5 Ni 3/13 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 3/13 (EP) führ. verb. mit 5 Ni 6/13 (EP) (Aktenzeichen)
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IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
29. April 2015 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05
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betreffend das europäische Patent 0 821 856 (DE 696 13 573)
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2015 durch die Vorsitzende Richterin Klante sowie die Richter Schwarz, Dipl.-Ing. Gottstein, Dipl.-Geophys. Dr. Wollny und Dipl.-Ing. Univ. Albertshofer für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 0 821 856 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 %
des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des auch mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 821 856 (Streitpatent), das am 4. April 1996 als internationale Anmeldung mit dem Aktenzeichen WO 96/33572 unter Inanspruchnahme der Priorität aus der amerikanischen Anmeldung US-424,861 vom 17. April 1995 angemeldet worden ist. Das Streitpatent ist in der Verfahrenssprache Englisch veröffentlicht worden und wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen DE 696 13 573 geführt. Das Streitpatent trägt die Bezeichnung „MERGING MULTI-SOURCE INFORMATION IN A TELEVISION SYSTEM“ (in Deutsch: „ZUSAMMENMISCHEN VON INFORMATIONEN AUS MEHREREN QUELLEN IN EINEM FERNSEHSYSTEM“) und umfasst in der erteilten Fassung 17 Patentansprüche, die mit der am 20. Dezember 2012 erhobenen Nichtigkeitsklage in vollem Umfang angegriffen werden.
Frühere Patentinhaberin war die S… Inc., die im März 2013 mit der jetzigen Patentinhaberin und Beklagten nach dem Recht des D…, …, verschmolzen ist.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 12 in der erteilten Fassung lauten in der Verfahrenssprache wie folgt:
„1. A method for individually delivering television signals from a plurality of sources using source devices for different transmission schemes (26, 28, 30) such as, for example, cable, a satellite dish and a tv antenna, to an input of a television appliance (22, 24), the method comprising the steps of: storing channel guide information data in a memory (38), the data representing television program information telecast from said sources (26, 28, 30) and source identifiers that represent the source device (26, 28, 30) for each television program; displaying a listing of the television program information in a guide format (50); receiving from a user a program selection from the displayed program listing; reading from memory the channel guide information data that corresponds to the program selection, including the source identifier; and coupling automatically to the input of the appliance (22, 24) a television signal from the source device (26, 28, 30) that corresponds to the read source identifier, which television signal carries the selected program.
12. A multi-source switching system for a television appliance (22, 24), comprising:
a microprocessor (20) for switching between multiple source devices for different transmission schemes (26, 28, 30) of different kinds such as, for example, cable, satellite dish and a tv antenna in said multi-source switching system; a memory (38) coupled to said microprocessor, for storing channel guide information data in said memory, the data representing television program information telecast from said sources (26, 28, 30) and source identifiers that represent the source device (26, 28, 30) for each television program, the said television program information being displayed in a guide format (50); a remote control (32) for controlling said microprocessor (20) for selecting a program from the displayed television program information; means for reading from the memory (38) the channel guide information data that corresponds to the program selection, including the source identifier; and an emitter (40) coupled to said microprocessor, (20) for transmitting a signal, said signal being operable to cause automatic coupling to the input of the appliance of a television signal from the source device that corresponds to the source identifier of the selected program, which television signal carries the selected program.“
In deutscher Übersetzung laut Streitpatentschrift lauten diese Patentansprüche wie folgt:
„1. Verfahren zum individuellen Liefern von Fernsehsignalen aus einer Vielzahl an Quellen, welche Quelleneinrichtungen für unterschiedliche Übermittlungsschemata verwenden, (26, 28, 30), wie zum Beispiel Kabel, eine Satellitenantenne und eine TV-Antenne, an einen Eingang eines Fernsehgeräts (22, 24), wobei das Verfahren die folgenden Schritte aufweist:
Speichern von Kanalleitfaden-lnformationsdaten in einem Speicher (38), wobei die Daten Fernsehprogramminformationen repräsentieren, die von den Quellen (26, 28, 30) ausgesendet werden, sowie Quellenkennungen, welche die Quelleneinrichtungen (26, 28, 30) für jedes einzelne Fernsehprogramm repräsentieren; Anzeigen einer Liste der Fernsehprogramminformationen in einem Leitfadenformat (50); Empfangen einer Programmauswahl aus der angezeigten Programmliste von einem Anwender; Auslesen der Kanalleitfaden-lnformationsdaten aus dem Speicher, welche der Programmauswahl entsprechen, einschließlich der Quellenkennung; und automatisch Ankoppeln eines Fernsehsignals an den Eingang des Geräts (22, 24) von der Quelleneinrichtung (26, 28, 30), welche der gelesenen Quellenkennung entspricht, wobei das Fernsehsignal das ausgewählte Programm überträgt.
12. Mehrquellen-Umschaltsystem für ein Fernsehgerät (22, 24), welches System aufweist:
einen Mikroprozessor (20), für das Umschalten zwischen mehreren Quelleneinrichtungen für unterschiedliche Übermittlungsschemata (26; 28, 30) unterschiedlicher Art, wie zum Beispiel Kabel, Satellitenantenne und einer Fernsehantenne, im Mehrquellen-Umschaltsystem; einen Speicher (38), der an den Mikroprozessor angekoppelt ist, um die Kanalleitfaden-Informationsdaten im Speicher abzulegen, wobei die Daten Fernsehprogramminformationen, die von den Quellen (26, 28, 30) ausgestrahlt werden, sowie Quellenkennungen repräsentieren, weIche die Quelleneinrichtung (26, 28, 30) für jedes Fernsehprogramme repräsentieren, wobei die Fernsehprogramminformationen in einem Leitfadenformat (50) angezeigt werden; eine Fernsteuerung (32) zur Steuerung des Mikroprozessors (20) zur Auswahl eines Programms aus den angezeigten Fernsehprogramminformationen; eine Vorrichtung zum Auslesen der Kanalleitfaden-Informationsdaten, welche mit der Programmauswahl übereinstimmen, aus dem Speicher (38), einschließlich der Quellenkennung; und einen Sender (40), der an den Mikroprozessor (20) angekoppelt ist, um ein Signal zu übertragen, wobei das Signal in der Lage ist, eine automatische Ankoppelung eines Fernsehsignals an den Eingang des Geräts aus jener Quelleneinrichtung zu bewirken, welche der Quellenkennung des ausgewählten Programms entspricht, wobei das Fernsehsignal das ausgewählte Programm überträgt.“
Bei den Patentansprüchen 2 bis 11 und 13 bis 17 handelt es sich um auf die Patentansprüche 1 und 12 jeweils unmittelbar oder mittelbar rückbezogene Unteransprüche.
Die Klägerinnen sind der Ansicht, dass der mit ihrer Klage angegriffene Gegenstand des Streitpatents wegen unzulässiger Erweiterung seiner Ansprüche 1 und 12 (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 c) EPÜ) sowie wegen mangelnder Patentfähigkeit nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 a), Art. 52 bis 56 EPÜ für nichtig zu erklären sei.
Die Klägerinnen stützen ihre Klage auf insgesamt 36 Druckschriften, u. a. auf die von der Klägerin zu 1) genannte Druckschrift (Nummerierung und Kurzzeichen nach dem Klageschriftsatz der Klägerin zu 1)
NK18 WO 92/04801 A1 und die von der Klägerin zu 2) genannte Druckschrift (Nummerierung und Kurzzeichen nach dem Klageschriftsatz der Klägerin zu 2)
K9 US 5,353,121.
Beide Klägerinnen beantragen,
das europäische Patent 0 821 856 B2 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent einen der Hilfsanträge I bis IV, überreicht mit Schriftsatz vom 17. März 2015, erhält (Bl. 438 ff. d. GA).
Die Beklagte tritt der Argumentation der Klägerin entgegen und hält den Gegenstand des Streitpatents wenigstens in einer der verteidigten Fassungen für patentfähig.
Der Senat hat den Parteien einen qualifizierten Hinweis vom 9. Februar 2015 mit Präklusionsfrist bis zum 15. April 2015 zukommen lassen.
Zum Wortlaut der Hilfsanträge der Beklagten sowie zu weiteren Unterlagen, insbesondere zu weiteren Entgegenhaltungen, sowie der Auseinandersetzung der Beteiligten über deren Relevanz wird auf die Akte verwiesen.
Entscheidungsgründe A.
Die Klage ist zulässig. Sie richtet sich nunmehr nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 239 ZPO analog infolge gesetzlichen Parteiwechsels gegen die im Rubrum genannte Beklagte, nachdem diese am 25. November 2014 das gesamte Vermögen der bisherigen Patentinhaberin und früheren Beklagten, die S… Inc., nach dem Recht des D… im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme auf sich übertragen hat, was nach amerikanischen Recht (wie auch im deutschen Recht) zur Vollbeendigung des übertragenden Rechtsträgers (hier also der früheren Patentinhaberin) führt. Der hierdurch gegebene gesetzliche Parteiwechsel nach § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 239 ZPO analog ist damit bereits unabhängig von der Registerumschreibung eingetreten, da § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG für Verschmelzungsvorgänge, bei denen wie hier die frühere Patentinhaberin kraft Gesetzes endgültig und unumkehrbar als Rechtsperson vollbeendet wird, nicht gilt und auch nicht gelten kann.
Die zulässige Klage ist auch in der Sache begründet, soweit mit ihr der Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit gemäß Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 Buchst. a) EPÜ i. V. m. Art. 52, 56 EPÜ geltend gemacht wird, da sowohl die erteilte Fassung des Streitpatents als auch die Fassungen nach den Hilfsanträgen sich als nicht patentfähig erweisen, so dass das Streitpatent insgesamt für nichtig zu erklären ist.
I. Zum Gegenstand des Streitpatents
1. Das in der Verfahrenssprache Englisch abgefasste Streitpatent, umfassend 17 Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1 und 12 einander nebengeordnet sind, betrifft ausweislich der Bezeichnung das ZUSAMMENMISCHEN VON INFORMATIONEN AUS MEHREREN QUELLEN IN EINEM FERNSEHSYSTEM (MERGING MULTI-SOURCE INFORMATION IN A TELEVISION SYSTEM). Das Streitpatent geht aus von Anordnungen zum Darstellen von Information, die mit einem Fernsehregisterführer verbunden ist und die häufig verwendet wird, um eine gitterähnliche Bildschirmdarstellung der verfügbaren Kanäle zusammen mit ihren verbundenen Fernsehsendungen bereitzustellen (vgl. Streitpatentschrift, Absätze [0001] bis [0003]). Zum Bereitstellen der Information, die für einen Fernsehregisterführer erforderlich sei, würden viele verschiedene Übertragungsschemata zur Verfügung stehen. Die Übertragung erfolge dabei über DBS (Direct Broadcast Satellite), herkömmliche Satellitenantennen, Koaxialkabel, Telefonleitungen, Glasfaserkabel, Antennen usw. (vgl. Streitpatentschrift Absatz [0004]). Da DBS (Direct Broadcast Satellite) durch einen Service-Provider bereitgestellt und gesteuert werde, empfange ein DBS-System normalerweise keine Lokalnetz- oder unabhängigen Ortskanäle. Um diese fehlenden Ortskanäle bereitzustellen, seien manche DBS-Empfänger in der Lage, zwischen dem DBS-Satelliteneingang und dem Lokaleingang automatisch umzuschalten. Die Auswahl durch den Benutzer erfolge dabei entweder manuell oder mit einer Fernsteuerung (vgl. Streitpatentschrift, Absatz [0005]). Wenn ein Benutzer aber Fernsehkanäle sowohl von Kabel- als auch lokalen Antennenquellen empfange, funktioniere dies problemlos, solange die Anzahl von Quellen nicht größer werde als die Anzahl von Fernsehereingangstoren (vgl. Streitpatentschrift, Absatz [0006]). Weise der Fernseher des Benutzers aber keine mehrfachen Eingänge auf, sei der Benutzer ggfls. gezwungen manuell zwischen einer Quelle und der anderen umzuschalten, je nachdem, welcher Kanal gewünscht werde. Dabei werde das Umschalten zwischen Kanälen komplizierter, wenn die Anzahl der Kanalquellen zunehme (vgl. Streitpatentschrift, Absatz [0007]).
Da im Hinblick auf die bei DBS-Systemen die vom Provider zur Verfügung gestellte IRD-Box (Intgrated Receiver Decoder) mehrfache Fernsehereingangstore, manuelle Schalteinheiten usw., nichtautomatisierte und manchmal Teillösungen für die oben angeführten Probleme bereitstelle, werde eine vielseitigere Technik benötigt (vgl. Streitpatentschrift, Absatz [0008]). Die Erfindung sei daher darauf gerichtet, Eingangssignale und Programminformation, insbesondere Leitinformation des Fernsehverzeichnisses zu koordinieren, die von mehrfachen Quellen empfangen werde, sowie automatisch auf eine gewünschte Signalquelle zu schalten und ein gewünschtes Fernsehprogramm einzustellen (vgl. Streitpatent, Absatz [0009]).
2. Das Streitpatent wendet sich seinem sachlichen Inhalt nach an einen Diplom-Ingenieur der elektrischen Nachrichtentechnik mit universitärer Ausbildung, der mit der Implementierung von Hard- und Softwarekomponenten für die komfortorientierte Steuerung eines Fernsehempfängers mit Hilfe von Fernsehprogrammführungsinformationen befasst ist.
Der so definierte Fachmann legt den Begrifflichkeiten in den Ansprüchen 1 und 12 folgendes Verständnis zugrunde:
Unter dem Begriff Fernsehgerät (television appliance 22, 24) wird im Allgemeinen und der Lehre des Streitpatents folgend, ein Fernseher im üblichen Sinne (television 22) und/oder ein Videorekorder (VCR 24) verstanden. Bei diesen Geräten umschreibt der Begriff Eingang des Fernsehgeräts jegliche Verbindungsmöglichkeit für die Zuführung extern erzeugter Signale. Die Formulierung „ein Eingang“ ist angesichts der Ausführungen der Erfindung offensichtlich nicht nur dahingehend zu verstehen, dass alle Quelleinrichtungen an einen gemeinsamen Eingang (vgl. Streitpatent, Fig. 1B) angeschlossen sind, sondern für jede Quelleinrichtung auch ein separater Eingang vorgesehen sein kann (vgl. auch Streitpatent, Fig. 1A).
Unter dem Begriff Quelle (source) versteht der Fachmann im Bereich der Fernsehsignalübertragung seiner allgemeinen Bedeutung nach jede Einrichtung, die ein Fernsehsignal in Form von Bild- und Tonsignalen bereitstellt. Die besagten Quellen werden im weiteren Anspruchswortlaut dahingehend spezifiziert, dass die Quellen dafür jeweils mehrere Quelleinrichtungen (source devices) verwenden, die an die jeweils korrespondierenden Eingänge eines Fernsehgeräts (television appliance) ein Fernsehsignal liefern. Unter dem Begriff Quelleneinrichtungen sind, seiner allgemeinen Bedeutung nach, bei fachlicher Lesart zunächst alle körperlichen Ausgestaltungen zu subsumieren, die an jeweils korrespondierende Eingänge eines Fernsehgeräts Fernsehsignale liefern. Gemäß dem Wortlaut des für die körperliche Ausgestaltung des Systems maßgebenden Vorrichtungsanspruchs 12 schaltet der Mikroprozessor zwischen mehreren Quelleneinrichtungen für unterschiedliche Übermittlungsschemata unterschiedlicher Art, wie zum Beispiel Kabel, Satellitenantenne und einer Fernsehantenne um (a microprocessor (20) for switching between multiple source devices for different transmission schemes (26, 28, 30) of different kinds such as, for example, cable, satellite dish and a tv antenna). Mithin werden im Vorrichtungsanspruch als Quelleneinrichtungen (source devices) explizit Kabel, Satellitenantenne und eine Fernsehantenne (cable, satellite dish and a tv antenna) benannt.
Die Beklagte hat unter Hinweis auf die Offenlegungsschrift WO 96 / 33572 A1 (NK4), S. 3, Z. 4-7 (These sources include an incoming cable line (e. g., on a coax cable), satellite broadcasts, a dedicated telephone line (e. g., twisted pair), and any other medium capable of transmitting a signal.) argumentiert, dass es sich bei den im Anspruchswortlaut genannten Ausführungen nicht um Quelleneinrichtungen sondern nur um Quellen handle. Diese Argumentation ist insofern nicht schlüssig, als zum Einen die Zitatstelle nur das Kabel (cable) als Quelle (source) benennt, zum Anderen der Fachmann mit dem Begriff Kabel (cable) im Kontext des Anspruchstextes unmittelbar die körperliche Ausgestaltung einer Kabelsteckdose verbindet, die mit dem Fernsehgerät verbunden wird.
Die Beklagte hat zudem die Auffassung vertreten, dass unter dem Begriff Quelleneinrichtungen ausschließlich Einrichtungen zu verstehen seien, die eine zusätzliche Signalwandlung des Quellensignals vornehmen, was durch die Fundstellen in der NK4, S. 7, Z. 8 ff. und S. 11, Z. 14 ff. belegt sei, in denen eine IRD-box und eine cable-box ausdrücklich benannt werden. Der Beklagten ist zwar zuzustimmen, dass unter dem Begriff Quelleneinrichtungen auch Signalwandler-Einrichtungen zu subsumieren sind, sie übersieht dabei aber offensichtlich, dass auch Antennen funktionsimmanent signalwandelnde Eigenschaften besitzen, da sie, in einfachster Ausführung, von einer Quelle ausgestrahlte elektromagnetische Signale in elektrische Signale umwandeln, wobei bei Satellitenantennen, die sich bekanntermaßen aus Schüssel und LNB zusammensetzen, eine aktive Umwandlung des elektromagnetischen Satellitensignals in ein elektrisches Signal im LNB erfolgt. Mithin fallen, der engeren Auslegung der Beklagten folgend, auch die beim Fernsehempfang zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents gebräuchlichen Antennen(einrichtungen) unter den Begriff Quelleneinrichtungen. Soweit die Beklagte, ausgehend von den vorgenannten Fundstellen in der NK4, die Auffassung vertreten hat, dass hinsichtlich der Auslegung des Begriffs Quelleneinrichtungen die in den Anspruchsfassungen enthaltenen beispielhaft genannten körperlichen Ausgestaltungen nicht zu berücksichtigen seien, und der Begriff Quelleneinrichtungen ausschließlich im Sinne der in der einschränkenden Bedeutung der von ihr zitierten Fundstellen zu lesen seien, mag dies zwar der Intention der Beklagten Rechnung tragen, einen sich vom allgemeinen Verständnis des Anspruchswortlauts möglicherweise abhebenden Sachverhalt festzulegen, mit dem die Schutzfähigkeit eher bejaht werden könnte. Da aber im vorliegenden Fall im Anspruchswortlaut des unter Schutz gestellten Mehrquellen-Umschaltsystems ausschließlich dem Fachjargon entlehnte Begriffe verwendet werden, deren Bedeutungsinhalte im Anspruch selbst definiert werden und dem Fachmann geläufig sind, ist es nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unzulässig, die allgemein gehaltenen, erteilten Patentansprüche 1 und 12 einschränkend auszulegen und die durch den Begriff Quelleneinrichtungen festgelegten Gegenstände sachlich einzuengen. Eine Auslegung unterhalb des Wortlauts (im Sinn einer Auslegung unterhalb des Sinngehalts) der Patentansprüche ist generell nicht zulässig (BGH, Urteil vom 12. Dezember 2006 – X ZR 131/02, GRUR 2007, 309 – Schußfädentransport; BGHZ 160, 204, 209 - Bodenseitige Vereinzelungsvorrichtung; BGHZ 172, 88, 97 - Ziehmaschinenzugeinheit; BGHZ 156, 179-192 - Blasenfreie Gummibahn I).
Der Senat gelangt daher zu der Überzeugung, dass unter dem Begriff Quelleinrichtungen sämtliche körperliche Ausgestaltungen, insbesondere die in den Ansprüchen 1 und 12 genannten Kabel, eine Satellitenantenne und eine Fernsehantenne und die in der Beschreibung in Verbindung mit den Ausführungsbeispielen genannte IRD-box und Kabelbox, zu subsumieren sind, die in der Lage sind, ein ausgestrahltes Fernsehsignal empfangen und dies dem Eingang eines Fernsehgeräts zuführen.
Aus den Funktionen der vorstehend aufgeführten Quelleinrichtungen erschließt sich für den Fachmann unmittelbar wiederum der Sinngehalt des Begriffs Übermittlungsschemata (transmission schemes) als Sammelbegriff für die drahtlose und drahtgebundene Übertragung von analogen oder digitalen Fernsehsignalen.
Dem weiteren Anspruchswortlaut folgend werden Kanalleitfaden-Informationsdaten (channel guide information data) in einem Speicher, zu dessen Lokalisierung sich die Anspruchsfassung nicht verhält, abgelegt, die Fernsehprogramminformationen (television program information) und Quellenkennungen (source identifiers) – funktionsnotwendigerweise in eindeutiger Korrelation zueinander - repräsentieren.
Mit dem Begriff Fernsehprogramminformationen verbindet der Fachmann in der Regel Informationen, die zum Einen den Nutzer über Sendeanstalt, Programmtitel, ggfls. Programminhalt, Sendezeitpunkt, Sendedauer usw. informieren. Diese können dann in einer zeitlichen, thematischen oder nutzerspezifischen Rangfolge, im Streitpatent als Leitfadenformat (guide format) bezeichnet, als tabellarische Bildschirmdarstellung zur Anzeige gebracht werden (vgl. bspw. Streitpatent, Fig. 2). Mit den Fernsehprogramminformationen können zusätzlich aber auch sendespezi- fische Informationen (für den Nutzer meist unsichtbar) übertragen werden, mit welchen das Empfangsgerät auf den Empfangskanal eingestellt werden kann, der dem vom Nutzer ausgewählten Programm zugeordnet ist (bspw. Kanalkennung, Sende/Empfangs-Frequenz, Transponderkennung usw.).
Neben den Fernsehprogramminformationen sollen die Kanalleitfaden-Informationsdaten Quellenkennungen repräsentieren, die im Streitpatent funktional nur dahingehend beschrieben sind, dass mit ihrer Hilfe das Fernsehgerät oder der VCR auf die Quelleneinrichtung umgeschaltet wird, welche das vom Nutzer ausgewählte Programm sendet. Wie diese Quellenkennung aber letztendlich ausgestaltet ist, dazu verhält sich das Streitpatent nicht.
II. Zu den geltend gemachten Nichtigkeitsgründen Das Patent ist nach Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 a), Art. 52 bis 56 EPÜ für nichtig zu erklären, da es weder in der erteilten Fassung (Hauptantrag) noch in einer der mit den Hilfsanträgen verteidigten Fassungen patentfähig ist. Die von den Klägerinnen aufgeworfene Frage, ob auch der Nichtigkeitsgrund der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 PatÜbkG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 c) EPÜ) vorliegt, kann daher auf sich beruhen.
1. Zum Hauptantrag a) Die nebengeordneten Ansprüche 1 und 12 lassen sich in Übereinstimmung mit der Beklagten wie folgt gliedern:
1.1 Verfahren zum individuellen Liefern vonAmethod for individually delivering te- Fernsehsignalen aus einer Vielzahl an levision signals from a plurality of Quellen, welche Quelleneinrichtungen sources using source devices for für unterschiedliche Übermittlungssche- different transmission schemes (26,
mata verwenden, (26, 28, 30), wie zum 28, 30) such as, for example, cable,
Beispiel Kabel, eine Satellitenantenne a satellite dish and a tv antenna, to und eine TV-Antenne, an einen Ein- an input of a television appliangang eines Fernsehgeräts (22, 24), wo- ce (22, 24), the method comprising bei das Verfahren die folgenden Schrit- the steps of:
te aufweist:
1.2 Speichern von Kanalleitfaden-lnforma- storing channel guide information tionsdaten in einem Speicher (38),
data in a memory (38), the data representing
1.2a wobei die Daten Fernsehprogrammin- television program information teleformationen repräsentieren, die von cast from said sources (26, 28, 30)
den Quellen (26, 28, 30) ausgesendet and werden,
1.2b sowie Quellenkennungen, welche die source identifiers that represent the Quelleneinrichtungen (26, 28, 30) für source device (26, 28, 30) for each jedes einzelne Fernsehprogramm re- television program; präsentieren;
1.3 Anzeigen einer Liste der Fernsehpro- displaying a listing of the television gramminformationen in einem Leitfa- program information in a guide fordenformat (50); mat (50);
1.4 Empfangen einer Programmauswahl aus receiving from a user a program seder angezeigten Programmliste von ei- lection from the displayed program nem Anwender; listing;
1.5 Auslesen der Kanalleitfaden-lnforma- reading from memory the channel tionsdaten aus dem Speicher, welche guide information data that correder Programmauswahl entsprechen, sponds to the program selection, ineinschließlich der Quellenkennung; und cluding the source identifier; and
1.6 automatisch Ankoppeln eines Fernseh- coupling automatically to the input signals an den Eingang des Geräts (22, of the appliance (22, 24) a televi-
24) von der Quelleneinrichtung (26, 28, sion signal from the source de-
30), welche der gelesenen Quellenken- vice (26, 28, 30) that corresponds nung entspricht, wobei das Fernsehsig- to the read source identifier, which nal das ausgewählte Programm über- television signal carries the selecträgt.
ted program.
12.1 Mehrquellen-Umschaltsystem für ein A multi-source switching system for Fernsehgerät (22, 24), welches System a television appliance (22, 24),
aufweist:
comprising:
12.2 einen Mikroprozessor (20), für das Um- a microprocessor (20) for switching schalten zwischen mehreren Quellen- between multiple source devices for einrichtungen für unterschiedliche Über- different transmission schemes (26,
mittlungsschemata (26, 28, 30) unter- 28, 30) of different kinds such as,
schiedlicher Art, wie zum Beispiel Ka- for example, cable, satellite dish bel, Satellitenantenne und einer Fern- and a tv antenna in said multi-soursehantenne, im Mehrquellen-Umschalt- ce switching system; system;
12.3 einen Speicher (38), der an den Mikro- a memory (38) coupled to said miprozessor angekoppelt ist, um die Ka- croprocessor, for storing channel nalleitfaden-Informationsdaten im Spei- guide information data in said mecher abzulegen,
mory,
12.3b wobei die Daten Fernsehprogrammin- the data representing television formationen, die von den Quellen (26, program information telecast from
28, 30) ausgestrahlt werden,
said sources (26, 28, 30)
12.3b sowie Quellenkennungen repräsentie- and source identifiers that repreren, weIche die Quelleneinrichtung (26, sent the source device (26, 28, 30)
28, 30) für jedes Fernsehprogramme for each television program,
repräsentieren,
12.4 wobei die Fernsehprogramminformatio- the said television program informanen in einem Leitfadenformat (50) an- tion being displayed in a guide forgezeigt werden; mat (50);
12.5 eine Fernsteuerung (32) zur Steuerung a remote control (32) for controlling des Mikroprozessors (20) zur Auswahl said microprocessor (20) for seleceines Programms aus den angezeigten ting a program from the displayed Fernsehprogramminformationen; television program information;
12.6 eine Vorrichtung zum Auslesen der Ka- means for reading from the memonalleitfaden-Informationsdaten, welche ry (38) the channel guide informamit der Programmauswahl übereinstim- tion data that corresponds to the men, aus dem Speicher (38), ein- program selection, including the schließlich der Quellenkennung; source identifier; and
12.7a und einen Sender (40), der an den Mi- an emitter (40) coupled to said mikroprozessor (20) angekoppelt ist, um croprocessor, (20) for transmitting a ein Signal zu übertragen,
signal,
12.7b wobei das Signal in der Lage ist, eine said signal being operable to cause automatische Ankoppelung eines Fern- automatic coupling to the input of sehsignals an den Eingang des Geräts the appliance of a television signal aus jener Quelleneinrichtung zu bewir- from the source device that corresken, welche der Quellenkennung des ponds to the source identifier of the ausgewählten Programms entspricht, selected program, which television wobei das Fernsehsignal das ausge- signal carries the selected program.
wählte Programm überträgt.
b) Der Gegenstand des Streitpatents laut diesen nebengeordneten erteilten Ansprüchen beruht gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift K9 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns i. S. v. Art. 56 EPÜ.
Die Druckschrift K9 betrifft ausweislich ihrer Bezeichnung ein Fernsehprogrammplanungssystem (TELEVISION SCHEDULE SYSTEM) und entspricht ihrem Inhalt nach im Wesentlichen der Druckschrift NK18. In der Figur 22A der K9 ist das Fernsehprogrammplanungssystem als Blockschaltbild wiedergegeben. Es umfasst als wesentliche funktionale Komponenten ein Fernsehprogrammführersystem (television schedule system 180), ein Fernsehgerät (TV/MONITOR 210) und eine kombinierte Empfangseinrichtung (PROGRAMMABLE TV TUNER CABLE DECODER 202). Wie im Blockschaltbild in der Figur 22A dargestellt, ist die kombinierte Empfangseinrichtung über einen Antenneneingang 201 mit dem Ausgang einer terrestrischen Antenne (antenna 201) und über einen Kabeleingang (cable input 205) mit dem Ausgang eines Kabels, respektive einer Kabelsteckdose verbunden. Demnach ist die kombinierte Einrichtung dafür ausgebildet, sowohl Kabel-Signale als auch terrestrische Funksignale in Fernsehsignale zu wandeln, die von einem Fernsehgerät (TV/MONITOR 210) verarbeitet werden können. Damit offenbart die K9 in ihrer Figur 22A, entgegen der Auffassung der Beklagten, für die unterschiedlichen Übermittlungsschemata drahtlos und drahtgebunden mindestens zwei Quelleneinrichtungen - Fernsehantenne und Kabel - im Sinne des Wortlauts der Patentansprüche 1 und 12 (Merkmale 1.1 und 12.2teilw.). Wie in der Figur 22A des Weiteren dargestellt, ist in dem Fernsehprogrammführersystem 180 ein Mikroprozessor (CPU 228) implementiert, unter dessen Steuerung Kanalleitfaden-Informationsdaten abgespeichert werden, die sich aus Listeninformation (listing data), sowie anderen unterstützenden Informationen, wie etwa KabeIkanaI-Zuweisungsdaten (cable channel assignment data), zusammensetzen und mehrmals am Tag oder kontinuierlich über die VBI von einer oder mehreren Iokalen Stationen (local stations) oder Kabelkanälen (cable channels) übermittelt werden. Hierbei werden die Listendaten ( Fernsehprogramminformationen) in ei- nem Programmführungsspeicher (schedule memory 232) und die Kabelkanalzuweisungsdaten in einem kabelspezifischen RAM-Speicher 238 gespeichert (vgl. K9, Sp. 18, Z. 42-55) (Merkmale 1.2, 1.2a und 12.3, 12.3a). Die abgespeicherten Daten der Fernsehprogrammführerinformationen können dann in einem Leitfadenformat, wie es in den Figuren 1-7 der K9 wiedergegeben ist, am Fernsehbildschirm dargestellt werden (vgl. K9, Sp. 7, Z. 14-17), wobei in der ersten Spalte zunächst die Kanalnummern (vgl. K9, Figuren 1 – 7: 2, 4, 5, usw.) und daran anschließend die Bezeichnungen der OTA-Sender (A&E, CNN, DIS, usw.) wiedergegeben werden (Merkmale 1.3 und 12.4). In K9, Spalte 18, Zeile 58 bis Spalte 9, Zeile 2 ist am Beispiel der Lucy show außerdem beschrieben, dass diese auf mehreren Fernsehstationen oder Kabel TV Stationen übertragen werden kann. In der Figur 22A ist zudem eine Fernsteuerung (remote controller 212) wiedergegeben, mit der der Nutzer die Auswahl eines Programms aus dem Fernsehprogrammführer über die CPU 228 vornehmen kann (vgl. K9, Sp. 19, Z. 14-17). Sie ermöglicht bspw. dem Nutzer, allgemeine Namen einzugeben, wie etwa Stationsund Kabelkanalnamen, um die CPU zu veranlassen, die Namen in spezifische Kanäle umzuwandeln, womit der VCR oder der Kabeldecoder eingestellt werden kann (vgl. K9, Sp. 19, Z. 21-26) (Merkmale 1.4 und 12.5). Mit einer vom Nutzer im Fernsehprogrammführer getroffenen Programmauswahl kann, wie in K9, Spalte 19, Zeilen 1-13 des Weiteren beschrieben, die zeitversetzte Aufnahme eines Programms dadurch initialisiert werden, dass aus dem Programmplanungsspeicher 232 die Programmdaten, wie Programmtitel und Kanal, die der Programmauswahl des Nutzers entsprechen, in den Aufnahmespeicher 236 kopiert werden, indem sie aus dem Programmplanungsspeicher 232 ausgelesen werden (Merkmal 1.5), und die CPU 228, die dabei zwanglos auch als Vorrichtung zum Auslesen fungiert (Merkmal 12.6), zum entsprechenden Sendezeitpunkt ein Kanalkommando an den Tuner des Kabeldecoders 202 abgibt, um den Tuner auf den Kanal einzustellen, auf dem das ausgewählte Programm empfangen wird (Merkmale 1.5teilw. und 12.7bteilw.).
Wird der Kabeleingang aber gerade nicht gebraucht, wird das Kanalkommando an den programmierbaren Tuner abgegeben (vgl. K9, Sp. 22, Z. 20-31). Mithin schaltet das System automatisch auf die Quelleneinrichtung, in der das vom Nutzer ausgewählte Programm übertragen wird (Merkmale 12.1, 12.2Rest und 12.7b). Die Übertragung der Steuerdaten zur Initialisierung der zeitversetzten Aufnahme eines Programms zum Tuner 202 und dem VCR 206 kann dabei, wie in der Fig. 22A entnehmbar, über einen Sender 214 vorgenommen werden, der an die CPU 228 angekoppelt ist (vgl. K9, Sp. 26, Z. 15-20) (Merkmal 12.7a).
Soweit die Beklagte argumentiert, dass der K9 Quellenkennungen, anhand derer eine Umschaltung gesteuert werde, explizit nicht genannt werden, mag dies seine Richtigkeit haben. Allerdings ist in der K9 in Bezug auf die von den Quellen übermittelten Kanalleitfaden-Informationsdaten bereits der Hinweis enthalten, dass neben der Listeninformation (listing data) auch andere unterstützenden Informationen übertragen werden, wobei beispielhaft KabeIkanaI-Zuweisungsdaten (cable channel assignment data) als Steuerkennungen genannt sind. Da die Nutzung der Funktionalität von Steuerkennungen für Schaltvorgänge als ein generelles, für eine Vielzahl von Anwendungsfällen in Betracht zu ziehendes Mittel seiner Art nach zum allgemeinen Fachwissen des angesprochenen Ingenieurs gehört, kann Veranlassung zu ihrer Heranziehung bereits dann bestehen, wenn sich die Nutzung ihrer Funktionalität in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt und keine besonderen Umstände feststellbar sind, die eine Anwendung aus fachlicher Sicht als nicht möglich, mit Schwierigkeiten verbunden oder sonst untunlich erscheinen lassen (BGH, Urteil vom 11. März 2014, X ZR 139/10, - Farbversorgungssystem). Der Fachmann wird daher den Hinweis auf andere unterstützende Informationen angesichts der im Kontext der K9 aufgezeigten Zugriffsmöglichkeiten auf Kabel und terrestrisch ausgestrahlte Fernsehsignale vor dem Hintergrund seines allgemeinen Fachwissens zwanglos dahingehend interpretieren, dass in den anderen unterstützenden Informationen auch Kennungen enthalten sind, die dem System ermöglichen, abhängig von der Programmwahl durch den Nutzer die dazugehörige Quelleneinrichtung, im vorliegen- den Fall Kabel oder terrestrische Antenne, anzusteuern (Merkmale 1.5Rest und 12.7bRest).
Unabhängig davon gelangt auch der High Court of Justice in seinem Urteil (vgl. NK24) zu dem Ergebnis, dass die Verwendung von Quellenkennungen für das Umschalten auf die ein Programm bereitstellende Quelleneinrichtung aus dem Gesamtinhalt der K9 dem Fachmann nahe gelegt ist (vgl. Rdn. 294: Putting all of these points together, I conclude that Young does disclose switching between OTA and cable signals. In any event, I consider that it would be obvious to the skilled team that Young's device could be used in that way, and that it would be profitable to do so since it would be attractive to users. On that basis, the difference between Young and claim 1 is that Young does not explicitly disclose a source identifier. It would be clear to the skilled team that such an identifier was necessary, however, and they would know how to implement this.)
Soweit die Beklagte im Zusammenhang mit der kombinierten Einrichtung 202 in der Figur 22A der K9 argumentiert, dass diese nicht für den Empfang von Fernsehsignalen unterschiedlicher Übermittlungsschemata ausgebildet sein könne, da Mehrfachempfangseinrichtungen (wie bspw. Triple-Tuner) weder zum Zeitpunkt des Anmeldezeitpunkts der K9 noch zum Prioritätszeitpunkt des Streitpatents verwendet worden seien, kann sie damit ebenfalls nicht durchdringen. Zum Einen zeichnet sich eine Patentanmeldung wie die K9 gerade durch technische Inhalte aus, die dem Stand der Technik zu ihrem Anmeldezeitpunkt gerade nicht entnehmbar sind, zum Anderen ist nicht maßgebend, dass eine vorher offenbarte Lehre zum Zeitpunkt des Prioritätszeitpunkts des Streitpatents noch nicht technisch umgesetzt ist, sondern erst später für den Nutzer tatsächlich verfügbar war.
2. Zu Hilfsantrag I a) Die Patentansprüche 1 und 12 gemäß Hilfsantrag I unterscheiden sich von der erteilten Anspruchsfassung dadurch, dass die Merkmale 1.1 und 12.2 folgende Fassung erhalten (Änderungen gegenüber erteilter Fassung fett):
„1.1HI A method for individually delivering television signals from a plurality of sources using source devices for different transmission schemes (26, 28, 30) such as, for example, cable, a satellite dish and a tv antenna, wherein the source devices comprise at least a cable box and an IRD box, to an input of a television appliance (22, 24), the method comprising the steps of:
12.2HI a microprocessor (20) for switching between multiple source devices for different transmission schemes (26, 28, 30) of different kinds such as, for example, cable, satellite dish and a tv antenna, wherein the source devices comprise at least a cable box and an IRD box, in said multi-source switching system;”
Darüber hinaus sind die Unteransprüche 15 und 16 der erteilten Fassung gestrichen.
b) Mit den Ergänzungen in den Merkmalen 1.1HI und 12.2HI wird weder der Verfahrensablauf noch der Aufbau des Systems geändert oder beeinflusst. Sie konkretisieren lediglich zwei Quelleneinrichtungen aus der Vielzahl von anschließbaren Geräten, die der Nutzer seinen Sehgewohnheiten und Informationsbedürfnissen entsprechend in beliebiger Weise auswählen und betreiben wird.
Der Gegenstand des Streitpatents in dieser beschränkten Fassung beruht folglich – ungeachtet der Frage seiner Zulässigkeit – gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift K9 zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass die Beklagte das Streitpatent in dieser Fassung nicht wirksam verteidigen kann.
3. Zu Hilfsantrag II a) Die Patentansprüche 1 und 12 gemäß Hilfsantrag II unterscheiden sich von der erteilten Anspruchsfassung dadurch, dass die Merkmale 1.2a und 12.3a folgende Fassung erhalten (Änderungen gegenüber erteilter Fassung fett):
„1.2aHII television program information telecast from said sources (26, 28, 30) including network names of channels received from said sources and
12.3aHII the data representing television program information telecast from said sources (26, 28, 30) including network names of channels received from said sources,”
Des Weiteren soll sich an die Merkmale 1.2b und 12.3b jeweils das neue Merkmal 1.3HII bzw. 12.4HII anschließen:
„1.3HII automatically noting and deleting duplicate network names of channels received from multiple sources:
12.4HII wherein the microprocessor (20) automatically notes and deletes duplicate network names of channels received from multiple sources:“
b) Der neu in den Anspruchswortlaut mit aufgenommene Begriff network names of channels bezieht sich, den Ausführungen im Streitpatent folgend (Sendergruppe ABC) auf Namen von Sendergruppen (allgemeiner verständlich bspw. ARD, ZDF, usw.), wobei bspw. das vom ZDF ausgestrahlte Programm je nach Übertragungsquelle verschiedenen Kanälen zugeordnet sein kann. Die Übertragung von Sendernamen und die Anzeige der den Sendern zugewiesenen Kanalnummern (letzteres setzt ersteres voraus) gemäß den Merkmalen 1.2aHII und 12.3aHII ist ebenfalls aus der K9 bekannt. In den dortigen Figuren 13 und 5-6 sind Programmführeranzeigen dargestellt, die neben der Kanalnummer auch den Sendernamen anzeigen (vgl. K9, 58, CH2, KNTV-FOX). Des Weiteren ist in der Figur 20 eine Programmführeranzeige wiedergegeben, bei der Kanalnummer und Sendernamen angezeigt werden (vgl. K9, Sp. 16, Z. 50-53).
Die neu hinzugekommenen aufgabenhaft formulierten Maßnahmen nach den Merkmalen 1.3HII und 12.4HII sind dem Fachmann dagegen nahe gelegt. Denn sobald sich ein Überangebot von Kanälen für einen einzelnen Sender einstellt, führt dies über kurz oder lang zu einer Überfrachtung der Programmführeranzeige, die beim Nutzer den Wunsch hervorruft, Maßnahmen bereitzustellen, mittels derer die Programmführeranzeige von unnötigen Dubletten oder Mehrfachbelegungen befreit werden kann. Der Fachmann wird im Hinblick auf die Akzeptanz des Programmführers diesen Nutzerwunsch nach einer überschaubaren Programmführeranzeige aufgreifen und als nächstliegende Maßnahme eine Möglichkeit einer Löschung von Dubletten oder Mehrfachbelegungen ins Auge fassen. Da im Falle wiederholt systemseitig durchgeführter Updates der Programmführer immer wieder aufs Neue mit bereits vorhandenen Programmeinträgen gefüllt wird, wird er einen automatischen Löschvorgang implementieren, den der Nutzer im Bedarfsfall aktivieren kann. Wie die Beklagte selbst einräumt, war ein Löschungsvorgang aber auch schon aufgrund der beschränkten Verfügbarkeit von Speicherplatz dem Fachmann angezeigt.
Der Gegenstand des Streitpatents in dieser beschränkten Fassung beruht - ungeachtet der Frage seiner Zulässigkeit – gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift K9 zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass die Beklagte das Streitpatent auch in dieser Fassung nicht wirksam verteidigen kann.
4. Zu Hilfsantrag III a) Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag III umfasst die Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag II und unterscheidet sich von diesem durch das zwischen den Merkmalen 1.2b und 1.3HII eingefügte Merkmal:
„1.3HIII mixing the channel guide information from all the available sources:”
Der Patentanspruch 12 in der mit Hilfsantrag III verteidigten Fassung umfasst die Merkmale des Patentanspruchs 12 gemäß Hilfsantrag II und unterscheidet sich von diesem durch das zwischen den Merkmalen 12.3b und 12.4HII eingefügte Merkmal:
„12.4HIII wherein the microprocessor (20) mixes the channel guide information from all the available sources:”
b) Beim Streitpatent geht es darum, eine „gemischte“ Fernsehführungsliste zu generieren, welche die Kanäle, die von den mehrfachen Quellen verfügbar sind, identifiziert und mit einer Quellenkennzeichnung korreliert. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung zugestimmt, dass unter Mischen (mixing) der Vorgang zu verstehen ist, dass nach Empfang der Kanalführungslisteninformationsdaten diese zunächst, ohne einem Ordnungskriterium zu unterliegen, gesammelt werden. Die gesammelten Daten werden dann in einer gewünschten Reihenfolge geordnet. Schließlich wird eine Anzeige dieser Kanalführungslisteninformation er- zeugt und dann auf einem Fernsehbildschirm in der gewünschten Reihenfolge gezeigt. Diese Vorgänge liegen auch der aus der K9 bekannten Programmführeranzeige zugrunde. Wie aus K9, Spalte 18, Zeilen 49-55 entnehmbar, werden unter Steuerung der CPU 228 Kanalleitfaden-Informationsdaten, die sich aus Fernsehprogramminformationen und Quellenkennungen zusammensetzen, gespeichert. Dabei werden die Programmauflistungsdaten ( Fernsehprogramminformationen) in einem Programmführungsspeicher 232 und Kabelkanal zuordnende Daten ( Quellenkennungen) im kabelspezifischen Speicher 238 abgespeichert. Demnach werden die Daten zunächst gesammelt ( mixing). Die abgespeicherten Daten der Fernsehprogrammführerinformationen könne dann in einem Leitfadenformat, wie es in den Figuren 1-3, 6 und 7 der K9 wiedergegeben ist, am Fernsehbildschirm dargestellt werden ( sorting) (vgl. K9, Sp. 7, Z. 14-17). Der Vorgang des Mischens unter Steuerung der CPU ist folglich aus der K9 bekannt und kann daher die Patentfähigkeit der Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag III nicht begründen.
Folglich kann die Beklagte das Streitpatent auch in dieser Fassung nicht wirksam verteidigen.
5. Zu Hilfsantrag IV a) Die Patentansprüche 1 und 12 gemäß Hilfsantrag IV umfassen jeweils die Merkmale der Patentansprüche 1 und 12 gemäß Hauptantrag und unterscheiden sich von diesen darin, dass die Merkmale 1.6 bzw. 12.7 folgende Fassung erhalten (Änderungen gegenüber Hauptantrag fett):
“1.6HIV coupling automatically to the input of the appliance (22, 24) a television signal from the source device (26, 28, 30) that corresponds to the read source identifier, which television signal carries the selected program by transmitting an IR signal to the selected source device (26. 28. 30) to tune to said selected program.”
“12.7HIV an IR emitter (40) coupled to said microprocessor (20) for transmitting a signal, said signal being operable to cause automatic coupling to the input of the appliance of a television signal from a source device that corresponds to the source identifier of the selected program, which television signal carries the selected program.”
Darüber hinaus ist der Patentanspruch 11 gestrichen.
b) Wie in der Figur 22A der K9 dargestellt, ist die CPU 228 an einen INFRARED DRIVER 214 angeschlossen. In der K9, Spalte 19, Zeilen 1-11 wird zu dieser Verschaltung ausgeführt, dass nach dem Auslesen der Kanalleitfaden-lnformationsdaten, welche der Programmauswahl entsprechen, aus dem Speicher 236 die CPU 228 veranlasst wird, über den Infrarotsender 214 ein Kanalkommando an den Tuner des Kabeldecoders 202 auszugeben, wodurch dieser auf den entsprechenden Kanal eingestellt wird. Damit sind auch die neu hinzugekommenen Merkmale aus der K9 vorbekannt.
Folglich beruht auch der Gegenstand des Streitpatents in dieser beschränkten Fassung - ungeachtet der Frage ihrer Zulässigkeit – gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift K9 zumindest nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass die Beklagte das Streitpatent auch in dieser Fassung nicht wirksam verteidigen kann.
6. Ergebnis Da sich somit der Gegenstand des Streitpatents hinsichtlich der nebengeordneten Ansprüche sowohl in der erteilten Fassung als auch nach den Hilfsanträgen als nicht patentfähig erweist und auch die untergeordneten Ansprüche lediglich vorteilhafte Ausgestaltungen betreffen, ohne dass ihre zusätzlichen Merkmale etwas eigenständig Patentfähiges enthielten, war das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland insgesamt für nichtig zu erklären.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 ZPO.
C. Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung gegeben.
Die Berufungsschrift muss von einer in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwältin oder Patentanwältin oder von einem in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt oder Patentanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden.
Sie kann auch als elektronisches Dokument eingereicht werden (§ 125a Absatz 2 des Patentgesetzes in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130). In diesem Fall muss die Einreichung durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes erfolgen (§ 2 Absatz 2 BGH/BPatGERVV).
Die Berufungsfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Berufung vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde. Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
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