Paragraphen in 19 W (pat) 128/09
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 128/09 Verkündet am 22. August 2012
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2006 036 092.3-32 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. August 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Hartung, des Richters Dr.-Ing. Kaminski, der Richterin Kirschneck und des Richters Dr.-Ing. Scholz beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 154 05.11 Gründe I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse H 02 M - hat die am 2. August 2006 eingereichte Anmeldung durch Beschluss vom 13. Mai 2009 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Gegenstand des Patentanspruchs gegenüber dem Stand der Technik nicht neu sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt den Antrag:
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 M des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Mai 2009 aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 6 vom 10. August 2007, Beschreibung, Seiten 1 bis 14, und 4 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 7, vom Anmeldetag.
Der geltende Anspruch 1 lautet (mit einer eingefügten Gliederung):
Sinusfilter (6) für einen wenigstens einen selbstgeführten Pulsstromrichter (2) aufweisenden Spannungszwischenkreis-Umrichter a) mit einer Drossel (14), einem Kondensator (16) und einem Widerstand (18) pro Phase,
b) die als verlustbehafteter LC-Tiefpass verschaltet sind,
dadurch gekennzeichnet, dass c) jede Ausgangsklemme (20, 22, 24) des Sinusfilters (6) mit einer bezüglich eines positiven und negativen Zwischenkreispotentials (+DC, -DC) des Spannungszwischenkreis-Umrichters in Sperrrichtung geschalteten Dioden (D1, D2; D3, D4; D5, D6) versehen ist,
d) deren Kathoden- und Anoden-Anschlüsse jeweils mit einem spannungsbegrenzenden Mittel verknüpft sind.
Der nebengeordnete Anspruch 2 lautet:
Sinusfilter (6) für einen wenigstens einen selbstgeführten Pulsstromrichter (2) aufweisenden Spannungszwischenkreis-Umrichter a) mit einer Drossel (14), einem Kondensator (16) und einem Widerstand (18) pro Phase,
b) die als verlustbehafteter LC-Tiefpass verschaltet sind,
e) wobei wenigstens ein Kondensator (16) mit einer Zustandserfassungseinrichtung (64) mit ausgangsseitigem Grenzwertmelder (32) versehen ist,
dadurch gekennzeichnet,
f) dass als Zustandserfassungseinrichtung (64) eine Einrichtung (82) zur Ermittlung eines Stromanteils mit Resonanzfrequenz (fres) mit nachgeschaltetem Grenzwertmelder (32) vorgesehen ist.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Anmeldung betrifft ein Sinusfilter für einen wenigstens einen selbstgeführten Pulsstromrichter aufweisenden Spannungszwischenkreis-Umrichter. Die Anmeldung beschreibt zunächst einige Filter für Umrichter und deren Neigung zu Resonanzschwingungen und daraus resultierenden Überspannungen.
Als Aufgabe wird angegeben, den Schutz eines Sinusfilters vor Überspannungen zu vereinfachen.
Diese Aufgabe werde mit den Merkmalen der Ansprüche 1 oder 2 gelöst.
2. Bei dieser Sachlage sieht der Senat einen Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik mit Erfahrung in der Entwicklung von Filtern für Umrichter als Fachmann. Solche Fachleute können nach Überzeugung des Senats sowohl bei den Herstellern von Stromrichtern und Stromrichterantrieben, als auch bei den Herstellern von Filterschaltungen beschäftigt sein.
3. Einzelne Merkmale des Anspruchs 1 bedürfen näherer Erläuterung:
Die Anmelderin legt sehr großen Wert auf den Unterschied zwischen Sinusfiltern und du/dt-Filtern. In beiden Fällen handelt es sich um LC-Tiefpässe, also um Schaltungen gleicher Topologie, die sich lediglich durch ihre Auslegung unterscheiden: du/dt-Filter haben eine Grenzfrequenz (von der Anmelderin in der Verhandlung als „Eckfrequenz“ bezeichnet) oberhalb der Schaltfrequenz (einige kHz) des Umrichters, Sinusfilter eine Grenzfrequenz zwischen der höchsten Grundfrequenz und der Schaltfrequenz. Obwohl der Senat auch Gesichtspunkte sieht, die für die Begründung im Zurückweisungsbeschluss sprechen, geht er zu Gunsten der Anmelderin davon aus, dass damit du/dt-Filter und Sinusfilter eindeutig unterscheidbar sind, und sich der Anspruch 1 mit der ausdrücklichen Benennung des Sinusfilters von du/dt-Filtern abgrenzt. Letztlich kommt es aber hinsichtlich der Patentfähigkeit darauf nicht an.
Der in Merkmal a) genannte Widerstand muss nach Absatz 0030 der Offenlegungsschrift mit Rücksicht auf die Verluste klein gehalten werden (wie auch die Anmelderin in der mündlichen Verhandlung betonte), und kann auch der Ohm’sche Widerstand der Drossel sein (Abs. 0030, Z. 9 bis 11).
In Merkmal a) „mit einer Drossel (14), einem Kondensator (16) und einem Widerstand (18)“ ist das Wort „ein“ wie bei Anspruchsfassungen allgemein üblich als unbestimmter Artikel zu lesen, der weitere Drosseln, Kondensatoren und Widerstände nicht ausschließt. Mit dem Bezug „pro Phase“ könnte man zwar auch ein Zahlwort vermuten. Dennoch geht der Senat davon aus, dass der Fachmann einen Ausschluss weiterer Elemente nur mit einer ausdrücklichen Formulierung wie „genau ein“ oder „ein einziger“ annehmen würde. Denn bei elektronischen Schaltungen ist es nahezu unmöglich, alle Schaltelemente, und nicht nur die wichtigsten in einen Anspruch aufzunehmen. „Pro Phase“ sagt demnach dem Fachmann, dass in jeder Phase (mindestens) eine Drossel, ein Kondensator und ein Widerstand vorgesehen ist.
Spannungsbegrenzende Mittel nach Merkmal d) können aktive (z. B. Spannungsquelle) oder passive (z. B. Widerstände, Varistoren, Dioden, Zenerdioden) Schaltelemente oder Schaltungen sein. Die spannungsbegrenzende Wirkung tritt anspruchsgemäß nur im Zusammenhang mit den Dioden nach Merkmal c) und der Zwischenkreisspannung auf: Ohne die Mittel nach Merkmal d) (zum Beispiel bei der Schaltung nach Figur 4 der von der Anmelderin genannten EP 0 682 402 A1) wird die Ausgangsspannung auf die Zwischenkreisspannung, mit diesen Mitteln auf einen etwas höheren Wert begrenzt (also die Begrenzungswirkung eigentlich herabgesetzt). Diese Mittel begrenzen aber auch den Strom in den Dioden, der andernfalls zum Problem werden könnte, und zwingen ihn in die Freilaufdioden des Umrichters (vgl. z. B DE 93 07 806 U1, S. 9, Abs. 2), so dass es sich nach dem Verständnis des Fachmanns eher um strombegrenzende Mittel handelt.
Dass die Kathoden- und Anoden-Anschlüsse der Dioden jeweils mit einem spannungsbegrenzenden Mittel verknüpft sind, kann der Fachmann angesichts der diesbezüglich eindeutigen Ausführungsbeispiele nur so lesen, dass die einen Dioden kathodenseitig und die anderen anodenseitig - aber nicht beidseitig – beschaltet sind. Der Anspruch 1 lässt offen, ob die spannungsbegrenzenden Mittel auf der Gleichspannungsseite oder der Wechselspannungsseite der Dioden angeordnet sind.
4. Der Entscheidung liegt der Stand der Technik nach der DE 93 07 806 U1 (Entgegenhaltung 2) zugrunde.
Diese Entgegenhaltung zeigt einen Umrichter, der über eine Leitungsbedämpfung 2 mit Drosseln 32, Kondensatoren 30 und Dioden 28 einen Motor 18 speist. Als Problem sind lange Motorzuleitungen genannt (S. 2, Z. 2 bis 18, S. 10, Z. 30 bis S. 11 Z. 1). Nach Überzeugung des Senats sieht der Fachmann – entgegen der Auffassung der Anmelderin – in dem LC-Netzwerk 30, 32 einen Filter. Die Anmelderin weist zwar zutreffend darauf hin, dass die Kondensatoren als Begrenzungskondensatoren (die Anmelderin sprach von Schutzbeschaltung) bezeichnet werden und vermutlich auch so wirken. Auch ist ihr Sternpunkt nicht, wie bei Filterschaltungen üblich, geerdet oder nicht angeschlossen, sondern mit den Spannungsschienen des Gleichspannungszwischenkreises verbunden. Der Fachmann sieht darin nach Überzeugung des Senats dennoch die unvermeidliche Wirkung als LC-Tiefpass, wobei er auch weiß, dass das vom üblichen abweichende Gleichspannungspotenzial an den Sternpunkten der Kondensatoren für die Wechselspannungs-Filterwirkung unerheblich ist.
Damit ist mit den Worten des Anspruchs 1 (Abweichungen fett) bekannt ein LC-Filter für einen wenigstens einen selbstgeführten Pulsstromrichter 24 (S. 7, Z. 11) aufweisenden SpannungszwischenkreisUmrichter a) mit einer Drossel 32, einem Kondensator 30 und einem Widerstand (dem ohm’schen Widerstand der Drossel 32) pro Phase,
b) die als verlustbehafteter LC-Tiefpass verschaltet sind,
dadurch gekennzeichnet, dass c) jede Ausgangsklemme 46, 48, 50 des LC-Filters mit einer bezüglich eines positiven und negativen Zwischenkreispotentials des Spannungszwischenkreis-Umrichters in Sperrrichtung geschalteten Dioden 28 versehen ist (S. 7, Z. 31-33),
d) deren Kathoden- und (im obigen Sinn) Anoden-Anschlüsse jeweils mit einem spannungsbegrenzenden Mittel (Begrenzungswiderstand 42, S. 8, Z. 5-10; Kondensatoren 64, S. 9, Z. 20 bis 34; Spannungsbegrenzung: S. 10, Z. 4 bis 6) verknüpft sind.
Ein Sinusfilter ist im Zusammenhang mit der dort beschriebenen Erfindung nicht explizit erwähnt.
5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 ist nicht erfinderisch (§ 4 PatG).
Auf Seite 3, Absatz 1 der DE 93 07 806 U1 wird ein Filter als LC-Tiefpass beschrieben, bei dem der Spannungsverlauf am Ausgang nicht mehr rechteckförmig ist, sondern nahezu ideal einer Sinuskurve folgt. Die Anmelderin weist zwar zu Recht darauf hin, dass dort der Stand der Technik beschrieben wird. Figur 1 zeigt aber ebenfalls den Stand der Technik, und diese Figur entspricht, was den LCTiefpass betrifft, genau den weiteren Figuren. Der Fachmann hat somit Anlass, den LC-Tiefpass in allen Ausführungsbeispielen wie auf Seite 3 beschrieben - und damit als Sinusfilter - zu dimensionieren. Darüber hinaus setzt der Senat auch als Fachwissen voraus, dass Sinusfilter bevorzugt bei langen Leitungen eingesetzt werden (S. 70, mittl. Sp., Z. 21 des von der Anmelderin eingereichten Aufsatzes von Thiel „Ausgangsfilter für Frequenzumrichter“ in Antriebstechnik 34 (1995) Nr. 3; nach den eingereichten Datenblättern von Schaffner maximal 80 m für dU/dt-Filter, für Sinusfilter unbegrenzt). Damit bietet sich ein Einsatz bzw. eine entsprechende Dimensionierung des bekannten LC-Tiefpasses angesichts der in DE 93 07 806 U1 vorgesehenen langen Leitungen (S. 10, Z. 35) ohne Weiteres an.
Dass der Fachmann nur fertige, handelsübliche Filter einsetzen und auf Weiterentwicklungen bestehender Filterschaltungen verzichten würde, wie von der Anmelderin vorgetragen, sieht der Senat als unrealistisch an. In diesem Fall gäbe es keine Weiterentwicklung von Filterschaltungen. Deshalb sieht der Fachmann nach Überzeugung des Senats auch die von der Anmelderin aufgezeigte Alternative - dU/dt-Filter mit Klemmschaltung oder Sinusfilter ohne Klemmschaltung - in dieser Ausschließlichkeit nicht. Dass nach Auffassung des Fachmanns mit dem Einsatz eines handelsüblichen Sinusfilters ohne Klemmschaltung alle Probleme gelöst seien, wie die Anmelderin meint, widerspricht der in der Beschreibungseinleitung der Anmeldung dargestellten tatsächlichen Problemlage, die der Fachmann nach Überzeugung des Senats kennt. Andernfalls kann sich der Fachmann davon auch durch wenige Versuche mit Sinusfiltern überzeugen.
Es bedarf somit keiner erfinderischen Leistung, um zum Sinusfilter nach Anspruch 1 zu kommen. Der Anspruch 1 ist damit nicht patentfähig.
6. Beantragt die Anmelderin, das Patent mit einem bestimmten Anspruchssatz oder bestimmten Anspruchssätzen zu erteilen, so ist dieser Antrag der Anmelderin maßgeblich. In einem solchen Fall rechtfertigt es grundsätzlich die Zurückweisung der Patentanmeldung, wenn sich auch nur der Gegenstand eines Patentanspruchs aus dem vom Patentinhaber beantragten Anspruchssatz als nicht patentfähig erweist (vgl. BGH GRUR 1997, 120, 122 - Elektrisches Speicherheizgerät).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass wie in jedem Verfahren zur Auslegung des Antrags das gesamte Vorbringen der Anmelderin zu berücksichtigen ist. Sofern sich aus der Fassung des Antrags oder dem zu seiner Begründung Vorgebrachten Zweifel an seinem prozessualen Begehren ergeben, hat das Patentgericht auf eine Klarstellung hinzuwirken. (vgl. BGH GRUR 2007, 862 -„Informationsübermittlungsverfahren II“, zum Einspruchsverfahren).
Die Anmelderin wurde darauf hingewiesen, dass über den Antrag nur insgesamt entschieden werden kann, und dass zur Weiterverfolgung der Anmeldung im Rahmen des nebengeordneten Anspruchs 2 oder der weiteren Ansprüche ein Hilfsantrag erforderlich wäre. Darauf verzichtete aber die Anmelderin ausdrücklich.
Dr. Hartung Dr. Kaminski Kirschneck Dr. Scholz Ko
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