durch ein Beschlagteil mit den Merkmalen des Anspruches 1.
Zuständiger Fachmann ist vorliegend ein Diplom-Ingenieur (FH) der Fachrichtung Maschinenbau oder Fertigungstechnik mit beruflicher Erfahrung auf dem Gebiet der Konstruktion von Metall-Beschlagteilen.
Einige Merkmale bedürfen der Erläuterung. Nach Merkmal 2 bestehen die Beschlagteile aus einem Vergütungsstahl. Vergütungsstahl ist Stahl, der durch Vergüten (= Härten und Anlassen) hohe Zug- und Dauerfestigkeit erhalten kann.
Nach den Merkmalen 2.1 und 2.2 wird durch Hochfest-Walzen ein Warmband des Vergütungsstahls in ein Kaltband von 30 % bis 70 % Stärke des Warmbandes gewalzt. Dies heißt, dass zunächst ein Warmband vorliegt (Warmband ist ein Vormaterial, das in einem Walzwerk durch Warmwalzen oberhalb der Rekristallisationstemperatur des zu verarbeitenden Metalls aus einer gegossenen Bramme in mehreren Walzdurchgängen in ein dünneres und längeres Band umgeformt wird), welches anschließend nach Abkühlung durch Kaltwalzen in ein Kaltband (kalt)umgeformt wird. Kaltwalzen ist die Umformung von Walzgut unterhalb seiner Rekristallisationstemperatur, die bei Stahl im Bereich von 500° - 700° C liegt. Während durch Warmwalzen die Festigkeit des Materials kaum beeinflusst wird, kann durch Kaltwalzen die Festigkeit deutlich erhöht werden.
Die 0,2 %-Dehngrenze Rp0,2 ist ein Kennwert für einen Werkstoff, der den Übergang vom elastischen in den plastischen Bereich, die Streckgrenze, beschreibt. Diese 0,2-%-Dehngrenze wird bei Werkstoffen häufig anstatt der eigentlichen Streckgrenze Re angegeben, da sie stets eindeutig aus dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm herausgelesen werden kann, was bei der Streckgrenze nicht immer der Fall ist. Die 0,2 %-Dehngrenze Rp0,2 stellt diejenige Spannung dar, bei der eine bleibende Dehnung von 0,2 % erreicht wird.
2. Die geltenden Patentansprüche 1 bis 8 sind zulässig, insbesondere stellten sie keine unzulässige Erweiterung der Ursprungsoffenbarung dar.
Die Merkmale 1, 1.1, 2, 2.1, 4 bis 4.2 des Patentanspruchs 1 sind in dem ursprünglichen Anspruch 1 i. V. mit Anspruch 8 offenbart. Die Merkmale 2.2 und 3 des Patentanspruchs 1 sind in den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 5 offenbart. Die Merkmale 1.2 und 1.3 des Patentanspruchs 1 sind auf Seite 3, Absatz 2 und 3 der ursprünglichen Beschreibung offenbart. Das Merkmal 2.3 des Patentanspruchs 1 ist auf Seite 6, Absatz 3, Satz 5 und 6 der ursprünglichen Beschreibung offenbart. Die Zahlenbereichsangabe für die Dehngrenze nach Merkmal 5 ist im ursprünglichen Anspruch 4 offenbart. Diese Zahlenbereichsangabe umfasst auch die Offenbarung von Zwischenwerten, so dass der im Merkmal 6 als Disclaimer angegebene Zahlenbereich durch den ursprünglichen Anspruch 4 ebenfalls offenbart ist.
Die Merkmale des Patentanspruchs 2 sind auf Seite 5, Absatz 3 der ursprünglichen Beschreibung offenbart. Die Merkmale der geltenden Ansprüche 3 bis 6 und 8 entsprechen den Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 3, 4, 6, 7 und 9. Die Merkmale des Patentanspruchs 7 sind auf Seite 7, Absatz 1 der ursprünglichen Beschreibung offenbart.
3. Der unbestritten gewerblich anwendbare Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist gegenüber dem im Prüfungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt bekannt gewordenen Stand der Technik neu, da keiner der dort beschriebenen Beschläge alle Merkmale des Patentanspruchs 1 aufweist.
Die Hauptanmeldung (zugehörige Offenlegungsschrift DE 10 2009 041 493 A1 (D20)) ist nach dem Anmeldetag der vorliegenden Zusatzanmeldung offengelegt worden. Sie ist daher gemäß § 3 Abs. 2 PatG eine als Stand der Technik zu berücksichtigende Patentanmeldung mit älterem Zeitrang (s. a. Schulte, Patentgesetz, 10. Auflage, § 16 Rn. 18). Diese Druckschrift beschreibt einen Beschlag für einen Fahrzeugsitz, der die Merkmale 1 bis 3 aufweist, wobei der Vergütungsstahl nach den Ausführungen in Absatz [0017] der D20 ein genormter Stahl mit der Bezeichnung 27MnCrB5-2 sein soll, der üblicherweise 0,24% C, 1,23% Mn, 0,34% Cr, 0,2% Si, 0,038% Ti, 0,033% Al, 0,004% N und 0,001-0,005% B enthält, so dass auch die Merkmale 4 bis 4.2 verwirklicht sind. Die 0,2% - Dehngrenze Rp0,2 beträgt bei dem aus der Stammanmeldung bekannten Stahl 657 MPa +/- 10 %. Dieser Bereich wird durch den Disclaimer nach Merkmal 6 beim Streitpatentgegenstand ausgeschlossen, so dass der Anmeldungsgegenstand neu ist gegenüber der DE 10 2009 041 493 A1 (D20).
Die Druckschriften D2, D4, D5, D6, D9, D10, D11, D13, D14 und D15 zeigen keinen Beschlag für einen Fahrzeugsitz, der zwei zueinander verdrehbare Beschlagteile aufweist, wobei an einem ersten Beschlagteil ein Zahnkranz und an einem zweiten Beschlagteil Führungssegmente zur Lagerung des ersten Beschlagteils und zur Führung von Riegeln angeordnet sind.
Die Druckschriften D3, D3A, D7, D8, D12, D16 bis D19 zeigen jeweils Beschläge für einen Fahrzeugsitz, ohne jedoch den Werkstoff entsprechend der Merkmale 2 und 4 bis 6 festzulegen.
4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die vorangemeldete, jedoch nachveröffentlichte Hauptanmeldung (DE 10 2009 041 493 A1 (D20)) ist gemäß § 4 Satz 2 PatG bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit nicht zu berücksichtigen.
Der aus der Druckschrift D7 bekannte Beschlag (5) für einen Fahrzeugsitz, der dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 am nächsten kommt, hat zwei zueinander verdrehbare Beschlagteile (7, 8), wobei an einem ersten Beschlagteil (8) ein Zahnkranz (14) und an einem zweiten Beschlagteil (7) Führungssegmente (15) zur Lagerung des ersten Beschlagteils (8) und zur Führung von Riegeln (13) angeordnet sind, wobei die Riegel (13) mit dem Zahnkranz (14) zusammenwirken, um den Beschlag (5) zu verriegeln. Die weiteren Merkmale 2 bis 6 des geltenden Patentanspruchs 1 sind dieser Druckschrift jedoch nicht zu entnehmen. Die Druckschrift D7 enthält keine Angaben zum Material des Beschlags, so dass der Fachmann bei der Weiterentwicklung des aus D7 bekannten Beschlags zunächst einen geeigneten Werkstoff für den Beschlag auswählen muss. Hierbei orientiert er sich daher an den Werkstoffen ähnlicher Beschläge. Dabei stößt er auf die Druckschrift D9, aus der es auf Seite 11 in Verbindung mit den Seiten 4 und 5 bereits bekannt ist, Beschläge eines Fahrzeugsitzes aus einem borlegierten Vergütungsstahl (Merkmal 2) aus dem Werkstoff 27 MnCrB5-2 herzustellen, der einen C-Gehalt von 0,24 bis 0,3% und einen B-Gehalt von 0,0008 bis 0,005 % aufweist, Werten, die weitgehend im Bereich der in den Merkmalen 4.1 bis 4.2 des geltenden Patentanspruchs 1 angegebenen Grenzen liegen. Damit gelangt der Fachmann jedoch nicht zum Anmeldungsgegenstand, weil weiterhin die Merkmale 2.1 bis 2.3, 3, 5 und 6 weder aus der D7 noch aus der D9 unmittelbar und eindeutig zu entnehmen sind. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob die Merkmale 2.2 und 3 tatsächlich im Griffbereich des Fachmanns liegen, weil zumindest die Merkmale 2.1 und 2.3 bei dem aus der D9 bekannten Vergütungsstahl aus dem Werkstoff 27 MnCrB5-2 dem Fachmann nicht nahegelegt sind. Denn der aus der D9 bekannte Vergütungsstahl wird ausschließlich mit Öl oder Wasser gehärtet, wie aus den Diagrammen auf Seite 5 der D9 ersichtlich ist. Daher hat der aus der D9 bekannte Vergütungsstahl auch andere mechanische Eigenschaften als der anmeldungsgemäße, wie beispielsweise die 0,2% - Dehngrenze entsprechend den Merkmalen 5 und 6. Denn diese liegt bei dem aus der D9 bekannten Vergütungsstahl bei 350 N/mm², während sie sich beim Anmeldungsgegenstand zwischen 550 und 592 N/mm² bewegt.
Zwar ist die Auffassung der Prüfungsstelle unter Verweis auf die D10, D13 und die D15 durchaus zutreffend, dass es auch (andere) Vergütungsstähle gibt, die lufthärtend sind. Doch weisen diese entsprechend ihrer chemischen Zusammensetzung (Seite 2 der D10 bzw. D15) einen vom Anmeldungsgegenstand abweichenden C- Gehalt auf. Auch die 0,2% - Dehngrenze Rp0,2 liegt deutlich außerhalb des mit den Merkmalen 5 und 6 festgelegten Bereichs, so dass auch eine Kombination der D7, D9 mit der D10 oder der D15 nicht zum Anmeldungsgegenstand führt. Die von der Prüfungsstelle (sinngemäß) vertretene Auffassung, wonach alle Vergütungsstähle wahlweise und beliebig entweder mit Wasser, Öl oder Luft gehärtet werden können, kann nicht überzeugen. Vielmehr gibt es für jede Stahlsorte eine (Wärme-)Behandlungsempfehlung, an die sich der Fachmann hält, weil er sonst über aufwändige Versuche das Werkstoffverhalten absichern müsste.
Auch die weiteren im Prüfungsverfahren genannten Druckschriften führen den Fachmann nicht zu einem Beschlag für einen Fahrzeugsitz, der die Merkmale des geltenden Patentanspruchs 1 aufweist. Die in den Druckschriften D1, D4 und D5 genannten Stahlsorten, die einen C-Gehalt im Bereich des Anmeldungsgegenstandes aufweisen, werden allenfalls unter Verwendung von Öl oder Wasser gehärtet. Sie haben daher keine lufthärtenden Stähle zum Inhalt und gehen nicht über das hinaus, was aus der D9 bekannt geworden ist. Die Druckschriften D2, D11 und D14 liegen weiter ab, weil sie weder eine lufthärtende Stahlsorte noch einen C-Bereich offenbaren, der dem des Anmeldungsgegenstandes entspricht. Noch weiter weg liegt die D6, die lediglich die Bestimmung der Eigenschaften von Stahlsorten betrifft. Die Druckschriften D8 und D12 sowie die in der Patentanmeldung genannten Druckschriften D16 bis D19 zeigen ebenfalls nur Beschlagteile eines Beschlags für einen Fahrzeugsitz, ohne den Werkstoff festzulegen; sie gehen daher nicht über das hinaus, was aus der D7 oder der D3 bzw. D3A bekannt geworden ist. Darüber hinaus sind aus keiner dieser Druckschriften die Merkmale 5 und 6 bekannt.
Nach alledem ist Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 patentfähig und dieser Anspruch somit gewährbar.
Mit diesem zusammen sind die auf vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen des anmeldungsgemäßen Beschlags gerichteten Ansprüche 2 bis 7 gewährbar.
5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 8 ist neu gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik, da keine der Druckschriften seine Merkmale in ihrer Gesamtheit zeigt. Er beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Wie bereits bei der Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit des anmeldungsgemäßen Beschlags für einen Fahrzeugsitz nach dem Patentanspruch 1 ausgeführt ist, sind aus dem entgegengehaltenen Stand der Technik keine Beschläge für Fahrzeugsitze bekannt oder nahegelegt, die die im Anspruch 1 aufgeführten Merkmale aufweisen.
Da der auf einen Fahrzeugsitz gerichtete Patentanspruch 8 aufgrund seines Rückbezugs auf die vorhergehenden Ansprüche auch diejenigen Merkmale umfasst, die die Patentfähigkeit der anmeldungsgemäßen Beschlags nach Patentanspruch 1 tragen, ist das Vorliegen der erfinderischen Tätigkeit übereinstimmend zu beurteilen. Auf die entsprechenden Ausführungen wird verwiesen. Der Patentanspruch 8 ist daher ebenfalls gewährbar.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch eine beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwältin oder einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Zehendner Dr. Huber Rippel Uhlmann prö