Paragraphen in 11 W (pat) 6/12
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
Sortiert nach dem Alphabet
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 6/12
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2004 026 823.1 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 16. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing. Wiegele BPatG 152 08.05 beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F01N des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. Juli 2011 aufgehoben und das Patent 10 2004 026 823 mit den Patentansprüchen 1 bis 4 sowie der Beschreibung Seiten 1 bis 8 jeweils vom 15. März 2017, der Beschreibung Seiten 9 bis 15 sowie der Zeichnung Figuren 1 bis 4 vom Anmeldetag erteilt.
Gründe I.
Die Prüfungsstelle für Klasse F01N des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 19. Juli 2011 die am 2. Juni 2004 unter Inanspruchnahme der Priorität 2003-156559 JP vom 2. Juni 2003 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Abgasreinigungsvorrichtung für Verbrennungsmotor“
mit der Begründung zurückgewiesen, die Gegenstände des jeweiligen Patentanspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag beruhten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, denn sie ergäben sich in naheliegender Weise aus der Druckschrift DE 100 04 001 A1 (D1) i. V. m. dem Wissen und Können des Fachmanns. Im Prüfungsverfahren wurde zudem die Druckschrift DE 100 10 031 A1 (D2) berücksichtigt.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Mit Zwischenverfügung vom 18. Juli 2016 hat der Senat zum Stand der Technik noch auf die Druckschriften DE 199 39 989 C1 (D3) und DE 100 30 936 A1 (D4) hingewiesen und ausgeführt, dass die beanspruchten Gegenstände nahegelegt seien. Mit Schreiben vom 8. März 2017 hat der Senat der Anmelderin mitgeteilt, dass der Hilfsantrag unzulässig sei und dass ein geändertes Patentbegehren zur Erteilung eines Patents führen könne.
Daraufhin hat die Anmelderin am 15. März 2017 neue Unterlagen eingereicht und i. V. m. mit einer weiteren Eingabe vom selben Tage sinngemäß beantragt,
den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle des Patentamts aufzuheben und ein Patent auf Grundlage der vorgelegten Ansprüche und der Beschreibung i. V. m. den Beschreibungsseiten 9 bis 15 sowie den Figuren vom Anmeldetag zu erteilen.
Der geltende Patentanspruch 1 lautet (Gliederungszeichen ergänzt):
„M1 Abgasreinigungsvorrichtung für einen Verbrennungsmotor, mit: M2 einem Einlaßkanal (8) und einem Auslaßkanal (20), die mit einem Zylinder (2) eines Verbrennungsmotors kommunizieren; M3 einem im Auslaßkanal angeordneten NOx-Speicherkatalysator (22) zum Adsorbieren von NOx im Abgas in einem mageren Betrieb und zum Freisetzen und Reduzieren des adsorbierten NOx in einem fetten Betrieb; M4 einer im Einlaßkanal angeordneten Einlaßbegrenzungseinrichtung (10) zum Einstellen eines Ansaugluftvolumens; und M5 einer Betriebszustanderfassungseinrichtung (38) zum Erfassen des Betriebszustands des Verbrennungsmotors; M6 wobei die Abgasreinigungsvorrichtung weiter aufweist: eine NOxReinigungssteuerungseinrichtung (40)
M6.1 M6.2 M7 M6.3 M6.4 M6.5 M6.6 M6.7 zum Bestimmen einer virtuellen Kraftstoffeinspritzmenge gemäß dem durch die Betriebszustanderfassungseinrichtung erfaßten Betriebszustand, wenn das durch den NOx-Speicherkatalysator adsorbierte NOx freigesetzt und reduziert wird, zum Bestimmen eines Ansaugluftvolumen-Sollwertes für den Einlaßkanal gemäß der virtuellen Kraftstoffeinspritzmenge und zum Steuern der Einlaßbegrenzungseinrichtung gemäß dem Ansaugluftvolumen-Sollwert, wobei die Betriebszustanderfassungseinrichtung (38) eine Ansaugluftvolumenerfassungseinrichtung (29) zum Erfassen eines Ansaugluftvolumen-Istwertes aufweist und die NOx-Reinigungssteuerungseinrichtung (40) den Ansaugluftvolumen-Sollwert für den Einlaßkanal gemäß der virtuellen Kraftstoffeinspritzmenge und einem vorgegebenen Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Sollwert bestimmt, einen Drosselklappenstellungs-Basiswert der Einlaßbegrenzungseinrichtung gemäß dem durch die Betriebszustanderfassungseinrichtung erfaßten Betriebszustand bestimmt und den Drosselklappenstellungs-Basiswert der Einlaßbegrenzungseinrichtung basierend auf dem durch die Ansaugluftvolumenerfassungseinrichtung erfaßten Ansaugluftvolumen-Istwert und dem Ansaugluftvolumen-Sollwert einer Rückkopplungssteuerung unterzieht, wobei die NOx-Reinigungssteuerungseinrichtung (40) einen Kraftstoffeinspritzmengen-Istwert für einen dem Zylinder zuzuführenden Kraftstoff gemäß dem durch die Ansaugluftvolumenerfassungseinrichtung erfaßten Ansaugluftvolumen-Istwert und einem vorgegebenen Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Sollwert bestimmt, der Kraftstoffeinspritzmengen-Istwert aus einer Haupteinspritzungskraftstoffmenge, die bezüglich des oberen Totpunktes eines Verdichtungshubs des Zylinders verzögert eingespritzt wird, und M6.8 M8 M6.9 einer Voreinspritzungskraftstoffmenge besteht, die früher eingespritzt wird als die Haupteinspritzungskraftstoffmenge, und wobei die NOx-Reinigungssteuerungseinrichtung (40) die Haupteinspritzungskraftstoffmenge auf der Basis des Kraftstoffeinspritzmengen-Istwertes und der gemäß dem durch die Betriebszustanderfasungseinrichtung erfaßten Betriebszustand erhaltenen Voreinspritzungskraftstoffmenge bestimmt, und wobei die Betriebszustanderfassungseinrichtung (38) eine stromaufwärtsseitig vom NOx-Speicherkatalysator angeordnete LuftKraftstoff-Verhältnis-Erfassungseinrichtung (30) zum Erfassen eines Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Istwertes aufweist, und wobei die NOx-Reinigungssteuerungseinrichtung (40) die Haupteinspritzungskraftstoffmenge basierend auf dem Luft-KraftstoffVerhältnis-Sollwert und dem durch die Luft-Kraftstoff-VerhältnisErfassungseinrichtung erfaßten Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Istwert einer Rückkopplungssteuerung unterzieht.“
Hieran schließen sich die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 an.
Zum Wortlaut der abhängigen Patentansprüche sowie den weiteren Einzelheiten wird auf die Akten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nunmehr begründet.
1. Die vorliegende Anmeldung betrifft eine Abgasreinigungsvorrichtung für einen Verbrennungsmotor mit einem NOx-Speicherkatalysator. Im Ansaugkanal des Verbrennungsmotors ist eine Einlassbegrenzungseinrichtung, d. h. eine Drosselklappe, angeordnet, mit der der angesaugte Luftvolumenstrom eingestellt werden kann. Betriebszustände des Verbrennungsmotors können über eine nicht näher beschriebene Betriebszustanderfassungseinrichtung erfasst werden.
In der Beschreibung der Patentanmeldung ist ausgeführt, dass Abgasreinigungsvorrichtungen mit einem NOx-Speicherkatalysator im Allgemeinen Stickoxide (NOx) adsorbierten, wenn das Luft/Kraftstoff-Verhältnis mager sei, und freigeben und reduzierten, wenn das Verhältnis fett sei. In Abhängigkeit von der adsorbierten NOx-Menge müsse der Katalysator durch Zufuhr von Reduktionsmittel regeneriert (gereinigt) werden.
Aus der Druckschrift D5 (JP 06-212961 A; Anmerkung: am Anmeldetag war diese japanische Offenlegungsschrift noch nicht veröffentlicht) sei bekannt, ein zur Stickoxidreduzierung geeignetes Luft-Kraftstoff-Verhältnis zu realisieren, indem nebst einer Hauptkraftstoffeinspritzung in der Nähe des oberen Totpunktes eines Verdichtungshubs auch in einem Arbeits- oder Auslasshub Kraftstoff eingespritzt werde. Um der Verminderung der Kraftstoffeffizienz entgegenzuwirken, werde das zugeführte Luftvolumen durch eine Regelung einer Drosselklappenstellung oder das zurückgeführte Rauchgas begrenzt. Die Regelung der Drosselklappenstellung erfolge aufgrund des durch einen Sensor im Abgas erfassten Luft-Kraftstoff-Verhältnisses. Die Stabilität eines gemessenen Luftvolumenstroms sei schlecht und das Nachsteuern auf einen Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Sollwert basierend auf dem Luft-Kraftstoff-Verhältnis im Abgas benötige eine lange Zeitdauer.
Es soll daher die Aufgabe der vorliegenden Patentanmeldung sein, die Probleme des Standes der Technik zu lösen und eine Abgasreinigungsvorrichtung für einen Verbrennungsmotor bereitzustellen, die in der Lage ist, einen NOx-Speicherkatalysator schnell und geeignet zu regenerieren.
2. Zuständiger Fachmann ist hier ein Hochschulabsolvent der Fachrichtung Maschinenbau oder Verfahrenstechnik mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Gebiet der Reinigung von Verbrennungsabgasen bei Brennkraftmaschinen, insbesondere Dieselmotoren, die mit Luftüberschuss arbeiten (mageres Gemisch). Mit dem Prinzip der Reduzierung von Stickoxiden in Abgasen aus Verbrennungsmotoren unter Verwendung eines Speicherkatalysators ist er bestens vertraut. Er kennt die Katalysatoren sowie deren Wirkungsweise. Bekannt ist ihm, dass die Speicherung der Stickoxide nur in einem bestimmten Temperaturbereich erfolgen kann und die Speicherkapazität erschöpft. Dies muss über einen NOx-Sensor im Abgas überwacht werden. Die zwischengespeicherten Stickoxide können nur in einem fetten oder stöchiometrischen Abgasgemisch reduziert werden. Der Fachmann kennt zudem die Betriebszustände der Brennkraftmaschine sowie deren Auswirkung auf die Zusammensetzung und die Zustände der Abgase. Er ist in der Auslegung der Steuerung für die Brennkraftmaschine stets bestrebt, einen Kompromiss zwischen Kraftstoffverbrauch, Emissionen und Geräuschen des Motors als Optimum herbeizuführen.
3. Die beanspruchte Vorrichtung ist in ihren Grundzügen demnach wie folgt zu verstehen: Sie ist für die Reinigung von Abgasen aus einem Verbrennungsmotor ausgelegt. Soweit es um spezifische Merkmale einer Abgasreinigung geht, ist die Vorrichtung lediglich durch einen im Auslasskanal des Motors angeordneten NOxSpeicherkatalysator und eine Steuerungseinrichtung definiert, wobei deren körperliche/stoffliche Beschaffenheiten offen bleiben. Der Verbrennungsmotor umfasst einen Einlass- und einen Auslasskanal, die jeweils mit jedem Zylinder des Motors verbunden sind (vgl. Abs. [0040] OS). In dem Auslasskanal ist der NOx-Speicherkatalysator angeordnet. Dieser vermag bestimmungsgemäß Stickoxide beim Betrieb des Motors mit Luftüberschuss (Magerbetrieb) zu speichern und in einem Betrieb mit Luftmangel (fetter Betrieb) Stickoxide freizusetzen und zu reduzieren. Im Einlasskanal ist eine Einlassbegrenzungseinrichtung – z. B. eine Drosselklappe (vgl. Abs. [0041] OS) – vorgesehen, mittels der das angesaugte Luftvolumen eingestellt werden kann (Merkmale M1 bis M4).
Bei einer Betriebszustanderfassungseinrichtung zum Erfassen des Betriebszustands des Verbrennungsmotors (Merkmal M5) kann es sich um einen Teil einer elektronischen Steuereinheit handeln (ECU, vgl. Abs. [0047] OS und Fig. 1). Der Einrichtung werden von Sensoren erfasste Betriebszustände als Signale zugeführt und in ihr verarbeitet (vgl. Abs. [0046], [0051] OS und Fig. 1). Darunter sind zwingend der Ansaugvolumen-Istwert (Merkmal M7) und das Luft-Kraftstoff-Verhältnis (λ-Wert) im Abgas stromaufwärtsseitig des NOx-Speicherkatalysators (Merkmal M8). Dazu weist die Betriebszustanderfassungseinrichtung eine Ansaugluftvolumen-Erfassungseinrichtung und eine Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Erfassungseinrichtung (λ-Sensor) auf. Demnach können – weitergehend als in Zusammenhang mit Figur 1 dargestellt – auch die eigentlichen Sensoren zum Erfassen des Betriebszustandes der Betriebszustanderfassungseinrichtung zugerechnet werden.
Die Beschaffenheit der NOx-Reinigungssteuerungseinrichtung als Teil der Abgasreinigungsvorrichtung ist im Patentanspruch offen gelassen. Sie könnte wie die Betriebszustanderfassungseinrichtung in eine elektronische Steuereinheit (ECU, vgl. Abs. [0047] OS) integriert sein und auch in der Form einer Software vorliegen. Sie ist durch die von ihr wahrgenommenen oder beabsichtigten Funktionen definiert.
Das Merkmal 6.1 ist als Eignung der NOx-Reinigungssteuerungseinrichtung zu verstehen, während der Freisetzung und Reduktion der im Speicherkatalysator adsorbierten Stickoxide eine Kraftstoffeinspritzmenge unter Einbeziehen eines erfassten Betriebszustandes, z. B. anhand von Kennfeldern, festzulegen (vgl. Abs. [0052] bis [0053]). Diese Kraftstoffmenge entspricht nicht der tatsächlich eingespritzten und ist daher „virtuell“. Mit ihrer Hilfe und einem vorgegebenen λ-Sollwert wird der Ansaugluftvolumen-Sollwert bestimmt (Merkmal M6.3 i. V. m. M6.2), der zum Steuern der Einlassbegrenzungseinrichtung (Drosselklappenstellung) mit herangezogen wird.
Es wird gemäß dem erfassten Betriebszustand (z. B. aus Kennfeldern) ein Drosselklappenstellungs-Basiswert festgelegt (Merkmal M6.4), der eine Vorsteuerung der Drosselklappenstellung in dem Regelkreis bewirkt, der auf dem Ansaugluftvolumen-Sollwert und dem Ansaugluftvolumen-Istwert basiert (Merkmal M6.5).
Ausgehend von der Definition des Luft-Kraftstoff-Verhältnisses (λ-Wert) als die tatsächlich für eine Verbrennung zur Verfügung stehende Luftmasse im Verhältnis zur für eine vollständige Verbrennung benötigte (stöchiometrische) Luftmasse ist das Ansaugluftvolumen in gegebenen Zusammenhang auch als Ansaugluftmasse zu verstehen, zumal auch das Ausführungsbeispiel (Fig. 3, 4) das gemessene Luftvolumen als Massenstrom definiert, nämlich mg/st. Das Bestimmen des Luftvolumens und das Verknüpfen mit dem λ-Wert schließt daher weitere Erfassungen wie Luftdichte und Lufttemperatur und/oder entsprechende Umrechnungen mit ein.
Die einzuspritzende Kraftstoffmenge (Istwert) wird aus dem erfassten Luftvolumen und dem vorgegebenen λ-Sollwert bestimmt, wobei die gesamte Kraftstoffeinspritzmenge in eine Voreinspritzungskraftstoffmenge und eine bezüglich des oberen Totpunkts eines Verdichtungshubes verzögert eingespritzte Haupteinspritzungskraftsoffmenge aufgeteilt wird (Merkmale M6.6 und M6.7).
Dazu wird die Haupteinspritzungskraftstoffmenge zunächst im Sinne einer Vorsteuerung unter Einbeziehen der anhand erfasster Betriebszustände festgelegten Voreinspritzungskraftstoffmenge bestimmt und basierend auf dem λ-Sollwert und dem durch die Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Erfassungseinrichtung erfassten λ-Istwert geregelt (Merkmale M6.8, M6.9).
4. Das geltende Patentbegehren ist zulässig.
Der geltende Patentanspruch 1 entspricht einer Ausführungsform der Abgasreinigungsvorrichtung, die sich inhaltlich aus einer Zusammenfassung der ursprünglich eingereichten Patentansprüche 1 und 4 bis 7 ergibt. Die weiteren Patentan- sprüche 2 bis 4 finden inhaltlich ihre Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 2, 3 und 8. Die Beschreibung ist an die nunmehr geltende Anspruchsfassung angepasst worden.
5. Die nunmehr beanspruchte Abgasreinigungsvorrichtung ist auch patentfähig.
a) Die gewerblich anwendbare Abgasreinigungsvorrichtung gemäß Patentanspruch 1 ist neu.
Aus dem berücksichtigten Stand der Technik geht zumindest nicht hervor, die Regelung der Drosselklappenstellung mit der der Haupteinspritzungskraftstoffmenge miteinander zu verknüpfen (Kombination der Merkmale M6.5 und M6.9).
a1) Aus der Druckschrift D1 ist ein Abgasnachbehandlungssystem von Motorabgasen aus Diesel-Brennkraftmaschinen bekannt (vgl. Sp. 2, Z. 16 bis 23), in der Nomenklatur der streitigen Anmeldung eine Abgasreinigungsvorrichtung für einen Verbrennungsmotor (Merkmal M1). Auch wenn nicht explizit erwähnt, weist eine Diesel-Brennkraftmaschine als unerlässliche und notwendige Komponenten einen Einlasskanal und einem Auslassanal auf, die mit einem Zylinder der Brennkraftmaschine kommunizieren (Merkmal M2). Sowohl bei der Angabe des Standes der Technik (vgl. Sp. 1, Z. 27 bis 29) als auch im Ausführungsbeispiel (vgl. Sp. 3, Z. 20 bis 27) wird auf NOx-Speicherkatalysatoren zur Reduktion der Emissionen bei Diesel-Brennkraftmaschinen hingewiesen. Weil die Emissionen zwangsläufig durch den Auslasskanal der Brennkraftmaschine transportiert werden, muss daher auch der NOx-Speicherkatalysator – wie allgemein bekannt – im Auslasskanal angeordnet sein. Wörtlich wird dabei auch die Regeneration des NOx-Speicherkatalysators bei Betrieb der Brennkraftmaschine mit fettem Gemisch erwähnt. Trivialerweise werden die Stickoxide aus dem Abgas im Magerbetrieb der Brennkraftmaschine adsorbiert. Adsorption der Stickoxide bei Betrieb mit Luftzahlen größer 1 (Luftüberschuss λ>1) und Desorption mit Reduzieren bei Betrieb mit Luftzah- len kleiner gleich 1 (Luftmangel λ≤1) sind immanente Eigenschaften eines NOxSpeicherkatalysators (Merkmal M3). Das bekannte Abgasnachbehandlungssystem ist für eine Brennkraftmaschine vorgesehen mit einer Luftsteuerung, die einen Luftsteller zur Beeinflussung der zugeführten Luftmenge beaufschlagt (vgl. Sp. 2, Z. 62 bis 64). Der Luftsteller stellt eine Einlassbegrenzungseinrichtung im Sinne der vorliegenden Anmeldung dar, zumal Luftsteller und Einlassbegrenzungseinrichtung nur durch ihre jeweils identische Funktion definiert sind. Selbstverständlich und zwingend muss der Luftsteller im Einlasskanal der Brennkraftmaschine angeordnet sein (Merkmal M4). Eine Betriebszustanderfassungseinrichtung zum Erfassen des Betriebszustands des Verbrennungsmotors geht aus Anspruch 8 hervor und wird anhand des Blockdiagramms in Fig. 1 dargestellt (Merkmal M5). Im Übrigen stellen auch schon der Fahrpedalgeber 135 i. V. m. der Fahrwunschermittlung 130 oder der Prioritätsvorgabe 170 Betriebszustanderfassungseinrichtungen zum Erfassen des Betriebszustands eines Verbrennungsmotors im Sinne der Anmeldung dar (vgl. Abschnitt 3.). Durch Eingreifen in die Kraftstoffmengenund/oder Luftsteuerung bei der Regeneration des NOx-Speicherkatalysators weist das bekannte Abgasnachbehandlungssystem auch eine NOx-Reinigungssteuerungseinrichtung auf (vgl. Sp. 3, Z. 20 bis 26 i. V. m. Sp. 2, Z. 23 bis 25; Merkmal M6).
Aus erfassten Betriebszuständen wie der Pedalstellung (Fahrpedalgeber 135) oder der Drehzahl der Brennkraftmaschine (Drehzahlsensor 105) wird eine Kraftstoffmenge bestimmt (vgl. Sp. 3, Z. 1 bis 3, Sp. 2, Z. 54 bis 58). Weil in den generierten Signalen ein Kraftstoffeinspritzmengen-Istwert nicht direkt berücksichtigt wird, handelt es sich um virtuelle Kraftstoffmengen, die zudem noch durch ein Signal aus der Abgasnachbehandlung 150 im Verknüpfungspunkt 120 während den Freisetzungs- und Reduktionsphasen des NOx im Speicherkatalysator mitbestimmt werden (vgl. Blockdiagramm der Fig. 1; Merkmal 6.1).
Das bekannte Abgasnachbehandlungssystem weist zudem eine Luftsteuerung 145 zum Steuern eines Luftstellers 120 auf (vgl. Sp. 2, Z. 62 bis 64; Teile des Merkmals 6.2) und ist mit einer Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Erfassungseinrichtung ausgestattet (Lambdasensor 165; Merkmal M8). Alternativ wird die Frischluftmenge erfasst (entspricht Ansaugluftvolumen; vgl. Spalte 4, Zeilen 30 bis 36; Merkmal M7). Demnach wird die Kraftstoffeinspritzmenge nicht gemäß einem vorgegebenen λ-Wert und einem erfassten Luftvolumen bestimmt (Merkmal M6.6).
Die Luftsteuerung und die Hauteinspritzungskraftstoffmengen-Steuerung als solche werden in der Druckschrift D1 nicht explizit beschrieben. Insbesondere wird nicht erwähnt, dass eine virtuelle Kraftstoffeinspritzmenge herangezogen werden soll, um einen Ansaugluftvolumen-Sollwert zu bestimmen (Teilmerkmal M6.2, Merkmal M6.3), dass über Vorsteuerungen ein Drosselklappenstellungs-Basiswert und ein Voreinspritzungs-Basiswert festgelegt werden (Merkmale M6.4, M6.8) und dass Regelungen für die Drosselklappenstellung basierend auf dem erfassten Ansaugluftvolumen-Istwert und dem bestimmten Ansaugluftvolumen-Sollwert sowie die Haupteinspritzungsmenge basierend auf dem vorgegebenen und dem erfassten λ-Wert vorgenommen werden (Merkmale M6.5, M6.9). Es wird zwar angegeben, dass die Luftsteuerung 145 und eine Mengenaufteilung 115 der Kraftstoffeinspritzmenge mit Signalen aus einer Abgasnachbehandlung beaufschlagt werden (vgl. Sp. 2, Z. 59 bis 62), jedoch ist offen gelassen, für welche Stellgrößen die Signale stehen. Wie die Aufteilung in Voreinspritzung und Haupteinspritzung (vgl. Sp. 3, Z. 3 bis 10; Merkmal M6.7) erfolgt, wird nicht näher erläutert.
a2) Die Druckschrift D2 befasst sich mit der Thematik der Abgasrückführung während der Regeneration eines NOx-Speicherkatalysators und geht darüber hinaus nicht weiter auf die körperliche Ausgestaltung sowie die Steuerung und Regelung der Brennkraftmaschine ein. Insbesondere enthält die Druckschrift keine Angaben bezüglich der gemäß den Merkmalen M6.1 bis M6.9 geforderten Funktionalitäten.
a3) In der Druckschrift D3 wird ein Motorregelsystem für einen Dieselmotor beschrieben, das sämtliche Komponenten aufweist, durch die das beanspruchte Abgasreinigungsvorrichtung definiert ist. Entsprechend der Nomenklatur der vorliegenden Anmeldung weist das Motorregelsystem auf (vgl. Fig. 1): eine Abgasreinigungsvorrichtung (Abgasreinigungseinrichtung 28, Merkmal M1), eine Luftsammelkammer 8 und Einlasskanäle 9, eine Abgassammelkammer 14 mit Abgasstrang und nicht näher bezeichnete Zylinder des Dieselmotors 10 (Merkmal M2), einen NOx-Speicherkat 29 i. V. m. Sp. 1, Z. 19 bis 26 (Merkmal M3), eine Drosselklappe 5 in der Ansaugleitung 4 (Merkmal M4), eine Motorsteuerung oder Motorregelung 23 erfasst den Betriebszustand (z. B. Ansaugluftmasse 47, Sp. 5, Z. 14 bis 17; Merkmal M5). Die Motorregelung 23 beinhaltet auch die NOx-Reinigungssteuerung (z. B. Sp. 4, Z. 34 bis 65; Merkmal M6) zum Adsorbieren von NOx aus dem Abgas in einem NOx-Speicherkatalysator in einem mageren Betrieb der Brennkraftmaschine und zum Freisetzen und Reduzieren des adsorbierten NOx in einem fetten Betrieb (vgl. Fig. 1 und Sp. 1, Z. 6 bis 26 zur Problematik). Im Regenerationsbetrieb (entsprechend Teilmerkmal 6.1 der Anmeldung, Freisetzen und Reduzieren des adsorbierten NOx) wird die bekannte Brennkraftmaschine luftgeführt geregelt (vgl. Sp. 2, Z. 36 bis 38). Dazu wird die Brennkraftmaschine mit einer Drosselklappe 5, einem Luftmengenmesser 47 und λ-Sensoren 32, 40 ausgestattet (vgl. Sp. 2, Z. 64 bis 66; Merkmale M4, M7, M8). Somit ist in der Druckschrift D3 der körperliche Aufbau einer luftgeführt geregelten Brennkraftmaschine sowie der Regenerationsbetrieb eines NOx-Speicherkatalysators im fetten Bereich beschrieben.
Allerdings ist nicht beschrieben, dass das bekannte Regelsystem auch sämtliche Funktionalitäten auf die beanspruchte Art und Weise realisiert. Die Lehre der Druckschrift D3 konzentriert sich auf die luftgeführte Lastregelung im Fett-Betrieb. Insbesondere fehlen Angaben zur Steuerung und Regelung der Haupteinspritzungskraftstoffmenge (Merkmal M6.9 i. V. m. M6.7 und M6.8).
a4) Eine luftgeführte Regelung für Brennkraftmaschinen wird in der Druckschrift D4 beschrieben, ohne im Einzelnen auf den körperlichen Aufbau der Brennkraftmaschine als solchen einzugehen. Aus der Druckschrift D4 ist eine Abgasreinigungsvorrichtung (NOx-Speicherkatalysator) für einen Verbrennungsmotor (Diesel-Brennkraftmaschine) bekannt (z. B. Abs. [0028]) zum Adsorbieren von NOx im Abgas in einem mageren Betrieb und zum Freisetzen und Reduzieren des adsorbierten NOx in einem fetten Betrieb. Eine Diesel-Brennkraftmaschine impliziert einen Einlasskanal und einen Auslasskanal, die mit einem Zylinder der Brennkraftmaschine kommunizieren. Trivialerweise ist der Katalysator im Auslasskanal angeordnet (Merkmale M1 bis M3). Als Einlassbegrenzungseinrichtung ist eine Drosselklappe im Ansaugrohr vorgesehen, mit der die zugeführte Luftmasse und damit zwangsläufig auch das Volumen eingestellt werden kann (vgl. Abs. [0035]; Merkmal M4). Es wird z. B. die Ist-Luftmasse ML, ist mittels eines Luftmassensensors gemessen (vgl. Abs. [0036]) oder der Vortriebswunsch des Fahrers berücksichtigt (vgl. Abs. 0030]). Letzterer entspricht einer Gaspedalstellung. Somit liegt eine Betriebszustanderfassungseinrichtung zum Erfassen des Betriebszustandes der Brennkraftmaschine im Sinne der Anmeldung vor (Merkmal M5). Es ist eine Steuerung oder Regelung vorgesehen, die auch die NOx-Reinigung steuert (vgl. z. B. Abs. [0013] i. V. m. Abs. [0028]; Merkmal M6).
Ausgehend von dem Vortriebswunsch des Fahrers (d. h. der Pedalstellung und daher einem Betriebszustand) wird eine Kraftstoffeinspritzmenge ME, mager (und eine Luftmenge ML, mager) durch die Steuerung bereitgestellt. Diese stellt eine virtuelle Kraftstoffeinspritzmenge dar, da sie unabhängig von der Betriebsart vorgegeben ist und im Regenerationsbetrieb nicht der tatsächlichen Einspritzmenge entspricht (vgl. Abs. [0030], [0032]). Die Kraftstoffeinspritzmenge ME, mager wird zur Bestimmung einer Soll-Luftmasse ML, soll herangezogen, mittels der wiederum die Drosselklappenstellung gesteuert wird (vgl. Abs. [0035]; Merkmale 6.1 und 6.2). Zur Bestimmung der Soll-Luftmasse ML, soll wird zudem auf ein vorgegebenes LuftKraftstoff-Verhältnis λzwischen zurückgegriffen, wobei dieses Verhältnis einem fetten oder mageren Sollwert entspricht (vgl. Abs. [0031] [0042]; Merkmal M6.3). Wie bereits erwähnt, wird mit einem Luftmassensensor die Ist-Luftmasse ML, ist gemessen (vgl. Abs. [0031]), die in diesem Zusammenhang ein Äquivalent zum Luftvolumen darstellt (vgl. Ausführungen hierzu weiter vorstehend unter 3.; Merkmal M7).
Der Kraftstoffeinspritzmengen-Sollwert ME, soll entspricht dem anmeldungsgemäßen Kraftstoffeinspritzmengen-Istwert (Gesamt-Q-Sollwert; vgl. Abs. [0055] der OS) und wird aus der erfassten Ansaugluftmenge ML, ist und dem Sollwert für das Lambda bestimmt (vgl. D4, Anspruch 3 i. V. m. Fig. 1), wobei der Sollwert für das Lambda allerdings nicht dem vorgegebenen Wert λzwischen entspricht (Teilmerkmal M6.6). Der Kraftstoffeinspritzmengen-Sollwert ME, soll kann in eine Voreinspritzmenge und eine Haupteinspritzmenge aufgeteilt werden. Trivialerweise erfolgt die Voreinspritzung vor der Haupteinspritzung, und zusammen ergeben die beiden Mengen den Kraftstoffeinspritzmengen-Sollwert ME, soll (vgl. Abs. [0054]). In der fetten Betriebsart wird der zeitliche Abstand zwischen Voreinspritzung und Haupteinspritzung vergrößert, die Haupteinspritzung erfolgt also verzögert. Ansteuerbeginn und Ansteuerdauer der Voreinspritzung, also Zeitpunkt der Einspritzung und Menge des voreingespritzten Kraftstoffs, werden gemäß eines erfassten Betriebszustandes, der Motordrehzahl n, bestimmt (vgl. Fig. 4, Abs. [0067]; Merkmale M6.7, M6.8).
Die bestimmte Soll-Luftmasse ML, soll wird dazu verwendet, den Öffnungswinkel einer Drosselklappe zu beeinflussen (vgl. Abs. [0035]). Nicht beschrieben ist, wie nunmehr anmeldungsgemäß gefordert, ob ein Drosselklappenstellungs-Basiswert im Sinne einer Vorsteuerung gemäß einem erfassten Betriebszustand bestimmt und einer Regelung unterzogen wird (Merkmale M6.4 und M6.5). In der Druckschrift D4 wird auch offen gelassen, ob eine üblicherweise vorhandene Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Erfassungseinrichtung (λ-Sensor) tatsächlich vorgesehen ist (Merkmal M8). Jedenfalls gibt es keine Hinweise, dass eine Regelung der Haupteinspritzungskraftstoffmenge aufgrund des erfassten λ-Wertes erfolgen soll (Merkmal M6.9).
b) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Auch in Verbindung mit dem Können und Wissen des Fachmanns kann man nach Ansicht des Senats nicht annehmen, dass es sich bei der vorgenommenen funktionalen Ausgestaltung der beanspruchten Abgasreinigungsvorrichtung nur um eine Auslegungsfrage handelt. Bei allen als bekannt vorausgesetzten, entsprechend körperlich ausgestalteten Vorrichtungen ist nicht vorgesehen, die Haupteinspritzungskraftstoffmenge einer Regelung zu unterziehen basierend auf dem LuftKraftstoff-Verhältnis-Sollwert und dem durch die Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Erfassungseinrichtung erfassten Luft-Kraftstoff-Verhältnis-Istwert, zumal in Kombination mit einem einer Regelung unterzogenen, durch einen erfassten Betriebszustand bestimmten Drosselklappenstellungs-Basiswert.
Demnach beruht die durch Patentanspruch 1 definierte Abgasreinigungsvorrichtung auf einer erfinderischen Tätigkeit.
6. Die Unteransprüche 2 bis 4 betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen der Abgasreinigungsvorrichtung gemäß dem geltenden Anspruch 1, und ihre Gegenstände sind daher zusammen mit dem geltenden Anspruch 1 ebenfalls patentfähig.
III.
Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Höchst v. Zglinitzki Dr. Fritze Wiegele Fa
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
1 | 100 | PatG |
Der nachfolgende Link führt Sie zum originalen Dokument. Aufgrund der technischen Natur des Internets ist es möglich, dass der Link zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr gültig ist. Bitte haben Sie dafür Verständnis, dass wir nicht alle Links einer ständigen Prüfung unterziehen können.
Öffnen