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14 W (pat) 13/09

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 13/09 Verkündet am 3. November 2015

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 100 27 521.4-41 …

hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, der Richterin Dr. Proksch-Ledig sowie der Richter Schell und Dr. Jäger BPatG 154 05.11 beschlossen:

-2Die Beschwerde wird zurückgewiesen Gründe I.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 19. Januar 2009 hat die Prüfungsstelle für Klasse A 61 K des Deutschen Patent- und Markenamtes die Patentanmeldung 100 27 521.4-41 mit der Bezeichnung

„Verbesserung der Peyronie-Krankheit (Penisfibromatose)“

zurückgewiesen.

Die Zurückweisung ist im Wesentlichen damit begründet, dass die seinerzeit beanspruchte Verwendung gemäß Hauptantrag und den Hilfsanträgen 1 bis 3 gegenüber den Druckschriften D1 US 4 338 300 D2 Gelbard, M. K. et al., J. Urol., 1993, 149, S. 56 bis 58 D3 Gelbard, M. K. et al., J. Urol., 1985, 134, S. 280 bis 283 D4 US 3 821 364 D5 US 5 589 171 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Das im Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag zusätzlich angegebene, die Herrichtung des dort genannten Medikaments zur Immobilisierung des Penis unmittelbar nach der Injektion für einen Zeitraum von mehreren Stunden betreffende Merkmal könne keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten, da dieses ein von der Patentierbarkeit ausgeschlossenes Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen Körpers umschreibe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie ihr Patentbegehren mit den Patentansprüchen 1 bis 8 gemäß Hauptantrag, hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 7 gemäß 1. Hilfsantrag, weiter hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 7 gemäß 2. Hilfsantrag, jeweils eingereicht mit Schriftsatz vom 29. Januar 2013, weiterverfolgt.

Zur Stütze ihrer Argumentation verweist sie auf die Dokumente Anlage A: „Clinical Experience in Peyronie’s Disease“ – Zusammenfassung von mit dem Präparat AA4500 (= XIAFLEX®) in klinischen Studien erhaltenen Daten (acht Seiten)

Anlage B: Gutachterliche Stellungnahme von M. K. Gelbard M. D. vom 24. Juli 2009 Mit Beschluss vom 8. Februar 2013 hat das Bundespatentgericht die Beschwerde gegen den Beschluss der Patentabteilung 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. Januar 2009 zurückgewiesen.

Die dagegen zugelassene Rechtsbeschwerde, mit der die Anmelderin ihren 1. und 2. Hilfsantrag aus dem Beschwerdeverfahren weiterverfolgte, hatte Erfolg. Durch Beschluss vom 25. Februar 2014 hat der Bundesgerichtshof den Beschluss des Bundespatentgerichts vom 8. Februar 2013 im Umfang der von der Anmelderin weiterverfolgten Hilfsanträge aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen. In seinem Beschluss X ZB 6/13 vom 25. Februar 2014 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass das Bundespatentgericht in seinem angefochtenen Beschluss ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das Ergreifen der mit den Merkmalen 1 bis 4 genannten Maßgaben aus den in diesem Beschluss genannten Gründen nahe gelegen habe, jedoch auch das Merkmal „zur Immobilisierung des Penis unmittelbar nach Injektion für mehrere Stunden“ ein bei der Prüfung der Patentfähigkeit zu berücksichtigendes technisches Merkmal sei (BGH GRUR 2014, 464 - Kollagenase II).

Die Anmelderin verfolgt ihre Beschwerde gegen den Beschluss der Patentabteilung 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. Januar 2009 nunmehr gemäß Hauptantrag mit den Patentansprüchen 1 bis 7 des 1. Hilfsantrages und hilfsweise gemäß Hilfsantrag mit den Patentansprüchen 1 bis 7 des 2. Hilfsantrages, jeweils eingereicht mit Schriftsatz vom 29. Januar 2013.

Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat folgenden Wortlaut:

„Kollagenase zur Anwendung bei der Behandlung der PeyronieKrankheit bei einem Individuum, das an der Peyronie-Krankheit leidet, wobei die Kollagenase hergerichtet ist zur Injektion in eine fibröse Peyronie-Plaque in den Penis dieses Individuums in einer Gesamtmenge von wenigstens etwa 20.000 ABC-Einheiten in einer pharmazeutisch verträglichen Trägersubstanz in einer Konzentration von etwa 20.000 bis etwa 40.000 ABC-Einheiten pro ml Trägersubstanz, und zur Immobilisierung des Penis unmittelbar nach Injektion für mehrere Stunden.“

Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag weist gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag insofern eine Beschränkung auf, als der Zeitraum zur Ruhigstellung des Penis etwa vier bis zwölf Stunden beträgt.

Sie ist der Auffassung, die erfinderische Tätigkeit sei gegeben. Denn das Dokument D3 lege es nicht nahe, die dort verabreichten Dosismengen von Kollagenase weiter zu erhöhen und in einer Konzentration wie im Patentanspruch 1 genannt herzurichten, nachdem dort auch über Nebenwirkungen wie Gewebeveränderungen berichtet werde. Dieses gelte insbesondere auch deshalb, weil den in der Tabelle dieses Dokumentes aufgeführten Versuchsergebnissen keine Dosis/Wirkungsrelation zu entnehmen sei. Vielmehr seien im Rahmen der dort beschriebenen Studie mit der geringsten Dosierung die besten Ergebnisse erzielt worden, weshalb der Fachmann keine Veranlassung gehabt habe, höhere Dosierungen als dort genannt zur Behandlung der Peyronie-Krankheit in Betracht zu ziehen. Eine Zusammenschau mit dem Dokument D2 führe zu keinem anderen Ergebnis. Zwar beschreibe dieses die Verabreichung höherer Dosierungen von Kollagenase bei an Peyronie erkrankten Patienten, wie jedoch aus den in der Tabelle dieses Dokumentes zusammengefassten Ergebnisse zu ersehen sei, würde mit diesen Dosierungen nur bei 36 % der Patienten eine Verbesserung erzielt werden. Zudem sei dort ausgeführt, dass im Fall, zu viel Kollagen sei vorhanden, nur noch eine geringe Wirkung mit der Verabreichung von Kollagenase erzielt werde. Nachdem dieses Dokument acht Jahre nach dem Dokument D3 veröffentlicht worden sei, die Autoren des Dokumentes D2 ferner keine weiteren Studien vorgeschlagen hätten, habe der Fachmann vor diesem Hintergrund weder eine Veranlassung gehabt die Dosis zu erhöhen, noch dieses in Verbindung mit der anmeldungsgemäß genannten Konzentration ins Auge zu fassen. Im Zusammenhang mit dem Merkmal „zur Immobilisierung des Penis unmittelbar nach Injektion für mehrere Stunden“ führt sie aus, dass der Fachmann, in diesem Fall sei der dem Team angehörende Facharzt nämlich ein Urologe, das Dokument D6 nicht in Betracht gezogen hätte. Dieses treffe zu, weil es die Behandlung von an Dupuytren erkrankten Patienten betreffe und manifeste Unterschiede zwischen beiden Erkrankungen bestünden. So liege jeweils ein anderes Injektionsgewebe vor, weshalb der Fachmann im vorliegenden Fall, in dem das Gewebe schwammartiger sei, mit dem Ergreifen der dort genannten Maßnahme des Ruhigstellens mit schwerwiegenden Nebenwirkungen habe rechnen müssen. Ferner würden zur Behandlung der Dupuytren-Krankheit andere Dosierungen und Konzentrationen verabreicht. Dieses Dokument habe auch deshalb nicht im Blickfeld des Fachmannes gelegen,

weil weder die Ursachen beider Erkrankung bekannt seien, noch ihr Erscheinungsbild bzw. ihrer Ausprägung gleich sei. Die Patentinhaberin regt zudem mit mehreren Beweisanträgen die Einholung eines Sachverständigengutachtens an.

Die Anmelderin beantragt,

den Beschluss der Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. Januar 2009 aufzuheben und das Patent auf Grundlage des Hilfsantrags 1 gemäß Schriftsatz vom 29. Januar 2013 zu erteilen, hilfsweise das Patent mit der Maßgabe zu erteilen, dass es die Fassung des Hilfsantrags 2 gemäß Schriftsatz vom 29. Januar 2013 erhält.

In Verbindung mit der gerichtlichen Ladung zur mündlichen Verhandlung war von Seiten des Senats noch auf das Dokument D6 DE 198 13 748 A1 hingewiesen worden.

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der jeweils rückbezogenen Patentansprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig (§ 73 PatG); sie ist jedoch nicht begründet.

1. Die ursprüngliche Offenbarung der Gegenstände gemäß den jeweils geltenden Patentansprüchen nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 ist nicht zu beanstanden. Sie gehen auf die ursprünglich eingereichten Patentansprüche 1 bis 4, 6, 7, 11 und 12 sowie Erstunterlagen S. 3, Z. 27 bis 29 und S. 4 Z. 8 bis 9 zurück.

2. Die gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag beanspruchte Kollagenase zur Anwendung bei der Behandlung der Peyronie-Krankheit ist neu. Ihre Bereitstellung zur Anwendung bei der Behandlung der Peyronie-Krankheit beruht aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

2.1. Mit Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag wird Kollagenase hergerichtet zur Injektion in einen fibrösen Peyronie-Strang in den Penis eines Individuums beansprucht. Somit liegt ein Stoffanspruch vor, der durch Herrichtungs-Merkmale gekennzeichnet ist. Mithin ist der Fachmann vorliegend ein Team, dem jedenfalls ein in der Entwicklung von Arzneistoffen erfahrener promovierter Chemiker oder Pharmazeut, ein pharmazeutischer Technologe sowie ein in der Forschung tätiger Mediziner mit abgeschlossenem allgemeinem Medizinstudium, der sich daran anschließend zum Facharzt der Urologie spezialisiert hat, angehören. Eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung einer geeigneten Darreichungsform ist eine umfassende Auseinandersetzung des hier angesprochenen Teams mit den physikalisch-chemischen Eigenschaften des Wirkstoffes sowie dessen pharmakologischer Wirkung. Dabei sind grundlegende Kenntnisse auch zur Verteilung eines Wirkstoffes im menschlichen Körper, zuvörderst jenen Spezialisten des Teams zuzurechnen, die federführend mit der Herrichtung des Arzneimittels befasst sind, also vorliegend dem in der Entwicklung von Arzneistoffen erfahrenen promovierten Chemiker oder Pharmazeuten bzw. dem pharmazeutischen Technologen. Dieses Team wird daher im Rahmen seiner Arbeit auch Publikationen zur Verabreichung des Wirkstoffes und die damit erzielte Wirkung, unabhängig vom speziellen medizinischen Anwendungsgebiet, berücksichtigen (vgl. BGH GRUR 2010, 123, 125 Tz. [27] - Escitalopram, BGH GRUR 2007, 404, 406 Tz. 26 - Carvedilol II sowie BGH GRUR 2009, 1039 Ls. 1 - Fischbissanzeiger).

2.2. Der Anmeldung liegt die objektive technische Aufgabe zugrunde, eine verbesserte Anwendung von Kollagenase zur Behandlung der Peyronie-Krankheit bereitzustellen (vgl. BGH-Beschluss X ZB 6/13 S. 4 Tz. [7]).

2.3. Zur Lösung dieser Aufgabe gemäß Patentanspruch 1

0. Kollagenase zur Anwendung bei der Behandlung der PeyronieKrankheit, wobei

1. die Kollagenase hergerichtet ist zur Injektion in einen fibrösen Peyronie-Strang in den Penis eines Individuums

2. in einer pharmazeutisch verträglichen Trägersubstanz 3. in einer Gesamtmenge von wenigstens etwa 20 000 ABC-Einheiten und 4. in einer Konzentration von etwa 20 000 bis etwa 40 000 ABC-Einheiten pro ml Trägersubstanz und 5. unmittelbar nach der Injektion der Penis für mehrere Stunden immobilisiert wird,

bereitzustellen, bedurfte keine Überlegungen erfinderischer Art.

a) Der Vortrag der Anmelderin hat zu keiner neuen Sach- und Rechtslage geführt. Die vom Senat in seinem Beschluss vom 8. Februar 2013 hinsichtlich der Merkmale 1 bis 4 dargelegte und vom Bundesgerichtshof als rechtsfehlerfrei erkannte Argumentation trifft daher weiterhin zu.

Ausgangspunkt zum Auffinden einer Lösung für die der Anmeldung zu Grunde liegende Aufgabe, stellt das Dokument D3 dar. Der Artikel D3 betrifft die Verwendung von Kollagenase zur Behandlung der Peyronie-Krankheit. Dabei handelt es sich um einen Wirkstoff, der von den Autoren - bezugnehmend auf frühere Studien - als unter den Arzneistoffen, die zur Behandlung der Peyronie-Krankheit eingesetzt werden, einzigartig charakterisiert wird, da nur dieses Enzym in vitro eine Wirkung gegenüber krankhaften Gewebeveränderungen gezeigt habe (vgl. S. 280 li. Sp. Abs. 4 und 5 sowie S. 283 li. Sp. Abs. 5). Beschrieben wird in diesem Dokument eine Studie zur Anwendung von Kollagenase in unterschiedlichen Dosierungen und bei unterschiedlichen Ausprägungen der Erkrankung in einer ersten klinischen Phase. Dabei erstreckt sich die verabreichte gesamte Wirkstoffmenge in einer ersten Patientengruppe auf 270 - bzw. 470 gemäß S. 281 Tabelle - bis 1595 Einheiten. Nachdem diese Dosierungen jedoch nicht zu einer vollständigen Wiederherstellung führten, aber auch keine unerwünschten Nebenreaktionen zur Folge hatten, wurde die Dosis in einer zweiten Patientengruppe schrittweise auf 1739 bis 4850 Einheiten erhöht (vgl. S. 280 Abstract und li. Sp. Abs. 5 sowie S. 281 li. Sp. Abs. 2). Im Ergebnis konnten die Autoren dieser Veröffentlichung eine objektive Verbesserung bei 20 von 31 Patienten, d. h. bei 65 % der Patienten, feststellen, wobei bei vier dieser Patienten die Plaques verschwanden bzw. sich hinsichtlich ihrer Struktur wesentlich verbesserten und sich bei den restlichen 16 Patienten die Verkrümmung des Penis um 20 bis 100 % verminderte. Unterteilt auf die unterschiedlichen Ausprägungsstadien der Erkrankung wurden ferner deutliche Verbesserung bei 50 % von 6 Patienten mit kleinen oder nicht tastbaren Plaques, bei 75 % von zwölf Patienten mit gemäßigten krankhaften Gewebeveränderungen und bei 65 % von 13 Patienten mit schweren krankhaften Gewebeveränderungen beobachtet (vgl. S. 281 Tabelle und re. Sp. Abs. 4 bis S. 282 li. Sp. Abs. 2, S. 282 re. Sp. Abs. 2). Gleichzeitig erwies es sich, dass die Kollagenase im Allgemeinen - und dieses insbesondere auch im Fall der Verabreichung der höchsten Dosismenge von 4850 Einheiten - gut vertragen wurde (vgl. S. 282 li. Sp. Abs. 1 le. Satz und Abs. 2). Aufgrund dieser Studienergebnisse kommen die Verfasser der Publikation D3 nicht nur zu dem Schluss, dass es sich bei der beschriebenen Behandlungsmethode um eine sichere Anwendung der Kollagenase handele, da bei keinem der Patienten klinisch oder im Labor feststellbare systemische Nebenwirkungen beobachtet worden seien. Sie kommen auch zu der Schlussfolgerung, dass die Ergebnisse insbesondere unter Berücksichtigung der hinsichtlich der verabreichten Dosismengen gewahrten Vorsicht bemerkenswert seien und dass die Wirkung der Kollagenase im Rahmen der Behandlung der Peyronie-Krankheit möglicherweise dramatisch verbessert werden könnte, wenn diese - vorausgesetzt es finde keine Immunreaktion statt - wiederholt und vielleicht auch in höheren Dosen verabreicht werde (vgl. S. 282 re. Sp. Abs. 2 und 3 sowie S. 283 Abs. 1). Die Veröffentlichung schließt sodann mit der Aussage, dass die Resultate der beschriebenen Versuche eine intensivere Befassung mit diesem Wirkstoff rechtfertigten und zukünftige diesen Wirkstoff betreffende Zielsetzungen der Autoren Studien zur Ermittlung der optimalen Dosierung zur Behandlung der in Rede stehenden Erkrankung einschließen werden (vgl. S. 283 li. Sp. Abs. 5).

Angesichts dieser mit dem Dokument D3 vermittelten Lehre, nicht nur Kollagenase als geeignet zur Behandlung der Peyronie-Krankheit in Betracht zu ziehen, sondern auch jenen Dosisbereich für Kollagenase zu ermitteln, der vom Fachmann als optimal erachtet wird, erforderte keine Überlegungen erfinderischer Art. Denn diese Druckschrift gibt dem Fachmann nicht nur den Hinweis, dass die Fachwelt zum maßgeblichen Zeitpunkt Kollagenase im Vergleich zu Wirkstoffen mit gleicher Indikation als einzig wirksam zur Therapie der Peyronie-Krankheit eingeschätzt hat, sondern auch, dass bereits mit den verabreichten Dosismengen in einem Bereich bis zu 4850 Einheiten bei 65 % der Patienten objektive Verbesserungen zu beobachten waren, ohne dass im Zusammenhang damit unerwünschte Nebenwirkungen auftraten. Somit konnte er von vornherein davon ausgehen, dass mit der Verabreichung dieses Wirkstoffes eine Verbesserung des Krankheitsbildes erzielt werden kann, weshalb bereits die Verwendung dieses Wirkstoffes zur Behandlung der Peyronie-Krankheit für ihn mit einer angemessenen Erfolgserwartung verbunden war.

Das Dokument D3 vermittelt dem Fachmann aber auch die Anregung, für eine erfolgreiche Behandlung der Peyronie-Krankheit die insgesamt zu verabreichende Gesamtdosis von Kollagenase weiter zu erhöhen. Denn nachdem die Autoren zu dem Resultat kommen, dass die wiederholte Gabe von Kollagenase, möglicherweise auch in höheren Dosierungen als sie im Rahmen der beschriebenen Studien eingesetzt worden sind, zu einer weiteren Verbesserung der Therapie beitra- gen könnte und die optimale Dosierung in weiteren Studien noch zu ermitteln sei, musste der Fachmann nur noch diese Hinweise befolgen. Inwiefern sich diesen Vorgaben folgend seine Zielsetzung sodann tatsächlich verwirklichen lässt und in welcher Höhe sich die dafür in Betracht zu ziehende Gesamtdosis bewegen sollte, konnte der Fachmann anhand von Dosisfindungsstudien ermitteln, die seiner Routinetätigkeit zuzurechnen sind und deren Anlegung kein erfinderisches Zutun erfordert.

Die aus der in der Veröffentlichung D3 auf S. 281 angegebenen Tabelle nicht ableitbare Dosis/Wirkungsbeziehung und die Beobachtung, dass in einem Einzelfall mit einer Dosierung von 1260 Einheiten eine Verbesserung von Symptomen erzielt wurde, ist - entgegen dem Vortrag der Anmelderin - nicht dazu geeignet, den Fachmann dazu zu veranlassen, entgegen der Schlussfolgerung der Autoren nur niedrige Dosierungen als aussichtsreich zur Behandlung der Peyronie-Krankheit zu erachten. Die Studie wurde mit der Zielsetzung durchgeführt, in einer ersten klinischen Studie die Wirksamkeit von in das krankhaft veränderte Gewebe von Peyronie-Patienten injizierter hochreiner Kollagenase an sich zu beurteilen und dieses in Verbindung mit einer vorsichtigen Steigerung der Dosismenge, da es bis zum Zeitpunkt der Studie noch keine Kenntnisse zur Höhe der wirksamen Dosismenge gab (vgl. S. 280 li. Sp. Abs. 5, S. 281 li. Sp. Abs. 3 und S. 282 re. Sp. Abs. 2). Als wichtigste Erkenntnis stuften die Autoren die Beobachtung ein, keine Anzeichen klinischer oder im Labor nachweisbarer systemischer Nebenwirkungen beobachtet zu haben und werteten das Gesamtergebnis dieser ersten klinischen Studie - dass bei 65 % der Patienten eine objektive Verbesserungen der Kontrakturen erzielt worden war und in 93 % der Fälle Schmerzen bei der Erektion nicht mehr auftraten - als Basis für weitere Entwicklungen auf diesem Indikationsgebiet (vgl. S. 282 re. Sp. Abs. 2 und 3). Eine statistische Auswertung von Dosis und Wirkung in Verbindung mit dem Schweregrad der Erkrankung erfolgte dagegen nicht. Vielmehr war der Fokus der Autoren auf eine Bewertung der Wirksamkeit von Kollagenase an sich gerichtet. Bestätigt wird dies mit der Studienführung. Obzwar es sich in einer ersten Gruppe von 6 Patienten erwiesen hatte, dass in einem Einzel- fall eine bemerkenswerte Verbesserung von Symptomen erzielt werden konnte, ordneten die Autoren diesem Fall keinen über das Gesamtergebnis gestellten Stellenwert zu. Vielmehr entsprachen die Ergebnisse in dieser NiederdosierungsGruppe in ihrer Gesamtheit augenscheinlich nicht der Zielsetzung der Studie, weshalb in einer zweiten größeren Patienten-Gruppe die Behandlung mit höheren Dosismengen fortgesetzt wurde (vgl. S. 281 li. Sp. Abs. 2). Die mit dieser PatientenGruppe erhaltenen Ergebnisse werteten die Autoren sodann als so vielversprechend, dass sie sie als Basis für die Entwicklung einer wirksamen Behandlungsmethode der Peyronie-Krankheit einstuften und sie zur vorstehend bereits zitierten Aussage veranlassten, dass die Wirksamkeit der Kollagenase mit einer Erhöhung der Dosis Menge gegebenenfalls dramatisch mit einer wiederholten Verabreichung der Dosen und dieses möglicherweise unter Einsatz größerer Mengen verbessert werden könnte (vgl. S. 283 li. Sp. Abs. 1).

Der Fachmann war aber auch deshalb dazu veranlasst, eine weitere Dosis-Steigerung der zu verabreichenden Kollagenase im Zusammenhang mit der Behandlung der Peyronie-Krankheit ins Auge zu fassen, weil die im Dokument D3 genannten Wirkstoffmengen zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr den Ausgangspunkt zur Durchführung dieser Versuche darstellten. Vielmehr konnte sich der Fachmann dazu an den in der Veröffentlichung D2 genannten Dosierungen orientieren. Denn diese Publikation betrifft die im wissenschaftlichen Beitrag D3 bereits in Betracht gezogenen weiterführenden Studien. In konsequenter Folge der im Dokument D3 dargelegten Überlegungen hinsichtlich der für eine erfolgreiche Behandlung der Peyronie-Krankheit erforderlichen Dosis-Erhöhung, kommen die in der Veröffentlichung D2 beschriebenen Studien zu dem Ergebnis, dass mit einer Dosis von 6000 Einheiten bei 100 % der Patienten mit einer Krümmung bis zu 30 Grad und einer Plaque-Größe kleiner 2 cm (= Kategorie I), mit einer Dosis von 10 000 Einheiten bei 36 % der Patienten mit einer Krümmung von 30 bis 60 Grad und einer Plaque-Größe von 2 bis 4 cm (= Kategorie II) sowie mit einer Dosis von 14 000 Einheiten bei 13 % der Patienten mit einer Krümmung größer 60 Grad und einer Plaque-Größe größer 4 cm (= Kategorie III) eine Wirkung erzielt worden ist (vgl.

D2 S. 56 li. Sp. Abs. 2, S. 56 li. Sp. Abs. 4 bis S. 56 re. Sp. Abs. 3 sowie S. 58 re. Sp. Abs. 3 i. V. m. S. 57 re. Sp. Tabelle). Anhand dieser Ergebnisse folgern die Autoren, dass eine Dosis-Wirkungsbeziehung bestehe und im Fall der Patienten mit der stärksten Deformation einfach zu viel Kollagen-Substrat vorhanden zu sein scheine, um eine wirksame Zerstörung durch die verabreichte beträchtliche Enzym-Menge zu erzielen (vgl. S. 58 li. Sp. Abs. 5 bis re. Sp. Abs. 3). Gleichzeitig ist auch im Rahmen dieser Studien festgestellt worden, dass keine Nebenwirkungen oder allergische Reaktionen beobachtet werden konnten. Lediglich bei einem Patienten sei drei Wochen nach der Injektion eine geringe Einblutung (Ekchymose) aufgetreten (vgl. S. 58 li. Sp. Abs. 3). Damit aber vermittelt das Dokument D2 dem Fachmann die Lehre, dass dieser Wirkstoff jedenfalls bei Patienten der Kategorie I in der eingesetzten Dosismenge von 6000 Einheiten sehr gut wirksam ist und eine Wirkung auch noch bei Patienten der Kategorie II zu beobachten ist, dass Kollagenase jedoch in einer Menge von 14 000 Einheiten im Zusammenhang mit einer Therapie der schweren Fälle der Kategorie III aber noch zu gering dosiert sein könnte und dass mit der Verabreichung von Kollagenase in Form von Injektionen keine signifikanten Nebenwirkungen zu erwarten sind. Da zudem im Stand der Technik über einen Zeitraum von 1982 bis 1993 eine stete Erhöhung der für die erfolgreiche Therapie der Peyronie-Krankheit mit Kollagenase in Betracht gezogenen Dosismenge zu beobachten war (vgl. D1 (1982) Patentanspruch 6, D3 (1985) S. 281 li. Sp. Abs. 3, D2 (1993) S. 56 re. Sp. Abs. 2) war der Fachmann zum maßgeblichen Zeitpunkt umso mehr dazu veranlasst, für seine Dosisfindungsstudien die im Dokument D2 genannte Kollagenase-Menge von 14 000 Einheiten als Ausgangspunkt für weitere Studien zur Behandlung auch von Patienten, die eine stärkere Ausprägung der Peyronie-Krankheit aufweisen, ins Auge zu fassen.

Das Merkmal, dass die Kollagenase in einer Konzentration von etwa 20 000 bis etwa 40 000 ABC-Einheiten pro ml Träger hergerichtet ist, kann im Zusammenhang mit der zu injizierenden Gesamtmenge gleichfalls keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Die im Patentanspruch 1 genannte Kon- zentration der zu injizierenden Kollagenaselösung ergibt sich nämlich als zwingende Folge der für eine wirksame Behandlung als geeignet erachteten Gesamtmenge des Wirkstoffes und des als praktikabel erachteten, zu injizierenden Volumens. Die naturgegebene Begrenzung des injizierbaren Volumens aber hat bei der vorgegebenen Gesamtdosierung zur Folge, dass die Trägerlösung eine der Dosierung entsprechend angepasste Konzentration aufweisen muss.

Das Argument der Anmelderin, der Fachmann habe angesichts der mit dem Dokument D3 vermittelten Lehre keine Veranlassung gehabt, Dosierungen von Kollagenase in Betracht zu ziehen, die über den in dieser Veröffentlichung genannten liegen, weil er davon ausgehen musste, dass damit auch das Risiko für das Auftreten schwerer Nebenwirkungen einhergehe, kann zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage führen. Dieses trifft deshalb nicht zu, weil im Dokument D3 - im Widerspruch zu diesen Ausführungen - explizit ausgeführt wird, dass die Sicherheit der in das krankhaft veränderte Gewebe injizierten Kollagenase zu den wichtigsten Erkenntnissen der Studie gehöre, denn bei keinem der Patienten hätten sich klinisch oder im Labor nachweisbare systemische Nebenwirkungen gezeigt (vgl. S. 282 re. Sp. Abs. 3). Zwar wird in dieser Veröffentlichung auch von einer Hypersensibilisierungsreaktion eines Mitgliedes aus der Patientengruppe, die zusätzlich ß-Aminopropionitril-Fumarat oral einnahm, berichtet (vgl. S. 282 li. Sp. Abs. 4) und, dass dieser jener Patientengruppe zuzuordnen sei, der im Rahmen ihrer Behandlung eine Gesamtdosis von 2574 bis 4850 Einheiten Kollagenase appliziert worden sei (vgl. S. 281 re. Sp. Abs. 2 i. V. m. Tabelle). Dieser Vorfall betraf aber nicht - so wie es die Anmelderin vortrug - jenen Patienten, der die höchste Dosis, nämlich 4850 Einheiten Kollagenase, erhalten hatte (vgl. S. 282 li. Sp. Abs. 1 le. Satz). Daher kann für diese Reaktion ebenso wenig die Dosismenge verantwortlich gemacht werden, wie im Übrigen der Wirkstoff Kollagenase an sich. Denn ein Abklingen der Nebenreaktionen wurde zwar mit Absetzen des Enzyms beobachtet, inwiefern dieser Patient aber spezielle Überempfindlichkeitsreaktionen gegenüber diesem Wirkstoff alleine oder gegenüber der Kombination dieses Wirkstoffes z. B. mit ß-Aminopropionitril-Fumarat aufwies wurde im Rahmen dieser Untersuchungen nicht weiter geklärt. Die Zuordbarkeit der beobachteten Nebenwirkung zur gemäß dem Dokument D3 höchsten verabreichten Gesamtdosis von 4850 Einheiten Kollagenase ist daher nicht gegeben. Der in dieser Veröffentlichung des weiteren beschriebene Fall einer Ruptur des Corpus cavernosum ist ebenfalls nicht der höchsten dort verabreichten Dosismengen zuzuordnen, denn dieser Vorfall betraf einen Patienten, der mit einer Gesamtdosis von 2730 Einheiten behandelt worden war (vgl. S. 282 li. Sp. Abs. 3 i. V. m. S. 281 Tabelle). Der Verweis der Patentanmelderin auf das gemäß Dokument D3 - ersichtlich aus der Tabelle auf Seite 281 - beobachtete häufige Auftreten von Einblutungen (Ekchymose) bei unterschiedlichen Dosismengen, kann ihre Argumentation gleichfalls nicht stützen. Denn diese Nebenwirkung ist im Rahmen der im Dokument D2 beschriebenen Studien bei weit höheren Dosismengen nur mehr in schwacher Form bei lediglich einem Patienten beobachtet worden (vgl. D2 S. 58 li. Sp. Abs. 3). Auch die der Veröffentlichung D3 angefügten „Editorial Comments“ sind nicht dazu geeignet, den Fachmann davon abzuhalten, im Rahmen von Dosisfindungsstudien zu untersuchen, inwiefern höhere Dosierungen des Wirkstoffes Kollagenase zu einer erfolgreichen Behandlung der Peyronie-Krankheit führen können. Auch wenn in einem Fall darauf hingewiesen wird, dass gegebenenfalls ernsthafte Anaphylaxien zu erwarten sein könnten, wird doch in beiden Beiträgen von den Autoren betont, dass es sich bei der im vorangehenden wissenschaftlichen Artikel vorgestellten Behandlung der Peyronie-Krankheit mit Kollagenase um eine sehr viel versprechende Therapie handele, die - insbesondere auch hinsichtlich einer Bestimmung der optimalen Dosis - weiterverfolgt werden sollte (vgl. S. 283 „Editorial Comments“).

Ebenso wenig lässt sich mit dem Hinweis im Gutachten von Martin K. Gelbert (= Anlage B) auf Seite 4 Abs. 1, nachdem sich in einem Fall die Gabe von Kollagenase im Nachhinein als ungünstig erwiesen habe, ein Vorurteil der Fachwelt im Hinblick auf eine Dosiserhöhung begründen. Denn eine einhellig ablehnende Haltung der Fachwelt gegenüber einer Erhöhung der Kollagenase-Gesamtdosis zur Behandlung der Peyronie-Krankheit ist aus den im Verfahren genannten Doku- menten nicht ableitbar. Vielmehr widerspricht dem bereits die vorstehend erwähnte stete Erhöhung der für eine Behandlung der Peyronie-Krankheit in Betracht zu ziehenden Gesamtmenge an Kollagenase über den Zeitraum von 1982 bis 1993.

b) Keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit kann auch das Merkmal 5 in einer Zusammenschau mit den Merkmalen 1 bis 4 gemäß Merkmalsanalyse leisten, wonach der Penis unmittelbar nach der Injektion für mehrere Stunden immobilisiert wird. Denn auch das Ergreifen dieser Maßnahme bedurfte keines erfinderischen Zutuns. Wollte der Fachmann nämlich die lokale Wirkung der injizierten Kollagenase weiter verbessern, so konnte er auf die mit dem Dokument D6 vermittelte Lehre zurückgreifen. Dieses betrifft die Verabreichung von Kollagenase zur Behandlung der Dupuytren-Erkrankung. Dabei handelt es sich um eine Erkrankung, die ebenso wie die Peyronie-Krankheit symptomatisch durch gutartige Wucherungen des Bindegewebes begleitet von knotigen Verdickungen (= Plaques) gekennzeichnet ist, und zur Kontraktion von Gliedmaßen - im Fall der Dupuytren-Krankheit der Hand und insbesondere der Finger - führt (vgl. D6 Sp. 1 Z. 12 bis 15 sowie D3 S. 280 li. Sp. Abs. 2 Satz 1). Zur Verbesserung der Behandlung mit Kollagenase wird dort vorgeschlagen, sofort nach der Injektion einer wirksamen Menge und Konzentration Kollagenase in den fibrösen Dupuytren-Strang die Hand ruhig zu stellen. Auf diese Weise - so wird angenommen - wird das Herauspressen der Kollagenase-Lösung aus dem fibrösen Dupuytren-Strang möglichst gering gehalten und eine ausreichende, jedoch nicht übermäßige Wirkungsdauer auf dem Strang erlaubt (vgl. D6 Patentanspruch 1 und Beschreibung Sp. 2 Z. 3 bis 10 sowie Z. 41 bis 55). Nachdem auch im vorliegenden Fall durch die Injektion der Kollagenase in eine fibröse Peyronie-Plaque eine gezielte lokale Wirkung erreicht werden soll, es zum allgemeinen Wissen des mit der Entwicklung von Arzneimitteln befassten Fachmannes gehört, dass Bewegung die Verteilung von Wirkstoffen im Körper fördert, lag es nahe, die im Dokument D6 zur Verbesserung der Wirkung genannte Maßnahme auch im vorliegenden Fall durch die Immobilisierung des Penis unmittelbar nach der Injektion für mehrere Stunden zur Verbesserung der Anwendung der Kollagenase in Betracht zu ziehen, um so die applizierte Konzentration an Kollagenase am Wirkort zu erhalten.

Entgegen der Auffassung der Anmelderin wird der Fachmann auch dieses Dokument im Blickfeld haben. Denn es ist der Sorgfaltspflicht des Fachmannes zuzurechnen, sich bereits in der Vorbereitungsphase zur Entwicklung eines Wirkstoffes voll umfänglich über den ins Auge gefassten Wirkstoff zu informieren, sei es über seine Herstellung, über seine Herrichtung als Arzneimittel oder über seine Anwendung in der Praxis. Insbesondere wird er in diesem Zusammenhang auch jenem Stand der Technik seine Aufmerksamkeit zuwenden, der die Anwendung dieses Wirkstoffes zur Behandlung von Krankheiten betrifft, die dem selben Formenkreis zuzurechnen sind, hier den gutartigen Wucherungen des Bindegewebes mit Bildung knotiger Verdickungen begleitet von Kontrakturen der betroffenen Gliedmaßen. Dieses erweist sich im Übrigen auch durch den Verweis im Dokument D2 - einer Veröffentlichung, die die Behandlung Peyronie-Krankheit zum Thema hat - auf die Behandlung der Dupuytren-Erkrankung mit Kollagenase und die in diesem Zusammenhang erzielten guten Ergebnisse (vgl. D2 S. 58 re. Sp. Abs. 4).

Auch der Vortrag der Anmelderin, der Fachmann hätte die im Dokument D6 genannte Maßnahme der Ruhigstellung nicht in Betracht gezogen, da es sich vorliegend bei dem erkrankten Gewebe um ein schwammartiges handle, bei dem die Gefahr bestehe, dass der Wirkstoff durchsickere und auf diese Weise andere Gewebestrukturen bzw. benachbarte Teile schädige, während es sich bei der Dupuytren-Erkrankung um die Behandlung eines festen Stranges handle, auf dem die indizierte Kollagenase verbleibe, kann zu keiner anderen Sach- und Rechtslage führen. Wie vorstehend dargelegt, musste der Fachmann auch im Zusammenhang mit der Behandlung der Peyronie-Krankheit mittels Injektion von Kollagenase in das krankhaft veränderte Gewebe nicht von vornherein mit unerwünschten Nebenwirkungen rechnen, denn sowohl im Dokument D3 als auch im Dokument D2 wird darauf hingewiesen, dass in keinem Fall der dort behandelten Patienten ernsthafte Nebenwirkungen beobachtet worden seien (vgl. D3 S. 282 li. Sp. Abs. 1 bis 3 und re. Sp. Abs. 2 sowie D2 S. 56 „Abstract“ und S. 58 li. Sp. Abs. 3). Die Grenze dafür zu finden, in welcher Konzentration und für welche Zeitdauer ein Wirkstoff an einem Wirkort einwirken darf, um ein angestrebtes Ergebnis ohne signifikanten Nebenwirkungen zu erhalten, ist überdies Aufgabe eines jeden mit der Entwicklung und Herrichtung eines Arzneimittels befassten Fachmannes, mit der er sich im Zuge der Erarbeitung der Zulassungsunterlagen befassen muss.

2.4. Die Bereitstellung von Kollagenase zur Anwendung bei der Behandlung der Peyronie-Krankheit gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag (vormals Hilfsantrag 1) beruht nach alledem nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der Patentanspruch 1 ist daher nicht gewährbar.

3. Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag (vormals Hilfsantrag 2) bildet ebenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit keine geeignete Grundlage für eine Patenterteilung.

Der Patentanspruch 1 gemäß 1. Hilfsantrag unterscheidet sich vom Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag insofern, als der Zeitraum, in dem der Penis sofort nach der Injektion immobilisiert wird, 4 bis etwa 12 Stunden beträgt. Damit mag der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag gegenüber dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag beschränkt worden seien, es hat sich mit dieser Formulierung aber kein anderer Sachverhalt ergeben. Denn die für eine Ruhigstellung erforderliche Dauer richtet sich nach der experimentell feststellbaren Dauer für eine vollständige Spaltung des Kollagens (vgl. D6 Sp. 2 Z. 19 bis 22) sowie der zu behandelnden Ausprägung der Erkrankung. Davon ausgehend sodann den für eine Immobilisierung geeigneten Zeitrahmen zu ermitteln, erfolgt im Zuge eines Optimierungsprozess. Dabei aber handelt es sich um Tätigkeiten im Rahmen des üblichen Aufgabenkreises des Fachmannes, nicht aber um Maßnahmen, deren Ergreifen erfinderisches Zutun erfordert (vgl. Schulte PatG 9. Aufl. § 4 Rn. 137).

Somit gelten in diesem Fall die gleichen Gründe wie für den Hauptantrag, auf die vollumfänglich Bezug genommen wird.

4. Da über den Antrag der Anmelderin nur insgesamt entschieden werden kann, teilen die jeweils nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 7 sowohl gemäß Hauptantrag als auch gemäß Hilfsantrag das Schicksal des jeweiligen Patentanspruches 1 (vgl. BGH GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II).

5. Die von der Beschwerdeführerin zuletzt mit mehreren Beweisanträgen angeregte Einholung eines Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht.

Die Einholung eines Sachverständigen ist anzuordnen, wenn das Gericht nicht über die eigene Sachkunde verfügt, um aus den maßgeblichen Fakten des konkreten Falles die erforderlichen Wertungen und Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Entscheidung darüber, ob dies der Fall ist, liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Insoweit ist es bereits ausreichend, wenn nur ein Mitglied des zur Entscheidung berufenen Senats diese Sachkunde besitzt. Im vorliegenden Fall war die Bestellung eines externen Sachverständigen entbehrlich, da der mit technischen Richtern besetzte Senat hinsichtlich aller fallrelevanten Aspekte über die erforderliche Sachkunde verfügte. Diese Sachkunde ergibt sich aufgrund des naturwissenschaftlichen Studiums der technischen Senatsmitglieder und ihres durch praktische Berufserfahrung vertieften Spezialwissens in Verbindung mit ihrer langjährigen Erfahrung als Patentprüfer und dem Erfahrungswissen, das sich aus der ständigen Befassung mit Erfindungen in den in die Zuständigkeit des Senats fallenden technischen Fachgebieten gebildet hat (vgl. Thomas-Putzo, ZPO 35. Aufl. § 402 Vorbem. Rn. 3; Benkard, PatG, 11. Aufl. § 88 Rn. 6; § 139, Rn. 125; Schulte PatG. 9. Aufl. § 81 Rn. 157).

Soweit die Beschwerdeführerin sinngemäß geltend gemacht hat, der Senat könne mangels fachärztlicher Spezialkenntnisse jedenfalls nicht abschließend beurteilen, ob es sich bei dem Ruhigstellungsmerkmal der patentgemäßen Lehre zum Priori- tätszeitpunkt um eine fachärztliche Routinemaßnahme gehandelt habe oder nicht, kann dies dahingestellt bleiben. Denn vorliegend handelt es sich - wie vorstehend dargelegt - um die Bereitstellung eines Arzneimittels, das durch Merkmale zu dessen Herrichtung gekennzeichnet ist. Der für diesen Bereich jedoch federführende Spezialist, im Allgemeinen ein Pharmazeut oder Chemiker mit langjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung geeigneter Darreichungsformen, hat - und dieses stellt eine grundlegende Voraussetzung seiner Entwicklungsarbeit dar - auch Publikation zur Verabreichung dieses Wirkstoffes im Blick. Daher ist im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Sachverhalt nicht die Frage entscheidend, inwiefern auch der Urologe - dem der Bereich der Herrichtung eines Arzneimittels nicht zuzurechnen ist (vgl. BGH GRUR 2009, 1039 Ls. 1 - Fischbissanzeiger) - das Dokument D6 berücksichtigen würde, sondern die Frage, inwiefern der mit der Arzneimittelentwicklung befasste Fachmann, das vorliegend angesprochene Team in seiner Gesamtheit, dieses Dokument in seine Überlegungen mit einbezieht und die dort gegebene Anregung der Ruhigstellung zur Lösung der Aufgabe in Betracht zieht. Dabei aber handelt es sich um die Wertung technischer Zusammenhänge, die dem Senat obliegt.

6. Bei dieser Sachlage war die Beschwerde zurückzuweisen.

III.

Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde gegeben, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,

4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,

5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder

6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden.

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