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28 W (pat) 563/12

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 563/12

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Beschwerdesache …

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 057 009.4 hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 9. September 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Friehe sowie der Richterin Uhlmann und des Richters Dr. Himmelmann BPatG 152 08.05 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 31 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juli 2012 aufgehoben.

Gründe I.

Der Anmelder hat am 19. Oktober 2011 unter der Nr. 30 2011 057 009.4 das Zeichen MULTIZOO für die Waren Klasse 3: Klasse 5:

Klasse 31:

Tierkosmetika, Tiershampoo Futtermittelzusätze für medizinische Zwecke; veterinärmedizinische Erzeugnisse, veterinärmedizinische Diätika Futtermittel für Tiere soweit in Klasse 31 enthalten; Futtermittelzusätze für nicht medizinische Zwecke, Heimtierstreu zur Eintragung in das Register als Wortmarke angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 31 des Deutschen Patent- und Markenamts hat nach vorangegangener Beanstandung vom 18. Januar 2012 mit Beschluss vom 6. Juli 2012 die Markenanmeldung für die angemeldeten Waren zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Eintragung der Marke für die beanspruchten Waren stehe § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Das angemeldete Zeichen setze sich aus den allgemein geläufigen Begriffen „MULTI“ und „ZOO“ zusammen, wobei das Präfix „MULTI“ in Bildungen mit Substantiven, Adjektiven und Verben „viel, vielfach, mehrfach“ bedeute. Das Präfix „MULTI“ werde auf unterschiedlichsten Gebieten in zahlreichen Wortbildungen verwendet. Das Wort „ZOO“ werde hier als Kürzel für Zoohandlung verstanden. Neben seiner geläufigen Bedeutung im Sinne von „Tierpark“ werde dieses Wort als Sortimentsbezeichnung für Waren verwendet, die in einer Zoohandlung angeboten würden. Hierunter würden auch die vom Anmelder beanspruchten Waren fallen. Dieser Bedeutungsgehalt des Wortes „ZOO“ sei den angesprochenen Verkehrskreisen geläufig. So würden sich zahlreiche Einträge in den Gelben Seiten unter dem Stichwort „Zoo“, wie z. B. „… GmbH“, „…“, „… GmbH“, die alle auf Zoohandlungen im Sinne eines Fachgeschäftes für Tierbedarf verweisen würden, finden. Damit ergebe sich eine für jedermann verständliche Sinneinheit, die im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren auf eine Sachinformation, nämlich auf eine Zoohandlung mit einem vielfältigem Sortimentsangebot hinweise. Dieser Sinngehalt erschließe sich dem Verbraucher ohne analysierende Betrachtung. „MULTIZOO“ sei eine übliche Werbeanpreisung und weise keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit auf. Aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise enthalte das Kombinationszeichen „MULTIZOO“ keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern beschreibe die beanspruchten Waren.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 2. August 2012, mit der er sinngemäß beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 31 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 6. Juli 2012 aufzuheben.

Er trägt vor, bei dem angemeldeten Zeichen „MULTIZOO“ handele es sich nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache. Der angesprochene Verkehr verstehe „MULTIZOO“ als „viele zoologische Gärten“ oder „mehrfache zoologische Gärten“, was die beanspruchten Waren nicht unmittelbar beschreibe. Selbst wenn man in dem Wortbestandteil „Zoo“ ein Kürzel für Zoohandlung und ein entsprechendes Warensortiment erkennen würde, würde der Wortbestandteil „Zoo“ nur den Handel mit einer Vielzahl von Haus- oder exotischen Tieren betreffen. Das angemeldete Zeichen beschreibe die beanspruchten Waren nicht, weshalb dem Zeichen „MULTIZOO“ für diese Waren Unterscheidungskraft zukomme. Die angesprochenen Verkehrskreise würden die angemeldete Wortmarke nur dann mit den beanspruchten Waren gedanklich in Verbindung bringen, wenn sie von diesen Kreisen nicht zu erwartende, mehrfache gedankliche Schritte gehen und eine umfassende, analysierende Betrachtung anstellen würden, was für die Unterscheidungskraft des angemeldeten Zeichens hinsichtlich der beanspruchten Waren sprechen würde. Außerdem sei das Wort „MULTIZOO“ ein Kunstwort.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Anmelders hat in der Sache Erfolg. Der Eintragung des Wortzeichens „MULTIZOO“ als Marke für die beanspruchten Waren steht kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. z. B. EuGH GRUR 2012, 610 (Rn. 42) – Freixenet; GRUR 2008, 608, 611 (Rn. 66) - EUROHYPO; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Rn. 15) – for you; GRUR 2014, 565, 567 (Rn. 12) – smartbook; GRUR 2013, 731 (Rn. 11) - Kaleido; GRUR 2012, 1143 (Rn. 7) – Starsat, jeweils m. w. N.). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. etwa EuGH GRUR 2010, 1008, 1009 (Rn. 38) – Lego; GRUR 2008, 608, 611 (Rn. 66) - EUROHYPO; GRUR 2006, 233, 235, Rn. 45 - Standbeutel; BGH GRUR 2015, 173, 174 (Rn. 15) – for you; GRUR 2009, 949 (Rn. 10) – My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH GRUR 2015, 173, 174 (Rn. 15) - for you; GRUR 2014, 565, 567 (Rn. 12) - smartbook; GRUR 2012, 1143 (Rn. 7) - Starsat; GRUR 2012, 270 (Rn. 8) – Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers bzw. –abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412 (Rn. 24) – Matratzen Concord/Hukla).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken insbesondere dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 (Rn. 86) – Postkantoor; BGH GRUR 2014, 1204, 1205 (Rn. 12) – DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 270, 271 (Rn. 11) – Link economy; GRUR 2009, 952, 953 (Rn. 10) – DeutschlandCard).

Darüber hinaus kommt auch solchen Zeichen keine Unterscheidungskraft zu, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2014, 1204, 1205

(Rn. 12) - DüsseldorfCongress; GRUR 2012, 1143, 1144 (Rn. 9) – Starsat; GRUR 2009, 952, 953 (Rn. 10) – DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 (Rn. 19) - FUSSBALL WM 2006).

2. Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Hintergrunds steht – entgegen der von der Markenstelle vertretenen Auffassung – der Eintragung des Wortzeichens „MULTIZOO“ als Marke für die beanspruchten Waren das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht entgegen.

Die Markenstelle ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass die angemeldete Marke aus den Elementen „MULTI“ und „ZOO“ zusammengesetzt ist.

Das aus dem lateinischen stammende Präfix „MULTI“ bedeutet in Bildungen mit Substantiven, Adjektiven und Verben viel, vielfach, mehr, mehrfach (www.duden.de). Im Zusammenhang mit Adjektiven wird es beispielsweise in den Worten „multimedial“ und „multikulturell“ benutzt, bei Substantiven beispielsweise in den Worten „Multitalent“ oder „Multimillionär“.

Das aus dem altgriechischen stammende und dort mit der Bedeutung „Lebewesen, Tier“ belegte Wort „Zoo“ wird gemeinhin als Kurzform für zoologischer Garten benutzt und bezeichnet eine große, meist parkartige Anlage zur Haltung und öffentlichen Zurschaustellung verschiedener Tierarten. Es wird synonym verwendet für die Begriffe Tierpark und Tiergarten (www.wikipedia.de; www.duden.de; www.wortschatz.uni-leipzig.de). Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Bundesnaturschutzgesetz sind Zoos „dauerhafte Einrichtungen, in denen lebende Tiere wild lebender Arten zwecks Zurschaustellung während eines Zeitraumes von mindestens sieben Tagen im Jahr gehalten werden“. Doch wird das Wort „Zoo“ neben seiner geläufigen Bedeutung im Sinne von Tierpark auch als Sortimentsbezeichnung für die Waren verwendet, die in einer Zoohandlung, angeboten werden, siehe auch (BPatG, Beschluss vom 3. Juli 2002, 28 W (pat) 79/01 (Rn. 9), juris – zoopoint). Im Kontext der von dem angemeldeten Zeichen beanspruchten Waren werden die beteiligten Verkehrskreise, also alle Kreise, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen zeitigen kann, und damit hier neben dem Handel der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, den Wortbestandteil „Zoo“ als allgemeinen Hinweis auf Tiere verstehen.

Demnach dürften die Markenbestandteile „MULTI“ und „ZOO“ für sich gesehen im Blick auf die beanspruchten Waren wohl schutzunfähig sein. Dies allein reicht aber nicht aus, um der angemeldeten Bezeichnung „MULTIZOO“ die Schutzfähigkeit abzusprechen. Das Vorliegen des Schutzhindernisses bemisst sich nämlich nicht nur danach, ob etwaige Wortbestandteile für sich betrachtet unterscheidungskräftig sind; entscheidend ist vielmehr, ob dem durch die Verbindung der Bestandteile entstandenen Gesamtzeichen die Eignung zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung fehlt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rn. 99 - Postkantoor; GRUR 2004, 680, 681 (Rn. 40) – BIOMILD; Ströbele, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, Kommentar, 11. Aufl. 2014, § 8 Rn. 196). Ein beschreibender Sinngehalt eines Markenwortes kann im Einzelfall durch eine hinreichend phantasievolle Wortbildung soweit überlagert sein, dass der Marke in ihrer Gesamtheit die erforderliche Unterscheidungskraft nicht abzusprechen ist (vgl. z. B. BGH GRUR 1995, 408, 409 – PROTECH; BPatG GRUR 1997, 639, 640 – FERROBRAUSE; BPatG 24 W (pat) 124/06, juris – derma fit). Dies ist vorliegend zu bejahen.

Die Wortschöpfung wirkt in ihrer Zusammensetzung aus dem lateinischen Präfix „MULTI“ mit dem eingedeutschten Wort „ZOO“ ungewöhnlich und interpretationsbedürftig, da sie sich nicht in die übliche Wortbildung aus diesen Elementen einreiht. Durch die Voranstellung von „Multi-“ wird regelmäßig zum Ausdruck gebracht, dass von dem nachfolgenden Sachbegriff ein Vielfaches vorhanden ist. Multivitaminpräparate enthalten viele Vitamine, ein Multimillionär besitzt viele Millionen, ein Multitalent hat viele (unterschiedliche) Begabungen. Der angesprochene Verbraucher kann jedoch nicht ohne weiteres erkennen, was in der Wortverbindung „MULTIZOO“ vervielfältigt wird. Die nach der gewohnten Wortbildung naheliegende Bedeutung „viele Zoos“ enthält keine sinnvolle Sachaussage für die beanspruchten Waren. Zu der von der Markenstelle unterstellten Bedeutung „große Zoohandlung mit vielfältigem Sortiment“ gelangt der angesprochene Verkehr nur über mehrere analysierende Gedankenschritte, zumal das Zeichen nicht für Einzelhandelsdienstleistungen, sondern für einzelne Waren beansprucht wird. Gleiches gilt für die mögliche Bedeutung „für viele Tiere geeignet“. Auch diese erschließt sich nicht unmittelbar aus dem Anmeldezeichen. Eine solche analysierende Betrachtungsweise ist für die Prüfung der Unterscheidungskraft jedoch unzulässig. Die Eignung als betrieblicher Herkunftshinweis kann dem angemeldeten Zeichen deshalb nicht abgesprochen werden.

3. Da dem Zeichen in seiner Gesamtheit mangels einer im Vordergrund stehenden Sachaussage für die beanspruchten Waren das erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden kann, besteht an dem Begriff „MULTIZOO“ auch kein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

4. Daher war der angegriffene Beschluss aufzuheben.

Friehe Uhlmann Dr. Himmelmann Bb

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