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XII ZB 394/13

BUNDESGERICHTSHOF XII ZB 394/13 BESCHLUSS vom 27. August 2014 in dem Rechtsstreit Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. August 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Klinkhammer, Dr. Günter, Dr. Nedden-Boeger, Dr. Botur und Guhling beschlossen:

Der Klägerin wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren bewilligt und Rechtsanwalt beigeordnet.

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 8. Zivilsenats des Oberlandgerichts Oldenburg vom 24. Juni 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Wert: 4.793 €

Gründe: I.

Das Landgericht hat die von der Klägerin erhobene Klage auf Schadenersatz wegen eines beschädigt von der Beklagten zurückgegebenen Mietfahrzeugs überwiegend abgewiesen. Das Urteil ist der Klägerin am 27. Februar 2013 zugestellt worden.

Am 20. März 2013 hat ihr Prozessbevollmächtigter einen mit "Berufungseinlegung und Prozesskostenhilfeantrag" überschriebenen Schriftsatz eingereicht, in dem es weiter heißt:

"In Sachen .... lege ich namens und kraft Vollmacht der Antragstellerin, Klägerin und Berufungsklägerin gegen das [näher bezeichnete] Urteil Berufung ein und beantrage zunächst,

der Klägerin Prozesskostenhilfe für das beabsichtigte Rechtsmittel zu bewilligen und ihr den Unterzeichner als Rechtsanwalt beizuordnen.

Die Berufung soll im Umfang der der Klägerin bewilligten Prozesskostenhilfe durchgeführt werden." Mit Verfügung vom 26. März 2013 hat die Senatsvorsitzende des Oberlandesgerichts die Klägerin auf Unvollständigkeiten der beigefügten Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse hinsichtlich ihrer Angaben sowie fehlende Belege hingewiesen. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013, der am selben Tag vorab per Telefax bei Gericht eingegangen ist, hat die Klägerin ihre Angaben ergänzt und den (nicht unterzeichneten) Entwurf einer Berufungsbegründung übersandt.

Durch Beschluss vom 16. Mai 2013, der Klägerin zugegangen am 27. Mai 2013, hat das Oberlandesgericht ihren Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Am 7. Juni 2013 hat die Klägerin vorsorglich erneut Berufung eingelegt, diese begründet und beantragt, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Den Wiedereinsetzungsantrag hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil er nicht innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist der

§§ 234 Abs. 1 Satz 1, 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO gestellt worden sei. Zudem sei der Antrag auch unbegründet, weil die Klägerin nicht habe davon ausgehen dürfen, innerhalb der Berufungsfrist alles für die Gewährung von Prozesskostenhilfe Notwendige getan zu haben.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 238 Abs. 2 Satz 1, 574 Abs. 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.

Sie ist auch begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.

1. Die Klägerin hat die Berufungsfrist nicht versäumt, so dass es einer Wiedereinsetzung insoweit nicht bedarf.

Der am 20. März 2013 - vor Ablauf der Berufungsfrist - eingegangene Schriftsatz wahrt die Förmlichkeiten einer Berufungsschrift. In ihm wird erklärt, dass gegen das näher bezeichnete Urteil des Landgerichts namens und kraft Vollmacht der Klägerin Berufung eingelegt werde. Die Einlegung des Rechtsmittels ist zulässigerweise mit einem Prozesskostenhilfegesuch verbunden worden. Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts wird nicht die Einlegung, sondern die Durchführung des Rechtsmittels von der Gewährung von Prozesskostenhilfe abhängig gemacht. In dem Fall wird regelmäßig nicht die Einlegung der Berufung unter den Vorbehalt der Prozesskostenhilfebewilligung gestellt, sondern der Berufungskläger behält sich für den Fall der Versagung der Prozesskostenhilfe die Rücknahme der Berufung vor (Senatsbeschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07 - FamRZ 2007, 1726).

Zwar verbleiben Zweifel insoweit, als weiter formuliert ist, es werde Prozesskostenhilfe für das "beabsichtigte" Rechtsmittel beantragt. Wenn aber - wie hier - die gesetzlichen Anforderungen an eine Berufungsschrift erfüllt sind, kommt die Deutung, dass der Schriftsatz nicht als unbedingte Berufung bestimmt war, nur in Betracht, wenn sich dies aus den Begleitumständen mit einer jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt (Senatsbeschluss vom 20. Juli 2005 - XII ZB 31/05 - FamRZ 2005, 1537 mwN). Nach dieser Auslegungsregel erfüllt der mit "Berufung" überschriebene Schriftsatz, der die ausdrückliche und einschränkungslose Erklärung enthält, es werde Berufung eingelegt, die Anforderungen an eine wirksame Einlegung des Rechtsmittels. Vielmehr legt der dann folgende Satz nahe, dass nur die Durchführung der Berufung von der Prozesskostenhilfebewilligung abhängig gemacht werden sollte (vgl. Senatsbeschluss vom 18. Juli 2007 - XII ZB 31/07 - FamRZ 2007, 1726).

2. Soweit das Oberlandesgericht den Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen hat, hält dies einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

a) Zwar hat die Klägerin die Berufungsbegründungsfrist versäumt. Diese beträgt zwei Monate (§ 520 Abs. 1 ZPO) und endete am Montag, den 29. April 2013. Sie ist nicht gewahrt, weil die Klägerin bis zu dem Zeitpunkt keine Berufungsbegründung, sondern lediglich den nicht unterschriebenen Entwurf einer solchen eingereicht hat. Der nicht unterschriebene Entwurf erfüllt nicht die Förmlichkeiten einer Berufungsbegründung und kann die Frist deshalb nicht wahren.

b) Die bisherigen Feststellungen des Oberlandesgerichts rechtfertigen jedoch nicht die Annahme, dass die Klägerin schuldhaft an der Einhaltung der Berufungsbegründungsfrist gehindert war.

Nach ständiger Rechtsprechung stellt die Mittellosigkeit einer Partei einen Wiedereinsetzungsgrund i.S.v. § 233 ZPO dar, wenn sie die Ursache für die Fristversäumung ist. Das ist dann der Fall, wenn sich der Beteiligte infolge der Mittellosigkeit außerstande sieht, einen Rechtsanwalt mit der Einlegung oder Begründung seines Rechtsmittels zu beauftragen.

Zwar ist die Partei nur so lange als schuldlos an der Fristwahrung gehindert anzusehen, wie sie nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit einer die Prozesskostenhilfe ablehnenden Entscheidung rechnen muss, weil sie sich für bedürftig halten darf und aus ihrer Sicht alles Erforderliche getan hat, damit ohne Verzögerung über ihr Prozesskostenhilfegesuch entschieden werden kann (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 - XII ZB 325/12 - FamRZ 2013, 371 Rn. 16 f. mwN). Das setzt voraus, dass dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens innerhalb der zu wahrenden Frist eine ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst insoweit notwendigen Belegen beigefügt wird. Denn für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17. Oktober 1994 (BGBl. I 3001, abgedruckt bei Zöller/Geimer ZPO 30. Aufl. § 117 Rn. 15) eingeführten Vordrucks bedienen muss. Der Antragsteller kann deswegen grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargelegt zu haben, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Frist einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck nebst den erforderlichen Anlagen zu den Akten reicht (Senatsbeschluss vom 19. November 2008 - XII ZB 102/08 - FamRZ 2009, 217 Rn. 5 mwN).

Ob die Klägerin diese Voraussetzung rechtzeitig geschaffen hat, indem sie auf den richterlichen Hinweis vom 26. März 2013 weitere Angaben zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen mit einem am 29. April 2013 eingegangenen Schriftsatz gemacht hat, hat das Oberlandesgericht - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bisher nicht geprüft.

c) Da der Senat die insoweit noch notwendigen Feststellungen nicht selbst treffen kann, ist die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.

Waren die Angaben und Belege durch den am 29. April 2013 eingegangenen Schriftsatz soweit vervollständigt, dass die Klägerin nach den gegebenen Umständen vernünftigerweise nicht mit einer die Prozesskostenhilfe ablehnenden Entscheidung rechnen musste, hätte sie noch innerhalb der laufenden Berufungsbegründungsfrist alles Erforderliche getan, damit ohne Verzögerung über ihr Prozesskostenhilfegesuch entschieden werden konnte. Einen gleichzeitigen Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist musste sie nicht stellen (BGH Beschluss vom 8. Mai 2007 - VIII ZB 113/06 - FamRZ 2007, 1319). Auch die Wiedereinsetzungsfrist wäre in diesem Fall gewahrt. Sie beginnt gemäß § 234 Abs. 2 ZPO mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist. Das ist in Fällen der Prozesskostenarmut spätestens der Zeitpunkt der Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses (Senatsbeschluss vom 16. Januar 2014 - XII ZB 571/12 - FamRZ 2014, 550 Rn. 11 und vom 19. November 2008 - XII ZB 102/08 - FamRZ 2009, 217 Rn. 10).

Durch Beschluss vom 16. Mai 2013, der Klägerin zugegangen am 27. Mai 2013, hat das Oberlandesgericht ihren Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist ist durch den am 7. Juni 2013 eingegangenen Schriftsatz der Klägerin eingehalten, mit dem diese Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und die versäumte Berufungsbegründung nachgeholt hat.

Klinkhammer Günter Nedden-Boeger Botur Guhling Vorinstanzen: LG Oldenburg, Entscheidung vom 31.01.2013 - 2 O 1797/11 OLG Oldenburg, Entscheidung vom 24.06.2013 - 8 U 63/13 -

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