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20 W (pat) 45/10

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 45/10 Verkündet am 10. Februar 2014

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

BPatG 154 05.11

…

betreffend das Patent 103 23 260 hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Februar 2014 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Phys. Dr. Mayer, die Richterin Kopacek sowie die Richter Dipl.-Ing. Gottstein und Dipl.-Geophys. Dr. Wollny beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I.

Die Beschwerde der Patentinhaberin richtet sich gegen den Widerruf des Patents durch die Patentabteilung 31. Dieser Beschluss wurde am Ende der Anhörung vom 9. Juni 2010 verkündet. Die schriftliche Begründung des Beschlusses der Patentabteilung trägt jedoch das Datum des 19. August 2010.

Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin beantragt,

den Beschluss der Patentabteilung 31 vom 19. August 2010 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten,

hilfsweise das Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrecht zu erhalten:

Patentansprüche 1 bis 19 vom 27. Dezember 2010, bei Gericht eingegangen am 29. Dezember 2010, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin vertritt die Auffassung, dass das mit dem Einspruch angegriffene Verfahren zum automatischen Umschalten eines Kanals eines digitalen Fernsehers nach dem Patentanspruch 9 in der Fassung nach Hauptantrag als auch nach dem Hilfsantrag zulässig und patentfähig sei.

Die Beschwerdegegnerin und Einsprechende beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den Gegenstand von Patentanspruch 9 gemäß Haupt- und Hilfsantrag nicht für patentfähig.

Der Streitgegenstand betrifft ausweislich des Absatzes [0002] in der Streitpatentschrift einen Fernseher, im Spezielleren einen digitalen Fernseher und ein Verfahren zum automatischen Umschalten eines Kanals. Die Patentinhaberin setzt als bekannt voraus, dass für die Übertragung digitaler Fernsehprogramme in verschiedenen Gebieten jeweils nur begrenzte Bandbreiten zur Verfügung stehen würden. Um SD- und HD-Fernsehen über eine begrenzte Bandbreite übertragen zu können, sollten die SD-Übertragungen beendet sein, die eine Datenmenge hätten, welche genauso groß sei wie die Datenmenge der HD-Übertragungen, in einem Zeitbereich, während welchem die HD-Übertragungen gesendet würden (vgl. Streitpatent Absatz [0008]). In diesem Zeitbereich, in dem die SD-Sendekanäle faktisch durch HD-Sendekanäle ersetzt würden, werde auf korrespondierenden SD-Sendekanälen kein Signal mehr übertragen. Da demzufolge dem Fernsehzuschauer auf einem eingestellten SD-Sendekanal ein Bildschirm in einem Zustand ohne Signal präsentiert werden würde, werde folglich der Fernsehkanal automatisch auf einen anderen Kanal umgeschaltet (vgl. Streitpatent Absatz [0009]). Diese Umschaltung werde durch einen Verbindungsdeskriptor veranlasst, der in der PSI (program specific information: programmspezifische Information) eines Transport-Datenstroms enthalten sei und im Zusammenhang mit der Figur 1 näher beschrieben werde (vgl. Streitpatent Absätze [0010] bis [0013]).

Damit der Fernsehzuschauer durch den damit verbundenen abrupten Kanalwechsel nicht überrascht werde, hat es sich das Streitpatent zur Aufgabe gemacht, einen digitalen Fernseher und ein Verfahren zum automatischen Umschalten eines Kanals bereitzustellen, welche einem Fernsehzuschauer eine vorhergehende Ankündigung einer bevorstehenden automatischen Kanalumschaltung geben, wobei sie die Information des Verbindungsdeskriptors bezüglich der HD-Übertragung verwenden, und welche dabei ebenso verhindern, dass der Fernsehzuschauer verwirrt ist, indem sie den Zuschauer auf den umgeschalteten Kanal hinweisen (vgl. Streitpatent Absatz [0016]).

Das die vorstehende Aufgabe lösende Verfahren zum automatischen Umschalten eines Kanals eines digitalen Fernsehers nach dem angegriffenen Patentanspruch 9 in der verteidigten Fassung gemäß Hauptantrag lautet:

„9. Verfahren zum automatischen Umschalten eines Kanals eines digitalen Fernsehers, welches folgende Schritte beinhaltet: Empfangen eines Übertragungssignals eines ersten Kanals, wobei das empfangene Übertragungssignal zusätzliche Informationen aufweist; Feststellen, ob die zusätzliche Information einen Verbindungsdeskriptor aufweist, welcher eine Ankündigung einer anhängigen automatischen Kanalumschaltung auf einen bestimmten Kanal aufgrund eines Endes des Übertragungssignals des ersten Kanals liefert, Anzeigen einer Ankündigungsmitteilung bezüglich einer Kanalumschaltung vor der anhängigen automatischen Kanalumschaltung zur Information eines Fernsehzuschauers über die anhängige automatische Kanalumschaltung in Übereinstimmung mit dem Verbindungsdeskriptor; Feststellen, ob das Übertragungssignal des ersten Kanals geendet hat; und Umschalten des ersten Kanals auf einen zweiten Kanal, wenn das Übertragungssignal des ersten Kanals endet.“

Wegen der geltenden Patentansprüche 1 bis 8 und 10 bis 19 wird auf die erteilte Anspruchsfassung verwiesen.

Die hilfsweise verteidigte Fassung des Patentanspruchs 9 lautet:

„9. Verfahren zum automatischen Umschalten eines Kanals eines digitalen Fernsehers, welches folgende Schritte beinhaltet: Empfangen eines Übertragungssignals eines ersten Kanals, wobei das empfangene Übertragungssignal zusätzliche Informationen aufweist Feststellen, ob die zusätzliche Information einen Verbindungsdeskriptor aufweist, welcher eine Ankündigung einer bevorstehenden automatischen Kanalumschaltung auf einen bestimmten Kanal aufgrund eines Endes des Übertragungssignals des ersten Kanals liefert, Anzeigen einer Ankündigungsmitteilung bezüglich einer Kanalumschaltung vor der bevorstehenden automatischen Kanalumschaltung zur Information eines Fernsehzuschauers über die bevorstehende automatische Kanalumschaltung in Übereinstimmung mit dem Verbindungsdeskriptor, wobei die Ankündigungsmitteilung bezüglich einer Kanalumschaltung eine Programminformation eines zweiten Kanals aufweist, welcher durch den Verbindungsdeskriptor bezeichnet wird, wobei eine verbleibende Zeit des ersten Kanals durch das Bilden einer Differenz einer aktuellen Zeit und einer Endzeit des ersten Kanals, welche aus der zusätzlichen Information erhalten wird, bestimmt wird, Feststellen, ob das Übertragungssignal des ersten Kanals geendet hat; und Umschalten des ersten Kanals auf einen zweiten Kanal, wenn das Übertragungssignal des ersten Kanals endet.“

Wegen der geltenden Patentansprüche 1 bis 8 und 10 bis 19 wird auf die Anspruchsfassung vom 27. Dezember 2010, bei Gericht eingegangen am 29. Dezember 2010, verwiesen.

Von den im Einspruchsverfahren eingeführten Druckschriften wurden in der mündlichen Verhandlung die Standards D1/D10 und D9 diskutiert.

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat mit der Patentinhaberin auch die Möglichkeit eines Widerrufs des Streitpatents in der hilfsweise verteidigten Fassungen wegen unzulässiger Erweiterung gem. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG erörtert.

II.

1. Die frist- und formgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig, führt aber nicht zum Erfolg.

Da für eine Beschwerde gegen den Beschluss der Patentabteilung 31 das Verkündungsdatum 9. Juni 2010 am Ende der Anhörung und nicht das Datum der schriftlichen Begründung maßgebend ist, legt der Senat den Antrag der Patentinhaberin dahingehend aus, den Beschluss der Patentabteilung 31 vom 9. Juni 2010 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten.

Weder in der geltenden Fassung der Patentansprüche 1 bis 19 gemäß Hauptantrag noch in der hilfsweise verteidigten Fassung der Patentansprüche 1 bis 19 vom 27. Dezember 2010, bei Gericht eingegangen am 29. Dezember 2010, kann das Streitpatent aufrechterhalten werden, weil der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 9 nach Hauptantrag auf keiner erfinderischen Tätigkeit beruht und der Patentanspruch 9 nach Hilfsantrag i. S. v. § 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG sowohl über den Inhalt der erteilten Fassung als auch über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie bei dem für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereicht worden ist.

2. Zum Hauptantrag Der Patentanspruch 9 in der erteilten Fassung lässt sich wie folgt gliedern:

„9. Verfahren zum automatischen Umschalten eines Kanals eines digitalen Fernsehers, welches folgende Schritte beinhaltet:

9.1 Empfangen eines Übertragungssignals eines ersten Kanals, wobei das empfangene Übertragungssignal zusätzliche Informationen aufweist;

9.2 Feststellen, ob die zusätzliche Information einen Verbindungsdeskriptor aufweist, welcher eine Ankündigung einer anhängigen automatischen Kanalumschaltung auf einen bestimmten Kanal aufgrund eines Endes des Übertragungssignals des ersten Kanals liefert,

9.3 Anzeigen einer Ankündigungsmitteilung bezüglich einer Kanalumschaltung vor der anhängigen automatischen Kanalumschaltung zur Information eines Fernsehzuschauers über die anhängige automatische Kanalumschaltung in Übereinstimmung mit dem Verbindungsdeskriptor;

9.4 Feststellen, ob das Übertragungssignal des ersten Kanals geendet hat; und

9.5 Umschalten des ersten Kanals auf einen zweiten Kanal, wenn das Übertragungssignal des ersten Kanals endet.“

2.1 Als zuständigen Fachmann für die Beurteilung der Lehre des verteidigten Patents sieht der Senat einen Elektroingenieur mit Fachhochschulausbildung mit Ausrichtung auf das Fachgebiet der Fernsehtechnik an, der mit der Entwicklung von komfortorientierten Verfahren und Schaltungen für die Steuerung eines Fernsehgeräts befasst ist.

2.2 Der so definierte Fachmann wird dem im Patentanspruch 9 wiedergegebenen Verfahren zum automatischen Umschalten eines Kanals eines digitalen Fernsehers im Kontext mit der Beschreibung folgendes Verständnis zugrunde legen:

Die in der Anspruchsfassung enthaltenen Begriffe erster Kanal und zweiter Kanal werden in der zum Patentgegenstand dazugehörigen Beschreibung in der Patentschrift explizit nicht verwendet. Soweit in der Beschreibung eine funktionale Unterscheidung von Kanälen im Zusammenhang mit einer Kanalumschaltung vorgenommen ist, wird dort als Ausgangspunkt für eine Kanalumschaltung von einem Kanal, der vom Zuschauer (momentan) angeschaut wird bzw. ausgewählt wurde (Absätze [0012], [0023], [0024], [0051]) oder dem sogenannten aktuellen Kanal (Absätze [0051], [0052], [0055], [0062], [0065], [0073], [0076], ausgegangen. Unter dem ersten Kanal ist im Lichte der Beschreibung mithin ein Kanal zu subsumieren, den der Zuschauer momentan betrachtet.

Mit dem Begriff zweiter Kanal wird in Übereinstimmung der Beschreibung der Kanal verstanden, in den umgeschaltet wird.

Diese Kanalumschaltung wird dadurch initialisiert, dass eine Steuerungseinheit eines Fernsehers einen Verbindungsdeskriptor der PSI-Information eines TransportDatenstroms analysiert und in Reaktion darauf den Kanal auf ein Sendeprogramm umschaltet, welches durch den Verbindungsdeskriptor bestimmt wird (Absätze [0013], [0023], [0024], [0030]).

Unter diesem Gesichtspunkt ist auch das Merkmal 9.2 zu verstehen, wobei aber die weitere Angabe, dass der Verbindungsdeskriptor eine Ankündigung einer anhängigen automatischen Kanalumschaltung auf einen bestimmten Kanal aufgrund eines Endes des Übertragungssignals des ersten Kanals liefert, für die Kanalumschaltung nicht ursächlich sein kann. Diese soll den Ausführungen der Patentinhaberin folgend wohl aber dafür verwendet werden, dem Zuschauer eine Ankündigung einer anhängigen Kanalumschaltung auf dem Fernsehbildschirm anzuzeigen.

Das Merkmal 9.3 „Anzeigen einer Ankündigungsmitteilung bezüglich einer Kanalumschaltung vor der anhängigen automatischen Kanalumschaltung zur Information eines Fernsehzuschauers über die anhängige automatische Kanalumschaltung in Übereinstimmung mit dem Verbindungsdeskriptor;“ trägt zur Lösung des technischen Problems einer Kanalumschaltung nichts bei und dient lediglich der Information des Zuschauers. Eine technische Maßnahme, z. B. wie aus dem Verbindungsdeskriptor die entsprechende Anzeige gewonnen wird, ist aus dem Merkmal nicht ableitbar. Das Merkmal 9.3 ist daher bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2010 - X ZR 47/07, Wiedergabe topografischer Information, Rdn. 34).

Die weiteren Merkmale 9.4 und 9.5 legen als Umschaltzeitpunkt das Ende des aktuell betrachteten Kanals fest.

2.3 Der so verstandene Gegenstand beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, er ergibt sich vielmehr in nahe liegender Weise aus dem Standard ETSI EN 300 468 vi.4.i (2000-11), Digital Video Broadcasting (DVB); Specification for Service Information (Sl) in DVB systems,

der seitens der Einsprechenden sowohl ausschnittsweise als Druckschrift D1 als auch vollständig als Druckschrift D10 vorgelegt worden ist.

Der Standard betrifft die Festlegung von Service Informationen, die als Teil eines Bitstromes eines digitalen Fernsehsignals übertragen werden, um den Nutzer bei der Auswahl von im Bitstrom enthaltenen Diensten und/oder Ereignissen zu unterstützen, so dass sich ein Empfänger-Decoder automatisch selbst für einen ausgewählten Dienst konfigurieren kann (vgl. D1/D10, S. 6, SCOPE, 1. Absatz). Insbesondere werden zusätzliche Daten spezifiziert, welche die programmspezifische Information PSI (program specific information) ergänzen, um das automatische Abstimmen eines integrierten Empfänger-Decoders (Integrated Receiver Decoder (IRD)) zu unterstützen und zusätzlich dem Nutzer Information anzuzeigen (vgl. D1/D10, S. 6, SCOPE, 2. Absatz).

Wie im Kapitel „6.2.16 Linkage Descriptor“ der Druckschrift D1/D10 ausgeführt, kann die Service Information auch sog. Verbindungs-Deskriptoren enthalten, mit denen der Integrierte Empfänger-Decoder respektive der Fernseher bei Feststellung, dass die gegenwärtige Dienstleistung nicht mehr länger unter seiner Service ID verfügbar ist, einen Ersatzdienst auswählen kann (vgl. Absätze 3 und 4 ebenda) (Merkmale 9.1 und 9.2teilw.).

Wie im Weiteren ausgeführt, kann insbesondere mit dem „hand-over_type“ festgestellt werden, ob der „linkage_descriptor“ zum selben Dienst in einem anderen Land, einer lokalen Variante oder einem assoziierten Dienst führt (vgl. letzter Absatz ebenda). Bezüglich der Semantik des Verbindungsdescriptors („linkage descriptor“) ist auf Seite 45 im Abschnitt „service_id“ ausgeführt, dass die „service_id“ dieselbe ist, wie die Programmnummer in der korrespondierenden „program_map_section“. Damit wird nach der Druckschrift D1/D10 auch gelehrt, einen Integrierten Empfänger-Decoder respektive einen Fernseher in die Lage zu versetzen, bei Bedarf einen automatischen Programmwechsel vorzunehmen (Merkmale 9.4 und 9.5).

Da das Merkmal 9.3 aus den unter 2.1 aufgezeigten Gründen bei der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit nicht berücksichtigt werden kann, ist dem Standard folglich ein Verfahren zum automatischen Umschalten eines Kanals eines digitalen Fernsehers entnehmbar (Merkmal 9.), das bis auf das Vorhandensein einer Ankündigung einer anhängigen automatischen Kanalumschaltung in einem Verbindungsdeskriptor (Merkmal 9.2Rest) alle Merkmale des Patentanspruchs 9 aufweist.

Ausgehend von dem im Standard gelehrten Kanalumschaltverfahren und dem grundlegenden Bedürfnis des Zuschauers, möglichst rechtzeitig über Änderungen im Programmablauf informiert zu werden, wodurch sich zwanglos auch der Wunsch nach einem Hinweis einer anhängigen Kanalumschaltung ergibt, ist der Fachmann veranlasst, den auf der Hand liegenden Wunsch des Zuschauers nach einer benutzerführenden Information bei der Anwendung seiner von ihm entwickelten Systeme schon von sich aus in Betracht zu ziehen. Die Beachtung dieses Benutzerwunsches gehört folglich zum normalen Handeln des Fachmanns, ein ausdrücklicher Nachweis dafür ist im Stand der Technik nicht erforderlich (GRUR 2002, - Selbstbedienungs-Chipkartenausgabe, 418 (Leitsatz und Gründe)). Der Fachmann wird daher in planvoller Vorgehensweise als nächstliegende Maßnahme den Datensatz des für die Kanalumschaltung maßgeblichen Verbindungsdeskriptors mit einer entsprechenden Ankündigungsinformation versehen und diese vor der anhängigen Kanalumschaltung dem Zuschauer zur Anzeige bringen, wodurch selbstredend auch das Merkmal 9.3 realisiert wäre.

Das Verfahren nach dem angegriffenen Patentanspruch 9 ist, ausgehend vom Standard der Druckschrift D1/D10 dem Fachmann zur Überzeugung des Senats somit nahe gelegt.

3. Zum Hilfsantrag Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin verteidigt ihr Patent hilfsweise mit den neu vorgelegten Patentansprüchen 1 bis 19 vom 27. Dezember 2010, bei Gericht eingegangen am 29. Dezember 2010. Damit ist nach pflichtgemäßem Ermessen die vorgelegte Anspruchsfassung, vordergründig der explizit angegriffene Patentanspruch 9 gemäß Hilfsantrag auf alle Widerrufsgründe nach PatG § 21 Abs. 1 zu überprüfen.

Der Patentanspruch 9 in der hilfsweise verteidigten Fassung lässt sich wie folgt gliedern (Änderungen gegenüber erteilter Fassung fett):

9.H Verfahren zum automatischen Umschalten eines Kanals eines digitalen Fernsehers, welches folgende Schritte beinhaltet:

9.1H Empfangen eines Übertragungssignals eines ersten Kanals, wobei das empfangene Übertragungssignal zusätzliche Informationen aufweist;

9.2H Feststellen, ob die zusätzliche Information einen Verbindungsdeskriptor aufweist, welcher eine Ankündigung einer bevorstehenden anhängigen automatischen Kanalumschaltung auf einen bestimmten Kanal aufgrund eines Endes des Übertragungssignals des ersten Kanals liefert,

9.3H Anzeigen einer Ankündigungsmitteilung bezüglich einer Kanalumschaltung vor der bevorstehenden anhängigen automatischen Kanalumschaltung zur Information eines Fernsehzuschauers über die bevorstehende anhängigen automatische Kanalumschaltung in Übereinstimmung mit dem Verbindungsdeskriptor,

9.4H wobei die Ankündigungsmitteilung bezüglich einer Kanalumschaltung eine Programminformation eines zweiten Kanals aufweist, welcher durch den Verbindungsdeskriptor bezeichnet wird,

9.5H wobei eine verbleibende Zeit des ersten Kanals durch das Bilden einer Differenz einer aktuellen Zeit und einer Endzeit des ersten Kanals, welche aus der zusätzlichen Information erhalten wird, bestimmt wird;

9.6H Feststellen, ob das Übertragungssignal des ersten Kanals geendet hat; und

9.7H Umschalten des ersten Kanals auf einen zweiten Kanal, wenn das Übertragungssignal des ersten Kanals endet.

Die Beschwerdeführerin und Patentinhaberin vertritt, gestützt auf die Ausführungen im Beschluss der Patentabteilung, verkündet am 9. Juni 2014, die Ansicht, dass die Ersetzung von „anhängige automatische Kanalumschaltung“ in „bevorstehende automatische Kanalumschaltung“ nur eine sprachliche Umformulierung sei, die keinen inhaltlichen Unterschied bedeute. Diese Auffassung kann der Senat nicht teilen, da mit anhängig und bevorstehend zwei Ereignisse in ihrer zeitlichen Abfolge nicht zwangsweise gleich positioniert werden. Während unter einer anhängigen Kanalumschaltung der Fachmann einen Umschaltvorgang versteht, der unmittelbar, also im nächsten Moment vollzogen wird, umfasst ein bevorstehender Umschaltvorgang auch in die Zukunft verlagerte Kanalumschaltungen. Der Fachmann dürfte dabei bspw. bevorstehende Änderungen von Satellitenkanälen vor Augen haben, die üblicherweise bereits Wochen vorher dem Nutzer mittels einer Anzeige anvisiert werden.

Die vorstehende Auslegung des Begriffs anhängend als unmittelbar bzw. im nächsten Moment eintretend wird auch durch das im Streitpatent formulierte Ziel gestützt, den Zuschauer mit einem abrupten Kanalwechsel nicht zu überraschen.

Mit der vorgenommenen Begriffsänderung wird folglich der Boden einer bloßen Klarstellung verlassen und der Schutzbereich in unzulässiger Weise erweitert.

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 9 gemäß Hilfsantrag erweist sich auch dadurch als unzulässig erweitert, als die im Patentanspruch enthaltenen Begriffe erster Kanal und zweiter Kanal weder in der ursprünglichen Anspruchsfassung noch in der ursprünglichen Beschreibung verwendet werden. Während in den ursprünglichen Unterlagen als Ausgangssignal für eine anhängige Kanalumschaltung von einem aktuellen Kanal, der vom Zuschauer (momentan) angeschaut wird bzw. ausgewählt wurde, ausgegangen wird, lässt die Formulierung erster Kanal auch einen Kanal zu, der nicht vom Zuschauer betrachtet wird.

Bei dieser Sachlage braucht auf weitere unzulässige Erweiterungen in den übrigen Ansprüchen nicht mehr eingegangen werden.

4. Nachdem sich die Gegenstände der Patentansprüche 9 gemäß Haupt- und Hilfsantrag als nicht patentfähig erweisen, fallen jeweils auch die übrigen Ansprüche des Hauptantrags und des Hilfsantrags (BGH, Beschluss vom 27. Februar 2008 - X ZB 10/07, GRUR-RR 2008, 456 - Installiereinrichtung, Tz. 22, mit weiteren Nachweisen).

5. Rechtsbehelfsbelehrung Gegen diesen Beschluss des Beschwerdesenats steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten die Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Absatz 2, § 100 Absatz 1, § 101 Absatz 1 des Patentgesetzes).

Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Aus- übung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist

(§ 100 Absatz 3 des Patentgesetzes).

Die Rechtsbeschwerde ist beim Bundesgerichtshof einzulegen (§ 100 Absatz 1 des Patentgesetzes). Sitz des Bundesgerichtshofes ist Karlsruhe (§ 123 GVG).

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof schriftlich einzulegen (§ 102 Absatz 1 des Patentgesetzes). Die Postanschrift lautet: Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe.

Sie kann auch als elektronisches Dokument eingereicht werden (§ 125a Absatz 2 des Patentgesetzes in Verbindung mit der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV) vom 24. August 2007 (BGBl. I S. 2130)). In diesem Fall muss die Einreichung durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes erfolgen (§ 2 Absatz 2 BGH/BPatGERVV).

Die Rechtsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass der Beschluss auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 101 Absatz 2 des Patentgesetzes). Die Rechtsbeschwerde ist zu begründen. Die Frist für die Begründung beträgt einen Monat; sie beginnt mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde und kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden (§ 102 Absatz 3 des Patentgesetzes). Die Begründung muss enthalten:

1. die Erklärung, inwieweit der Beschluss angefochten und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird;

2. die Bezeichnung der verletzten Rechtsnorm; 3. insoweit die Rechtsbeschwerde darauf gestützt wird, dass das Gesetz in Bezug auf das Verfahren verletzt sei, die Bezeichnung der Tatsachen, die den Mangel ergeben

(§ 102 Absatz 4 des Patentgesetzes).

Vor dem Bundesgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen (§ 102 Absatz 5 des Patentgesetzes).

Dr. Mayer Kopacek Gottstein Dr. Wollny Pü

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