V ZB 78/17
BUNDESGERICHTSHOF V ZB 78/17 BESCHLUSS vom 16. November 2017 in der Abschiebungshaftsache ECLI:DE:BGH:2017:161117BVZB78.17.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. November 2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Stresemann, die Richterin Prof. Dr. Schmidt-Räntsch, den Richter Dr. Kazele, die Richterin Haberkamp und den Richter Dr. Hamdorf beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Münster vom 27. März 2017 wird auf Kosten des Betroffenen zurückgewiesen.
Der Antrag des Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 €.
Gründe:
I.
Auf Antrag der beteiligten Behörde hat das Amtsgericht am 2. Februar 2017 Haft zur Sicherung der Abschiebung bis zum 27. April 2017 angeordnet. Auf die Beschwerde hat das Landgericht festgestellt, dass der Betroffene durch den Beschluss des Amtsgerichts bis zum 23. März 2017 in seinen Rechten verletzt worden ist; im Übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde will der Betroffene, der am 25. April 2017 aus der Haft entlassen worden ist, die Feststellung erreichen, dass er durch die Haftanordnung auch über den 23. März 2017 hinaus in seinen Rechten verletzt worden ist. Die beteiligte Behörde beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Das Beschwerdegericht meint, die Anhörung des Betroffenen durch das Amtsgericht sei verfahrensfehlerhaft erfolgt. Sie sei fortgesetzt worden, obwohl der Betroffene erklärt habe, dass er einen Anwalt wolle. Durch die Anhörung vor dem Beschwerdegericht am 24. März 2017 sei aber eine für die Zukunft wirkende Heilung eingetreten. Im Übrigen sei die Anordnung der Abschiebungshaft rechtmäßig.
III.
Die mit dem Feststellungsantrag analog § 62 Abs. 1 FamFG statthafte (§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 FamFG) und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Haftanordnung hat den Betroffenen nicht in seinen Rechten verletzt. Sie war auch nicht zunächst rechtswidrig. Demgemäß kommt es auf die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob die von dem Beschwerdegericht angenommene Heilung des Verfahrensfehlers schon am 24. März oder erst am 27. März 2017 eingetreten ist, nicht an.
1. Allerdings weist die Anhörung des Betroffenen durch das Amtsgericht einen Verfahrensfehler auf. Der Betroffene hat erklärt, er wolle einen Anwalt. Es liegt bei verständiger Würdigung dieser Frage nahe, hierin die konkludente Stellung eines Antrags auf Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der Verfahrenskostenhilfe zu sehen (§ 76 Abs. 1, § 78 Abs. 2 FamFG), über den hätte entschieden werden müssen (Senat, Beschluss vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 5).
2. Unterlässt das Gericht eine Entscheidung über einen Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts im Wege der Verfahrenskostenhilfe, führt dies jedoch nach der Rechtsprechung des Senats nicht zur Rechtswidrigkeit der Haftanordnung, wenn Verfahrenskostenhilfe im Zeitpunkt der Antragstellung nicht zu bewilligen gewesen wäre (Senat, Beschluss vom 20. Mai 2016 - V ZB 140/15, InfAuslR 2016, 381 Rn. 11 ff.). So ist es hier. Die Rechtsverteidigung des Betroffenen bot keine Aussicht auf Erfolg, weil sämtliche Voraussetzungen für die Haftanordnung vorlagen und sich auch keine zweifelhaften Rechts- oder Tatsachenfragen stellten, die unter dem Gesichtspunkt der in Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auch ohne Vorliegen von Erfolgsaussicht im engeren Sinne gebieten würde. Insbesondere war der Haftantrag zulässig.
3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
IV.
Der Antrag des Betroffenen auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war zurückzuweisen, weil es an der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt (§ 76 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Stresemann Schmidt-Räntsch Kazele Haberkamp Hamdorf Vorinstanzen:
AG Münster, Entscheidung vom 02.02.2017 - 103 XIV 2/17 B LG Münster, Entscheidung vom 27.03.2017 - 5 T 160/17 -