Paragraphen in 21 W (pat) 4/11
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/11 Verkündet am 24. Januar 2013
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BESCHLUSS In der Einspruchsbeschwerdesache …
BPatG 154 05.11 betreffend das Patent 10 2007 019 627 hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Häußler sowie der Richterin Hartlieb, des Richters Dipl.-Ing. Schmidt-Bilkenroth und der Richterin Dipl.-Phys. Zimmerer beschlossen:
Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Dezember 2010 aufgehoben.
Das Patent 10 2007 019 627 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:
Bezeichnung:
Messvorrichtung.
Patentansprüche 1 bis 7,
überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2013 Beschreibung, Seiten 2 bis 5, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2013 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 3, gemäß Patentschrift.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2007 019 627.1-54 wurde am 24. April 2007 unter der Bezeichnung „Messvorrichtung“ beim Deutschen Patentund Markenamt angemeldet. Die Veröffentlichung der Patenterteilung erfolgte am 18. September 2008.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2008 Einspruch erhoben. Die Einsprechende hat fehlende erfinderische Tätigkeit geltend gemacht.
Zum Stand der Technik verweist die Einsprechende neben der bereits im Prüfungsverfahren genannten Druckschrift D1 DE 299 20 282 U1 auf die Druckschriften D2 US 4 126 338 A D3 DE 100 00 544 A1 D4 DE 196 08 675 C2 D5 DE 37 27 858 A1 D6 DE 197 47 959 A1.
Die Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts hat in der Anhörung vom 15. Dezember 2010 den Einspruch als zulässig erachtet und das Patent aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden vom 18. Februar 2011.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) macht fehlende erfinderische Tätigkeit geltend und verweist zusätzlich auf die Druckschrift D7 DE 203 05 063 U1.
Sie beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 54 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 15. Dezember 2010 aufzuheben und das Patent 10 2007 019 627 in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Patentinhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
hilfsweise unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
- Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hilfsantrag, - Beschreibung S. 2 bis 5, gemäß Hilfsantrag, beides eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2013, - Figuren gemäß Patentschrift.
Der mit Gliederungspunkten versehene, erteilte Patentanspruch 1 (Hauptantrag) lautet:
M1.1 Messvorrichtung zum Einsetzen in eine Rohrleitung, insbesondere Durchfluss-, Wärme- oder Energiezähler,
M1.2 umfassend ein Gehäuse mit zwei dem Einlass und Auslass des zu vermessenden Mediums dienenden Gehäusestutzen,
M1.3 wobei an den Gehäusestutzen befestigte Anschlussstutzen zum Verbinden mit der Rohrleitung vorgesehen sind,
M1.4 wobei jeder Anschlussstutzen relativ zu dem jeweiligen Gehäusestutzen schwenkbar und axial bewegbar und M1.5 über wenigstens ein Dichtelement zum Gehäusestutzen abgedichtet ist, dadurch gekennzeichnet, dass M1.6 ein Gehäusestutzen (3, 4) und der jeweilige Anschlussstutzen (5, 6) über eine Schnapp-Rast-Verbindung (9, 10) unverlierbar miteinander verbunden sind.
Bezüglich der erteilten Unteransprüche 2 bis 10 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Der mit Gliederungspunkten versehene Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag lautet (Unterschiede zum Patentanspruch 1 nach Hauptantrag unterstrichen bzw. durchgestrichen):
M1.1 Messvorrichtung zum Einsetzen in eine Rohrleitung, insbesondere Durchfluss-, Wärme- oder Energiezähler,
M1.2 umfassend ein Gehäuse mit zwei dem Einlass und Auslass des zu vermessenden Mediums dienenden Gehäusestutzen,
M1.3 wobei an den Gehäusestutzen befestigte Anschlussstutzen zum Verbinden mit der Rohrleitung vorgesehen sind,
M1.4 wobei jeder Anschlussstutzen relativ zu dem jeweiligen Gehäusestutzen schwenkbar und axial bewegbar und M1.5 über wenigstens ein Dichtelement zum Gehäusestutzen abgedichtet ist, dadurch gekennzeichnet, dass M1.6 ein Gehäusestutzen (3, 4) und der jeweilige Anschlussstutzen (5, 6) über eine Schnapp-Rast-Verbindung (9, 10) unverlierbar miteinander verbunden sind,
M1.7 und dass die Anschlussstutzen (5, 6) aus Kunststoff sind M1.8 und die ebenfalls aus Kunststoff bestehenden Dichtelemente (11) M1.9 an den Kunststoff-Anschlussstutzen (5, 6) angespritzt sind.
Hinsichtlich der Unteransprüche 2 bis 7 gemäß Hilfsantrag, wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II Die zulässige Beschwerde der Einsprechenden ist insoweit begründet, als sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur beschränkten Aufrechterhaltung des Streitpatents nach Hilfsantrag führt, da sich der Gegenstand des Streitpatents in der Fassung nach Hauptantrag als nicht patentfähig erweist.
1. Die seitens des Senats von Amts wegen vorzunehmende Überprüfung des Einspruchsvorbringens hat ergeben, dass der Einspruch zulässig ist. Denn der auf mangelnde Patentfähigkeit gestützte Einspruch ist innerhalb der gesetzlichen Einspruchsfrist gemäß § 59 Abs. 1 PatG ausreichend substantiiert worden. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist im Übrigen von der Patentinhaberin nicht bestritten worden.
2. Die Erfindung betrifft eine Messvorrichtung zum Einsetzen in eine Rohrleitung, insbesondere Durchfluss-, Wärme- oder Energiezähler, umfassend ein Gehäuse mit zwei dem Einlass und Auslass des zu vermessenden Mediums dienenden Gehäusestutzen, wobei an den Gehäusestutzen befestigte Anschlussstutzen zum Verbinden mit der Rohrleitung vorgesehen sind, wobei jeder Anschlussstutzen relativ zu dem jeweiligen Gehäusestutzen schwenkbar und axial bewegbar und über wenigstens ein Dichtelement zum Gehäusestutzen abgedichtet ist (siehe Patentschrift Abs. [0001]).
Derartige Messvorrichtungen sind beispielsweise in Form von Wasserzählern oder Wärmezählern aus DE 299 20 282 U1 (D1) bekannt.
Gemäß der Beschreibungseinleitung werden deren Gehäuse auch aus Kunststoff hergestellt, da dies in der Herstellung einfach und günstig ist und sich ferner beachtlich Gewicht reduzieren lässt. Auch lassen sie sich ohne Weiteres in Rohrleitungen setzen. Probleme könnten jedoch dann entstehen, wenn die beiden über die Vorrichtung zu verbindenden Rohrleitungsenden nicht genau miteinanderfluchten, sondern seitlich leicht versetzt zueinander liegen. Zu diesem Zweck ist laut Beschreibungseinleitung des Streitpatents aus der DE 299 20 282 U1 bekannt, Ausgleichsstutzen in die Gehäusestutzen zu setzen. Die Anschlussstutzen können zum Ausgleich etwaiger Längentoleranzen axial verschoben werden und einen Anschlussstutzen verkippbar im Gehäuse aufnehmen. Zur Abdichtung zwischen Anschlussstutzen und Gehäusestutzen ist eine O-Ring-Dichtung vorgesehen, die am inneren Ende eines jeden Anschlussstutzens aufgeschoben ist und mit dem Anschlussstutzen axial verschoben wird (siehe Patentschrift Abs. [0002]).
In der Beschreibung des Streitpatents wird als Mangel dieses Standes der Technik dargestellt, dass der Anschlussstutzen im jeweiligen Gehäusestutzen nur lose sitzt (siehe Patentschrift Abs. [0003]).
Vor diesem Hintergrund liegt dem Patentgegenstand die objektive Aufgabe zugrunde, eine Messvorrichtung anzugeben, die gegenüber den bekannten Messvorrichtungen eine Sicherung der losen Verbindung herstellt. Nach dem Streitpatent soll die Messvorrichtung in ihrer Handhabung und Montage gegenüber bekannten Messvorrichtungen vereinfacht werden (siehe Patentschrift Abs. [0004]).
Zur Lösung der Aufgabe ist bei einer Messvorrichtung erfindungsgemäß vorgesehen, den Gehäusestutzen und den jeweiligen Anschlussstutzen über eine Schnapp-Rast-Verbindung unverlierbar miteinander zu verbinden.
Die Fig. 1 des Streitpatents zeigt die Schnapp-Rast-Verbindung (9, 10) der patentgemäßen Messvorrichtung:
3. Die Begriffe „schwenkbar“ und „axial bewegbar“ in Merkmal M1.4 bedürfen näherer Erörterung.
Es ist nach dem maßgeblichen Verständnis des zuständigen Fachmanns, eines Fachhochschulingenieurs der Fachrichtung Maschinenbau, der über mehrjährige Erfahrung im Rohrleitungsbau und Anschluss der dort eingesetzten Geräte verfügt, zu beurteilen, was als Gegenstand des Patentanspruchs 1 durch das Streitpatent und in der nach Hilfsantrag verteidigten Fassung unter Schutz gestellt ist.
a) Unter dem Verschwenken des Anschlussstutzens relativ zum Gehäusestutzen versteht der Fachmann eine Bewegung, bei der die Achse des Anschlussstutzens relativ zur Achse des Gehäusestutzens gekippt wird. Um eine Verschwenkbarkeit nach dem Streitpatent zu erreichen, genügt lediglich ein Spiel in radialer Richtung, da nach dem Streitpatent bereits eine Verkippung im Bereich von 1-2° als „Verschwenkbarkeit“ angesehen wird. So führt das Streitpatent in Abs. [0024] aus: „Im in Fig. 2 gezeigten aufgeschnappten Zustand ist der Anschlussstutzen relativ zum Gehäusestutzen 3 verschwenkbar, …, wobei diese Verschwenkbarkeit aufgrund der zylindrischen Ausgestaltung des Ringraums 17 wie des Rastabschnitts 14 beziehungsweise sämtlicher miteinander verbundenen Bauteile in allen Richtungen gegeben ist. ... Wird nun der Aufnahmestutzen 5 leicht verschwenkt, im Bereich von 1°-2°, so verkippt er relativ zum Dichtabschnitt 13.“
b) Bei einer axialen Bewegung erfolgt die Bewegung der Stutzen entlang der Mittelachse, die zugleich die Achse des Anschlussstutzens und die Achse des Gehäusestutzens darstellt.
Die axiale Bewegung ergibt sich nach dem Streitpatent Abs. [0024] dadurch, dass der Ringraum länger ist als der Dichtabschnitt 14. Die Dichtung wird bei einer axialen Bewegung zusammengedrückt. Es genügt somit für die axiale Bewegbarkeit ein Spiel in Längsrichtung.
4. Hauptantrag
4.1 Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 ist nicht patentfähig, da er sich für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift D1 in Verbindung mit der Druckschrift D6 ergibt.
Die Messvorrichtung nach der Druckschrift D1 besitzt alle Merkmale der Messvorrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1:
So zeigt die Druckschrift D1 eine Messvorrichtung (Wasserzähler) zum Einsetzen in eine Rohrleitung (vgl. D1 Anspruch 1: „In Wasserleitungen ohne Verwendung einer zusätzlichen Ausgleichsarmatur austauschbar einsetzbarer Wasserzähler, ...“) [= Merkmal M1.1].
Dieser Wasserzähler umfasst ein Gehäuse (Zählergehäuse 1) mit zwei dem Einlass und Auslass des zu vermessenden Mediums dienenden Gehäusestutzen (Stutzenöffnungen 2, 3) (vgl. D1 S. 4 Abs. 1: „Fig. 1a zeigt eine teilweise aufgebrochene Seitenansicht eines Wasserzählers. Man erkennt ein Kunststoffgehäuse 1, in das eine erste und eine zweite Stutzenöffnung 2, 3 eingeformt sind. Die Stutzenöffnungen 2, 3 besitzen bereichsweise einen unrunden, insbesondere polygonalen, beispielsweise sechseckigen Querschnitt.“, Fig. 1a) [= Merkmal M1.2]).
An den Gehäusestutzen (2, 3) befestigte Anschlussstutzen (Anschlussstutzen 4, 4', 4'', 5, 5'') sind zum Verbinden mit der Rohrleitung vorgesehen (vgl. D1 S. 1 Abs. 2: „In die Stutzenöffnungen 2, 3 sind Anschlussstutzen 4, 5 eingesteckt. … Dank des polygonalen Querschnitts sind die Anschlussstutzen 4, 5 gegen Verdrehen gesichert, so dass die Verbindung zu der (nicht dargestellten) Wasserleitung mit herkömmlichen Überwurfmuttern hergestellt werden kann.“, Fig. 1a) [= Merkmal M1.3].
Die Anschlussstutzen (4, 4', 4'', 5, 5'') sind in die Gehäusestutzen eingeschoben und werden darin schwenkbar und axial beweglich (vgl. S. 2 Abs. 4: „Dieser Anschlussstutzen kann somit im Rahmen der konstruktiven Gegebenheiten mehr oder weniger tief in die Stutzenöffnung eingeschoben bzw. aus diesen herausgezogen werden.“, S. 2 Abs. 5: „Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung sitzt der Anschlussstutzen auch mit Spiel in der Stutzenöffnung. Dadurch hat er die Möglichkeit, Winkelbewegungen auszuführen, wodurch auch derartige Einbautoleranzen problemlos ausgeglichen werden können.“) [= Merkmal M1.4].
Über ein Dichtelement (O-Ring 6) sind die Anschlussstutzen (4, 4', 4'', 5, 5'') zum Gehäusestutzen (2, 3) abgedichtet (vgl. D1 S. 6 Abs. 2: „Die Stutzenöffnungen 2, 3 bilden an dieser Stelle einen Dichtbereich 2', 3', dessen Abmessungen speziell an die O-Ringe 6 angepasst sind.“) [= Merkmal M1.5].
Von dieser Vorrichtung unterscheidet sich die Messvorrichtung nach Anspruch 1 darin, dass ein Gehäusestutzen und der jeweilige Anschlussstutzen über eine Schnapp-Rast-Verbindung unverlierbar miteinander verbunden sind [Merkmal M1.6].
In der täglichen Praxis zeigt sich beim Einbau der Vorrichtung nach der D1, dass oftmals beim Ansetzen eines Anschlussstutzens an die vorhandene Rohrleitung der Anschlussstutzen auf der anderen Seite der Vorrichtung herausfällt, da er ja nur lose in die Stützenöffnung des Gehäuses eingeschoben ist und die O-Ringe als Dichtung keine ausreichende Haltefunktionen bieten können.
Der Fachmann wird somit nach Lösungen suchen, die einen sicheren Sitz von Anschlussstutzen und Gehäusestutzen ermöglichen. Es genügt für die Suche nach einer Lösung das durch den Fachmann aufgrund seines Fachwissens erkannte Problem.
Für die Problemlösung erhält der Fachmann aufgrund seines Fachwissens und aus dem Stand der Technik unterschiedliche Lösungsansätze. Im Rahmen fachmännischen Handelns könnte der Fachmann beispielsweise – wie von der Patentabteilung angeführt - den Sitz der Dichtung strenger auslegen.
Der Fachmann ist jedoch nicht auf diese Lösung beschränkt, sondern wird sich auch im Stand der Technik nach Lösungen umsehen, die bei Steckverbindungen den losen Sitz des Anschlussstutzens verhindern und eine sichere und dichte Verbindung zwischen zwei Rohrleitungen ermöglichen.
Dabei wird der Fachmann nicht nur den Stand der Technik auf dem Gebiet der Verbindung von Messvorrichtungen und Rohrleitungen beachten, sondern ebenfalls den Stand der Technik über Verbindungen von Rohrleitungen untereinander heranziehen, da in diesem übergeordneten technischen Gebiet ebenfalls Lösungen für eine sichere und dichte Steckverbindung zwischen zwei Stutzen zu erwarten sind.
Er wird dabei auf Steckverbindungen von Rohrleitungen stoßen, die - wie in der Druckschrift D6 dargestellt - mittels einer Schnapp-Rast-Verbindung gesichert sind (vgl. D6 Sp. 1 Z. 6-12: „Derartige Steckverbindungen sind in mannigfachen Ausführungsformen aus der Praxis bekannt. Um das Fügen der Steckverbindungen zu vereinfachen, sieht man gewöhnlich eine Rastverbindung mit elastisch rastenden Halteelementen vor, die paarweise jeweils am einzusteckenden („männlichen“) und am aufnehmenden („weiblichen“) Verbindungsteil korrespondieren.“; Sp. 4 Z. 26-30).
Aus der Druckschrift D6 erhält der Fachmann auch eine konkrete technische Lehre, wie er diese Schnapp-Rast-Verbindung ausbilden soll:
Die Steckverbindung 1 umfasst jeweils ein einzusteckendes (männliches) Verbindungsteil 2 und ein aufnehmendes (weibliches) Verbindungsteil 3, die vorzugsweise beide rotationssymmetrisch sind (vgl. D6 Sp. 3 Z. 18-20, Fig. 1, 3). Das rohrförmige Verbindungsteil 2 besteht u. a. aus einem vorderen Abschnitt 4 und einem Schaft 5, wobei zwischen Abschnitt 4 und Schaft 5 eine Stufe 7 gebildet ist, die eines der Rastelemente bildet (vgl. D6 Sp. 3 Z. 21-40, Fig. 1, 3). Das Verbindungsteil 3 weist Stirnflanken 18 auf, in die die Rasthaken 16 einschnappen (vgl. D6 Sp. 4 Z. 31-34, Fig. 3). Dabei ist die Dichtung 10 an den kegelstumpfförmigen vorderen Abschnitt 4 des vollständig eingeführten Verbindungsteils 2 flächig angelegt (vgl. D6 Sp. 4 Z. 36-39, Fig. 3).
Die Dichtung 10 ist in Fügestellung sowohl in axialer als auch in radialer Richtung gestaucht (vgl. D6 Sp. 4 Z. 52-53, Fig. 3).
Der resultierende signifikante Kraftanstieg während des Fügens meldet einerseits einem Monteur das Erreichen der Endstellung des einzusteckenden Verbindungsteil fühlbar zurück, andererseits bewirkt sie eine ständige Vorspannung gegen die Rastelemente, so dass eine besonders sichere, spielfreie Verbindung gewährleistet ist (vgl. D6 Sp. 4 Z. 58-64, Fig. 3). In geringem Umfang nimmt die Dichtung 10 in ihrer elastischen Verformung auch Maßabweichungen der Verbindungsteile beziehungsweise Rastelemente auf (vgl. D6 Sp. 4 Z. 64-66, Fig. 3).
Damit ist bereits eine axiale Bewegung zwischen den Verbindungsteilen möglich. Dies geschieht analog zur Vorrichtung nach dem Streitpatent, bei dem ebenfalls eine axiale Beweglichkeit dadurch erreicht wird, dass der Ringraum länger ist als der Dichtabschnitt = Rastabschnitt 14 und die Dichtung bei einer axialen Bewegung zusammengedrückt wird (vgl. Streitpatent Abs. [0024].
Überträgt der Fachmann nun die aus der Druckschrift D6 bekannte Schnapp-RastVerbindung auf die Vorrichtung nach der Druckschrift D1, so wird er ebenfalls an den Verbindungsteilen (Anschlussstutzen und Gehäusestutzen) Rastelemente vorsehen [= Merkmal M1.6]. Sieht der Fachmann die Rastelemente analog zur D6 vor, so wird er feststellen, dass er das anfängliche Problem des losen Sitzes gelöst hat und einen sicheren Sitz gewährleistet. Ebenso ist eine axiale Bewegung zwischen Anschlussstutzen und Gehäusestutzen möglich.
In der Rast-Schnapp-Verbindung nach der Druckschrift D6 ist ein spielfreier Sitz vorgesehen (vgl. D6 Sp. 4 Z. 63), wohingegen nach der Druckschrift D1 erkannt wurde, dass ein Spiel zwischen Anschlussstutzen und Gehäusestutzen den Vorteil beinhaltet, dass Einbautoleranzen ausgeglichen werden können.
Es kann dahin stehen, ob das Ausführungsbeispiel nach der Fig. 3 der Druckschrift D6 aufgrund der geringen radialen Auflagefläche des kegelförmigen Stutzens bereits eine Verschwenkbarkeit ermöglicht, denn für den Fachmann musste sich geradezu aufdrängen, den Vorteil des Spiels nach der D1 beizubehalten. Daher wird der Fachmann ebenfalls nicht nur ein axiales Spiel, sondern auch ein radiales Spiel zwischen den Rastelementen vorsehen, um weiterhin Einbautoleranzen ausgleichen zu können und damit zusätzlich zur vorhandenen axialen Beweglichkeit auch eine Verschwenkbarkeit zu ermöglichen.
Damit ist der Fachmann jedoch bereits auf nahe liegende Weise beim Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 angelangt.
5. Hilfsantrag
5.1 Die verteidigten Patentansprüche nach Hilfsantrag finden eine ausreichende Stütze in der ursprünglichen Offenbarung und erweitern den Schutzbereich des Streitpatents nicht.
So geht der Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags auf die ursprünglichen Patentansprüche 1, 8 und 9 zurück. Die Patentansprüche 2 bis 7 entsprechen den ursprünglichen Patentansprüchen 2 bis 7.
Die Änderungen stellen auch eine Beschränkung des Gegenstandes des Streitpatents dar.
5.2 Die zweifelsohne gewerblich anwendbare Vorrichtung gemäß dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag ist neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Zwar ist ein Gehäuse aus Kunststoff (Kunststoffgehäuse 1) und ein aus Kunststoff bestehendes Dichtelement (O-Ring 6) bei der Vorrichtung nach der Druckschrift D1 gleichfalls gegeben (vgl. D1 S. 4 Abs. 1 und 2), jedoch ist das Dichtelement (O-Ring 6) separat und nicht an den Anschlussstutzen angespritzt (vgl. D1 S. 4 Abs. 2).
Eine Kunststoffdichtung an den Anschlussstutzen anzuspritzen [Merkmal M1.9], ist in keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften gezeigt oder als Anregung hierfür enthalten.
Auch die von der Einsprechenden vorgetragene Kombination der Druckschriften D1 und D6 führt nicht zum Gegenstand nach Anspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags.
In der Druckschrift D6 wird darauf hingewiesen, dass zum axialen Sichern der Dichtung gegen das Herausziehen die Dichtung Ringstege14 und das Verbindungsteil Rillen 15 aufweisen (vgl. D6 Sp. 3 Z. 59-64).
Um das Begehen des von diesen abweichenden Lösungswegs nicht nur als möglich, sondern als dem Fachmann nahegelegt anzusehen, bedarf es abgesehen von denjenigen Fällen, in denen für den Fachmann auf der Hand liegt, was zu tun ist in der Regel zusätzlicher, über die Erkennbarkeit des technischen Problems hinausgehender Anstöße, Anregungen, Hinweise oder sonstiger Anlässe dafür, die Lösung des technischen Problems auf dem Weg der Erfindung zu suchen. Dafür hat die Erörterung in der mündlichen Verhandlung jedoch nichts ergeben.
Die Druckschrift D6 zeigt separate Dichtelemente. Diese haben den Vorteil, bei Verschleiß ausgewechselt werden zu können. Es ist nicht ersichtlich, warum der Fachmann diesen Vorteil aufgeben würde und eine Dichtung verwenden würde, die angespritzt wird.
Die Ausgestaltung der Dichtungen nach dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik gab dem Fachmann ebenfalls keine Anregung und ohne unzulässige rückschauende Betrachtung auch keinen Anlass zur Auffindung der im Patentanspruch 1 beanspruchten Ausführung gemäß Merkmal M1.9, da die technische Lehre, die Kunststoff-Dichtung anzuspritzen, in keiner der Druckschriften angesprochen ist. Diese Druckschriften haben in der mündlichen Verhandlung im Übrigen auch keine Rolle gespielt.
Der entgegengehaltene Stand der Technik konnte somit weder für sich genommen, noch in einer Zusammenschau betrachtet, dem Fachmann den Gegenstand nach dem Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags nahe legen. Die beanspruchte Lehre war auch nicht durch einfache fachübliche Erwägungen ohne Weiteres auffindbar, sondern es bedurfte darüber hinaus gehender Gedanken und Überlegungen, die auf erfinderische Tätigkeit schließen lassen.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag ergibt sich für den Fachmann daher nicht in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik.
5.3 Die Unteransprüche 2 bis 7 in der Fassung des Hilfsantrags sind mit dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag patentfähig.
Die Unteransprüche 2 bis 7 betreffen vorteilhafte Ausgestaltungen des Gegenstandes nach Anspruch 1; die übrigen Unterlagen erfüllen insgesamt die an sie zu stellenden Anforderungen.
Dr. Häußler Hartlieb Schmidt-Bilkenroth Zimmerer Pü
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