Paragraphen in 14 W (pat) 12/12
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 12/12 Verkündet am 22. März 2013
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2005 062 315.8 - 43 …
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw und der Richter Dr. Gerster, Schell und Dr. Jäger BPatG 154 05.11 beschlossen:
1. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 01 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juni 2008 wird aufgehoben.
2. Das Patent wird mit folgenden Unterlagen erteilt:
Patentansprüche 1 bis 18 gemäß Hilfsantrag 1 vom 22. März 2013, sowie angepasster Beschreibungsseite 2 vom 22. März 2013 und weitere Beschreibungsseiten und Zeichnungen Figuren 1 bis 4 gemäß Anmeldeunterlagen vom 24. Dezember 2005.
Gründe I
Mit Beschluss vom 4. Juni 2008 hat die Prüfungsstelle für Klasse B 01 D des Deutschen Patent- und Markenamtes die Patentanmeldung 10 2005 062 315.8 - 43 mit der Bezeichnung
„Entschäumer für wässrige Fluidsysteme“
zurückgewiesen.
Der Zurückweisungsbeschluss beinhaltet als Begründung die Bezugnahme auf den Bescheid der Prüfungsstelle vom 12. Mai 2008, nachdem die Anmelderin um Entscheidung nach Aktenlage gebeten hatte. Davor hat die Prüfungsstelle die mangelnde Patentfähigkeit im Wesentlichen damit begründet, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber der Entgegenhaltung D1 WO 2005/023392 A1 nicht neu sei. Die D1 beschreibe einen Entschäumer aus mindestens einem einteiligen inerten Feststoff als feindispersen, formstabilen Körper und aus mindestens einer entschäumend wirkenden organischen Verbindung als grenzflächenaktives Molekül.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie ihr Patentbegehren auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Patentansprüche 1 bis 17 gemäß Hauptantrag, hilfsweise im beschränkten Umfang auf Grundlage der in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüche 1 bis 18 gemäß Hilfsantrag 1 weiterverfolgt.
Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet folgendermaßen:
„1. Entschäumer für wässrige Fluidsysteme, dadurch gekennzeichnet, dass dieser aus feindispersen, formstabilen Körpern und auf deren Oberfläche und/oder in deren Innern angeordneten grenzflächenaktiven Molekülen besteht, wobei letztere ganz oder teilweise in wässrige Lösung übergehen können.“
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 hat folgenden Wortlaut:
„1. Entschäumer für wässrige Fluidsysteme, dadurch gekennzeichnet, dass dieser aus einem 2-Komponenten-Mechanismus aus feindispersen, formstabilen Körpern (Komponente 1) und auf deren Oberfläche und/oder in deren Innern angeordneten grenzflächenaktiven Molekülen (Komponente 2, Surfactant-Moleküle)
besteht, wobei die Surfactant-Moleküle ganz oder teilweise in wässrige Lösung übergehen, derart, dass die Surfactant-Moleküle von der Komponente 1 abgelöst werden und im zu entschäumenden Fluidsystem auf derselben Zeitskala in Lösung übergehen, wie der Transport der Komponente 1 in den Bereich einer Schaumlamelle, und wobei die auf der Oberfläche oder im Innern der formstabilen, feindispersen Körper angeordneten grenzflächenaktiven Moleküle Blockcopolymere sind.“
Die Anmelderin macht geltend, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber der D1 neu sei und gleichfalls auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe, da nicht alle Merkmale des Entschäumers nach vorliegendem Patentanspruch 1 dieser Druckschrift zu entnehmen seien. Zudem sei auch der 2-Komponenten-Mechanismus des beanspruchten Entschäumers nicht aus dieser nahe gelegt.
Die Anmelderin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juni 2008 aufzuheben und das Patent zu erteilen,
hilfsweise das Patent mit der Maßgabe zu erteilen, dass es die Fassung des Hilfsantrags 1 vom 22. März 2013 erhält.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 17 nach Hauptantrag bzw. 2 bis 18 nach Hilfsantrag 1, wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II
1. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und insoweit auch begründet, dass sie zu dem im Tenor angeführten Beschluss führt.
2. Hauptantrag Der Entschäumer des ursprünglich eingereichten Patentanspruchs 1 ist nicht neu.
Aus der D1 ist ein Entschäumer für wässrige Fluidsysteme bekannt, der aus feindispersen und formstabilen Körpern besteht (vgl. D1 Patentansprüche 1 und 12). Die in D1 gelehrte mittlere Teilchengröße von 0,5 bis 15 µm liegt dabei im anmeldungsgemäßen Bereich (vgl. Patentanspruch 9). Die Formstabilität ist zwar in D1 expressis verbis nicht offenbart, da aber als Basis für die Entschäumer in der D1 inerte Feststoffe verwendet werden, die mit den Komponenten der Entschäumermischung nicht reagieren und die praktisch in Wasser unlöslich sind (vgl. D1 S. 3 Z. 10 bis 12), sind diese aufgrund ihrer Wasserunlöslichkeit auch formstabil. Die Entschäumer der D1 weisen auf der Oberfläche und/oder im Innern der feindispersen, formstabilen Körper grenzflächenaktive Moleküle auf. Denn durch das Vermischen der feinteiligen inerten Feststoffe mit den entschäumend wirkenden, festen organischen Verbindungen in einem Extruder, Kneter oder Wirbelschichtreaktor (vgl. D1 S. 2 Z. 23 bis S. 3 Z. 8) werden die entschäumend wirkenden Verbindungen zumindest auf der Oberfläche der feinteiligen inerten Feststoffe verteilt. Für den Fachmann, einen Diplom-Ingenieur mit Fachhochschulausbildung, der Erfahrungen mit Entschäumungssystemen und deren Wirkung hat, ist es daher unmittelbar und eindeutig erkennbar, dass dabei zumindest dieselben physikalischen Bindungskräfte auftreten, wie sie in der Anmeldung gelehrt werden (vgl. Anmeldung Patentanspruch 11 i. V. m. S. 13 Abs. 3). Schließlich weisen die Entschäumer der D1 zwangsläufig auch das Merkmal des ganz oder teilweisen Übergehens in wässrige Lösung auf, da als Komponente für die Entschäumermischung ebenso wie in der Anmeldung Fettalkohole eingesetzt werden (vgl. Patentanspruch 17 und D1 Patentanspruch 5 i. V. m. den Beispielen). Damit sind alle Merkmale des Gegenstands nach Patentanspruch 1 in D1 vorbeschrieben, und der Patentanspruch 1 ist somit mangels Neuheit nicht patentfähig.
Auch die Argumentation der Anmelderin, dass die D1 den durch die Anmeldung realisierten Zwei-Komponenten-Mechanismus nicht offenbare, wodurch sich die Lehre der D1 vom Anmeldungsgegenstand unterscheide, kann nicht durchgreifen. Denn im Patentanspruch 1 werden nur Entschäumer aus zwei Komponenten beansprucht. Ein Zwei-Komponenten-Mechanismus ist dagegen kein Merkmal des Patentanspruchs 1, und daher bei der Beurteilung der Neuheit dieses Patentanspruchs nicht zu berücksichtigen.
Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 17 teilen das Schicksal des Patentanspruchs 1 (vgl. BGH, GRUR 2007, 862 - „Informationsvermittlungsverfahren II“, BGH GRUR 1997, 120 - „Elektrisches Speicherheizgerät“).
3. Hilfsantrag 1
3.1. Bezüglich der Offenbarung der Patentansprüche 1 bis 18 bestehen keine Bedenken. Der Patentanspruch 1 geht inhaltlich auf die ursprünglichen Patentansprüche 1 und 17 i. V. m. den Erstunterlagen Seite 4 Absatz 2 und Seite 5 Satz 1 zurück. Die Patentansprüche 2 bis 16 stimmen inhaltlich mit den ursprünglichen Patentansprüchen 2 bis 16 überein. Der Patentanspruch 17 findet seine Stütze im ursprünglichen Anspruch 17 und ist an den neuen Patentanspruch 1 angepasst, und der Patentanspruch 18 findet seine Offenbarung im letzten Absatz auf Seite 10 der Erstunterlagen.
3.2. Der Entschäumer für wässrige Fluidsysteme nach Patentanspruch 1 ist neu.
Der in der D1 beschriebene Entschäumer aus einem einteiligen inerten Feststoff und einer entschäumend wirkenden organischen Verbindung unterscheidet sich von dem Entschäumer des Patentanspruchs 1 schon dadurch, dass die entschäumend wirkende organische Verbindung kein Blockcopolymer ist (vgl. D1 Patentansprüche 5, 6 und S. 4 Z. 8 bis S. 5 Z. 2). Zudem ist in der D1 auch nicht angesprochen, dass der Transport der Partikelkomponente 1 in den Bereich der Schaumlamellen in derselben Zeitskala von statten gehen soll wie das Inlösunggehen der Komponente 2 Surfactant-Moleküle.
3.3. Der Entschäumer für wässrige Fluidsysteme nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der Anmeldung liegt die Aufgabe zugrunde, breit anwendbare Entschäumer für wässrige Fluidsysteme mit wesentlich verbesserter Effektivität anzugeben (vgl. Erstunterlagen S. 3 Abs. 3).
Zur Lösung der Aufgabe konnte der Fachmann von dem in D1 beschriebenen Entschäumer ausgehen. Diese Entgegenhaltung strebt einen emulgatorfreien Entschäumer an (vgl. D1 S. 2 Z. 20 bis 21). Dazu wird dort eine Mischung aus einem feinteiligen, praktisch wasserunlöslichen, inerten Feststoff und einer entschäumend wirkenden, hydrophoben, bei Raumtemperatur festen organischen Verbindung vorgeschlagen. Anregungen dahingehend, dass der Transport der Partikelkomponente 1 in den Bereich der Schaumlamellen in derselben Zeitskala von statten gehen soll, wie das Inlösunggehen der Komponente 2 Surfactant-Moleküle, und dass als entschäumend wirkende organische Verbindung Blockcopolymere eingesetzt werden sollen, oder gar Hinweise, dass diese Maßnahmen Vorteile bieten könnten, lassen sich indessen der Entgegenhaltung nicht entnehmen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 ergibt sich damit nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.
Die Berücksichtigung der weiteren dem Senat vorliegenden, in der Beschreibungseinleitung angeführten Druckschriften führt zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts. Denn allein schon Hinweise auf die erfindungsgemäße Zeitskala finden sich auch dort nicht.
3.4. Der Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 erfüllt somit alle Kriterien der Patentfähigkeit. Der Patentanspruch 1 ist daher gewährbar.
Die Patentansprüche 2 bis 18 betreffen besondere Ausgestaltungen des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 und sind mit diesem gewährbar.
Maksymiw Gerster Schell Jäger Fa
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