Paragraphen in 11 W (pat) 17/19
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 17/19
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2005 051 094.9 hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 30. März 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter Eisenrauch, Dr.-Ing. Fritze und Dipl.-Ing. Gruber ECLI:DE:BPatG:2020:300320B11Wpat17.19.0 beschlossen:
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für die Klasse B25J des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. März 2019 aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:
- Patentansprüche 1 bis 15 gemäß Hauptantrag aus dem Schriftsatz vom 16. Oktober 2015;
- Beschreibungsseiten 1 bis 17 aus dem Schriftsatz vom 15. März 2019;
- Zeichnungen: Figuren 1 bis 8 vom Anmeldetag.
Gründe I.
Die Erfindung ist am 25. Oktober 2005 beim Deutschen Patent- und Markenamt unter Inanspruchnahme der Unionspriorität 2004-316424 (Japan) vom 29. Oktober 2004 angemeldet worden und am 24. Mai 2006 mit der Bezeichnung
„Fertigungsstraßensystem für Roboterarm-Arbeitsstationen“,
offengelegt worden.
Mit Beschluss vom 22. März 2019 hat die Prüfungsstelle für Klasse B25J des Deutschen Patent- und Markenamtes ein Patent in der Fassung des Hilfsantrags erteilt, aber den Hauptantrag mit der Begründung zurückgewiesen, der Gegenstand des Patentanspruchs 1 habe dem Fachmann nahegelegen.
Von der Prüfungsstelle sind die folgenden Druckschriften berücksichtigt worden:
D1 JP 2004-284 001 A D2 US 2004/0084520 A1 D3 JP 2002-316 716 A D4 US 2004/0193319 A1 D5 DE 103 00 606 A1 D6 JP H06-210 556 A.
Gegen den Beschluss über die Zurückweisung des Hauptantrags wendet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Prüfungsstelle vom 22. März 2019 aufzuheben und ein Patent auf Basis der Patentansprüche gemäß Hauptantrag vom 16. Oktober 2015, den Beschreibungsseiten 1 bis 17 aus dem Schriftsatz vom 15. März 2019 sowie den Figuren 1 bis 8 vom Anmeldetag zu erteilen.
Der Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag hat in gegliederter Fassung folgenden Wortlaut:
M1-1 M1-2 M1-3 M1-4 M1-5 Fertigungsstraßensystem, mit einem Fördersystem, welches ein Werkstück trägt; einem Datenträger, der an dem Werkstück angebracht ist und Arbeitstyp-Informationen speichert; einem Roboterarm, der auf einer Seite des Fördersystems vorgesehen ist, um das Werkstück zu handhaben; einer Leservorrichtung, die an dem Roboterarm angebracht ist, die über Funk mit dem Datenträger kommuniziert, wenn sich der M1-6 M1-6.1 M1-6.2 M1-6.3 M1-6.4 Roboterarm dem Werkstück annähert oder sich nahe bei diesem befindet; und einer Steuerschaltung, die dem Roboterarm und der Lesevorrichtung zugeordnet ist, welche den Roboterarm betätigt, um ein Werkstück von dem Fördersystem zu entfernen, die Lesevorrichtung veranlaßt, die Arbeitstyp-Informationen von dem Datenträger zu lesen, während sich der Roboterarm nahe bei dem Werkstück befindet und mit der Bewegung des Werkstückes auf dem Fördersystem Schritt hält und die Lesevorrichtung veranlaßt, die arbeitstypischen Informationen von dem Datenträger zu lesen, während der Roboterarm mit dem Werkstück auf dem Fördersystem Spur hält, und welche den Roboterarm betätigt, um eine Arbeit an dem Werkstück gemäß den gelesenen Arbeitstyp-Informationen durchzuführen.
Der unabhängige Patentanspruch 2 gemäß Hauptantrag hat in gegliederter Fassung folgenden Wortlaut:
M2-1 M2-2 M2-3 M2-4 M2-5 M2-6 Fertigungsstraßensystem mit: einem Fördersystem, welches ein Werkstück trägt; einem Datenträger, der an dem Werkstück angebracht ist; einem Roboterarm, der auf einer Seite des Fördersystems vorgesehen ist, um das Werkstück zu handhaben; einer Schreibvorrichtung, die an dem Roboterarm angebracht ist und die über Funk mit dem Datenträger kommuniziert, wenn der Roboterarm sich in der Nähe des Werkstücks befindet oder sich an dieses annähert; und einer Steuerschaltung, die dem Roboterarm und der Schreibvorrichtung zugeordnet ist und M2-6.1 M2-6.2 M2-6.3 M2-6.4 M2-6.5 die den Roboterarm betätigt, um ein Werkstück von dem Fördersystem zu entfernen, und zwar zu einer Arbeitsstation hin, an der eine Arbeit an dem Werkstück durchgeführt wird, welche ein Antwortsignal von der Arbeitsstation als ein Ergebnis der Qualität der Arbeit empfängt, die Schreibvorrichtung veranlaßt, das empfangene Antwortsignal in den Datenträger zu schreiben, während sich der Roboterarm nahe bei dem Werkstück befindet, und welche den Roboterarm so betreibt, um das Werkstück auf das Fördersystem zurückzulegen, und bei einem Versuch, das Werkstück auf das Fördersystem zurückzulegen, den Roboterarm so betätigt, daß dieser mit der Bewegung des Fördersystems Schritt hält, und die Schreibvorrichtung veranlaßt, das Antwortsignal in den Datenträger einzuschreiben, während der Roboterarm mit der Bewegung des Fördersystems Schritt hält.
Der Patentanspruch 6 gemäß Hauptantrag hat in gegliederter Fassung folgenden Wortlaut:
M6-1 M6-2 M6-3 M6-4 M6-5 M6-6 M6-6.1 Fertigungsstraßensystem, mit: einem Fördersystem, welches ein Werkstück trägt; einem Datenträger an dem Werkstück; einem Roboterarm, der auf einer Seite des Fördersystems zur Handhabung des Werkstücks angeordnet ist; einer Kommunikationsvorrichtung, die an dem Roboterarm angebracht ist, die über Funk mit dem Datenträger kommuniziert, wenn sich der Roboterarm nahe bei dem Werkstück befindet; und einer Steuerschaltung, die dem Roboterarm und der Kommunikationsvorrichtung zugeordnet ist und die den Roboterarm so betätigt, daß dieser das Werkstück festhält,
M6-6.2 M6-6.3 und welche die Kommunikationsvorrichtung veranlaßt, mit dem Datenträger zu kommunizieren, während sich der Roboterarm nahe bei dem Werkstück befindet, und den Roboterarm so betätigt, daß dieser mit der Bewegung des Werkstückes auf dem Fördersystem Schritt hält, und die Kommunikationsvorrichtung veranlaßt, mit dem Datenträger zu kommunizieren, während der Roboterarm das Werkstück spurverfolgt.
Der Patentanspruch 9 gemäß Hauptantrag hat in gegliederter Fassung folgenden Wortlaut:
M9-1 M9-2 M9-3 M9-4 M9-5 M9-6 M9-7 Verfahren zum Betreiben eines Fertigungsstraßensystems mit einem Fördersystem und einem Roboterarm, der an einer Seite des Fördersystems vorgesehen ist, mit den folgenden Schritten: a) Vorsehen eines Werkstücks auf dem Fördersystem; b) Anbringen eines Datenträgers an dem Werkstück; c) Anbringen einer Kommunikationsvorrichtung an dem Roboterarm, wobei die Kommunikationsvorrichtung dafür ausgebildet ist, um drahtlos mit dem Datenträger zu kommunizieren, wenn sich der Roboterarm nahe bei dem Werkstück befindet; und d) Betreiben des Roboterarms, damit dieser das Werkstück festhält, und Veranlassen, daß die Kommunikationsvorrichtung mit dem Datenträger kommuniziert, während sich der Roboterarm dem Werkstück annähert oder in dessen Nähe ist und Betreiben des Roboterarms, um mit der Bewegung des Werkstücks auf dem Fördersystem Schritt zu halten und Veranlassen der Kommunikationsvorrichtung umfaßt, mit dem Datenträger zu kommunizieren, während der Roboterarm mit dem Werkstück auf dem Fördersystem Spur hält.
Der Patentanspruch 13 gemäß Hauptantrag hat in gegliederter Fassung folgenden Wortlaut:
M13-1 M13-2 M13-3 M13-4 M13-5 M13-6 Fertigungsstraßensystem mit einem Roboterarm, der in der Nachbarschaft eines Fördersystems vorgesehen ist, auf dem Werkstücke transportiert werden, an denen unterschiedliche Arbeitstypen ausgeführt werden, wobei der Roboterarm einen Halter aufweist, der an dem vorderen Ende des Roboterarm angebracht ist, um eines der Werkstücke zu halten und um ein Werkstück von dem Fördersystem zu entfernen, mit: einem Datenträger, der an jedem der Werkstücke angebracht ist und der Informationen gespeichert enthält, die den Arbeitstyp des Werkstücks angeben; einer Spurverfolgungs-Steuereinrichtung, die den Roboterarm so steuert, dass das vordere Ende des Roboterarms mit der Bewegung des Datenträgers des einen Werkstücks auf dem Fördersystem Schritt hält; einer Leseeinrichtung, die an dem vorderen Ende des Roboterarms angebracht ist, die drahtlos mit dem Datenträger kommuniziert, um die Arbeitstyp-Informationen des einen Werkstücks zu lesen, die in dem Datenträger gespeichert sind; und einer Arbeits-Steuereinrichtung, welche die Arbeit bestimmt, die entsprechend den Informationen durchzuführen ist, welche durch die Leseeinrichtung gelesen wurden und welche den Roboterarm entsprechend der vorbestimmten Arbeit steuert, wobei die Leseeinrichtung einen Lesevorgang der gespeicherten Informationen von dem Datenträger des einen Werkstücks während eines Zeitintervalls ausführt, das von dem Moment an läuft, zu welchem das vordere Ende des Roboterarms sich einem Werkstück annähert, während dasselbe auf dem Fördersystem gefördert wird, und dann das vordere Ende Spur hält, bis zu dem Moment, zu welchem das eine Werkstück von dem Fördersystem entfernt wird.
Der Patentanspruch 14 gemäß Hauptantrag hat in gegliederter Fassung folgenden Wortlaut:
M14-1 M14-2 M14-3 M14-4 M14-5 M14-6 Fertigungsstraßensystem mit einem Roboterarm, der in der Nachbarschaft eines Fördersystems vorgesehen ist, auf welchem ein Werkstück transportiert wird, wobei der Roboterarm einen Halter aufweist, der an einem vorderen Ende des Roboterarms angebracht ist, um ein Werkstück zu halten und um ein Werkstück von dem Fördersystem zu entfernen, und zwar zu einer Arbeitsstation hin, und um das Werkstück auf das Fördersystem wieder aufzulegen, nachdem die Arbeit durch die Arbeitsstation an dem Werkstück ausgeführt worden ist, mit: einem Datenträger, der an dem Werkstück angebracht ist, in welchem Informationen eingeschrieben sind und von welchem gespeicherte Informationen ausgelesen werden; einer Spurverfolgungs-Steuereinrichtung, die den Roboterarm so steuert, dass das vordere Ende des Roboterarms mit der Bewegung des Fördersystems Spur hält; einer Kommunikationseinrichtung, welche ArbeitsergebnisInformationen von der Arbeitsstation empfängt, wobei die Informationen ein Ergebnis der Arbeit angeben, die durch die Arbeitsstation an dem Werkstück ausgeführt wurde; und einer Schreibeinrichtung, die an dem vorderen Ende des Roboterarms angebracht ist und die die Arbeitsergebnis-Informationen des Werkstücks in den Datenträger schreibt, wobei die Schreibeinrichtung einen Schreibvorgang der Arbeitsergebnis-Informationen in den Datenträger während eines Zeitintervalls ausführt, das von dem Moment an läuft, wenn das vordere Ende des Roboterarms sich dem Werkstück annähert, und zwar an der Arbeitsstation, und dann mit der Bewegung des Fördersystems Spur hält, bis zu dem Moment, bei welchem das Werkstück auf das Fördersystem wieder aufgelegt wird.
Der Patentanspruch 15 gemäß Hauptantrag hat in gegliederter Fassung folgenden Wortlaut:
M15-1 M15-2 M15-3 M15-4 M15-5 M15-6 M15-7 M15-8 Fertigungsstraßensystem, mit: einem Fördersystem, auf welchem ein Werkstück transportiert wird; einem ersten Roboterarm, der einen Halter aufweist, welcher an einem vorderen Ende des ersten Roboterarms befestigt ist, um ein Werkstück zu halten und um ein Werkstück von dem Fördersystem zu einer Arbeitsstation zu entfernen und das Werkstück auf das Fördersystem wieder zurückzulegen, nachdem eine Arbeit an der Arbeitsstation an dem Werkstück durchgeführt worden ist; einem zweiten Roboterarm mit einem Halter, der an einem vorderen Ende des zweiten Roboterarms befestigt ist, um das Werkstück zu halten und um das eine Werkstück von dem Fördersystem zur Durchführung einer Arbeit an demselben zu entfernen; einem Datenträger, der an dem Werkstück angebracht ist, wobei in den Datenträger Informationen eingeschrieben sind und von demselben die darin gespeicherten Informationen ausgelesen werden; einer Spurverfolgungs-Steuereinrichtung, welche den ersten Roboterarm so steuert, dass das vordere Ende des ersten Roboterarms mit der Bewegung des Fördersystems Spur hält; einer Kommunikationseinrichtung, welche ArbeitsergebnisInformationen von der Arbeitsstation empfängt, wobei die Informationen ein Ergebnis der Arbeit anzeigen, die durch die Arbeitsstation an dem Werkstück durchgeführt worden ist; und einer Schreibeinrichtung, die an dem vorderen Ende des ersten Roboterarms angebracht ist, welche die ArbeitsergebnisInformationen des Werkstücks in den Datenträger schreibt, M15-9 einer zweiten Spurverfolgungs-Steuereinrichtung, die den zweiten Roboterarm so steuert, daß das vordere Ende des zweiten Roboterarms mit der Bewegung des Werkstücks auf dem Fördersystem Spur hält; M15-10 einer Leseeinrichtung, die an dem vorderen Ende des Roboterarms befestigt ist und die drahtlos mit dem Datenträger kommuniziert, um Arbeitstyp-Informationen des einen Werkstücks zu lesen, die in dem Datenträger gespeichert sind; und M15-11 einer Arbeitssteuereinrichtung, welche die Arbeit bestimmt, die entsprechend den Informationen auszuführen ist, welche durch die Leseeinrichtung gelesen wurden, und welche den zweiten Roboterarm entsprechend der bestimmten Arbeit steuert, M15-12 wobei die Schreibeinrichtung einen Schreibvorgang der Arbeitsergebnis-Informationen in dem Datenträger während eines Zeitintervalls durchführt, das von dem Moment an läuft, wenn das vordere Ende des ersten Roboterarms sich dem Werkstück an der Arbeitsstation nähert und mit der Bewegung des Fördersystems Schritt hält, bis zu dem Moment, an welchem das Werkstück auf das Fördersystem zurückgelegt wird; M15-13 wobei der Halter des zweiten Roboterarms das Werkstück hält, während das vordere Ende des zweiten Roboterarms mit der Bewegung des Werkstücks auf dem Fördersystem Schritt hält, und M15-14 wobei die Leseeinrichtung einen Lesevorgang der gespeicherten Informationen von einem Werkstück während eines Zeitintervalls durchführt, das von dem Moment an läuft, wenn das vordere Ende des zweiten Roboterarms sich einem Werkstück annähert, während dasselbe auf dem Fördersystem transportiert wird, und dann das vordere Ende des zweiten Roboterarms Schritt hält, bis zu dem Moment, wenn das eine Werkstück von dem Fördersystem entfernt wird.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere zum Wortlaut der abhängigen Patentansprüche sowie zur Fassung der Patentansprüche nach dem Hilfsantrag wird auf die Akten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
A.
1. Die Patentanmeldung betrifft ein robotergesteuertes Fertigungsstraßensystem, bei dem eine spezifizierte Arbeit an jedem Material oder einem Produktelement durchgeführt wird, welches auf einem Fördersystem transportiert wird (vgl. Offenlegungsschrift Abs. 0002).
In der Beschreibung ist angegeben, dass bei einem Fertigungsstraßensystem, bei dem eine Folge von Arbeitsstationen entlang einem Riemenförderer vorgesehen sei, jede Arbeitsstation einen Roboterarm enthalte, der ein Produktelement von dem Förderer aufnehme, eine spezifische Arbeit an demselben vornehme und dann dasselbe auf den Förderer zurücklege. Bei einem bekannten Fertigungsstraßensystem seien auf dem Förderer Paletten oder Stapelplatten vorgesehen, um die Materialien, die bearbeitet werden sollen, aufzunehmen oder zu tragen, und einen Datenträger aufzunehmen, auf welchem Daten aufgezeichnet seien, um den Roboterarm von jeder Arbeitsstation zu instruieren. Wie in der japanischen Patentveröffentlichung 06-210556 (D6) offenbart, sei jede Palette auf dem Fördersystem mit einem Datenträger ausgestattet, der aus einer Spule oder Wicklung konstruiert sei, die induktiv mit einer Lesevorrichtung/Schreibvorrichtung von jeder Arbeitsstation gekoppelt sei. Jede Lese-/Schreibvorrichtung sei auch aus einer Spule konstruiert und in einer vorbestimmten Position der Arbeitsstation fixiert. Die erste Arbeitsstation sei zusätzlich mit einer Videokamera ausgestattet, die die Position des Werkstückes auf jeder Palette erfasse und dessen Positionsdaten über dessen Lese-/Schreibvorrichtung in den Datenträger schreibe, und zwar in den Datenträger der betreffenden Palette des erfassten Werkstückes. Jede der nachfolgenden Arbeitsstationen auf der stromabwärtigen Seite von der ersten Station bestimme die Position von jedem sich annähernden Werkstück durch Herstellen einer induktiven Kopplung zwischen dessen Lese-/Schreibvorrichtung und dem Datenträger der Palette, die das Werkstück trage. Da die Lese-/Schreibvorrichtung von jeder Arbeitsstation in Bezug auf den sich annähernden Datenträger stationär sei, sei die Zeit, um die Lesedaten von demselben zu erhalten, begrenzt. Wenn es gewünscht werde, das Zeitintervall zum Lesen eines großen Volumens an Daten zu vergrößern, müsse das Fördersystem angehalten werden, und zwar immer dann, wenn jede Palette zu einer Arbeitsstation komme, und die Zykluszeit des Systems werde dabei erhöht mit einer daraus resultierenden Produktivität. Um die Zykluszeit zu reduzieren, müsse der Roboterarm mit hohen Geschwindigkeiten bewegt werden. Dies erfordere jedoch, dass der Roboterarm mit hoher Leistung angetrieben werde, in einer steifen Konstruktion konstruiert werde und mit einer Hochleistungshand zum Festhalten eines Werkstücks ausgestattet werden müsse. Zusätzlich erfahre der Roboterarm eine erhöhte Beschleunigung beim Start von jedem Hub und eine erhöhte Verzögerung am Ende des Hubes, was leicht dazu führen könne, dass ein Werkstück aus einem relativ weichen Material beschädigt oder zerstört werde, welches durch die erhöhte Festhalteenergie des Armes gehalten werde. Ferner müsse eine Unterbrechungsvorrichtung zum Stoppen oder zum Verzögern vorgesehen werden (vgl. Offenlegungsschrift Abs. 0003).
Die zu lösende Aufgabe soll sein, ein Fertigungsstraßensystem für Roboterarm- Arbeitsstationen zu schaffen, welches den Aufbau einer Kommunikation mit Datenträgern entsprechend einem ausreichenden Zeitintervall für Datenlese-/schreib-Operationen ermöglicht (vgl. Offenlegungsschrift Abs. 0004).
Als Fachmann ist ein Diplomingenieur der Mechatronik mit Fachhochschulabschluss oder entsprechendem akademischen Grad mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung und Konstruktion von vollautomatisierten Fertigungsstraßen anzusehen. Sein Fachwissen umfasst neben fundiertem Detailwissen in der Robotik auch konkrete praktische Erfahrungen in der Verwendung von Systemen zur drahtlosen Datenübertragung innerhalb von Fertigungsabläufen.
2. Ein Merkmal der schutzbeanspruchten Gegenstände nach den unabhängigen Patentansprüchen bedarf der Erläuterung.
Die unabhängigen Patentansprüche stellen darauf ab, dass der Roboterarm bzw. das vordere Ende des Roboterarms mit der Bewegung des Fördersystems bzw. mit der Bewegung des Werkstücks auf dem Fördersystem oder mit der Bewegung des Datenträgers des Werkstücks Schritt oder Spur hält (vgl. Merkmale M1-6.3, M2-6.5, M6-6.3, M9-7, M13-3, M13-6, M14-3, M14-6, M15-6, M15-9, M15-12, M15-13, M1514).
Hierzu ist in der Anmeldung beschrieben, dass eine am vorderen Ende des Roboterarms festgelegte Lese/Schreibvorrichtung an eine Position nahe bzw. oberhalb des Werkstücks verfahren wird und dann in einem Spurverfolgungsmodus für eine Zeit mit der gleichen Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung A wie das Werkstück bzw. das Fördersystem weiterbewegt wird (vgl. Abs. 0037, 0042 i. V. m. 0044, Fig. 8) und somit mit diesem Schritt und Spur hält.
Während die Lese/Schreibvorrichtung so mit einem am Werkstück festgelegten Datenträger Spur hält, stehe ein ausreichender Betrag an Zeit zur Verfügung, um Daten zu transferieren oder zu erwerben (vgl. Abs. 0047).
Das anspruchsgemäße Schritt- und Spurhalten ist somit als eine bewusst eingeplante Bewegung des sich in unmittelbarer Nähe zum Werkstück befindlichen vorderen Endes des Roboterarms mit der gleichen Geschwindigkeit und Bewegungsrichtung wie das auf dem Fördersystem befindliche Werkstück während einer bestimmten Zeitspanne zu verstehen.
B.
1. Das geltende Patentbegehren gemäß Hauptantrag ist zulässig.
Der Patentanspruch 1 beruht auf den Patentansprüchen 1 und 2 vom Anmeldetag. Die unabhängigen Patentansprüche 2, 6 und 9 gehen jeweils auf die ursprünglichen Patentansprüche 3 und 4, 8 und 9 sowie 12 und 13 zurück. Die weiteren eigenständigen Patentansprüche 13, 14 und 15 entsprechen den Patentansprüchen 17, 18 und 19 vom Anmeldetag.
Die abhängigen Patentansprüche 3 bis 5, 7 und 8 sowie 10 bis 12 basieren auf den ursprünglichen Patentansprüchen 5 bis 7, 10 und 11 sowie 14 bis 16 unter Anpassung der Rückbezüge.
In der geltenden Beschreibung wurde gegenüber der Beschreibung vom Anmeldetag der im Prüfungsverfahren ermittelte Stand der Technik aus den Druckschriften D1, D4 und D5 angegeben und gewürdigt.
2. Die gewerblich anwendbaren Gegenstände gemäß den unabhängigen Patentansprüchen 1, 2, 6, 9, 13, 14 und 15 nach Hauptantrag sind patentfähig.
2.1 Die Gegenstände nach den unabhängigen Patentansprüchen in der Fassung des Hauptantrags sind neu (§§ 1, 3 PatG).
Aus der Druckschrift D1 (vgl. Abstract, Figuren) ist ein Roboterarm (arm 3) mit einer Lese- oder Kommunikationsvorrichtung (tag reader 121) bekannt, die drahtlos mit einem an einem von dem Roboter zu greifenden Bauteil (target object 9) angebrachten Datenträger (tag 131) kommuniziert. Dabei veranlasst eine Steuerschaltung die Lese- oder Kommunikationseinrichtung, Daten von dem Datenträger zu lesen, wenn sich der Roboterarm dem Bauteil annähert oder sich nahe bei diesem befindet.
Die Druckschrift D1 betrifft somit kein Fertigungsstraßensystem mit einem ein Werkstück tragenden Fördersystem, sondern einen Roboter zum Greifen eines stationären Bauteils. Es fehlt also auch an einem Schritt- und Spurhalte-System oder an einem entsprechenden Modus.
Im Hinblick auf die Patentansprüche 2, 14 und 15 ist auch keine am Roboterarm bzw. an dessen vorderen Ende vorgesehene Schreibvorrichtung zum Schreiben von Daten in den Datenträger vorgesehen.
Die Druckschrift D2 (vgl. Abs. 0019, 0021, 0023 bis 0025, 0029, Figuren 1A, 1B bzw. 3A) betrifft ein Fertigungsstraßensystem (production line 20). Zur ProduktionsSteuerung ist an einem Werkstück (main component 28) ein Datenträger (tag 30a) befestigt. Eine Lesevorrichtung (tag reader 36a) liest drahtlos ArbeitstypInformationen aus dem Datenträger aus, während eine Schreibvorrichtung (tag writer 38a) Arbeits-Ergebnisinformationen in den Datenträger schreibt. Dazu, dass die Lese- und Schreibvorrichtungen robotergestützt sein könnten und der Datentransfer im Rahmen eines steuerungstechnisch implementierten Schrittund Spurhaltemodus erfolgen könnte, ist in diesem Dokument nichts angegeben.
In der Druckschrift D3 (vgl. Abstract, Figuren) ist ein Fertigungsstraßensystem mit einem Fördersystem (conveyor 5) für Werkstücke T1, T2 und zwei Robotern (robot 8, 9) beschrieben.
Anspruchsgemäße Datenträger an den Werkstücken oder Lese/Schreibvorrichtungen an den Roboterarmen sowie eine Schritt- und Spurhaltesteuerung bzw. ein solcher Modus sind nicht ausgebildet.
Für das im Prüfungsverfahren zitierte US-Dokument D4 wird das in den hier relevanten Stellen inhaltsgleiche deutschsprachige Prioritäts-Dokument D5 herangezogen. Dort wird ein Fertigungsstraßensystem mit einem Fördersystem (Förderband 2) für Werkstücke (Stückgut 3) offenbart, wobei ein Roboterarm 1 vorgesehen ist, um mit einem Halter in Form eines Greifelements 5 Werkstücke (Stückgut 3) vom Fördersystem aufzunehmen und z. B. zu einer Palettierposition zu transportieren (vgl. Abs. 0033 bis 0035, Figur 1).
Datenträger sind an den Werkstücken ebenso wenig ausgebildet wie eine Leseund/oder Schreibvorrichtung an dem Roboterarm zum Datenaustausch mit einem Datenträger.
Eine Steuereinrichtung 6 umfasst dort auch kein Schritt- und Spurhaltemodul, über das das Greifelement nach Annäherung an das Stückgut selbigem mit der gleichen Geschwindigkeit und Richtung folgen könnte: Denn diesbezüglich lehrt die Druckschrift D5, die aktuelle Position des Stückguts mittels eines Positionserkennungssystems 11 festzustellen und im Rahmen eines ersten Berechnungsschrittes einen ersten Verfahrsatz zu berechnen und in einem Speicherelement 9 zu speichern (vgl. Abs. 0040, 0042, 0043, 0048). Da der eigentliche Start der Anfahrbewegung aber zeitlich verzögert stattfinden kann (vgl. 0041), wird unmittelbar vor dem Start der Anfahrbewegung auf Basis des bereits vorbestimmten ersten Verfahrsatzes ein zweiter modifizierter Verfahrsatz in einem zweiten Berechnungsschritt ermittelt, der die inzwischen von dem Stückgut in Bewegungsrichtung auf dem Förderband zurückgelegte Strecke y berücksichtigt (vgl. Abs. 0045). Der auf dem zweiten Verfahrsatz resultierende Anfahrweg ist also gegenüber dem auf dem vorab bestimmten Verfahrsatz basierenden Anfahrweg in Richtung der Anfahrposition korrigiert (vgl. Abs. 0026). So ist sichergestellt, dass das Greifelement des Roboterarms die Anfahrposition genau zu dem Zeitpunkt erreicht, zu dem auch das anzufahrende Stückgut an der Anfahrposition eintrifft (vgl. Abs. 0042). Dies bedeutet aber nicht, dass zunächst die dem ersten Berechnungsschritt zugrundeliegende Anfahrposition angefahren wird und der Roboterarm dann das Stückgut in Förderrichtung verfolgt und dabei einholt. Vielmehr wird die exakte Anfahrposition vom Roboter im Rahmen einer einzigen Anfahrbewegung, der der zweite modifizierte Verfahrsatz zugrunde liegt, direkt angefahren (vgl. Abs. 0045). Zusätzlich wird ein sog. Überschleifen (vgl. Abs. 0016, 0017, 0063, 0067) gelehrt, wobei im zweiten Berechnungsschritt auch noch der nächste abzuarbeitende Verfahrsatz berücksichtigt und somit in der Endphase der Anfahrbewegung bereits ein Einschwenken auf die neue Bahn hin zum nächsten Anfahrpunkt ermöglicht wird (vgl. Abs. 0050).
Die Lehre der Druckschrift D5 umfasst zwar, dass vom Zeitpunkt der Positionsbestimmung des Stückguts bis zum Starten der Anfahrbewegung der Berechnungsalgorithmus rein rechnerisch dem Stückgut folgt oder mit dem Stückgut schritthält. Dies kann aber nicht auf das anspruchsgemäße Schritt- oder Spurhalten des Roboterarms mit gleicher Geschwindigkeit und Richtung wie das Werkstück für eine bestimmte Zeitspanne gelesen werden. Gemäß der Lehre der Druckschrift D5 entspricht die Anfahrrichtung auf das Stückgut nicht der Bewegungsrichtung des Stückguts, sondern ist abhängig von der Ausgangsposition des Roboterarms und der aktuellen sowie der darauffolgenden Anfahrposition. Insbesondere eine Zeitspanne, in der das Greifelement nach Erreichen des Stückguts diesem in Geschwindigkeit und Richtung folgt, ist nicht beschrieben.
Aus der bereits von der Anmelderin genannten Druckschrift D6 (vgl. Abstract, Figuren) geht ein Förderstraßensystem mit einem Fördersystem (conveying means 8) für auf Paletten (pallets 1) angeordnete Werkstücke (arcticles 2) und roboterbesetzten Arbeitsstationen (robot 4, robot hand 4a) hervor. Datenträger sind an den Paletten angeordnet und können von an jeder Station der Fertigungsstraße stationär ausgebildeten Lese/Schreibvorrichtungen (write/reader 9) ausgelesen und beschrieben werden.
Die Datenträger sind somit nicht - wie anspruchsgemäß gefordert - direkt am Werkstück angeordnet. Auch sind die Lese/Schreibvorrichtungen nicht an den Armen der Roboter ausgebildet und keine Schritt- und Spurhaltesteuerungen vorgesehen.
2.2 Die Gegenstände gemäß den unabhängigen Patentansprüchen der Fassung des Hauptantrags beruhen auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§§ 1, 4 PatG).
Keine der Druckschriften D1 bis D6 lehrt, eine Schritt- und Spurhaltesteuerung auszubilden bzw. eine entsprechende Funktion im Sinne der Anmeldung vorzusehen (vgl. obige Ausführungen zur Auslegung und Neuheit).
Demnach kann der Fachmann auch nicht im Rahmen einer etwaigen Zusammenschau innerhalb des ermittelten Standes der Technik dazu veranlasst gewesen sein, ein Fertigungsstraßensystem mit sämtlichen Merkmalen und insbesondere nicht mit den jeweiligen Merkmalen M1-6.3, M2-6.5, M6-6.3, M13-3, M13-6, M14-3, M14-6, M15-6, M15-9, M15-12, M15-13 und M15-14 der Gegenstände nach den unabhängigen Patentansprüchen 1, 2, 6, 13, 14 und 15 vorzuschlagen. Gleiches muss für ein Verfahren mit sämtlichen Merkmalen und insbesondere nicht mit dem Merkmal M9-7 des Gegenstandes nach dem unabhängigen Patentspruch 9 gelten.
Aus Sicht des Senats sind die Patentansprüche 6 und 9 gegenüber dem Patentanspruch 1 breiter gefasst, da hier insbesondere die Art der auszutauschenden Daten undefiniert bleibt. Selbst wenn der Fachmann im Hinblick auf das durch den Patentanspruch 6 schutzbeanspruchte Fertigungsstraßensystem dazu veranlasst gewesen sein sollte, den aus der Druckschrift D1 bekannten Roboter mit Kommunikationsvorrichtung und Datenträger am Werkstück für einen kontinuierlichen Betrieb in einem Fertigungsstraßensystem mit Fördersystem gemäß der Lehre der Druckschrift D5 zu modifizieren oder in ein solches Fertigungsstraßensystem zu integrieren, so wären dennoch keine Gründe erkennbar, weshalb der Fachmann allein gestützt auf sein Fachwissen angeregt werden sollte, dabei auch noch eine anspruchsgemäße Schritt- und Spurhaltesteuerung vorzusehen. Gleiches gilt im Hinblick auf das Verfahren zum Betreiben eines Fertigungsstraßensystems nach Patentanspruch 9 bezüglich einer entsprechenden Schritt- und Spurhaltefunktion.
Die Gesamtbetrachtung des Standes der Technik ergibt somit, dass die mit den unabhängigen Patentansprüchen nach Hauptantrag vorgeschlagenen Lösungen nicht nahelagen.
3. Die nachgeordneten Patentansprüche 3 bis 5, 7 und 8 sowie 10 bis 12 betreffen zweckmäßige und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen der Gegenstände nach den Patentansprüchen 2, 6 und 9 nach Hauptantrag. Sie sind mit diesen ebenfalls patentfähig.
III.
Rechtsmittelbelehrung Dieser Beschluss kann mit der Rechtsbeschwerde nur dann angefochten werden, wenn einer der in § 100 Absatz 3 PatG aufgeführten Mängel des Verfahrens gerügt wird. Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Dr. Höchst Eisenrauch Dr. Fritze Gruber prö
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