18 W (pat) 91/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 91/14 Verkündet am 10. Juni 2015
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 11 2005 001 524.6 - 53 …
hat der 18. Senat (Techn. Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juni 2015 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie die Richter Kätker, Dipl.-Phys. Dr. Schwengelbeck und Dipl.-Ing. Altvater BPatG 154 05.11 beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Oktober 2010 aufgehoben und die Sache an das Patentamt zurückverwiesen.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
Gründe I.
Die vorliegende Patentanmeldung 11 2005 001 524.6-53 geht aus einer PCT-Anmeldung hervor (Veröffentlichungsnummer WO 2006/004711 A1), die am 24. Juni 2005 unter Inanspruchnahme einer US-amerikanischen Priorität vom 30. Juni 2004 eingereicht worden ist. Sie trägt in der deutschen Übersetzung die Bezeichnung
„Hochgeschwindigkeitsspeichermodule, die Pinkondensatoren benutzen“.
Die Patentanmeldung ist durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. Oktober 2010 zurückgewiesen worden, da der Gegenstand des Anspruchs 1 dem Fachmann – auch unter Hinzuziehung der übrigen Unterlagen – keine klare Lehre zum technischen Handeln gebe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.
Sie stellt den Antrag,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 16 gemäß Hauptantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Beschreibung Seiten 1 und 3 bis 9, eingegangen am 29. Dezember 2006, Seiten 2 und 2a, überreicht in der mündlichen Verhandlung,
Zeichnungen, Fig. 1 bis 5, eingegangen am 29. Dezember 2006,
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 lautet:
M1 „Vorrichtung, umfassend:
M2a mehrere Speichervorrichtungen (131-139; 231-239; 331-339), die an einen Speicherbus (175; 275; 375) gekoppelt sind, wobei jede dieser Speichervorrichtungen (131-139) über jeweils eine Übertragungssignalleitung an den Speicherbus (175) gekoppelt ist oder M2b mehrere Speichervorrichtungspaare (231-239; 331-339), wobei jede Speichervorrichtung (241-258; 341-358) des Paares mit jeweils einer Subübertragungssignalleitung an eine Übertragungssignalleitung (221-229; 321329) gekoppelt ist, über die jeweilige Übertragungssignalleitung (221-229; 321-329) an den Speicherbus (175; 275; 375) gekoppelt ist; und M3 wenigstens einen mit Masse verbundenen Kondensator (165; 265; 365), M3a der direkt an eine erste der Übertragungssignalleitungen oder M3b eine erste der Subübertragungssignalleitungen gekoppelt ist,
M3.1 wobei der mindestens eine Kondensator (165; 265; 365) parallel zu einer der Speichervorrichtungen (131-139; 231-239; 331-339) liegt.“
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene, nebengeordnete Patentanspruch 11 lautet:
„System, umfassend: ein Speicherpaket, umfassend: mehrere Speichervorrichtungen (131-139; 231-239; 331-339), die über jeweils eine Übertragungssignalleitungen an einen Speicherbus (175; 275; 375) gekoppelt sind, und wenigstens einen mit Masse verbundenen Kondensator, der direkt an eine erste Übertragungssignalleitung gekoppelt ist, wobei der erste Kondensator parallel zu einer Speichervorrichtung ist und im Bereich von etwa 1 pF bis etwa 40 pF liegt; einen Chipsatz, der an das Speicherpaket gekoppelt ist; und einen Prozessor, der über einen Systembus an den Chipsatz gekoppelt ist.“
Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene, nebengeordnete Patentanspruch 14 lautet:
„Verfahren, umfassend: Fertigen einer Leiterplatine (PCB), die mehrere Übertragungssignal-(TS)Leitungen enthält; Koppeln von jeweils einer Speichervorrichtungen (131-139) an jeweils eine der TS-Leitungen, oder Koppeln von jeweils eines Speichervorrichtungspaars (231-239; 331-339) mit jeweils einer Subübertragungssignal-(STS)Leitung an eine der TS-Leitungen, wobei die TS-Leitungen auch an einen Speicherbus (175; 275; 375) gekoppelt sind, und eine erste TS-Leitung oder eine erste STS-Leitung direkt an einem mit Masse verbundenen ersten Kondensator (165; 265; 365) im Bereich von etwa ein Picofarad (pF) bis etwa 40 pF liegt, der parallel zu einer ersten Speichervorrichtung der mehreren Speichervorrichtungen (131-139; 231-239; 331-339) verbunden ist.“
Wegen des Wortlauts der geltenden Unteransprüche 2 bis 10, 12, 13, 15 und 16 wird auf den Akteninhalt verwiesen.
Der Senat hat im Schriftsatz vom 18. Februar 2015 auf die Druckschriften D1 US 2003/0043683 A1 und D2 US 6 690 612 B2 als Stand der Technik hingewiesen.
Die Beschwerdeführerin führt aus, dass die geltenden Ansprüche zulässig, die Gegenstände der geltenden Ansprüche dem Patentschutz zugänglich und im Lichte des im Verfahren befindlichen Standes der Technik patentfähig seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 PatG.
1. Die Anmeldung betrifft Speichermodule bzw. eine Vorrichtung sowie ein System mit mehreren Speichervorrichtungen und ein Verfahren zum Fertigen von Speichermodulen (vgl. geltende Beschreibung, S. 1, Abs. [0001], S. 8, Abs. [0035] und die geltenden Ansprüche 1, 11 und 14). In der Beschreibungseinleitung der Anmeldung wird ausgeführt, dass Rechnersysteme aus Komponenten zusammengesetzt seien, die miteinander über Busse und ähnliche Kommunikationsleitungen kommunizierten. Der Prozessor eines solchen Rechnersystems sei in der Geschwindigkeit, mit der er Instruktionen verarbeiten könne, durch die Geschwindigkeit beschränkt, mit der er Daten und Instruktionen über den Systembus und den Speicherbus aus dem Systemspeicher abrufen könne. Busse seien typischerweise Kommunikationsleitungen, die auf einer Leiterplatine (PCB), wie z. B. der Hauptplatine eines Rechnersystems, ausgelegt seien. Komponenten (z. B. Speicher) in dem Rechnersystem wiesen Pins auf, die mit den Leitungen des Busses verbunden seien. Die Komponenten kommunizierten über den Bus, indem ein Signal über die Leitungen des Busses geleitet werde. Wenn eine Signalleitung nicht korrekt abgeschlossen sei, könne eine Reflexion des Signals auftreten, oder Rauschen könne die nachfolgende Signalisierung an der Leitung beeinflussen (vgl. geltende Beschreibung, S. 1-2, Abs. [0002]-[0004]).
In der Anmeldung ist als Aufgabe genannt, Störungen, insbesondere Reflexion und Rauschen auf der Signalleitung von Speichervorrichtungen zu verringern, um die Geschwindigkeit und Effizienz des Rechnersystems zu erhöhen (vgl. geltende Beschreibung, Seite 2, 2. Abs.).
Diese Aufgabe richtet sich an einen Fachmann, der eine abgeschlossene Hochschulausbildung der Elektrotechnik aufweist und Erfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Speichermodulen besitzt.
Die Aufgabe soll durch die Merkmale der Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1, des Systems gemäß Patentanspruch 11 und des Verfahrens gemäß Patentanspruch 14 gelöst werden.
Gemäß Anspruch 1 ist eine Vorrichtung vorgesehen, bei der mehrere Speichervorrichtungen jeweils direkt über eine Übertragungssignalleitung mit einem Speicherbus gekoppelt sind oder mehrere Speicherpaare, wobei jedes Speicherpaar über eine mit jedem Speicher verbundene Subübertragungssignalleitung mit jeweils einer Übertragungssignalleitung an den Speicherbus gekoppelt ist. Parallel zu einer der Speichervorrichtungen ist wenigstens ein mit Masse verbundener Kondensator direkt an eine erste Übertragungssignalleitung oder an eine erste Subübertragungssignalleitung gekoppelt. Nach Anspruch 11 ist ein System mit einem Speicherpaket vorgesehen, welches mehrere Speichereinrichtungen aufweist, die jeweils über eine Übertragungssignalleitung an einen Speicherbus gekoppelt sind, wobei ein mit Masse verbundener Kondensator, dessen Kapazität im Bereich von etwa 1 pF bis etwa 40 pF liegt, direkt an eine erste Übertragungssignalleitung gekoppelt ist und dabei schaltungstechnisch parallel zu der daran angeschlossenen Speichervorrichtung angeordnet ist. Dabei ist ein Chipsatz vorgesehen, der an das Speicherpaket gekoppelt ist, sowie ein Prozessor, der über einen Systembus an den Chipsatz gekoppelt ist. Mit Anspruch 14 wird ein Verfahren beansprucht, bei dem eine Leiterplatine gefertigt wird und bei der ein mit Masse verbundener Kondensator mit einer Kapazität von etwa 1 pF bis etwa 40 pF schaltungstechnisch parallel zu einer ersten von mehreren Speichervorrichtungen angeordnet ist, die jeweils an eine der Übertragungssignalleitungen oder als Speicherpaar jeweils mit einer Subübertragungssignalleitung an eine der Übertragungssignalleitungen gekoppelt sind, wobei die Übertragungssignalleitungen an einen Speicherbus gekoppelt sind.
2. Die geltenden Ansprüche 1 bis 16 sind zulässig.
Der geltende, auf eine Vorrichtung gerichtete Anspruch 1 basiert auf den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 2 in Verbindung mit den aus den Figuren 1 bis 3 ersichtlichen Verschaltungsalternativen für mindestens einen Kondensator an Übertragungs- oder Subübertragungssignalleitungen (Figuren 1 bis 3 gemäß Anmeldeunterlagen, Abs. [0010], [0015] und [0016]; Abs. [0021] und [0023]; Abs. [0026] bis [0030]). Der auf ein System gerichtete Anspruch 11 basiert auf dem ursprünglichen Anspruch 16 in Verbindung mit Figur 1 mit zugehöriger Beschreibung (Anmeldeunterlagen, Abs. [0010], [0015] und [0016]). Der auf ein Verfahren gerichtete Anspruch 14 basiert auf dem ursprünglichen Anspruch 19 sowie den vorstehend zu Anspruch 1 genannten Quellen. Die geltenden Ansprüche 2, 3 und 5 bis 8 sowie die Ansprüche 12 und 13 basieren auf den ursprünglichen Ansprüchen 3, 4 und 6 bis 9 sowie den ursprünglichen Ansprüchen 17 und 18 unter Anpassung der jeweiligen Rückbezüge. Die Ansprüche 4, 9 und 10 basieren auf den ursprünglichen Ansprüchen 5, 10 bzw. 13 sowie Figur 3 mit zugehöriger ursprünglicher Beschreibung. Die Ansprüche 15 und 16 basieren auf den ursprünglichen Ansprüchen 20 und 21 sowie Figur 3 mit zugehöriger ursprünglicher Beschreibung unter Anpassung der jeweiligen Rückbezüge.
3. Die jeweiligen Gegenstände der unabhängigen Ansprüche 1, 11 und 14 sind unter Berücksichtigung des im Verfahren befindlichen Standes der Technik neu und beruhen auf einer erfinderischen Tätigkeit.
a) Der Gegenstand der unabhängigen Ansprüche 1, 11 und 14 ist jeweils neu, da keine der bisher im Verfahren befindlichen Druckschriften D1 und D2 sämtliche Merkmale dieser unabhängigen Ansprüche aufweist.
Druckschrift D1 zeigt eine Vorrichtung mit mehreren Speichervorrichtungen („DRAM 16f1“, „DRAM 16f2“; vgl. Fig. 1 mit zugehöriger Beschreibung), die an einen Speicherbus („data bus 13“; vgl. Fig. 1) über jeweils eine Übertragungssignalleitung gekoppelt sind (Verbindung zwischen Speicherbus 13 und den Speichervorrichtungen 16f1 und 16f2; vgl. Fig. 1 / Merkmale M1, M2a). Zudem sind in Figur 1 Speichervorrichtungspaare gezeigt, deren einzelne Speichervorrichtungen mit jeweils einer Subübertragungssignalleitung an eine Übertragungssignalleitung und diese an den Speicherbus gekoppelt sind (DRAM 16f1 und 16r1, bzw. 16f2 und 16r2 / Merkmal M2b). Die Vorrichtung weist zudem wenigstens einen mit Masse verbundenen Kondensator auf („capacitor Cc“; vgl. Fig. 1 mit Beschreibung / Merkmal M3). Ein Hinweis auf eine Kopplung des Kondensators direkt an eine der Übertragungssignalleitungen bzw. an eine der Subübertragungssignalleitungen entsprechend den Merkmalen M3a, M3b und M3.1 ist Druckschrift D1 jedoch nicht zu entnehmen.
Auch Druckschrift D2 zeigt eine Vorrichtung mit mehreren Speichervorrichtungen („DRAM1“ bis „DRAMn“; vgl. Fig. 1 mit zugehöriger Beschreibung), die an einen Speicherbus („bus system 2“; vgl. Fig. 1) über jeweils eine Übertragungssignalleitung gekoppelt sind (jeweilige Verbindung zwischen Speicherbus 2 und den Speichervorrichtungen D1-Dn; vgl. Fig. 1 / Merkmale M1, M2a). Die Vorrichtung weist zudem jeweils wenigstens einen mit Masse verbundenen Kondensator auf („capacitor C“; vgl. Fig. 1 mit Beschreibung / Merkmal M3), welcher an Masse und parallel zu einer der Speichervorrichtungen liegt (vgl. Fig. 1 / Merkmal M3.1). Ein Hinweis auf eine Kopplung des Kondensators entsprechend den Merkmalen M3a bzw. M3b ist auch Druckschrift D2 nicht zu entnehmen.
Die Ausführungen zum Anspruch 1 gelten in gleicher Weise in Bezug auf den auf ein System gerichteten nebengeordneten Anspruch 11, in dem ebenfalls ein mit Masse verbundener Kondensator vorgesehen ist, der direkt an eine erste Übertragungssignalleitung gekoppelt ist, über welche eine Speichereinrichtung an einen Speicherbus gekoppelt ist.
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 11 unterscheiden sich daher jeweils vom im Verfahren befindlichen Stand der Technik im Wesentlichen darin, dass keine der Druckschriften lehrt, einen mit Masse verbundenen Konden- sator direkt an eine Übertragungssignalleitung bzw. an eine Subübertragungssignalleitung zu koppeln, über welche die Speichereinrichtung jeweils an einen Speicherbus gekoppelt ist.
Das Verfahren gemäß Anspruch 14 ist auf das Fertigen einer Leiterplatine für eine Vorrichtung mit mehreren Übertragungssignalleitungen entsprechend Anspruch 1 gerichtet. Den jeweils aus Druckschrift D1 bekannten Vorrichtungsmerkmalen entnimmt der Fachmann zwar die diesen implizit zugrunde liegenden Verfahrensschritte, die dort genannten Speichervorrichtungen jeweils an eine der Übertragungssignalleitungen (TS-Leitung) zu koppeln bzw. jeweils ein Speichervorrichtungspaar mit jeweils einer Subübertragungssignalleitung (STS-Leitung) an eine der Übertragungssignalleitungen (TS-Leitung) zu koppeln, wobei die Übertragungssignalleitungen auch an einen Speicherbus gekoppelt sind (vgl. vorstehende Ausführungen zu den Merkmalen M1, M2a und M2b zu Anspruch 1). Ebenso ist ein mit Masse verbundener Kondensator mit einer Kapazität im Bereich von etwa ein 1 pF bis etwa 40 pF vorgesehen (vgl. Fig. 1). Wie bereits zu Anspruch 1 ausgeführt, ist Druckschrift D1 jedoch kein Hinweis zu entnehmen, den mit Masse verbundenen Kondensator direkt mit einer ersten Übertragungssignalleitung (TS-Leitung) bzw. mit einer ersten Subübertragungssignalleitung (STS-Leitung) zu verbinden. Auch Druckschrift D2 ist – wie ebenfalls zu Anspruch 1 ausgeführt – ein solches Merkmal nicht zu entnehmen.
b) Die jeweiligen Gegenstände der unabhängigen Patentansprüche 1, 11 und 14 sind dem Fachmann auch aus dem bisher im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nahegelegt. Den Druckschriften D1 bzw. D2 ist jeweils kein Hinweis darauf zu entnehmen, zumindest einen mit Masse verbundenen Kondensator vorzusehen, der direkt an eine erste der Übertragungssignalleitungen oder an eine erste der Subübertragungssignalleitungen gekoppelt ist, über welche eine Speichereinrichtung mit dem Speicherbus gekoppelt ist.
Druckschrift D1 befasst sich mit einer Modellbeschreibung der vorherrschenden Widerstandsverhältnisse auf verschiedenen Signalleitungen eines Speichersystems (Daten- und Taktleitungen). In dem Ausführungsbeispiel für Datenbusse und Übertragungssignalleitungen (vgl. Fig. 1 mit Beschreibung) ist zur Verringerung von Reflexionen ein mit Masse verbundener Kondensator in einem bestimmten Abstandsverhältnis zwischen dem Controller und der Abzweigung einer ersten Übertragungssignalleitung am Speicherbus (Datenbus) vorgesehen. Eine dem entsprechende Platzierung des Kondensators ist auch in den weiteren Ausführungsbeispielen für andere Arten von Daten- und Taktbussen zu entnehmen (vgl. Fig. 3, 4, 6, 8 und 9 mit jeweiliger Beschreibung). Somit ergibt sich aus Druckschrift D1 kein Anhaltspunkt dafür, einen Kondensator abweichend von der durchgängig verwendeten Position des Kondensators am Daten- oder Taktbus direkt an einer der Übertragungssignalleitungen zwischen dem Speicherbus und der Speichervorrichtung vorzusehen (vgl. Merkmal M3a bzw. M3b und entsprechende Merkmale der unabhängigen Ansprüche 11 und 14).
Druckschrift D2 befasst sich mit der Entkopplung hochfrequenter Störungen in der Spannungsversorgung von Speichervorrichtungen, wobei der hierbei unter anderem vorgesehene Kondensator Bestandteil der jeweiligen Speichervorrichtung selbst ist (vgl. Fig. 1 mit Beschreibung). Mit den auf den Übertragungssignalleitungen vorherrschenden Signaleigenschaften befasst sich Druckschrift D2 nicht, so dass ihr auch kein Hinweis auf eine anspruchsgemäße Beschaltung zur Verringerung von Störungen auf den Übertragungssignalleitungen zu entnehmen ist (vgl. Merkmal M3a und entsprechende Merkmale der unabhängigen Ansprüche 11 und 14). Speichervorrichtungspaare und damit entsprechende Subübertragungssignalleitungen sind nicht Gegenstand der Druckschrift D2 (vgl. Merkmale M2b und M3.1b, sowie entsprechende Merkmale des Anspruchs 14).
Auch unter Einbeziehung seines Fachwissens ergibt sich für den Fachmann weder aus den einzelnen Druckschriften D1 und D2, noch aus ihrer Kombination eine Veranlassung, einen mit Masse verbundenen Kondensator direkt mit einer der Übertragungssignalleitungen oder mit einer Subübertragungssignalleitung gemäß den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche 1, 11 und 14 zu verbinden.
4. Der Senat hat nach § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG davon abgesehen, antragsgemäß in der Sache selbst zu entscheiden und das Patent zu erteilen, da bislang keine Sachentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts vorliegt. Eine solche fehlende Sachentscheidung ist dann gegeben, wenn die Entscheidung des DPMA auf Gründen beruht, die ein Eingehen auf die Frage der Patentfähigkeit der Erfindung entweder vollständig oder teilweise entbehrlich machten (vgl. Schulte, PatG, 9. Auflage, § 79, Rn. 20, 21) und liegt unter anderem vor, wenn die Anmeldung aus formalen Gründen zurückgewiesen wurde oder das Patentbegehren in zulässiger Weise so geändert wurde, dass es nunmehr an einer Sachentscheidung des DPMA fehlt (ebd., Rn. 22, Nr. 1 und 5).
Das vorliegende Patentbegehren genügt den formalen Anforderungen der §§ 34 und 38 PatG und erfüllt damit die Voraussetzungen für die Prüfung der Patentfähigkeit gemäß §§ 1 bis 5 PatG. Eine solche Prüfung ist bislang nicht erfolgt, so dass es an einer Sachentscheidung des DPMA fehlt.
Ein Zurückverweisungsgrund ergibt sich zudem aus dem Vorliegen neuer Tatsachen (§ 79 Abs. 3 Nr. 3 PatG), da das Patentbegehren auf Basis der Beschreibung zu Ausführungsbeispielen entsprechend den Figuren 1 bis 3 präzisiert wurde und ausweislich der Amtsakte im bisherigen Prüfungsverfahren weder zum Gegenstand des geltenden Patenbegehrens, noch allgemein zum Anmeldungsgegenstand eine Recherche des relevanten Standes der Technik erfolgt ist. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass insbesondere unter dem Gesichtspunkt der §§ 3 und 4 PatG ein einer Patenterteilung möglicherweise entgegenstehender Stand der Technik existiert. Zu deren Ermittlung sind in erster Linie die Prüfungsstellen des Patentamts berufen, welche hierzu über geeignete Recherchemittel und Fachkenntnisse verfügen (ebd., § 79, Rn. 16, 27). Die vom Senat aus Parallelverfahren der Anmeldung entnommenen Entgegenhaltungen können eine solche vollständige Recherche nicht ersetzen.
Da bislang eine Sachentscheidung des DPMA nicht erfolgt ist, ein auf Basis der Beschreibung neu formuliertes Patenbegehren vorliegt und eine sachgerechte Entscheidung nur aufgrund einer vollständigen Recherche des relevanten Standes der Technik ergehen kann, war die Sache – auch um der Anmelderin keine Tatsacheninstanz zu nehmen – zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 3 PatG).
Im Übrigen ist das Verfahren vor dem Patentamt mit wesentlichen Mängeln behaftet (s.u. Ziff. III.). Es kann dahinstehen, ob damit auch der Zurückverweisungsgrund des § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG erfüllt ist. Das Vorliegen von gleich zwei Zurückverweisungsgründen (s. o.), möglicherweise sogar aller drei Zurückverweisungsgründe zusammen, spricht jedenfalls für die Ausübung des nach § 79 Abs. 3 PatG gewährten Ermessens im Sinne einer Zurückverweisung.
III.
Die Beschwerdegebühr ist aus Gründen der Billigkeit zurückzuzahlen (§ 80 Abs. 3 PatG). Die Billigkeit ergibt sich aus der fehlerhaften Sachbehandlung durch das Patentamt, die auch für die Erhebung der Beschwerde ursächlich war.
a) Die Prüfungsstelle hätte die beantragte Anhörung nicht versagen dürfen, denn sie wäre sachdienlich gewesen.
Zwar stellt die Zurückweisung einer Anmeldung ohne vorherige Durchführung einer beantragten Anhörung nach Auffassung des Senats nach der zum Erlass des angefochtenen Beschlusses geltenden Rechtslage (§ 46 Abs. 1 Satz 2 PatG in der bis zum 31. März 2014 geltenden Fassung; im Folgenden: „§ 46 PatG a.F.“) nicht von vornherein einen (insbesondere schwerwiegenden) Verfahrensfehler dar. Die Anmelderin, ebenso wie verschiedene Beschwerdesenate des Bundespatentgerichts und Teile der Literatur gehen davon aus, dass in jedem Verfahren in der Regel eine einmalige Anhörung sachdienlich ist (vgl. Schulte, a. a. O., § 46, Rdn. 8 m. w. N.), jedenfalls dann, wenn trotz schriftlicher Darlegung der Auffassung des Anmelders noch Meinungsverschiedenheiten über entscheidungserhebliche Fragen fortbestehen und dieser eine Anhörung beantragt (vgl. BPatGE 15, 149; 18, 30; 49, 112), und leiten daraus ein „generelles Anhörungsrecht“ (vgl. BPatGE 15, 149, 152) aus § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG a.F. ab. Es kann vorliegend dahinstehen, ob damit das aus dem Grundsatz der Schriftlichkeit des Patenterteilungsverfahrens folgende RegelAusnahme-Verhältnis in Frage gestellt wird. Vorliegend besteht jedoch kein Anlass, auf diese inzwischen nicht mehr aktuelle Rechtsfrage näher einzugehen. Denn selbst bei zurückhaltender Auslegung des Erfordernisses der Sachdienlichkeit i. S. d. § 46 PatG a.F. liegt hier ein Fall vor, in dem eine Anhörung sachdienlich und geboten war.
Zunächst hat die Prüfungsstelle in keinem ihrer Prüfungsbescheide deutlich angegeben, welchen der Anforderungen der §§ 34 und 38 PatG die Anmeldung nicht genügt oder welche Patentierungsvoraussetzung nach ihrer Auffassung nicht vorliegt (vgl. § 45 PatG). Dies ließ sich auch aus ihrer widersprüchlichen Argumentation nicht eindeutig entnehmen. Einerseits hat sie mehrfach ausdrücklich zugestanden, dass die Vorrichtung gemäß Patentanspruch 1 ohne weiteres von einem Fachmann, sogar einer Hilfskraft hergestellt werden könne (vgl. Prüfungsbescheid v. 28.02.2008), was gegen eine Rüge der mangelnden Ausführbarkeit (§ 34 Abs. 4 PatG) spricht. Andererseits hat die Prüfungsstelle bemängelt, dass nicht nachvollziehbar sei, wie der anmeldungsgemäß platzierte Kondensator Signalreflexionen und insbesondere niederfrequentes Rauschen vermindern und damit die (inzwischen nachgereichte und von ihr offenbar akzeptierte) Aufgabe lösen könne. Eine Vorrichtung - „auch wenn diese ohne weiteres hergestellt werden kann“ - vermittele keine klare Lehre zum technischen Handeln, wenn nicht klar sei, welche Aufgabe sie erfülle bzw. welchem Zweck sie diene (vgl. Prüfungsbescheid v. 20.03.2009).
Insoweit wird nicht deutlich, ob die Prüfungsstelle nun doch einen Offenbarungsmangel i. S. d. § 34 Abs. 4 PatG gerügt, hierbei evtl. unzulässig (vgl. Schulte, a. a. O., § 34, Rdn. 325, 334) eine Erläuterung des Ursachenzusammenhangs zwischen Kondensatorplatzierung und Störsignal- bzw. Rauschminderung verlangt hat, oder ob sie etwa einen Mangel i. S. d. § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG gesehen hat.
Die Anmelderin musste daher mutmaßen, in welcher Hinsicht ein Mangel gerügt worden ist (vgl. insb. Eingabe der Anmelderin vom 09.07.2008, Ziff. II., 1. Abs.). Hierbei hat sie versucht, mit geänderten Patentansprüchen, aber auch argumentativ auf die Bedenken der Prüfungsstelle einzugehen (vgl. Eingabe vom 6.10.2009) und hat damit gezeigt, dass sie an der zielgerichteten Weiterführung des Verfahrens interessiert ist.
Die nach wie vor auf ihrer Auffassung beharrende Prüfungsstelle hätte nunmehr erkennen müssen, dass sie und die Anmelderin in einem zweimaligen schriftlichen Meinungsaustausch offensichtlich „aneinander vorbei“ argumentiert haben, was angesichts der o. g. Unklarheiten bei der Argumentationsführung der Prüfungsstelle nicht der Anmelderin angelastet werden kann. Unter diesen Umständen wäre es sachdienlich gewesen, dass Prüfungsstelle und Anmelderin im Rahmen einer Anhörung in mündlicher Rede und Gegenrede ihre Standpunkte erläutern, so dass die Anmelderin Klarheit über die rechtliche Art des gerügten Mangels und damit die Möglichkeit erhalten hätte, diesen gezielt zu beheben oder sich zumindest hierzu äußern zu können. Diese Möglichkeit ist der Anmelderin durch die Zurückweisung der Anmeldung unter Versagung der mithin sachdienlichen Anhörung genommen worden.
Dabei steht der Sachdienlichkeit der Anhörung nicht die von der Prüfungsstelle genannte Entscheidung 11 W (pat) 15/06 entgegen, denn diese Entscheidung basierte u. a. auf der vom 11. Senat geteilten Einschätzung des Prüfers, dass „der technische Sachverhalt und das Patentbegehren soweit wie möglich geklärt sei und eine Anhörung keine weitere zum Ziel der Patenterteilung führende Förderung des Verfahrens erwarten ließe“. Hier hingegen haben die o. g. Besonderheiten des Falls eine weitere Klärung bzw. Beseitigung von Missverständnissen gerade erforderlich gemacht, wofür die Anhörung ein geeignetes Mittel gewesen wäre (s. o.). Damit liegt ein Verstoß gegen § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG a.F. vor.
Der Verfahrensfehler ist auch kausal für die Einlegung der Beschwerde und damit für die Notwendigkeit der Zahlung der Beschwerdegebühr. Denn aus der Sicht eines verständigen Beschwerdeführers (vgl. Schulte, a. a. O., § 73, Rn. 139) ist nicht auszuschließen, dass die Entscheidung ohne den Verfahrensfehler anders ausgefallen wäre und das Erteilungsverfahren zumindest in die Phase der Prüfung der Patentfähigkeit des Anmeldegegenstands gelangt wäre. Damit liegt bereits in der Versagung der Anhörung ein Grund für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
b) Als weitere Billigkeitserwägung kommt vorliegend hinzu, dass die Prüfungsstelle zur Begründung der Versagung der Anhörung auch angegeben hat, dass „es in dieser Sache in einer Anhörung vor der Prüfungsstelle zu keinem anderen Ergebnis gekommen wäre …“. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um eine unzulässige Vorwegnahme des Ergebnisses der Anhörung handelt (vgl.
Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 46, Rdn. 19), lässt diese Äußerung unter den gegebenen Umständen auf eine Ablehnungshaltung gegen Anhörungen, wenn nicht gar auf Voreingenommenheit schließen, was wiederum unnötig zur Einlegung eines Rechtsmittels provoziert.
c) Hinzu kommt schließlich auch die unter erheblichen Mängeln leidende Begründung des angefochtenen Beschlusses. Darin werden im Wesentlichen die bereits im 2. Prüfungsbescheid vom 20. März 2009 vertretenen Positionen wiederholt, wobei wiederum keine Klarstellung erfolgt ist, welcher rechtliche Mangel i. S. d. § 48 PatG i. V. m. § 45 PatG nach Auffassung der Prüfungsstelle vorliegt (s. o. a)). Die Begründung ist daher in wesentlichen Punkten unverständlich und lässt insoweit die tragenden Erwägungen nicht in logischer Gedankenführung erkennen. Es kann dahingestellt bleiben, ob damit neben der fehlerhaften Versagung der Anhörung auch ein Begründungsmangel als weiterer Verfahrensfehler hinzu tritt. Jedenfalls muss die mangelhafte Beschlussbegründung im Rahmen der Billigkeitserwägungen zusätzlich für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr sprechen.
Nach alledem war die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG geboten.
IV.
Rechtsbehelfsbelehrung Gegen diesen Beschluss steht der am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Wickborn Kätker Dr. Schwengelbeck Altvater Hu