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6 StR 417/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES StR 417/22 URTEIL vom 12. Juli 2023 in der Strafsache gegen wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ECLI:DE:BGH:2023:120723U6STR417.22.0 Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat in der Sitzung vom 12. Juli 2023, an der teilgenommen haben:

Richter am Bundesgerichtshof Dr. Feilcke als Vorsitzender,

Richter am Bundesgerichtshof Dr. Tiemann, Richter am Bundesgerichtshof Wenske, Richter am Bundesgerichtshof Fritsche, Richter am Bundesgerichtshof Arnoldi als beisitzende Richter,

Staatsanwalt als Vertreter des Generalbundesanwalts,

Rechtsanwalt K , Rechtsanwalt M.

als Verteidiger,

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

1. Auf die Revision des Angeklagten F. wird das Urteil des Landgerichts Bückeburg vom 11. April 2022 im Einziehungsausspruch, auch soweit es den nicht revidierenden Mitangeklagten D. Y. betrifft,

a) mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit gegen den Angeklagten F.

die Einziehung der auf dem Dach der Tennishalle installierten Photovoltaikanlage angeordnet worden ist,

b) dahin ergänzt, dass die Angeklagten F. und D. Y. in Höhe von 5.000 Euro als Gesamtschuldner haften.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

- Von Rechts wegen - Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten F. wegen Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt sowie die Einziehung eines mit einer Tennishalle bebauten Grundstücks, der auf dem Hallendach installierten Photovoltaikanlage und des Wertes von Taterträgen angeordnet. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision hat in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.

1. Nach den Feststellungen betrieben die bereits verurteilten D. Y.

, T. , O. Y.

sowie weitere Personen in der leerstehenden Tennishalle des Angeklagten F. eine Marihuanaplantage. In der Zeit von September 2020 bis Mai 2021 kam es zu einer Ernte und einer weiteren Anpflanzung.

Wegen der ihm versprochenen Hallenmiete billigte F. den Anbau des Marihuanas zum gewinnbringenden Weiterverkauf und die Versorgung der Plantage mit Strom aus der auf dem Dach der Halle montierten Photovoltaikanlage; ferner unterstützte er beide Anbauvorgänge durch die Bereitstellung von Wohnraum für die Plantagenarbeiter, Transporttätigkeiten und das Überlassen von Gerätschaften.

2. Die zum Schuld- und Strafausspruch erhobenen Verfahrensrügen versagen aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts. Der Erörterung bedarf nur das Folgende:

Die Verfahrensrüge, die Strafkammer habe die Erkenntnisse aus der Durchsuchung der Tennishalle rechtsfehlerhaft verwertet, ist unzulässig, weil das Revisionsvorbringen nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO genügt.

a) Danach sind im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau darzulegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und – in der Regel durch wörtliche Zitate beziehungsweise eingefügte Abschriften oder Ablichtungen – zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 – 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318, 319; KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 344 Rn. 38 mwN). Die Verfahrensrüge der Verletzung des § 105 StPO ist grundsätzlich nur dann in zulässiger Weise erhoben, wenn auch die polizeilichen Berichte über die Durchsuchungsmaßnahmen mitgeteilt werden (vgl. BGH, Beschlüsse vom 1. Februar 2022 – 5 StR 373/21, vom 16. Februar 2016 – 5 StR 10/16, StV 2016, 771, 772, vom 24. Januar 2012 – 4 StR 493/11 und vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 464/10; KK-StPO/Henrichs/Weingast, 9. Aufl., § 105 Rn. 23; MüKoStPO/Hauschild, 2. Aufl., § 105 Rn. 45).

b) Die Revision hat den in den Urteilsgründen mehrfach erwähnten polizeilichen Durchsuchungsbericht vom 10. Mai 2021 nicht mitgeteilt. Dies war hier nicht ausnahmsweise entbehrlich. Denn es ist für den Senat insbesondere mit Blick auf die zeitlichen Abläufe im Zusammenhang mit der Durchsuchung der Plantage nicht sicher erkennbar, ob die in den Urteilsgründen – in nicht gebotener Weise (vgl. BGH, Urteil vom 14. Dezember 2022 – 6 StR 340/21) – dargestellten Verfahrenstatsachen die für die Verwertbarkeit der Durchsuchungserkenntnisse maßgebliche Beweislage vollständig wiedergeben. Dem Senat ist es daher verwehrt, die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung umfassend zu beurteilen und gegebenenfalls weitergehend zu prüfen, ob aus dem Verfahrensfehler im konkreten Fall ein Beweisverwertungsverbot folgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. März 2006 – 2 BvR 954/02, NJW 2006, 2684, 2686; BGH, Urteile vom 6. Oktober 2016 − 2 StR 46/15, NStZ 2017, 367 Rn. 24, und vom 18. April 2007 – 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 289; Beschlüsse vom 27. November 2018 – 5 StR 566/18, NStZ-RR 2019, 94, 95, vom 16. Februar 2016 – 5 StR 10/16, aaO, und vom 30. August 2011 – 3 StR 210/11, NStZ 2012, 104 Rn. 9).

3. Eine weitere Verfahrensbeanstandung des Angeklagten führt zur Aufhebung der Entscheidung über die Einziehung der Photovoltaikanlage.

a) Der Angeklagte rügt zu Recht, dass er auf diese Rechtsfolge weder in der zugelassenen Anklage noch in der Hauptverhandlung hingewiesen wurde.

aa) Einem Angeklagten ist nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO in der Hauptverhandlung stets ein förmlicher Hinweis zu erteilen, wenn die zugelassene Anklage keinen Hinweis auf eine dort genannte Rechtsfolge enthält, wie etwa die Maßnahme der Einziehung von Tatmitteln (§ 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB). Die Hinweispflicht gilt unabhängig davon, ob sich in der Hauptverhandlung im Vergleich zum Inhalt der Anklageschrift oder des Eröffnungsbeschlusses neue Tatsachen ergeben haben (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Oktober 2020 – GSSt 1/20, BGHSt 66, 20).

bb) Der danach gebotene Hinweis wurde dem Angeklagten nicht erteilt. Insbesondere musste er nicht davon ausgehen, dass die Einziehung der auf dem Dach der Tennishalle installierten Photovoltaikanlage, die später der Versorgung der Marihuanaplantage mit Strom diente, schon aus ihrer Zubehöreigenschaft

(§ 97 BGB) folgt. Denn Zubehör ist grundsätzlich rechtlich selbstständig; es unterliegt insoweit den für bewegliche Sachen geltenden Vorschriften, Zubehörstücke teilen daher nicht zwingend das rechtliche Schicksal der Hauptsache (vgl. MüKo-BGB/Stresemann, 9. Aufl., § 97 Rn. 42).

b) Auf diesem Rechtsfehler, der auch die zugehörigen Feststellungen erfasst (§ 353 Abs. 2 StPO), beruht die Einziehungsentscheidung. Denn es erscheint zumindest möglich, dass sich der Angeklagte erfolgreicher hätte verteidigen können (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2020 – 5 StR 20/19).

4. Die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung führt zur Ergänzung der Einziehungsentscheidung betreffend den Angeklagten F. in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO. Der Angeklagte haftet mit dem Verurteilten D. Y. für die Einziehung von Wertersatz gesamtschuldnerisch (vgl. BGH, Beschluss vom 1. Juli 2020 – 6 StR 96/20). Denn die an den Angeklagten F. ausgezahlte Miete in Höhe von 5.000 Euro stammte aus dem von D. Y. vereinnahmten Erlös aus dem Verkauf der ersten Drogenernte in Höhe von 187.900 Euro. Der Senat erstreckt die Entscheidung insoweit auf den nicht revidierenden Mitangeklagten D. Y. (§ 357 Satz 1 StPO), weil dieser in gleicher Weise von der Gesetzesverletzung betroffen ist.

Feilcke Tiemann Wenske Fritsche Arnoldi Vorinstanz: Landgericht Bückeburg, 11.04.2022 - 4 KLs 6041 Js 51262/21 (11/21)

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