Paragraphen in 11 W (pat) 17/14
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 17/14
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 199 56 692.5 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 4. Dezember 2018 durch den Vorsitzenden Richter Dr.-Ing. Höchst sowie die Richter Eisenrauch, Dr.-Ing. Fritze und Dr.-Ing. Schwenke ECLI:DE:BPatG:2018:041218B11Wpat17.14.0 beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse C 22 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Februar 2014 aufgehoben, und das Patent 199 56 692 wird mit der Bezeichnung „Lithoband“, mit dem Patentanspruch 1 vom 19. April 2018, den Beschreibungsseiten 1 bis 18 und den Tabellen 1 bis 4 vom 8. November 2018 sowie der Zeichnung umfassend die Abbildungen 1a und 1b vom Anmeldetag erteilt.
Gründe I.
Die Beschwerdeführerin ist Anmelderin der am 25. November 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Lithoband und Verfahren zu seiner Herstellung“.
Die Prüfungsstelle für Klasse C22C hat die Anmeldung durch Beschluss vom 5. Februar 2014 zurückgewiesen mit der Begründung, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Auf einen Hinweis des Berichterstatters hat sie neugefasste Unterlagen eingereicht und sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse C 22 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Februar 2014 aufzuheben und das Patent 199 56 692 mit der Bezeichnung „Lithoband“, mit dem Patentanspruch 1 vom 19. April 2018, den Beschreibungsseiten 1 bis 18 und den Tabellen 1 bis 4 vom 8. November 2018 sowie der Zeichnung umfassend die Abbildungen 1a und 1b vom Anmeldetag zu erteilen.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet (hier gegliedert wie in der Beschlussbegründung):
M1 „Lithoband für die Herstellung eines Druckplattenträgers oder einer Druckplatte für den Rollenoffsetdruck hergestellt durch ein Verfahren mit den folgenden Merkmalen,
M2 M2a1 a) Herstellen eines Walzbarrens von einer Dicke > 500 mm M2b M2b1 M2b2 M2b3 M2b4 M2b5 aus einer Legierung enthaltend 0,05-0,15 % Si, 0,30-0,40 % Fe, 0,15-0,30 % Mg, 0-0,005 % Cu, 0-0,01 % Mn, 0-0,01 % Cr, 0-0,02 % Zn, 0-0,01 % Ti, 0-50 ppm B, Rest Aluminium und herstellungsbedingte Verunreinigungen, die in der Summe weniger als 0,05 % betragen,
M2a2 M2c M3 M3a M3b M3c M3W1 M3W2 M4 M4a M4b M4a1 M4a1 M4a2 M4a3 im Strangguss und Homogenisieren des Walzbarrens bei Temperaturen im Bereich von 480-620°C mindestens 2 h; b) Warmwalzen des Walzbarrens mit einer Dickenreduzierung im letzten Warmwalzstich im Bereich von 15-75 %, einer Warmbandendtemperatur > 250°C und einer Warmbanddicke von 2-7 mm; so dass das Warmband nach einer Abkühlung an Raumtemperatur an der Oberfläche globulitische, rekristallisierte Körner mit einem mittleren Durchmesser < 50µm und ein Restwiderstandsverhältnis von RR = 10-20 aufweist; c) Kaltwalzen des Warmbandes mit Zwischenglühung, wobei nach der Zwischenglühung der Abwalzgrad > 60 % beträgt und die Zwischenglühung mit langsamer Aufheizgeschwindigkeit von 10 bis 75°C/h bei 300 bis 500°C Metalltemperatur und Glühzeiten > 1h erfolgt; M5 M5aW M5a M6W d) weitere Bearbeitung des kaltgewalzten Bandes bis zur EC-Aufrauhung durch Recken, Entfetten, Schneiden und/oder Beizen unter Beibehaltung des im Walzprozess eingestellten Gefügezustandes bei Temperaturen < 100°C erfolgt, wobei das resultierende Lithoband nach einem Einbrenntest bei 240 °C/Min. eine Zugfestigkeit von mindestens 150 MPa aufweist.“
Bei der Prüfung der Patentfähigkeit berücksichtigt wurden die Druckschriften
(1) DE 32 32 810 A1, (2) US 4,435,230, (3) US 5,114,825 A, (4) FR 2 179 515 A, (5) US 5,110,371 A, (6) US 4,836,863, (7) JP 01 247547 A (Patent abstracts of Japan), (8) englische Übersetzung der JP 11-61364 A, (9) CARTMELL, L.J.; et al.: Hot rolling of sheet and strip: aluminium and aluminium alloys, Metals Technology, July–August 1975, S. 313–317, (10) FERRY, M.; JONES, D.: High-rate annealing of single-phase and particlecontaining aluminium alloys, Scripta Materialia, Vol. 38, No. 2, 1998, S. 177–183, (11) US 4,836,396 A, (12) ALUMINIUM-ZENTRALE Düsseldorf (Hrsg.): Aluminium-Taschenbuch, 14. Auflage, Düsseldorf: Aluminium-Verlag, 1983, S. 254–257 und S. 692– 698, ISBN 3-87017-169-3, (13) US 3,911,819, (14 DE 25 11 831 A1 und
(15) LAEVERS et al.: The influence of manganese on the AC electrolytic graining of aluminium, Corrosion Science, Vol. 38, No. 3, 1996, S. 413–429.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Die Anmeldung betrifft ein Lithoband. In der Beschreibung ist u. a. dargelegt, man erzeuge derartige Bänder aus einer aus Aluminiumlegierung bestehenden Gussbarren, indem man diese durch Warm- und Kaltverformungsschritte zu dünnen Bändern auswalzt und für den Einsatz als Offset-Druckplatten elektrochemisch aufraut. Dafür müssten die Werkstoffe ein gutes über die Fläche gleichmäßiges Aufrauverhalten in EC-Prozessen (EC = elektrochemisch) aufweisen. Mittels Einbrennen einer lichtempfindlichen Fotoschicht, was bei 220 bis 300°C in 3 bis 10 Minuten geschehe, werde aus diesem Druckplattenträger eine OffsetDruckplatte. Beim Einbrennprozess solle der Druckplattenträger möglichst wenig an Festigkeit verlieren, d. h., das Material müsse eine hohe thermische Stabilität aufweisen. Die fertige fotochemisch belichtete Druckplatte werde für das RollenOffsetdrucken auf einem Druckzylinder fixiert; ist die Einspannung auf den Zylinder nicht exakt, werde die Platte beim Drucken zyklisch auf Biegung oder Torsion beansprucht. Die Werkstoffe für Offset-Druckplatten müssten deshalb eine hohe Ermüdungsfestigkeit bzw. Biegewechselfestigkeit, insbesondere quer zur Walzrichtung, aufweisen, weil erfahrungsgemäß in dieser Orientierung die Platte weniger fest als längs zur Walzrichtung sei. In den bisher zu diesem Thema veröffentlichten bzw. patentierten Werkstoffentwicklungen sei stets das Ermüdungsverhalten in Längsrichtung, nicht aber in der kritischen Querrichtung betrachtet worden.
Die Aufgabe soll darin bestehen, ein Lithoband zu entwickeln, das eine hohe thermische Stabilität besitzt, sich in EC-Prozessen auf Basis von HCl und HNO3 genauso gut wie Reinaluminium aufrauen lässt, nach der EC-Aufrauhung ein gleichmäßiges, strukturloses (streifenfreies) Aussehen zeigt und das eine hohe Biegewechselfestigkeit senkrecht zur Walzrichtung aufweist.
Der damit betraute Fachmann ist Hochschulabsolvent des Studienganges Werkstoffkunde, der über mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der Herstellung von Aluminiumbändern verfügt, insbesondere von Bändern zur Verwendung in der Druckindustrie.
Die Lösung sieht die Anmelderin in einem Lithoband für die Herstellung eines Druckplattenträgers oder einer Druckplatte für den Rollenoffsetdruck (M1), das mit dem wie folgt näher erläuterten Verfahren erzeugt wird.
In dem ersten Schritt, (M2), wird aus einem beispielsweise 600 mm dicken im Strangguss erzeugten (M2a2) Barren mittels Abfräsens (vgl. urspr. Beschreibung, S. 11, letzter Abs.) ein Walzbarren mit einer Ausgangsdicke > 500 mm (M2a1) hergestellt. Abfräsen ist zum Abtragen der Gusshaut und um eine definierte Ausgangsdicke für den Walzbarren zu haben erforderlich. Dieser besteht aus einer bestimmten Aluminiumlegierung (M2b). Worauf sich die Prozentangaben im Anspruch beziehen, kommt in den Merkmalen M2b1 bis M2b5 nicht zum Ausdruck. Es ist aber zu unterstellen, dass die Werkstoffzusammensetzung – wie schon aus praktischen Erwägungen heraus für technische Legierungen üblich – in Gewichtsprozent angegeben zu verstehen ist, was auch durch die Ausführungsbeispiele gestützt wird (vgl. Tabellen 2 bis 4).
Warmwalzen gemäß dem zweiten Schritt, (M3), bedeutet, dass die Umformung des Barrens in einer Walzvorrichtung unter Bedingungen zu erfolgen hat, die zu einer Umbildung des Gefüges führen sollen – also mit über der Rekristallisationstemperatur der Legierung liegenden Umformtemperaturen, ausreichenden Umformgraden und ausreichenden Einwirkzeiten. Die Prozentangaben 15 bis 75% für die Dickenreduzierung in dem Merkmal M3a errechnet der Fachmann nach der Gleichung (D0 – D)/D0 x 100%, wobei D0 die Ausgangsdicke des Walzbarrens ist. Die Angabe im Merkmal M3b, wonach am Ende des Warmwalzens das Warmband noch eine Temperatur > 250°C aufweisen soll, bedeutet, dass dann Temperaturen im Werkstück zulässig sind, bei denen zusammensetzungsabhängig noch Rekristallisationsvorgänge ablaufen könnten. D ist die Dicke des Bleches nach erfolgtem Warmwalzen; sie liegt laut Merkmal M3c im Bereich von 2 bis 7 mm. Die konkrete Angabe des Dickenreduzierungsbereiches bezieht sich ausdrücklich nur auf den letzten Warmwalzstich.
Gemäß Merkmal M3W1 kühlt das warmgewalzte Blech an Raumtemperatur ab – darunter versteht der Fachmann die Abkühlung des Werkstücks an ruhender Luft bei Raumtemperatur und ohne die Abkühlung beschleunigende oder verlangsamende Maßnahmen. Das Band soll an der Oberfläche globulitische (also annähernd kugelförmige), rekristallisierte Körner – eigentlich ist gemeint: aus der Rekristallisation hervorgegangene Körner – mit einem mittleren Durchmesser < 50µm aufweisen. Laut den Ausführungsbeispielen reicht es aus, wenn das Gefüge nicht über den gesamten Bandquerschnitt, sondern im Bereich von 80 bis 85% über die Banddicke gesehen rekristallisiert ist (vgl. S. 14, erster Abs.). Fig. 1a soll schematisch ein erfindungsgemäßes Gefüge darstellen; es weist in den oberflächenfernsten Bereichen des Gefüges noch in Walzrichtung gestreckte Körner auf.
In diesem Zwischenzustand hat das Material laut Merkmal M3W2 ein Restwiderstandsverhältnis von RR = 10 bis 20. Der Beschreibung ist dazu zu entnehmen, dieser Wert sei ein Maß für die im Aluminium-Mischkristall in fester Lösung befindlichen Legierungsanteile, wobei hier die für die Biegewechselfestigkeit wichtigen gelösten Elemente Eisen und Magnesium von Interesse seien. Wieviel davon gewichtsanteilig jeweils in fester Lösung vorliegen, offenbart die Anmeldung konkret nicht. Stattdessen soll die Messung des RR-Wertes im Warmband im frühen Fertigungsstadium eine Kontrolle über die gelösten Anteile ermöglichen. Hinsichtlich der Messmethode zur Ermittlung dieser Kenngröße verweist die Anmelderin auf einen Fachartikel in der Druckschrift Corrosion Science. Daraus geht hervor, der RR-Wert sei das Verhältnis der spezifischen Widerstände gemessen bei Raumtemperatur bzw. bei 4,2 Kelvin (vgl. (15), S. 415, letzter Satz bis S. 417, erster Satz). Je größer RR sei, desto weniger Fremdatome seien im Aluminium gelöst.
Im nächsten Verfahrensschritt, (M4), erfolgt das Kaltwalzen des aus dem Warmwalzen hervorgegangenen Bandes, also bei Temperaturen, wo keine Rekristallisation im Material stattfindet. Den Walzgrad gemäß Merkmal M4b von mehr als 60% bis auf Enddicke bestimmt der Fachmann wiederum nach der oben angegebenen Gleichung, wobei die Ausgangsdicke D0 nunmehr die bis dahin mit dem Warmwalzen erreichte Dicke des Bandes ist und D die Dicke, mit der das Band aus dem letzten Kaltwalzschritt hervorgeht, z. B. 0,3 mm. Merkmal M4a zufolge ist [genau] eine Zwischenglühung vorgesehen; d. h., nachdem das Band zunächst noch nicht auf Enddicke kalt abgewalzt ist, wird mit anspruchsgemäß geringen Aufheizraten (M4a1 und M4a1a) auf erhöhte Temperaturen (M4a2) und mit längeren Glühdauern (M4a3) eine rekristallisierende Wärmebehandlung durchgeführt, um die bis dahin eingetretene Kaltverfestigung des Materials zu beseitigen und ausgehend von diesem Zustand eine abschließende Kaltumformung bis auf die gewünschte Enddicke zu ermöglichen. Die jeweilige Anzahl der Walzstiche vor und nach der Zwischenglühung lässt der Anspruch offen.
Der letzte Schritt, (M5), betrifft die weitere Bearbeitung des kaltgewalzten Bandes bis zur EC-Aufrauhung. Recken, Entfetten, Schneiden und/oder Beizen sollen unter Beibehaltung des mit dem vorangegangenen abschließenden Kaltwalzen eingestellten Gefüges (M5aW) bei Temperaturen < 100°C erfolgen (M5a). Das bedeutet, dass das Lithoband im walzharten Zustand in die Druckplattenherstellung geht. Um zu testen, wie sich das Material beim Einbrennen der Fotoschicht verhalten wird, soll das resultierende Lithoband 10 Minuten lang einem Einbrenn- test bei 240°C unterzogen werden und danach noch eine Zugfestigkeit von mindestens 150 MPa aufweisen (M6W).
2. Das Patentbegehren ist zulässig.
a) Der geltende Patentanspruch, insbesondere in seiner Fassung als Productby-process-Anspruch, ist zulässig.
Er beruht auf einer Zusammenführung der in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 angegebenen Merkmale des Lithobandes mit den Merkmalen in den ursprünglichen, auf ein Verfahren zu dessen Herstellung gerichteten Patentansprüchen 5 und 6. Die ursprüngliche Offenbarung ist somit gegeben, und der mit den ursprünglichen Ansprüchen 1 bzw. 5 jeweils angestrebte Schutzumfang wurde durch den neuen Patentanspruch in zulässiger Weise eingeschränkt.
Im angefochtenen Beschluss hat die Prüfungsstelle Zweifel zum Ausdruck gebracht, ob die Voraussetzung eines Product-by-process-Anspruchs erfüllt ist, wonach eine präzisere Kennzeichnung durch strukturelle Merkmale nicht möglich ist. In Anbetracht ihres Prüfungsergebnisses, wonach der Gegenstand des Anspruchs 1 ohnehin nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, hat sie das aber nicht begründet.
Der Senat hat insoweit keine Bedenken. Um die oben genannte Voraussetzung zu erfüllen, genügt es bereits, wenn aus Sicht der Anmelderin zum Zeitpunkt der Anmeldung nur diese Art der Definition bestand (vgl. Schulte § 34 Rn. 157). Der Nachweis dafür, dass und wie allein anhand struktureller Merkmale ohne die Angabe der diese bewirkenden Verfahrensschritte und -parameter eine präzisere Kennzeichnung möglich gewesen wäre, wurde im Prüfungsverfahren nicht geführt.
Auch die übrigen Voraussetzungen eines Product-by-process-Anspruchs sind hier erfüllt (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 10. Aufl., § 34 Rn. 158 bis 160).
Die Prüfungsstelle hatte im Beschluss bereits festgestellt, die Eigenschaften des hier herzustellenden Produkts seien durch die angegebenen Verfahrensschritte zu erreichen. Das zur Kennzeichnung des Lithobandes verwendete Verfahren ist also mit hinreichender Aussicht auf Erfolg ausführbar.
Letztlich unterscheidet sich – wie im Weiteren gezeigt wird – das anmeldungsgemäß vorzusehende Verfahren von den bekannten Verfahren, und es führt den in der Anmeldung aufgezeigten Untersuchungsergebnissen zufolge auch zu einem neuen Erzeugnis.
b) Die geltende Beschreibung entspricht inhaltlich der ursprünglichen Beschreibung mit Anpassung an die nunmehr geltende Anspruchsfassung, Angaben zum berücksichtigten Stand der Technik sowie Streichung der Bezugnahmen auf den nicht weiter verfolgten ursprünglichen Verfahrensanspruch.
3. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist durch den Stand der Technik, der sich aus den von der Prüfungsstelle in dem Zurückweisungsbeschluss abgehandelten Druckschriften (8) bis (11) ergibt, nicht neuheitsschädlich vorweggenommen und auch nicht nahegelegt.
a) Neuheitsbegründende Unterschiede des anspruchsgemäßen Lithobandes gegenüber dem aus Druckschrift (8) bekannten Druckplattenträger für den Steindruck aus Aluminiumlegierung (Abs. [0009], „aluminium alloy support for lithographic printing plate“) bestehen insoweit, als die Verfahrensmerkmale M2a1, M2c, M3a und M4a1a daraus nicht zu entnehmen sind. Auch Angaben zu den aus der Verfahrensweise resultierenden Lithobandeigenschaften sind nicht offenbart, die der Patentanspruch in den Merkmalen M3W1, M3W2 und M6W angibt.
Die Druckschrift (9), welche sich mit dem Warmwalzen von Blech und Band aus Aluminium und Aluminiumlegierungen (Titel: „Hot rolling of sheet and strip: aluminium and aluminium alloys“) befasst und u. a. auf Anforderungen an kaltgewalzte Erzeugnisse für die Lithografie eingeht (S. 316, linke Spalte, „Trends in customer requirements…“; (e) „trends towards improved surface quality …for lithographic products…“), offenbart nichts zu den Merkmalen M2b2, M2b5, M3W2 sowie M4 bis M6W.
Die Druckschrift (10) befasst sich mit dem raschen Anlassen von einphasigen und Partikel enthaltenden Aluminiumlegierungen (S. 177, Titel „High-rate annealing of single-phase and particle-containing aluminium alloys“) und ersichtlich nicht mit einem Lithoband; somit ist bereits Merkmal M1 nicht offenbart. Die in dieser Druckschrift abgehandelten Aluminiumlegierungen weisen außerdem eine andere chemische Zusammensetzung als die im Anspruch in den Merkmalen M2b2 bis M2b5 angegebene auf. Zu einer etwaigen Herstellung von Walzbarren mittels Strangguss, der Verarbeitung durch Warmwalzen und den Eigenschaften des so erzeugten Warmbandes sind in der Druckschrift (10) ebenfalls keine Angaben enthalten. Somit fehlt es auch an einer Offenbarung der Merkmale M2a2 und M2c sowie M3 bis M3W2. Zu Merkmalen des dort vollzogenen Kaltwalzens sind keine Angaben zum Abwalzgrad, M4b, zur Zwischenglühung nur unvollständige Informationen zur Metalltemperatur, M4a2, und keine Angaben zu den Glühzeiten, M4a3, enthalten. Auf eine anwendungsbezogene Bearbeitung der so erzeugten Bleche sowie deren Eigenschaften und Verwendungen, auf welche die Merkmale M5, M5aW, M5a und M6W gerichtet sind, geht Druckschrift (10) ebenfalls nicht ein.
Die Druckschrift (11) befasst sich mit einer Druckplatte aus Aluminiumlegierungsmaterial (Titel: „Aluminium alloy material plate“). Inhaltlich stimmt sie im Wesentlichen mit der Druckschrift (8) überein, und die oben bereits mit Bezug auf Druckschrift (8) aufgezeigten Merkmale eines Lithobandes sind ihr somit ebenfalls nicht zu entnehmen. Der geringfügig andere Offenbarungsumfang der Druckschrift (11)
verglichen mit dem der Druckschrift (8) besteht darin, dass dort Homogenisierungstemperaturen und -zeiten benannt werden, die dem Merkmal M2c entsprechen; zu Merkmal M3b, das die Warmbandendtemperaturen betrifft, enthält sie dagegen keine Angaben.
In keiner der Druckschriften (8) bis (11) ist somit ein Lithoband mit sämtlichen im geltenden Patentanspruch angegebenen Merkmalen unmittelbar offenbart.
b) Das zweifellos gewerblich anwendbare Lithoband gemäß dem Patentanspruch beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Die Prüfungsstelle hat die Auffassung vertreten, vor dem Hintergrund der Entgegenhaltungen (8) bis (11) sei der Anspruchsgegenstand aus dem Stand der Technik nahegelegt.
Zutreffend ist, dass aus Druckschrift (8) bereits viele Merkmale bekannt sind, die das anmeldungsgemäße Lithoband ebenfalls aufweisen soll. Dennoch führt die Druckschrift (8) weder aus sich heraus noch in der Zusammenschau mit den weiteren Druckschriften den Fachmann zu der von der Anmelderin beanspruchten Lösung.
Ein Fachmann, der vor der Aufgabe steht, ein Lithoband mit bestimmten Eigenschaften zu entwickeln und ein Verfahren anzugeben, mit dem bei Lithobändern die vorstehend beschriebenen Eigenschaften hergestellt werden können, wird ausgehend von Druckschrift (8) die Druckschiften (9) und (11) beiziehen, da diese sich mit derartigen Bändern und Verfahren zu deren Herstellung befassen und – zumindest was Druckschrift (11) betrifft – auch auf das hier zugrundeliegende Problem eingehen. Eine Veranlassung für den Fachmann, die Druckschrift (10) zu betrachten, besteht dagegen nicht, da die dort abgehandelten Legierungen nicht als Lithobandmaterial in Betracht kommen; der Fachmann kann somit nicht erwarten, daraus Hinweise auf die Lösung der ihm gestellten Aufgabe zu erhalten.
Der Auffassung der Prüfungsstelle, wonach die Merkmale M2a1, M2c, M3a und M4a1a aufgrund des Fachwissens, das sich aus den genannten Druckschriften ergebe, naheliegend seien, kann nur insoweit gefolgt werden, als eine Zusammenschau des Inhalts der Entgegenhaltung (11) mit dem der Druckschrift (8) dem Fachmann unmittelbar die Merkmale M2c und M4a1a an die Hand gibt. So wird in Spalte 8, Z. 9 bis 10 beschrieben, dass dort jeder Walzbarren für 12 Stunden einer Homogenisierung bei 550°C unterzogen wurde, und in den Z. 16 bis 18, dass die Aufheizrate beim Zwischenglühen um 50°C pro Stunde betragen hat.
Hinsichtlich Merkmal M2a1, das die Ausgangsdicke des Walzbarrens betrifft, enthalten die Druckschriften (8) und (11) jedoch jeweils davon abweichende Angaben. Dort wird für das Warmwalzen von geringeren Dicken als den anmeldungsgemäß vorgesehenen > 500 mm ausgegangen, nämlich von 450 mm (vgl. Abs. [0046] in (8) und Sp. 8, Z. 3 bis 6 in (11).
Nimmt man Druckschrift (9) hinzu, benennt diese zwar u. a. Barrendicken > 500 mm, nämlich 510 und 660 mm (vgl. S. 313, linke Spalte, Abschnitt „Piece sizes and weights“, zweiter Satz). Sie zeigt dabei aber lediglich auf, was technisch bis dahin beim Warmwalzen realisierbar war. Das reicht nicht aus, um dem Fachmann das Merkmal M2a1 nahe zu legen. S. 314, „Rolling schedules“, erster Absatz, in Druckschrift (9) erläutert das experimentelle Vorgehen, ohne eine Ausgangsdicke für die dort tatsächlich untersuchten Walzbarren konkret zu benennen.
Somit führt keine der aus den Druckschriften (8), (9) und (11) entnehmbaren Lehren zu dem Merkmal M2a1.
Der im Merkmal M3a des Patentanspruchs benannte Bereich der Dickenreduzierung im letzten Warmwalzstich geht ebenfalls aus keiner der Druckschriften (8), (9) und (11) unmittelbar hervor. Die Entgegenhaltungen (8) und (11) sprechen diesen Aspekt gar nicht an, und Entgegenhaltung (9) enthält lediglich die Informationen, dass Blech aus handelsüblich reinem Aluminium von 25 mm Dicke auf
2,5 mm mit typischen Dickenabnahmen bis zu 60% pro Stich abwalzbar sei. Zu einer nicht anmeldungsgemäßen Al-4Mg-Legierung ist entnehmbar, dass – geschuldet der viel höheren Streckgrenze dieses Werkstoffs – weit geringere Abwalzraten im Bereich 12 bis 25 mm hinunter bis zu 18 mm Dicke gegeben seien (S. 314, Abschnitt „Rolling schedules“, erster und zweiter Absatz). In diesem Zusammenhang ist im Übrigen festzustellen, dass die gemäß Druckschrift (9) untersuchten Werkstoffe – anders als die anmeldungsgemäße Legierung – sämtlich kein Eisen enthalten, dafür aber zum Teil zwingend Mangan und/oder Kupfer (S. 314, Tab. 1 und 2). Der Fachmann muss also davon ausgehen, dass die dort angesprochenen Materialien ein anderes Verfestigungsverhalten als die anmeldungsgemäßen aufweisen werden und er die Lehren aus der Druckschrift (9) nicht unmittelbar zur Lösung der ihm gestellten Aufgabe übertragen kann.
Aus den Druckschriften (8), (11) und ebenso wenig aus Druckschrift (9) sind demnach keine Werte für die Ausgangsdicke des Walzbarrens vor dem Warmwalzen und dem Abwalzgrad im letzten Warmwalzstich der anmeldungsgemäßen Legierungen herleitbar.
Der Auffassung der Prüfungsstelle, aus den Verfahrensschritten M2a bis M3c ergäben sich die Merkmale M3W1 und M3W2 als zwangsläufige Wirkungen, kann der Senat daher ebenfalls nicht beitreten. Denn das anmeldungsgemäße Verfahren sieht zumindest im Warmwalzschritt Parameter vor, die – wie oben aufgezeigt – aus dem Stand der Technik nicht unmittelbar entnehmbar sind. Folglich können sich bei den aus den Druckschriften (8) und (11) bekannten Lithobändern bzw. den mit Maßgaben gemäß Druckschrift (9) erzeugten Aluminium- und Aluminiumlegierungsbändern nicht bereits zwangsläufig die Merkmale M3W1 und M3W2 ausgebildet haben. Zu den betreffenden Gefügekenngrößen sind in Druckschrift (8) und (9) lediglich vage Andeutungen enthalten: Im Abs. [0027] in Druckschrift (8) steht, es sei notwendig, mit den Warmwalzbedingungen letztlich eine gleichförmige und feine Rekristallisation zu haben; auf S. 316 der Druckschrift (9) ist ausgeführt, es sei für ein Lithoblech notwendig, die Rekristallisation im Warm- walzbarren zu kontrollieren. Konkrete Angaben zur Kornform, dem mittlerem Durchmesser und zur Lage der rekristallisierten Körner im Warmband sind den Entgegenhaltungen (8) und (9) nicht zu entnehmen. Auch Druckschrift (11) enthält diesbezüglich nichts. Ebenso wenig geht der Gedanke, das Restwiderstandsverhältnis als gegenständliches Merkmal des aus dem Warmwalzen hervorgegangenen Materials zur Kontrolle der im Aluminiummischkristall gelösten Legierungselementanteile heranzuziehen, aus keiner der Entgegenhaltungen (8), (9) und (11) hervor.
Aufgrund der aufgezeigten anderen Verfahrensparameter in den Schritten a), Herstellen eines Walzbarrens, und b), Warmwalzen des Walzbarrens, unterscheidet sich das anmeldungsgemäße Lithoband letztlich auch mit Blick auf das Merkmal M6W nach einem Einbrenntest in seinen Eigenschaften von den bekannten Lithobändern.
In dem Auffinden der von der Anmelderin beanspruchten Lösung muss deshalb eine erfinderische Tätigkeit gesehen werden.
c) Dies gilt auch unter Berücksichtigung der übrigen Druckschriften aus dem Prüfungsverfahren (1) bis (7) und (12), die die Prüfungsstelle zu Recht zur Begründung ihres Beschlusses nicht herangezogen hat, sowie der außer der Druckschrift (2) bereits in der Anmeldungsbeschreibung angegebenen Druckschrift (13), der inhaltlich damit übereinstimmenden Druckschrift (14) und des in der Anmeldungsbeschreibung genannten Fachartikels (15).
4. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs erweist sich somit als patentfähig. Da die Patentanmeldung im Übrigen auch die formalen Erfordernisse erfüllt, ist dem Antrag der Beschwerdeführerin stattzugeben und das Patent wie beantragt zu erteilen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Höchst Eisenrauch Dr. Fritze Dr. Schwenke Fa
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