Paragraphen in 19 W (pat) 115/09
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1 | 79 | PatG |
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 115/09 Verkündet am 16. Dezember 2013
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2006 021 847.7-34 …
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Hartung, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. J. Müller und Dipl.-Phys. Arnoldi BPatG 154 05.11 beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 H des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Februar 2009 aufgehoben.
2. Die Sache wird zur Fortführung des Prüfungsverfahrens an das Patentamt zurückverwiesen.
3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
Gründe I
Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse H 02 H - hat die am 10. Mai 2006 eingereichte Patentanmeldung mit Beschluss vom 27. Februar 2009 zurückgewiesen, mit der Begründung, die beiden unabhängigen Patentansprüche 1 und 10 beruhten nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Eine von der Anmelderin beantragte Anhörung hat die Prüfungsstelle mit der Begründung abgelehnt, eine Anhörung erscheine nicht sachdienlich, da keine Verständnisprobleme oder Missverständnisse zwischen Prüfer und Anmelder bestünden und daher ein weiterer Diskussionsbedarf nicht vorhanden sei. Außerdem seien keine Anhaltspunkte für eine Annäherung erkennbar, so dass die Prüfungsstelle davon ausgehen könne, dass die unterschiedlichen Auffassungen weiter bestehen blieben.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 27. April 2009 eingegangene Beschwerde der Anmelderin.
Sie beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 – 9 vom 27. April 2009, Beschreibung, Seiten 4, 4a, 4b und 7 vom 27. April 2009, Seiten 1 – 3, 5, 6, 8 – 20 vom Anmeldetag 10. Mai 2006, Zeichnungen, Figuren 1 – 13 vom Anmeldetag 10. Mai 2006.
Weiterhin beantragt die Anmelderin die Anberaumung eines Termins für eine mündliche Verhandlung, sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
Im Prüfungsverfahren sind folgende Druckschriften berücksichtigt worden:
(1) DE 10 2005 013 687 B3 (2) US 4 573 099 A (3) US 5 978 192 A (4) US 6 744 611 B2 (5) US 5 463 520 A (6) DD 269 946 A1 (7) DE 10 2004 004 789 B3 (8) AT 356 187 B.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2013 teilt die Beschwerdeführerin mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde, den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr hält sie dagegen ausdrücklich aufrecht.
Der Gegenstand der Anmeldung betrifft eine Schaltungsanordnung zum Schutz vor elektrostatischen Entladungen und ein Verfahren zur Ableitung von elektrostatischen Entladungen. Solche Schutzschaltungen dienen dazu, elektrische Schaltungen vor der Einwirkung hoher Spannungen zu bewahren sowie die dabei auftretenden Ströme abzuleiten, um die Schaltung vor einer Zerstörung zu bewahren (Seite 1, Absatz 4 der ursprünglichen Unterlagen).
Bei bekannten Anordnungen sei nicht gewährleistet, dass ein Ableitelement sicher aufgesteuert werde. Demzufolge könne ein Strom, der durch eine Überspannung aufgrund einer elektrostatischen Entladung hervorgerufen werde, nicht sicher von einer schützenden Schaltung abgeleitet werden (Seite 4, Absatz 2 der ursprünglichen Unterlagen).
Daher bestehe die Aufgabe der Erfindung darin, eine Schaltungsanordnung bereitzustellen, mit der ein Ableiten von Entladungen unterschiedlicher Polaritäten mit verbesserter Zuverlässigkeit erfolgt (Seite 4b, Absatz 1, der Unterlagen vom 27. April 2009).
Gelöst werde diese Aufgabe mittels des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 vom 27. April 2009, der unter Einfügung einer Gliederung und unter Streichung von Bezugszeichen, die nicht beanspruchte Ausführungsbeispiele betreffen, folgendermaßen lautet:
a „Schaltungsanordnung zum Schutz vor elektrostatischen Entladungen, umfassend b ein Ableitelement (T1), das zwischen einen ersten und einen zweiten Anschluss (K1, K2) geschaltet ist und einen Steuereingang (B) aufweist, über den das Ableitelement (T1) leitend gesteuert werden kann; c ein erstes Triggerelement (TR1), das einen ersten Triggerausgang (TA1) zur Abgabe eines ersten Triggersignals in Abhängigkeit einer Spannung zwischen dem ersten und dem zweiten Anschluss (K1, K2) aufweist; d eine erste Verstärkereinheit (V1), die eingangsseitig mit dem ersten Triggerausgang (TA1) und ausgangsseitig mit dem Steuereingang (B) gekoppelt ist; e ein zweites Triggerelement (TR2), das einen zweiten Triggerausgang (TA2) zur Abgabe eines zweiten Triggersignals in Abhängigkeit der Spannung zwischen dem ersten und dem zweiten Anschluss (K1, K2) aufweist; f eine zweite Verstärkereinheit (V2), die eingangsseitig mit dem zweiten Triggerausgang (TA2) und ausgangsseitig mit dem Steuereingang (B) gekoppelt ist; und g einen Transistor (T5, T6), dessen gesteuerte Strecke zwischen den Steuereingang (B) und den ersten Anschluss (K1) geschaltet und dessen Steueranschluss über einen Widerstand (R5, R6) mit dem ersten Anschluss (K1) verbunden ist; wobei h das erste Triggerelement (TR1) dazu eingerichtet ist, das erste Triggersignal abzugeben, wenn die Spannung zwischen dem ersten und dem zweiten Anschluss (K1, K2) einen positiven Schwellwert überschreitet; und i das zweite Triggerelement (TR2) dazu eingerichtet ist, das zweite Triggersignal abzugeben, wenn die Spannung zwischen dem ersten und dem zweiten Anschluss (K1, K2) einen negativen Schwellwert unterschreitet.“
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat insoweit Erfolg, als der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 H vom 27. Februar 2009 aufgehoben und die Sache an das Patentamt gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 1 PatG zurückverwiesen wird.
2. Als Fachmann legt der Senat einen Dipl.-Ing. (FH) oder Techniker der Fachrichtung Elektrotechnik mit langjähriger Erfahrung im Bereich der Entwicklung und Fertigung von Schutzschaltungen gegen elektrostatische Entladung zugrunde.
3.1 Der dem Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nächstkommende Stand der Technik ist nach Erkenntnis des Senats in der Figur 5 der Entgegenhaltung (8): AT 356 187 B zu sehen, auf die die Prüfungsstelle den Zurückweisungsbeschluss gestützt hat. Diese Entgegenhaltung geht jedoch nicht über Folgendes hinaus: eine a Schaltungsanordnung zum Schutz vor elektrostatischen Entladungen, umfassend b ein Ableitelement 31, das zwischen einen ersten und einen zweiten Anschluss 1, 2 geschaltet ist und einen Steuereingang (Basis von 31) aufweist, über den das Ableitelement 31 leitend gesteuert werden kann; c ein erstes Triggerelement (Dioden 51, 52), das einen ersten Triggerausgang (Kathode von 52) zur Abgabe eines ersten Triggersignals (Strom von 52 zur Basis von 31) in Abhängigkeit einer Spannung zwischen dem ersten und dem zweiten Anschluss 1, 2 aufweist; e ein zweites Triggerelement (Dioden 53, 54), das einen zweiten Triggerausgang (Kathode von 54) zur Abgabe eines zweiten Triggersignals (Strom von 54 zur Basis von 31) in Abhängigkeit der Spannung zwischen dem ersten und dem zweiten Anschluss 1, 2 aufweist; wobei h das erste Triggerelement (Dioden 51, 52), dazu eingerichtet ist, das erste Triggersignal (Strom von 52 zur Basis von 31) abzugeben, wenn die Spannung zwischen dem ersten und dem zweiten Anschluss 1, 2 einen positiven Schwellwert überschreitet; und i das zweite Triggerelement (Dioden 53, 54) dazu eingerichtet ist, das zweite Triggersignal (Strom von 54 zur Basis von 31) abzugeben, wenn die Spannung zwischen dem ersten und dem zweiten Anschluss 1, 2 einen negativen Schwellwert unterschreitet.
Gemäß (8) ist zwar keine Verstärkung für die Triggersignale vorgesehen, durch die Entgegenhaltung (1): DE 10 2005 012 687 B3 wird der Fachmann jedoch zu der Überlegung angeregt, statt einer direkten Aufschaltung des Triggersignals auf den Steuereingang des Ableitelements (Figur 1) eine Verstärkereinheit 44, 54 zwischen den Triggerausgang und den Steuereingang zu schalten (Figur 3). In Erwägung der in der (1) genannten Vor- und Nachteile wird der Fachmann die Schaltung gemäß (8) derart abwandeln, dass d eine erste Verstärkereinheit, eingangsseitig mit dem ersten Triggerausgang und ausgangsseitig mit dem Steuereingang gekoppelt ist; und f eine zweite Verstärkereinheit, eingangsseitig mit dem zweiten Triggerausgang und ausgangsseitig mit dem Steuereingang gekoppelt ist.
Eine Anregung, den im Merkmal g zusätzlich genannten Transistor (T5) parallel zum zweiten Triggerelement (TR2) zu schalten, ist weder der (8) noch der (1) noch einer der anderen von der Prüfungsstelle ermittelten Druckschriften zu entnehmen.
Daher ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gegenüber dem bislang berücksichtigten Stand der Technik neu und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
3.1 Der Prüfungsakte ist jedoch nicht zu entnehmen, dass nach dem Merkmal g im Prüfungsverfahren recherchiert wurde oder anderweitig von der Prüfungsstelle in ihre Untersuchung auf Patentfähigkeit einbezogen wurde. Daher wird die Sache zur weiteren Bearbeitung an das Patentamt zurückverwiesen.
3.2 Obwohl der Senat die Ablehnung einer Anhörung durch die Prüfungsstelle nicht als gerechtfertigt ansieht, bestand für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG keine Veranlassung. Ob die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird, steht im pflichtgemäßen Ermessen des Senats. Sie ist angezeigt, wenn es aufgrund besonderer Umstände der Billigkeit widerspricht, die Gebühr einzubehalten. Solche besonderen Umstände könnten u. a. auch in der fehlerhaften Verfahrensführung durch die Prüfungsstelle liegen, die im vorliegenden Fall dadurch geben ist, dass die Prüfungsstelle die beantragte Anhörung mit der Begründung zurückgewiesen hat, es seien keine Anhaltspunkte für eine Annäherung erkennbar und deshalb davon auszugehen, dass die unterschiedlichen Auffassungen weiter bestehen blieben.
Abgesehen davon, dass eine einmalige Anhörung grundsätzlich sachdienlich ist, hat sich im weiteren Verfahren durch die Einreichung geänderter Patentansprüche entgegen der Meinung der Prüfungsstelle herausgestellt, dass die Anmelderin schließlich doch dazu bereit war, ihre Auffassung zu überdenken.
Aber nicht jeder Verfahrensfehler rechtfertigt von vornherein die Rückzahlung der Beschwerdegebühr. Vielmehr ist stets im Rahmen einer Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen, ob der Verfahrensverstoß ursächlich für die Beschwerdeeinlegung war, bei einwandfreier Verfahrensbehandlung durch das Amt die Beschwerde also nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. Benkard, PatG, 10. Aufl., § 80 Rdn. 23 und 28 m. N. w.; BPatGE 30, 207, 210 f.; 47, 224, 231 Mikroprozessor; 49, 154, 161 ff. - Tragbares Gerät; BPatG Mitt. 2010, 41, 43 Mobilfunknetzwerk).
Zum Einen kann der Senat nicht ausschließen, dass die zwischen Anmelderin und Prüfungsstelle unterschiedliche Beurteilung des Sachverhaltes auch nach einer Anhörung zur Zurückweisung der Anmeldung geführt hätte und zum Anderen hat es die Anmelderin versäumt, die erst mit der Beschwerde eingereichten, geänderten Patentansprüche zumindest hilfsweise bereits der Prüfungsstelle zu Begutachtung vorzulegen. Ferner liegen keine anderen Anhaltspunkte vor, dass die Anmelderin in Kenntnis der vollständigen Sach- und Rechtslage von einer Beschwerde Abstand genommen hätte, somit fehlt es jedenfalls an der Ursächlichkeit des von der Prüfungsstelle verfahrensfehlerhaft abgesetzten Zurückweisungsbeschlusses für die Beschwerdeerhebung.
Dr. Hartung Kirschneck J. Müller Arnoldi Pü
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