7 Ni 78/19
BUNDESPATENTGERICHT Ni 78/19 (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In der Patentnichtigkeitssache betreffend das deutsche Patent …
hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 10. März 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Püschel und der Richter Dr.-Ing. Fritze, Dipl.-Ing. Wiegele und Dr.-Ing. Schwenke ECLI:DE:BPatG:2020:100320B7Wpat78.19.0 für Recht erkannt:
I. Das deutsche Patent … wird für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
IV. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 20.000,- € festgesetzt.
Tatbestand Die Klage richtet sich gegen das deutsche Patent …, das auf eine Anmeldung vom 28. Dezember 2011 zurückgeht und mit „…
“ bezeichnet ist. Das Streitpatent umfasst 13 Ansprüche, die alle mit der vorliegenden Klage angegriffen werden. Anspruch 1 mit darauf rückbezogenen Unteransprüchen 2 bis 8 betrifft einen Formkörper, Anspruch 9 mit Unteransprüchen 9 bis 13 eine Vorrichtung zur Bereitstellung eines Formkörpers.
Durch Beschluss vom 6. August 2019 hat der Senat den Streitwert des Nichtigkeitsverfahrens vorläufig – entsprechend der Angabe in der Klageschrift – auf 100.000,- € festgesetzt.
Die Klägerin macht den Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 22 Abs. 1 i. V. m § 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 4 PatG) geltend, wofür sie sich auf eine Reihe von Vorveröffentlichungen (Anlagen D1 bis D5) bezieht. Sie beantragt,
das deutsche Patent … in vollem Umfang für nichtig zu erklären.
Der Beklagte hat mit Schreiben vom 9. Oktober 2019 die Nichtigkeit des Streitpatents anerkannt und auf dessen Verteidigung verzichtet.
Mit gerichtlichem Hinweis vom 30. Oktober 2019 hat der Senat den Parteien mitgeteilt, dass das Streitpatent auf Grund einer „Selbstbeschränkung auf Null“ im schriftlichen Verfahren für nichtig zu erklären sein werde.
Zur Höhe des abschließend festzusetzenden Streitwerts hat die Klägerin erklärt, dass sie kein eigenes wirtschaftliches Interesse an einer Nutzung des Streitpatents habe und ausschließlich von ihrem Popularklagerecht Gebrauch mache. Ihr sei kein Schaden entstanden und auch ein Verletzungsverfahren sei nicht anhängig. Auf Grund der Absurdität des Erfindungsgegenstands und des äußerst geringen Drohpotentials des Patents betrage der Streitwert nach ihrer Meinung keinesfalls über 100.000,- €. Der Beklagte hat sich für eine Streitwertreduzierung auf Null ausgesprochen, da er das Patent nicht benutze und auch keine wirtschaftliche Verwendung für das Patent habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Entscheidungsgründe I.
Die Klage, mit der der Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit (§ 22 Abs. 1 i. V. m § 21 Abs. 1 Nr. 1, §§ 3, 4 PatG) geltend gemacht wird, ist zulässig und begründet.
Da der Beklagte das Streitpatent im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung insgesamt nicht verteidigt, war es ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären. Diese Entscheidung konnte vom Senat gemäß § 82 Abs. 3 Satz 2 PatG im Urteilswege ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.
Die Erklärung des Beklagten, das vollständig angegriffene Streitpatent nicht mehr zu verteidigen, stellt nach ständiger Rechtsprechung eine wirksame Begrenzung des Streitstoffs im Nichtigkeitsverfahren dar und hat zur Folge, dass das Streitpatent ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären ist, da eine sachliche Überprüfung nur im Rahmen der von den Streitparteien gesetzten Grenzen zu erfolgen hat (vgl. BPatG GRUR 2010, 137 – Oxaliplatin, m. w. N.).
Auf Grund der Nichtigerklärung gelten die Wirkungen des Streitpatents und der Anmeldung mit Wirkung für und gegen jedermann als von Anfang an nicht eingetreten (§ 22 Abs. 2 i. V. m. § 21 Abs. 3 Satz 1 PatG).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
III.
Auf Grund der nunmehrigen Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ist der Streitwert des Nichtigkeitsverfahrens endgültig festzusetzen (§ 2 Abs. 2 Satz 4 PatKostG i. V. m. §§ 63, 51 Abs. 1 GKG). Maßgebend für die Höhe des Streitwerts ist der gemeine Wert des Patents im Zeitpunkt der Klageerhebung zuzüglich des Betrags etwaiger bis dahin entstandener Schadensersatzforderungen (vgl. Schulte/ Schell, PatG, 10. Aufl., § 2 PatKostG Rdn. 38).
Da im vorliegenden Fall auf Grundlage des Streitpatents kein Verletzungsprozess anhängig gemacht wurde, und zudem eine wirtschaftliche Verwertung des Streitpatents nicht beabsichtigt ist und überdies wenig aussichtsreich erscheint, hält der Senat – auch unter Berücksichtigung einer Restlaufzeit des Streitpatents bei Einreichung der Nichtigkeitsklage von ca. 11 ½ Jahren – einen Streitwert in Höhe von 20.000,- € für angemessen.
IV.
Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden.
Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufungsfrist kann nicht verlängert werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
Rauch Püschel Dr. Fritze Wiegele Dr. Schwenke Fa