3 Ni 34/10 (EP)
BUNDESPATENTGERICHT Ni 34/10 (EP) (Aktenzeichen)
…
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am
31. Juli 2012 …
In der Patentnichtigkeitssache BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 763 363 (DE 50 2005 007 425)
hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 31. Juli 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Schramm, des Richters Guth, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. ProkschLedig, des Richters Dipl.-Chem. Dr. Gerster sowie der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg für Recht erkannt:
I. Das europäische Patent 1 763 363 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 6. Juli 2005 unter Inanspruchnahme der österreichischen Priorität AT 11502004 vom 7. Juli 2004, beim Europäischen Patentamt angemeldeten europäischen Patentes EP 1 763 363 B1 (Streitpatent), dessen Erteilung mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland am 3. Juni 2009 bekannt gemacht wurde und das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 50 2005 007 425.4 geführt wird. Das Streitpatent, das mit einem Hauptantrag und vier Hilfsanträgen beschränkt verteidigt wird, betrifft „Pharmazeutische Zusammensetzungen, die Diaminooxidase enthalten“ und umfasst in der erteilten Fassung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland 14 Patentansprüche, die folgendermaßen lauten:
„1. Pharmazeutische Zusammensetzung zur Behandlung von Histamin-induzierten Krankheiten, umfassend Diaminooxidase, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder peroralen Verabreichung vorliegt.
2. Zusammensetzung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung als Magensaft-resistentes Pellet oder Kapsel vorliegt.
3. Zusammensetzung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Diaminooxidase nicht-pflanzlichen Ursprungs ist.
4. Zusammensetzung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung Diaminooxidase tierischen Ursprungs umfasst.
5. Zusammensetzung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Diaminooxidase aus Schweineniere stammt.
6. Zusammensetzung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung Diaminooxidase rekombinaten Ursprungs umfasst.
7. Zusammensetzung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung rekombinante Diaminooxidase gewonnen aus prokaryotischen, vorzugsweise aus bakteriellen, oder aus eukaryotischen, vorzugsweise aus tierischen oder Hefe-, Zellkulturen umfasst.
8. Verwendung einer pharmazeutischen Zusammensetzung nach einem der Ansprüche 1 bis 7 als Nahrungsergänzungsmittel oder diätetisches Lebensmittel.
9. Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Histamin-induzierten Krankheitsbildern, dadurch gekennzeichnet, dass das Arzneimittel in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder peroralen Darreichungsform vorliegt.
10. Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Urticaria, insbesondere von chronischer und akuter Urticaria, dadurch gekennzeichnet, dass das Arzneimittel in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder peroralen Darreichungsform vorliegt.
11. Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von atopischer Dermatitis, dadurch gekennzeichnet, dass das Arzneimittel in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder peroralen Darreichungsform vorliegt.
12. Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Scombrotoxismus, dadurch gekennzeichnet, dass das Arzneimittel in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder peroralen Darreichungsform vorliegt.
13. Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels zur Entfernung von Histamin aus dem Gastrointestinaltrakt, dadurch gekennzeichnet, dass das Arzneimittel in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder peroralen Darreichungsform vorliegt.
14. Verwendung nach einem der Ansprüche 9 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass das Arzneimittel als Magensaft-resistentes Pellet oder Kapsel vorliegt.“
Die Klägerin greift das Patent in vollem Umfang an und macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und mangelnden ursprünglichen Offenbarung sowie schriftsätzlich der fehlenden Ausführbarkeit und fehlenden Patentierbarkeit eines Diagnoseverfahrens geltend.
Sie stützt ihr Vorbringen auf folgende Dokumente:
K1 EP 1 763 363 B1 (Streitpatent) K2 Datenbankauszug des Recherchedienstes STN/Registry File zum Stichwort „Histaminase“ K3 Roche Lexikon - Medizin, 5. Aufl., 2003, Urban & Fischer Verlag München Jena, S. 1158, Stichwort: Magensaft K4 US 2004/0115189 A1 K5 Eingabe der Patentinhaberin im europäischen Prüfungsverfahren vom 26. März 2008 K6 Atkinson, A. J. et al., American Journal of Physiology,
1941, 132, S. 51 bis 56 K7 US 3 639 579 K8 The British Medical Journal, 1941, S. 334 bis 335 K9 Laymon, C. W. and Cumming, H., The Journal of Investigative Dermatology, 1939, S. 301 bis 308 K10 Göth, A., Deutsche Medizinische Wochenschrift Nr. 10,
1938, S. 338 bis 339 K11 Moldenschardt, H., Medizinische Klinik Nr. 5, 1936, S. 153 bis 156 K12 The American Heritage medical dictonary, 2008,
Houghton Mifflin Harcourt Publishing Company Boston, S. 529 K13 Rinaldi, A. et al., Prep. Biochem., 1982, 12, S. 11 bis 28 K14 US 4 725 540 K15 US 2008/0193491 A1 K16 Prüfungsbescheid im US-amerikanischen Prüfungsverfahren vom 24. Mai 2010 K17 Prioritätsanmeldung A 1150/2004 K18 Efimova, L. S. ans Minina, S. A., englische Übersetzung aus: Khimiko-Farmatsevticheskii Zhurnal, 1969, 8, S. 55 bis 59, UDC 615.453.62.014.64(047) K19 US 1 907 203 K20 Concise Medical Dictionary, 2nd Ed., 1987 Oxford University Press, S. 202 bis 203 K21 US 2008/0193491 A1 (= K15) K22 Eingabe im US-amerikanischen Prüfungsverfahren vom 1. März 2010 K23 Prüfungsbescheid im US-amerikanischen Prüfungsverfahren vom 7. Dezember 2010 K24 Hartmann, M., Dermatologische Wochenschrift 1938 Nr. 25, S. 693 bis 696 K25 Rote Liste 1965, S. 1180/1181 zu „Torantil®“ K26 DE 34 31 861 A1 K27 Auszug aus Roche Lexikon Medizin, 5. Aufl., Urban & Fischer Verlag München, Seiten 839 und 840 K28 Internetpublikation „Histamin: Versteckter Reizstoff in Lebensmittel“
K29 Internet-Informationsschrift der schweizerischen Interessengemeinschaft Histamin-Intoleranz.
Im Wesentlichen ist sie der Auffassung, die beanspruchte pharmazeutische Zusammensetzung sei im Hinblick auf im Verfahren genannten Stand der Technik nicht mehr neu, jedenfalls beruhe ihre Bereitstellung aber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Zum Prioritätszeitpunkt sei nämlich allgemein bekannt gewesen, dass das für allergische Reaktionen verantwortliche Histamin im Körper durch das Enzym Diaminooxidase abgebaut werde, dieses Enzym säurelabil sei und der Magensaft einen pH-Wert im Bereich von 1,0 bis 1,5 aufweise. Es habe für den Fachmann daher nahe gelegen, bekannte magensaftresistente oral oder peroral verabreichbare Darreichungsformen, wie sie z. B. in den Dokumenten K9 oder K11 angegeben seien, zur Behandlung von Erkrankungen einzusetzen, die mit einer auch durch Nahrungsmittel verursacht erhöhten Histaminkonzentration im Körper verbunden seien.
Die Klägerin stellt den Antrag,
das europäische Patent 1 763 363 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung des Hauptantrags, hilfsweise die Fassung eines der Hilfsanträge 1 bis 4 gemäß Schriftsatz vom 30. Januar 2012 erhält.
Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 8, 9, 10 und 11 gemäß Hauptantrag lauten:
„1. Pharmazeutische Zusammensetzung zur Behandlung von durch exogen zugeführtes Histamin induzierten Krankheiten, umfassend Diaminooxidase, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder peroralen Verabreichung vorliegt.
8. Verwendung einer pharmazeutischen Zusammensetzung nach einem der Ansprüche 1 bis 7 als Nahrungsergänzungsmittel oder diätetisches Lebensmittel.
9. Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von durch exogen zugeführtes Histamin induzierten Krankheitsbildern, dadurch gekennzeichnet, dass das Arzneimittel in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder peroralen Verabreichung vorliegt.
10. Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung von Scombrotoxismus, dadurch gekennzeichnet, dass das Arzneimittel in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder per oralen Verabreichung vorliegt.
11. Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels zum Abbau von exogen zugefügtem Histamin im Darmtrakt, dadurch gekennzeichnet, dass das Arzneimittel in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder peroralen Verabreichung vorliegt.“
Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 7 sowie 12 entsprechen den Patentansprüchen 2 bis 7 und 14 der erteilten Fassung.
Hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent mit dem Patentansprüchen 1 bis 9 gemäß 1. Hilfsantrag. Die auf die Verwendung gerichteten, unabhängigen Patentansprüche 1, 2 und 3 entsprechen den Verwendungsansprüchen 9, 11 und 10 - in dieser Reihenfolge - gemäß Hauptantrag.
Weiter hilfsweise verteidigt die Beklagte das Streitpatent gemäß 2. Hilfsantrag mit vier Patentansprüchen, wobei die nebengeordneten Patentansprüche 1, 2 und 3 den Patentansprüchen 1 bis 3 gemäß 1. Hilfsantrag entsprechen.
Weiter hilfsweise verfolgt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen 1 bis 3 gemäß 3. Hilfsantrag. Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 2 stimmen im Wortlaut mit den nebengeordneten Patentansprüchen 1 und 2 gemäß 1. Hilfsantrag überein.
Weiter hilfsweise verfolgt sie das Streitpatent mit den Patentansprüchen 1 und 2 gemäß 4. Hilfsantrag. Der einzige unabhängige Patentanspruch 1 entspricht dem nebengeordneten Patentanspruch 3 gemäß 1. Hilfsantrag.
Im Übrigen entsprechen die jeweils rückbezogenen Patentansprüche 4 bis 9 gemäß 1. Hilfsantrag den Patentansprüchen 2 bis 7 gemäß Hauptantrag, sowie die jeweils einzigen rückbezogenen Patentansprüche 4, 3 oder 2 gemäß 2., 3. oder 4. Hilfsantrag dem Patentanspruch 12 gemäß Hauptantrag.
Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen und verweist auf folgende Dokumente:
B1 Voigt, R.: „Pharmazeutische Technologie“, 9. Aufl., 2000, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, S. 223/224 B2 GB-PS 566 505 B3 GB-PS 760 403 B4 Lee, D.A.H. et al., Br. J. clin. Pharmac 1979, S. 523 bis 528 B5 Experimentelle Daten zu einer Formulierung entsprechend
„Formulation E“ in K7 B6 Meyer, U.: „Steckt eine Allergie dahinter?“, 2002, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart, S. 52 bis 69 B7 Haas, H., Monographie „Histamine und Antihistamine“, 1951,
bis 72 B8 Layer, P. und Rosien, Z.: „Praktische Gastroenterologie“,
3. Aufl., 2007, Inhaltsverzeichnis B9 Zeller, E. A. und Schär, B., Schweizerische Medizinische Wochenschrift 1938, Nr. 49, S. 1318 bis 1319 B10 Rigler, R., Münchner medizinische Wochenschrift 1936,
Nr. 1, S. 15 bis 17.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Gegenstand des Streitpatents sei neu, weil die im Stand der Technik offenbarten Zusammensetzungen zum Prioritätszeitpunkt nicht zur Behandlung Histamin-induzierter Erkrankungen geeignet gewesen seien, denn die dort beschriebenen „enteric coated“ Zusammensetzungen seien nicht magensaftresistent gewesen. Die erfinderische Tätigkeit sei gegeben, weil der Fachmann ausgehend von der im Stand der Technik beschriebenen fehlenden Wirksamkeit des die Histaminase enthaltenden Präparates Torantil keine Veranlassung gehabt habe, auf diesem Gebiet weiter zu forschen und es auch nicht für möglich gehalten habe, dass Diaminooxidase in der streitpatentgemäßen Darreichungsform erfolgreich zur Behandlung Histamin-induzierter Erkrankungen eingesetzt werden könne. Torantil stelle eine Mischung verschiedener Wirkstoffe dar, zu denen auch Histaminase gehöre, könne aber nicht mit Histaminase gleichgesetzt werden. Auch beträfe die Behandlung mit Torantil anders als das Streitpatent nur die Verabreichung von endogenem Histamin. Im Übrigen ergebe sich aus den Entgegenhaltungen nicht zwingend, dass die erzielten Wirkungen auf Torantil und insbesondere nicht auf die Verabreichung in Drageeform zurückzuführen seien.
Entscheidungsgründe I.
Die auf die Nichtigkeitsgründe unzureichender Offenbarung, mangelnder Patentfähigkeit und fehlenden Patentierbarkeit eines Diagnoseverfahrens (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. b EPÜ, Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit. a EPÜ und Art. 53 lit. c S. 1 EPÜ) gestützte Klage ist zulässig.
Soweit die Beklagte das Streitpatent im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung nicht mehr verteidigt, war es mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur st. Rspr. im Nichtigkeitsverfahren vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 404, 405 - Carvedilol II; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 83 Rdn. 45 m. w. Nachw.; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 81 Rdn. 132). Auch im Übrigen hat die Klage Erfolg.
1. Das Streitpatent betrifft pharmazeutische Zusammensetzungen umfassend Diaminooxidase sowie die Verwendung dieser Zusammensetzungen zur Behandlung bzw. Vorbeugung von Histamin-induzierten Krankheiten und Krankheitszuständen (vgl. Streitpatentschrift K1 S. 2 Abs. [0001] i. V. m. Patentansprüchen 1 und 8 bis 13).
Histamin (= 1H-Imidazol-4-Ethylamin), ein biogenes Amin, entsteht - wie einleitend in der Streitpatentschrift ausgeführt wird - im menschlichen Organismus durch enzymatische Decarboxylierung der Aminosäure Histidin. In inaktiver Form wird es in den metachromatischen Granula der Mastzellen und basophilen Leukozyten ge- speichert, wo es zur sofortigen Freisetzung zur Verfügung steht. Es fungiert als Mediator einer Vielzahl physiologischer und pathophysiologischer Prozesse, oft auch über die Wechselwirkung mit Zytokinen. So führt es zur Dilatation kleiner Gefäße, der Kapillaren, erhöht die Gefäßpermeabilität, verursacht Blutdruckabfall und bewirkt eine Erhöhung der Herzfrequenz. Es bewirkt ferner die Kontraktion glatter Muskulatur, wie der Bronchialmuskeln der Lunge, und steigert die Salzsäuresekretion im Magen. Im Weiteren ist Histamin Mediator der allergischen Soforttyp-Reaktion, d. h. der Typ 1-Allergie, wie Rhinitis allergica und Asthma bronchiale. Auch spielt es im Zusammenhang mit dem Auftreten von Medikamenten-Allergien bzw. Unverträglichkeiten eine wichtige Rolle. Darüber hinaus handelt es sich bei Histamin um den klassischen Auslöser einer Urticaria (Nesselausschlag). In höheren Konzentration kann im Körper frei zirkulierendes Histamin daher eine Reihe unerwünschter, die Befindlichkeit stark beeinträchtigender Reaktionen auslösen, die bis zum anaphylaktischen Schock und sogar bis zum Herzstillstand führen können. Den Abbau dieses biogene Amins im Organismus von Säugetieren bewirken zwei Enzyme, die Diaminooxidase (= DAO, EC 1.4.3.6, Histaminase) und die ausschließlich im Zytosol aktive, die histaminerge Signalübertragung im Nervensystem steuernde Histamin-N-Methyltransferase (= NMT, EC 2.1.1.8). Die Diaminooxygenase, bei der es sich um ein sekretorisches, daher extrazelluläres Protein handelt, verhindert in erster Linie, dass über die Nahrung aufgenommenes Histamin aus dem Darm in den Blutkreislauf gelangt. Es gehört zur Klasse der kupferhaltigen Aminooxidasen, die die oxidative Deaminierung von primären Aminen zu Aldehyden, Ammoniak und Wasserstoffperoxid katalysieren. Im menschlichen Organismus ist dieses Enzym vor allem im Dünndarm, in der Leber, in den Nieren und in weißen Blutzellen zu finden. Gehemmt werden kann dieses Enzym durch andere biogene Amine, Alkohol und seinem Abbauprodukt Acetaldehyd sowie durch Medikamente. Die von mit der Nahrung, wie z. B. Käse, Wein, Fischkonserven und Sauerkraut, aufgenommenem, körperfremdem Histamin bzw. von körpereigenem Histamin verursachten allergischen Reaktionen bzw. vielfältigen Störungen werden insbesondere i. V. m. einem angeborenen sowie einem während eines Infektes der Darmschleimhaut vorübergehend auftretenden DAO-Mangel beobachtet. Darüber hinaus kann es auch im Rahmen der Gabe aktivitätshemmender Substanzen exogen zu einer verminderten DAO-Aktivität kommen (vgl. Streitpatentschrift K1 S. 2 Abs. [0002] bis S. 3 Abs. [0017]).
2. Vor diesem Hintergrund liegt dem Streitpatent die objektive technische Aufgabe zugrunde, eine pharmazeutische Zusammensetzung zur Behandlung von Histamin-induzierten Krankheiten und Krankheitszuständen zur Verfügung zu stellen, mit der die Konzentration von aktiver Diaminooxidase im Darmtrakt eines Individuums erhöht wird, um den Abbau von exogen (z. B. durch Nahrung) zugeführtem Histamin zu unterstützen bzw. zu ermöglichen (vgl. Streitpatentschrift K1 S. 3 Abs. [0018] i. V. m. Patentanspruch 1).
3. Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag durch eine
1. Pharmazeutische Zusammensetzung 2. zur Behandlung von durch exogen zugeführtes Histamin induzierten Krankheiten, 3. umfassend Diaminooxidase, 4. wobei die Zusammensetzung in einer Magensäure geschützten Darreichungsform zur oralen oder peroralen Verabreichung vorliegt.
Sie wird gemäß den nebengeordneten Patentansprüchen 8, 9, 10 und 11 des Weiteren gelöst durch die Verwendung der pharmazeutischen Zusammensetzung in der im Patentanspruch 1 angegebenen Darreichungsform als Nahrungsergänzungsmittel oder diätetisches Lebensmittel bzw. durch die Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung der dort genannten Histamin induzierten Erkrankungen, wie Scombrotoxismus, sowie zum Abbau von exogen zugeführtem Histamin im Darmtrakt.
4. Bei der Beurteilung der Patentfähigkeit ist abzustellen auf ein Team, bestehend jedenfalls aus einem Pharmazeuten, der auf dem Gebiet der pharmazeutischen Technologie promoviert hat und über eine mehrjährige Erfahrung in der Entwicklung und Herstellung von Formulierungen magensaftresistenter Arzneimittel verfügt, sowie einem in der Praxis erfahrenen Mediziner, der sich auf das Gebiet der Allergologie spezialisiert hat.
II.
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 bis 12 gemäß Hauptantrag erweisen sich mangels Patentfähigkeit als nicht bestandsfähig.
1. Es kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, inwiefern von Seiten der obsiegenden Klägerin geltend gemachte Bedenken hinsichtlich der formalen Zulässigkeit der Patentansprüche und deren Ausführbarkeit sowie der verspäteten Einreichung der neuen Anträge und der Druckschrift B10 begründet sind. Es kommt auch nicht auf die Frage an, ob mit den Patentansprüchen 9, 10 und 11 ein nicht patentierbares Diagnoseverfahren vorliegt.
Es ist ferner nicht entscheidungserheblich, inwiefern die Neuheit gegeben ist. Sowohl die pharmazeutische Zusammensetzung gemäß Patentanspruch 1 als auch die gemäß dem nebengeordneten Patentanspruch 8 beanspruchte Verwendung dieser pharmazeutischen Zusammensetzung bzw. die gemäß den nebengeordneten Patentansprüchen 9, 10 und 11 beanspruchte Verwendung von Diaminooxidase fallen der Nichtigkeit anheim, weil deren Bereitstellung jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.
2. Histamin, eine vom Körper produzierte Aminosäure, kann im Organismus - wie vorstehend dargelegt - zu allergischen Reaktionen bzw. Unverträglichkeitsreaktionen führen. Untersuchungen, anhand derer nachgewiesen werden konnte, dass diese Substanz durch das Enzym Histaminase abgebaut wird, führten - wie in dem bereits im Jahre 1939 in „The Journal of Investigative Dermatology“ veröffentlichten Artikel „Histaminase in the Treatement of Urticaria and Atopic Dermatits“ der Autoren Laymon, C. W. und Cumming, H. (= K9) beschrieben wird - u. a. zu der Feststellung, dass mit der zusätzlichen Verabreichung dieses Enzyms die Fähigkeit des Organismus, Histamin zu inaktivieren, unterstützt werden kann (vgl. S. 303/304 übergreifender Absatz). Dies führte in der Folge dazu, dass diese Substanz u. a. zur Behandlung von Allergien sowie intestinaler Intoxikationen in Betracht gezogen wurde (vgl. K9 S. 304 Abs. 2 und 5 sowie und aus der Roten Liste ® aus dem Jahr 1965 (= K25) S. 1181 „Torantil®“). Verabreicht wurde die Histaminase in diesen Fällen in Form des Präparates „Torantil®“, bei dem es sich um eine Zubereitung handelt, die dieses Enzym enthält und eine im Magensaft unlösliche Beschichtung aufweist, so dass Histaminase erst im Darmtrakt zur Wirkung kommt (vgl. S. 304 Abs. 3).
Zum Prioritätstag war es zudem bekannt, dass das Vorkommen von Histamin im Organismus nicht nur auf ein körpereigenes beschränkt ist, sondern diese Aminosäure auch als Abbauprodukt zugeführter Nahrungskomponenten, wie z. B. von Proteinen, im Darm entstehen kann. Auch dieses Histamin führt gegebenenfalls zu allergischen Reaktionen, wenn es von der körpereigenen Histaminase nicht in erforderlichem Maße desaktiviert wird, die Aminosäure daher in der Folge über die Darmwand resorbiert wird und auf diesem Wege in den Stoffwechsel des Körpers gelangt (vgl. K10 S. 338 li. Sp. Abs. 4 bis li. Sp. Z. 2 sowie K11 S. 153 li. Sp. Abs. 1 und 2 des Artikels): Eine Reaktionsfolge, die im Rahmen jüngerer Forschungsarbeiten aus den Jahren 1986, 1996 und 2002 bestätigt wurde. So wird nämlich in der Streitpatentschrift unter Bezugnahme auf Veröffentlichungen der Autoren Kitanaka et al., Taylor sowie Nilsson et al. übereinstimmend mit den Angaben in den Publikationen K10 und K11 ausgeführt, dass das Enzym Diaminooxidase/Histaminase die Aminosäure Histamin, die über die Nahrung in den Gastrointestinaltrakt aufgenommen wird, entferne und somit verhindere, dass dieses exogen zugeführte Histamin aus dem Darm in den Blutkreislauf gelangen könne, es im Extremfall aber zu einem anaphylaktischen Schock kommen könne, wenn dieser Schutzmechanismus versage (vgl. K1 S. 2 Abs. [0008] und [0009]). In der Veröffentlichung K11 wird für diesen Fall einer vom Körper nicht mehr regulierbaren Histamin-Resorption im Magen-Darm-Trakt das zum Publikationszeitpunkt verfügbare Präparat Torantil® ebenfalls als indiziert angesehen (vgl. S. 153 re. Sp. Abs. 2 des Artikels sowie S. 156 li. Sp. Abs. 3).
In Anbetracht dieses zum maßgeblichen Zeitpunkt bekannten Standes der Technik war es naheliegend, zur Lösung der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe, auch zur Behandlung von durch exogen zugeführtem Histamin induzierten Krankheiten eine pharmazeutische Zubereitung ins Auge zu fassen, die Diaminooxidase/Histaminase als Wirkstoff aufweist und für die orale oder perorale Verabreichung als Magensäure geschützte Darreichungsform hergerichtet ist. Denn die Veröffentlichung K9 gibt dem Fachmann nicht nur den Hinweis, Diaminooxidase/Histaminase zur Behandlung von Allergien sowie intestinaler Intoxikationen formuliert in einer magensaftresistenten Zubereitung einzusetzen (vgl. S. 304 Abs. 3 und 5). Sie vermittelt ihm zudem in einem allgemeinen Kontext die Lehre, dass der Grad der Desaktivierung von Histamin an sich, d. h. unabhängig davon, ob es sich dabei um körpereigenes oder exogenes handelt, mit der Verabreichung dieses Enzyms unterstützt werden könne (vgl. S. 304 Abs. 1). Dies ist im Einklang mit dem gesamten im Verfahren vorgelegten Stand der Technik, denn keines der vorliegenden Dokumente liefert Anhaltspunkte dahingehend, das Enzym Diaminooxidase/Histaminase differenziere im Lumen des Darmes zwischen exogen zugeführtem Histamin und körpereigenem Histamin. Vielmehr erweist es sich insbesondere auch anhand des Dokumentes K11, dass die Fachwelt hier keine Unterschiede sah und das Enzym Diaminooxidase/Histaminase in Gestalt des Präparates Torantil® gleichermaßen als desaktivierend von endogenem wie von exogenem, d. h. mit der Nahrung zugeführtem Histamin erachtete (vgl. S. 153 li. Sp. Abs. 2 und 3 sowie re. Sp. Abs. 2 des Artikels und S. 155 li. Sp. Abs. 3). Somit musste der Fachmann auf der Suche nach einer Lösung der vorliegenden Aufgabe lediglich der mit der Publikation K11 gegebene Anregung folgen, und eine magensaftresistente Zubereitung von Diaminooxidase/Histaminase, wie sie im Dokument K9 beschrieben wird, auch zur Desaktivierung von nahrungsbedingtem Histamin in Betracht zu ziehen. Zur Überprüfung, inwiefern sich diese in der Ver- öffentlichung K11 dargelegten Überlegungen auch in der Praxis bewährten, bedurfte es lediglich weiterer klinischer Studien an einer Patientengruppe mit der in Rede stehenden Indikation, die der Routinetätigkeit des Fachmannes zuzuordnen sind und deren Anlegung kein erfinderisches Zutun erfordern. Mit dem angestrebten Erfolg konnte er im Übrigen in diesem Zusammenhang von vornherein rechnen, nachdem in der Veröffentlichung K9 bereits die wirksame Behandlung von Allergien und intestinaler Intoxikationen - bedingt durch hinsichtlich seines Ursprungs nicht identifiziertem Histamin - mit Diaminooxidase/Histaminase beschrieben worden war. Dieses Enzym - wie bereits in dem Dokument K9 angegeben als magensaftresistente Zubereitung zu formulieren, lag gleichfalls auf der Hand. Dieses nicht nur deshalb, weil diese Galenik in der Publikation K9 damit begründet wird, dass nur so das Enzym im Darm auch seine Wirkung entfalten kann (vgl. S. 304 Abs. 3 le. Satz), sondern auch, weil es dem Wissen des hier maßgeblichen Fachmannes zuzurechnen ist, dass das Enzym Diaminooxidase/Histaminase ansonsten bereits im Magen auf Grund des dort herrschenden niedrigen pH-Wertes inaktiviert werden würde (vgl. auch K8 S. 324 re. Sp. „Histaminase“ Z. 12 bis 14 und S. 325 li. Sp. 1. Abs. le. Satz (2)).
Der Einwand der Beklagten, die im Stand der Technik beschriebene Wirkung von Torantil® lasse sich nicht zweifelsfrei auf Histaminase zurückführen, denn, selbst wenn dieses zweifelsohne Histaminase enthalte, stelle die wirksame Komponente dieses Präparates eine Mischung verschiedener Enzyme dar, kann zu keiner anderen Beurteilung der Sachlage führen. So mag es sich bei Torantil® um ein Produkt gehandelt haben, das Histaminase nicht als Reinsubstanz enthielt, sondern das neben dieser Leitsubstanz noch weitere Begleitstoffe dieses aus natürlichen Quellen angereicherten Wirkstoffes aufwies. Jedoch wird einzig das Enzym Histaminase im vorstehend diskutierten Stand der Technik als die die Wirksamkeit dieses Präparates bestimmende Komponente bezeichnet (vgl. K9 S. 304 Abs. 3 und 5 sowie auch K8 S. 324/325 „Histaminase“). Die pharmakologischen Eigenschaften von Torantil® waren für den Fachmann daher stets mit dem Enzym Histaminase verbunden. Somit musste er lediglich die ihm mit diesem Stand der Technik vermittelte Lehre aufgreifen, um in einer Zusammenschau mit dem Do- kument K11 zur Lösung der dem Streitpatent zu Grunde liegenden Aufgabe zu kommen. Hatten sich seit dem Veröffentlichungsdatum dieser Publikationen die Möglichkeiten für die Anreicherung dieses Naturstoffes zum maßgeblichen Zeitpunkt aufgrund neuer technischer Entwicklungen verbessert, so kann dies nicht als Anzeichen für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit gewertet werden. Vielmehr ist der Fachmann stets gehalten, sich der aktuellen, ihm zur Verfügung stehenden Methoden zu bedienen, um das für ihn bestmögliche Ergebnis zu erreichen (vgl. Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage, § 3 Rn. 15). Im Übrigen ist auch die pharmazeutische Zusammensetzung gemäß Patentanspruch 1 nicht auf Diaminooxidase/Histaminase als einzigen Wirkstoff beschränkt, weshalb sie daher gleichfalls weitere wirksame Bestandteile enthalten kann.
Die Streitpatentinhaberin hat ferner geltend gemacht, die im Dokument K9 angegebenen Dragees mit der Bezeichnung „Torantil®“ hätten zumindest zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keinen Überzug aufgewiesen, der dem Erfordernis einer Magensaftresistenz genügt hätte. Auch dieses Argument kann keinen Beitrag zur Begründung der erfinderischen Tätigkeit leisten. Unabhängig von der Güte von zum Publikationszeitpunkt dieses Artikels herstellbarer magensaftresistenter Beschichtungen für feste Arzneimittel, wird dem Fachmann mit diesem Artikel jedenfalls die Lehre vermittelt, dass, für den Fall, Histaminase solle erst im Darm wirksam werden, oral verabreichbare, feste arzneiliche Zubereitungen einen Überzug aufweisen müssen, der gegenüber dem Magensaft resistent ist (vgl. K9 S. 304 Absatz 3 le. Satz sowie K8 S. 324 re. Sp. „Histaminase“ Z. 12 bis 14 und S. 325 li. Sp. 1. Abs. le. Satz (2)). Zum Prioritätstag sodann magensaftresistente Überzüge in Betracht zu ziehen, deren Qualität sich gegenüber jenen, die zum Publikationszeitpunkt des Dokumentes K9 zur Verfügung standen, gegebenenfalls verbessert hat, ist ebenfalls dem üblichen Aufgabenbereich des Fachmannes zuzurechnen. Unabhängig davon ist der Streitpatentschrift an keiner Stelle ein Hinweis dahingehend zu entnehmen, es seien vorliegend Beschichtungen zum Einsatz gekommen, die nicht jenen im Stand der Technik beschriebenen entsprächen und besser als diese zum Schutz der Diaminooxidase/Histaminase geeignet seien (vgl. dazu auch K1 Beispiele 1 und 4).
Auch das Vorliegen eines Vorurteils d. h. eine in den einschlägigen Fachkreisen allgemein verbreiteten, vorgefassten Meinung, die auf einer allgemein eingewurzelten Fehlvorstellung beruht, und die Fachwelt daran gehindert hat in Richtung auf die gestützte Lehre zu arbeiten oder auch nur Versuche in diese Richtung zu unternehmen (vgl. Schulte, a. a. O. § 4 Rn. 127), wie es die Beklagte im Hinblick auf das Dokument B6 geltend gemacht hat, kann der Senat nicht erkennen. Dieser Beitrag zur Geschichte des Histaminase-Präparates Torantil® befasst sich mit den unterschiedlichen Forschungsergebnissen, die zweifelsohne in einigen Fällen auch zu Zweifeln an der Wirksamkeit dieses Enzyms geführt haben. Wie die im Laufe des Verfahrens eingereichten Dokumente K4, K13 und K14 jedoch zeigen, mag das im Dokument B6 auf den Seiten 66 bis 69 gezogene Resümee diese Zweifel zwar in den Vordergrund gestellt haben, diese Schlussfolgerungen haben die Fachwelt aber auch in neuerer Zeit nicht davon abgehalten, weiterhin Diaminooxidase/Histaminase als Substanz zur Desaktivierung von vom Körper nicht abbaubarem Histamin in Betracht zu ziehen und hinsichtlich seiner Wirksamkeit zu untersuchen.
3. Der nebengeordnete Patentanspruch 8 betrifft die Verwendung einer pharmazeutischen Zubereitungen, wie sie mit dem Patentansprüchen 1 bis 7 angegeben wird, als Nahrungsergänzungsmittel oder diätetisches Lebensmittel. Dieser Patentanspruch betrifft keinen anderen Sachverhalt als er mit dem Patentanspruches 1 gegeben ist, denn auch hier liegt die Zielsetzung darin, über eine Verabreichung einer pharmazeutischen Zusammensetzung gemäß Patentanspruch 1 Histamin aus dem Gastrointestinaltrakt zu entfernen bzw. dessen Konzentration zu reduzieren (vgl. Streitpatentschrift K1 S. 4 Abs. [0023] und S. 6 Abs. [0043]). Die zum Patentanspruch 1 dargelegten Gründe geltend für diesen Patentanspruch daher ebenfalls vollumfänglich.
4. Die nebengeordneten Patentansprüche 9 bis 11 teilen das Schicksal das Patentanspruches 1 gleichfalls.
4.1. Die Patentansprüche 9 und 11 betreffen die Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels, wobei die Verwendung in einem Fall auf die Behandlung von durch exogen zugeführtem Histamin induzierte Krankheitsbilder und im anderen Fall auf ein Arzneimittel zum Abbau von exogen zugeführtem Histamin im Darmtrakt gerichtet ist. Damit aber ergibt sich auch hier kein Sachverhalt, wie er nicht bereits vorstehend in Verbindung mit dem Patentanspruch 1 diskutiert worden ist. Die im Abschnitt II. 2. genannten Gründe gelten daher im Hinblick auf die Patentansprüche 9 und 11 ebenso, weshalb auch die Bereitstellung der mit diesen Patentansprüchen beanspruchten Gegenstände nicht auf Überlegungen erfinderischer Art beruht.
4.2. Die Verwendung von Diaminooxidase zur Herstellung eines Arzneimittels gemäß Patentanspruch 10 ist auf die Behandlung von Scombrotoxismus gerichtet. Der Verzehr von verdorbenem Fisch ist - und dieses ist dem Wissen des Fachmannes zuzuordnen - insbesondere mit der Aufnahme von hohen Konzentrationen an Histamin verbunden. Auch in diesem Fall die Gabe von Histaminase in Betracht zu ziehen, liegt in Kenntnis der Dokumente K9 und K11 nahe, nachdem in der Veröffentlichung K11 explizit Vergiftungen durch Nahrungsmittel angesprochen werden (vgl. S. 153 li. Sp. Abs. 1 und 2 des Artikels). Dieses trifft umso mehr zu, als die Angaben in der Streitpatentschrift nicht über den Offenbarungsgehalt des Dokumentes K11 hinausgehen, denn sie enthält auch für diese Indikation keinen Nachweis für die Wirksamkeit von Diaminooxidase/Histaminase.
5. Ein bestandsfähiger Rest ist für den Senat auch nicht in den Gegenständen der jeweils nachgeordneten Patentansprüchen 2 bis 7 und 12 zu erkennen. Die Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass ihnen ein eigenständiger patentfähiger Gehalt zukäme. Diese Patentansprüche, deren selbstständiger erfinderischen Gehalt von der Klägerin unter Angabe von Gründen in Abrede gestellt worden ist, fallen daher ebenfalls der Nichtigkeit anheim.
III.
Die von der Beklagten hilfsweise verteidigten Fassungen gemäß 1. bis 4. Hilfsantrag erweisen sich aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit als gleichfalls nicht bestandsfähig.
Die mit diesem Hilfsanträgen verteidigten nebengeordneten Patentansprüche 1 bis 3 gemäß 1. und 2. Hilfsantrag bzw. 1 bis 2 gemäß 3. Hilfsantrag und 1 gemäß 4. Hilfsantrag entsprechen voll inhaltlich den nebengeordneten Patentansprüchen 9 bis 11 gemäß Hauptantrag. Da mit diesen, wie vorstehend unter Abschnitt II. 4. ausgeführt worden ist, kein anderer Sachverhalt vorliegt, als er mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag erörtert worden ist, gelten für die nebengeordneten Patentansprüche dieser verteidigten Fassungen die zum Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dargelegten Gründe ebenfalls voll umfänglich.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.
Schramm Guth Dr. Proksch-Ledig Dr. Gerster Dr. Münzberg Cl