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18 W (pat) 151/14

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 151/14

_______________________

(Aktenzeichen)

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2012 001 282.9-53 …

hat der 18. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung am 27. Oktober 2016 durch die Vorsitzende Richterin Dipl.-Ing. Wickborn sowie den Richter Kruppa, die Richterin Dipl.-Phys. Dr. Otten-Dünnweber und den Richter Dr.-Ing. Flaschke BPatG 152 08.05 beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. 2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe I.

Die am 25. Januar 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Patentanmeldung 10 2012 001 282.9 mit der Bezeichnung

„Vorrichtung zum optischen Abbilden von Merkmalen einer Hand“

wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 K des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 3. Juli 2013 zurückgewiesen, weil der jeweilige Gegenstand gemäß Anspruch 1 und Anspruch 3 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 und 3 sowie der Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2 und 4 im Hinblick auf die im Prüfungsverfahren ermittelten Druckschriften D1: US 1325936 A und D2: KR 102005001586 A jeweils für sich betrachtet nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen würde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie stellt mit Schriftsatz vom 10. Juli 2013 sinngemäß den Antrag,

den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 K des Deutschen Patentund Markenamtes vom 3. Juli 2013 aufzuheben und auf die Anmeldung ein Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

 (ursprüngliche) Patentansprüche 1 bis 13 vom 25. Januar 2012, hilfsweise gemäß Hilfsantrag 1 Patentansprüche 1 bis 13, eingegangen am 23. Juli 2012, hilfsweise gemäß Hilfsantrag 2 Patentansprüche 1 bis 11, eingegangen am 23. Juli 2012, hilfsweise gemäß Hilfsantrag 3 Patentansprüche 1 bis 12, eingegangen am 19. Juni 2013, hilfsweise gemäß Hilfsantrag 4 Patentansprüche 1 bis 10, eingegangen am 19. Juni 2013,

 (ursprüngliche) Beschreibung Seiten 1 bis 13 vom 25. Januar 2012,

 (ursprüngliche) Figuren 1 bis 4 vom 25. Januar 2012.

Der seitens des Senats mit einer Gliederung versehene Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

M0 M1 M1.1 M2

„Vorrichtung (1) zum optischen Abbilden von Merkmalen einer Hand, wobei die Vorrichtung (1) ein transparentes Kontaktfenster (10) mit einer Kontaktfläche (11) zum Auflegen einer Hand oder eines Teils einer Hand in einem Kontaktbereich (12), einen Detektor (3) und M3 eine Abbildungsoptik zum Abbilden des Kontaktbereichs (12) auf den Detektor (3) umfasst, dadurch gekennzeichnet, dass M4… die Abbildungsoptik mittels zumindest eines Abbildungsoptik-Dehnungselementes mechanisch M4a mit dem transparenten Kontaktfenster (10) und/oder M4b mit dem Detektor (3) …M4 verbunden ist.“

Wegen des Wortlauts der geltenden nebengeordneten Ansprüche 3 und 13 sowie der abhängigen Ansprüche 2 und 4 bis 12 nach Hauptantrag wird auf die Akte verwiesen.

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und nach Hilfsantrag 3 unterscheiden sich von Anspruch 1 nach Hauptantrag darin, dass in der Merkmalsgruppe M4 das „und/oder“ durch ein „und“ ersetzt ist, so dass das Kennzeichen nunmehr lautet (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag hervorgehoben):

M4… „die Abbildungsoptik mittels zumindest eines Abbildungsoptik-Dehnungselementes mechanisch M4a1 mit dem transparenten Kontaktfenster (10) und/oder M4b1 mit dem Detektor (3) …M4 verbunden ist.“

Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 und nach Hilfsantrag 4 unterscheiden sich von Anspruch 1 nach Hauptantrag darin, dass im kennzeichnenden Teil die Merkmalsgruppe M5 ergänzt ist, so dass das Kennzeichen nunmehr lautet (Änderungen gegenüber dem Hauptantrag hervorgehoben):

M4… die Abbildungsoptik mittels zumindest eines Abbildungsoptik-Dehnungselementes mechanisch M4a mit dem transparenten Kontaktfenster (10) und/oder M4b mit dem Detektor (3) …M4 verbunden ist,

und dass M5… der Detektor (3) mittels zumindest eines Detektor-Dehnungselementes mechanisch mit dem M5a transparenten Kontaktfenster (10)

und/oder M5b mit der Abbildungsoptik (31) …M5 verbunden ist.“

Wegen des Wortlauts der geltenden nebengeordneten Ansprüche 3 und 13 sowie der abhängigen Ansprüche 2 und 4 bis 12 nach Hilfsantrag 1 wird auf die Akte verwiesen.

Wegen des Wortlauts des geltenden nebengeordneten Anspruchs 11 sowie der abhängigen Ansprüche 2 bis 10 nach Hilfsantrag 2 wird auf die Akte verwiesen.

Wegen des Wortlauts des geltenden nebengeordneten Anspruchs 3 sowie der geltenden abhängigen Ansprüche 2 und 4 bis 12 nach Hilfsantrag 3 sowie der abhängigen Ansprüche 2 bis 10 nach Hilfsantrag 4 wird auf die Akte verwiesen.

Mit Ladungszusatz zur mündlichen Verhandlung vom 31. August 2016 ist die Anmelderin unter anderem auf die Druckschriften D3: DE 10 2009 058 668 A1 und D7: US 5 557 474 A als weiteren, möglicherweise relevanten Stand der Technik aufmerksam gemacht worden und darauf hingewiesen worden, dass die jeweiligen Gegenstände des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 gegenüber Druckschrift D3 i. V. m. Druckschrift D7 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen dürften.

Mit Schreiben vom 3. Oktober 2016 hat die Anmelderin Entscheidung nach Aktenlage beantragt. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 hat sie den hilfsweise gestellten Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgenommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Denn die Gegenstände des jeweiligen Anspruchs 1 nach Hauptantrag sowie nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG). Die Fragen der Zulässigkeit der geltenden Ansprüche sowie der Neuheit der Anspruchsgegenstände können somit dahinstehen (vgl. BGH, Urteil vom 18. September 1990 – X ZR 29/89, GRUR 1991, 120, Abschnitt II. 1. - Elastische Bandage).

1. Die Patentanmeldung betrifft eine Vorrichtung zum optischen Abbilden von Merkmalen einer Hand, wobei die Vorrichtung ein Kontaktfenster mit einer Kontaktfläche zum Auflegen einer Hand oder eines Teils einer Hand in einem Kontaktbereich und einen Detektor zum Erfassen von Licht aus dem Kontaktbereich aufweist (vgl. Beschreibung, S. 1, erster Abs.).

Gemäß der Beschreibungseinleitung seien aus dem Stand der Technik Fingerabdrucksensoren und weitere Vorrichtungen zum optischen Abbilden von Merkmalen einer Hand bekannt; Druckschrift D3 offenbare eine Vorrichtung mit einem transparenten Kontaktfenster, einer Beleuchtungseinrichtung und einem Detektor zum Erfassen von Licht aus dem Kontaktbereich (vgl. Beschreibung, S. 1, zw. Abs. - S. 2, zw. Abs.).

Der Patentanmeldung liegt gemäß Beschreibung die Aufgabe zugrunde, eine verbesserte Vorrichtung zum optischen Abbilden von Merkmalen einer Hand anzugeben. Dabei sei es insbesondere Aufgabe der Erfindung, eine solche Vorrichtung kostengünstig herzustellen. Insbesondere solle ein mit einem Pad versehbarer Hand- bzw. Fingerabdruckscanner hergestellt werden können. Hergestellt werden solle ein gegen Umwelteinflüsse und gegen Feuchtigkeit robuster Handbzw. Fingerabdruckscanner (vgl. Beschreibung, S. 2, dr. Abs.).

Die Aufgabe soll unter anderem durch eine Vorrichtung gemäß den Ansprüchen 1 oder 3 nach Hauptantrag sowie durch ein Verfahren gemäß Anspruch 13 nach Hauptantrag gelöst werden (vgl. Beschreibung, S. 2, le. Abs. - S. 3, zw. Abs. u. S. 9, Brückenabsatz zu S. 10).

Als Fachmann sieht der Senat einen Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik oder einen Physiker an, der Berufserfahrung in der Entwicklung von optischen Messgeräten zum Erfassen von Körpermerkmalen aufweist.

2. Einige der im jeweiligen Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 aufgeführten Merkmale bedürfen der Auslegung.

Unter dem in Merkmal M1.1 aufgeführten Kontaktbereich ist der Teil der Kontaktfläche des Kontaktfensters zu verstehen, welcher mit einer aufgelegten Hand oder einem aufgelegten Teil einer Hand in Kontakt steht und welcher kleiner oder auch genauso groß wie die Kontaktfläche sein kann (vgl. Beschreibung, S. 4, zw. Abs.). Ein Detektor im Sinne der Anmeldung ist gemäß den Merkmalen M2 und M3 ein optischer Detektor, also eine Einrichtung, die Licht aufnimmt und dieses in ein entsprechendes elektrisches Signal umwandelt, beispielsweise ein Bildaufnehmer (vgl. Beschreibung, S. 4, dr. Abs.). Unter der in den Merkmalen M3 und M4 genannten Abbildungsoptik ist eine Linse, eine Anordnung von Linsen oder ein Objektiv zu verstehen (vgl. Beschreibung, S. 4, Brückenabsatz zu S. 5). Als ein Dehnungselement wird ein Element bezeichnet, dessen Länge temperaturabhängig ist, was sowohl das Abbildungsoptik-Dehnungselement gemäß Merkmal M4 wie das Detektor-Dehnungselement gemäß Merkmal M5 betrifft (vgl. Beschreibung, S. 5, zw. Abs.). Das Abbildungsoptik-Dehnungselement und das Detektor-Dehnungselement sind dazu vorgesehen, die Abbildungsoptik bzw. den Detektor in Abhängigkeit von der Temperatur entlang der optischen Achse der Abbildungsoptik zu verschieben (vgl. Beschreibung, S. 7, erster u. zw. Abs.). Nicht festgelegt ist im jeweiligen Anspruch 1, ob sich durch das Dehnungselement der Abstand zwischen dem Dehnungselement und dem damit mechanisch verbundenen Bauteil mit sinkender Temperatur verkleinert oder vergrößert (vgl. Beschreibung, S. 7, dr. Abs.).

Gemäß Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 3 ist die Abbildungsoptik mechanisch mit dem Kontaktfenster und mit dem Detektor verbunden, was mittels zumindest eines Dehnungselements erfolgen soll. Unter diesen Anspruchswortlaut fällt auch eine Ausgestaltung, bei der mittels eines Dehnungselements die Abbildungsoptik mit dem Kontaktfenster mechanisch verbunden ist und mittels eines weiteren Dehnungselements die Abbildungsoptik mit dem Detektor in mechanischer Verbindung steht, bei der also zwei Abbildungsoptik-Dehnungselemente vorgesehen sind (Merkmale M4a1 und M4b1).

3. Die Vorrichtung des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag beruht für den Fachmann in Kenntnis der Druckschriften D3 und D7 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Druckschrift D3 offenbart eine Vorrichtung (Fingerscanner 1, Fingerabdruckscanner 200) zum optischen Abbilden von Merkmalen einer Hand, die ein transparentes Kontaktfenster 10, 610 mit einer Kontaktfläche 11 umfasst, das zum Auflegen einer Hand oder eines Teils einer Hand in einem Kontaktbereich 12 dient (vgl. Anspruch 1, Fig. 1 u. 10, Abs. [0010] u. [0032] / Merkmale M0, M1, M1.1). Die Vorrichtung weist einen Detektor 3 sowie eine Abbildungsoptik (Objektiv 31) auf, welche den Kontaktbereich auf den Detektor abbildet (vgl. Abs. [0033] u. [0040] / Merkmale M2 und M3). Die Druckschrift offenbart somit eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1, macht jedoch keine Angaben zu Dehnungselementen oder zur Temperaturabhängigkeit der eingesetzten Materialien.

Druckschrift D7 befasst sich mit unerwünschten lagebezogenen Verschiebungen zwischen zwei optischen Objekten, wie Linsen, welche durch Temperaturänderungen entstehen (vgl. Abstract). Zur Kompensation offenbart die Druckschrift in den Figuren 1, 2, 4 und 5, dass die verschiedenen Linsen durch abstandhaltende Elemente (spacers 11, 13, 15; spacers 12, 14) gehalten werden, welche verschiedene Temperaturkoeffizienten aufweisen (vgl. Sp. 3, Z. 29 – Sp. 4, Z. 13). Diese abstandhaltenden Elemente stellen somit Abbildungsoptik-Dehnungselemente dar, welche zur mechanischen Befestigung einer Abbildungsoptik (lens group 41) dienen (vgl. auch Sp. 5, Z. 36 – 43 / Merkmal M4). Druckschrift D7 sieht vor, die Abbildungsoptik mechanisch mit dem äußeren Gehäuse (lens group mount 47) zu verbinden, und somit auch mit allen mit diesem Gehäuse verbundenen Bauteilen (vgl. Fig. 1, 2 u. 4). Diese passive Kompensation von temperaturbedingten Effekten wird als allgemein geeignet für Gehäuse optischer Systeme beschrieben (vgl. Sp. 6, Z. 52 - 61).

Wenn der Fachmann den aus Druckschrift D3 bekannten Fingerscanner realisiert, so stellt er beim Betrieb bei veränderten Temperaturen fest, dass Verzerrungen oder Verfälschungen der ermittelten Bilder einer Hand oder eines Teils einer Hand auftreten können. Dies ist für den Fachmann Veranlassung, im Stand der Technik nach Möglichkeiten zu suchen, auch bei wechselnden Temperaturen mit der optischen Vorrichtung zuverlässige Bilder von den Merkmalen einer Hand aufnehmen zu können. Dabei stößt der Fachmann beispielsweise auf Druckschrift D7, welche die Erhöhung der Temperaturstabilität in optischen Systemen betrifft. Druckschrift D7 beschreibt, dass die Verwendung verschiedener Materialien mit unterschiedlichen Temperaturkoeffizienten für die Halterung der optischen Elemente bzw. der Linsen in einem optischen System eine Kompensation der unerwünschten temperaturbedingten Effekte bewirkt (vgl. Anspruch 1, Sp. 1, Z. 13 - 25, Sp. 2, Z. 12 33). Wendet er diese Erkenntnis auf die aus Druckschrift D3 bekannte Vorrichtung zum optischen Abbilden von Merkmalen einer Hand an, so ist es ihm nahegelegt, die Abbildungsoptik, die jeweils aus einer oder mehreren Linsen besteht, mit einem Dehnungselement mechanisch zu verbinden. Für die aus Druckschrift D3 bekannte Vorrichtung bedeutet dies, dass es dem Fachmann nahegelegt ist, das dort zwischen dem transparenten Kontaktfenster 10, 610 und dem Detektor 3 angeordnete Objektiv 31 mit einem Befestigungselement, welches eine temperaturabhängige Länge hat und somit ein Dehnungselement darstellt, an den weiteren Bauteilen zu befestigen. Zur Vermeidung temperaturbedingter Artefakte wird der Fachmann daher das Objektiv, welches die Abbildungsoptik darstellt, mechanisch mittel- oder unmittelbar über ein Abbildungsoptik-Dehnungselement entweder am Kontaktfenster oder am Detektor verbinden (Merkmale M4, M4a oder M4b). Somit ist eine beanspruchte Alternative der Vorrichtung gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag für den Fachmann ausgehend von Druckschrift D3 in Kenntnis von Druckschrift D7 nahegelegt.

Eine beanspruchte Alternative der Vorrichtung des Anspruchs 1 nach Hauptantrag ist für den Fachmann daher in Kenntnis von Druckschrift D3 i. V. m. Druckschrift D7 nahegelegt, so dass diese nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

Der Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist somit nicht patentfähig.

4. Auch die Präzisierung gemäß Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 3 kann eine erfinderische Tätigkeit nicht begründen.

Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 3 unterscheidet sich von Anspruch 1 nach Hauptantrag darin, dass im kennzeichnenden Teil gefordert ist, dass das Abbildungsoptik-Dehnungselement sowohl mit dem transparenten Kontaktfenster wie mit dem Detektor mechanisch verbunden ist („und“ zwischen den Merkmalen M4a1 und M4b1 in Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 3 anstatt „und/oder“ zwischen den Merkmalen M4a und M4b in Anspruch 1 nach Hauptantrag). Die jeweilige mechanische Verbindung kann dabei, wie in Abschnitt II. 2. erläutert, über jeweils ein eigenes Dehnungselement hergestellt werden, so dass die Abbildungsoptik mit einem Dehnungselement mit dem Kontaktfenster und mittels eines anderen Dehnungselements mit dem Detektor verbunden ist. Bei dem aus Druckschrift D3 bekannten Aufbau der Vorrichtung ist das die Abbildungsoptik darstellende Objektiv 31 im Strahlengang zwischen dem Kontaktfenster 10, 610 und dem Detektor 3 angeordnet (vgl. Fig. 1 u. 10). Je nach gewähltem mechanischen Aufbau und den verwendeten Materialien wird es bei Einsatz eines Dehnungselementes, welches beispielsweise die Abbildungsoptik mechanisch mit dem Kontaktfenster verbindet (Anspruch 1 nach Hauptantrag in erster Oder-Variante / Merkmal M4a), bei Temperaturschwankungen weiterhin zu Verzerrungen und Verfälschungen der von der Hand aufgenommenen Bilder kommen. Für den Fachmann ist es jedoch naheliegend, diese Verzerrungen durch das Vorsehen eines weiteren Dehnungselementes zu vermeiden, das heißt zur Kompensation auch gegebenenfalls zu jeder Seite des Objektivs ein Dehnungselement vorzusehen. Für die aus Druckschrift D3 bekannte Vorrichtung bedeutet dies, dass es ihm nahegelegt ist, diese auch mit mehreren Dehnungselementen auszustatten, welche die Abbildungsoptik jeweils mechanisch mit dem Kontaktfenster und mit dem Detektor verbinden (Merkmale M4a1 und M4b1).

Die Vorrichtung des Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 3 ist dem Fachmann daher in Kenntnis der Druckschriften D3 und D7 ebenfalls nahegelegt, so dass der Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 1 und 3 nicht patentfähig ist.

5. Die in den Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2 und 4 zusätzlich aufgenommenen Merkmale können eine erfinderische Tätigkeit ebenfalls nicht begründen.

Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2 und 4 unterscheidet sich von Anspruch 1 nach Hauptantrag darin, dass sowohl ein Abbildungsoptik-Dehnungselement wie ein Detektor-Dehnungselement vorgesehen sind (Merkmale M4, M5), wobei das zumindest eine Detektor-Dehnungselement den Detektor mechanisch mit dem transparenten Kontaktfenster und/oder mit der Abbildungsoptik verbindet (Merkmale M5a, M5b).

Wie zum Hauptantrag in Abschnitt II. 3. ausgeführt, ist es dem Fachmann ausgehend von der aus Druckschrift D3 bekannten Vorrichtung in Kenntnis von Druckschrift D7 nahegelegt, zur Kompensation von Temperatureffekten ein Dehnungselement in den verarbeitenden optischen Systemen vorzusehen. Sofern es zur Vermeidung der unerwünschten Temperaturartefakte nicht ausreicht, die Abbildungsoptik mit einem Dehnungselement beispielsweise am Kontaktfenster zu verbinden (Merkmal M4a), ist es dem Fachmann auch nahegelegt, zusätzlich ein Dehnungselement an weiteren Bauteilen der verarbeitenden Optik vorzusehen, wie zum Hilfsantrag 1 ausgeführt. Für die aus Druckschrift D3 bekannte Vorrichtung zum optischen Abbilden von Merkmalen einer Hand bedeutet dies, dass es naheliegend ist, sowohl für die Abbildungsoptik als auch für den Detektor ein gesondertes Dehnungselement vorzusehen, um die unerwünschten Temperatureffekte zu minimieren. Das Detektor-Dehnungselement ist mechanisch zu befestigen, beispielsweise am Gehäuse, womit es zumindest mittelbar jeweils mecha- nisch mit dem Kontaktfenster oder mit dem anderen optischen Element, der Abbildungsoptik verbunden ist (Merkmal M5a oder M5b). Somit ist dem Fachmann auch der Gegenstand einer der beiden Alternativen des Anspruchs 1 nach den Hilfsanträgen 2 und 4 aus dem Stand der Technik, den Druckschriften D3 und D7, nahegelegt.

Der Anspruch 1 nach den Hilfsanträgen 2 und 4 ist damit ebenfalls nicht patentfähig.

6. Mit den jeweils nicht patentfähigen Ansprüchen 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 sind auch die zu diesen nebengeordneten Ansprüche sowie die auf diese Ansprüche direkt oder indirekt rückbezogenen Unteransprüche nicht schutzfähig, da auf diese Ansprüche kein eigenständiges Patentbegehren gerichtet war (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juni 2007 – X ZB 6/05, GRUR 2007, 862 Abschnitt III. 3. a) aa) – Informationsübermittlungsverfahren II).

7. Nachdem die jeweiligen Anspruchssätze nach Hauptantrag bzw. nach den Hilfsanträgen 1 bis 4 nicht patentfähig sind, war die Beschwerde zurückzuweisen.

III.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr war nach § 80 Abs. 3 PatG anzuordnen.

Nach dieser Vorschrift kann die Rückzahlung der Beschwerdegebühr von Amts wegen angeordnet werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dies kommt insbesondere bei Verfahrensfehlern oder unsachgemäßer Sachbehandlung in Betracht (vgl. Schulte/Püschel, PatG, 9. Aufl., § 80 Rdn. 111 - 113 und § 73 Rdn 131 ff.; Busse/Keukenschrijver – Engels, PatG, 8. Aufl., § 80 Rdn. 85 ff. u. Rdn 92 ff.).

Im angefochtenen Beschluss liegen Verfahrensfehler vor (Schulte/Püschel, a. a. O., § 73 Rdn 142, 154). Das rechtliche Gehör wurde verletzt, da die Prüfungsstelle eine von der Anmelderin im Schriftsatz vom 19. Juli 2012 hilfsweise beantragte Anhörung nicht durchgeführt hat.

In der vorliegenden Akte wurde am 25. Mai 2012 ein erster Bescheid erstellt, in dem zu den Druckschriften D1 und D2 ausgeführt wurde. Die Anmelderin antwortete mit Schriftsatz vom 19. Juli 2012, reichte die Hilfsanträge 1 und 2 ein und beantragte hilfsweise eine Anhörung. In einem zweiten Bescheid vom 29. Oktober 2012 wiederholte die Prüfungsstelle ihre Argumentation und bemängelte zudem zu dem nebengeordneten Verfahrensanspruch (Anspruch 13 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 bzw. Anspruch 11 nach Hilfsantrag 2) die Klarheit und die Einheitlichkeit. Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2013 reichte die Anmelderin zusätzlich die Hilfsanträge 3 und 4 ein, die sich von den Hilfsanträgen 1 und 2 nur darin unterscheiden, dass der jeweilige nebengeordnete Ver-fahrensanspruch gestrichen wurde. Darauf erfolgte am 3. Juli 2013 die Zurückweisung durch die Prüfungsstelle. Zu der nicht durchgeführten Anhörung führt die Prüfungsstelle im Beschluss aus:

Die Ablehnung der von der Anmelderin beantragten Anhörung stellt einen die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigenden Verfahrensverstoß dar. § 46 Abs. 1 Satz 2 PatG gibt in der bis zum 31. März 2014 geltenden Fassung vor, dass der Anmelder bis zum Beschluss über die Erteilung auf Antrag zu hören ist, wenn es sachdienlich ist. Sachdienlich ist eine Anhörung nach ständiger Rechtsprechung immer dann, wenn sie aus objektiver Sicht das Verfahren fördern kann, insbesondere wenn sie eine schnellere und bessere Klärung als eine schriftliche Auseinandersetzung verspricht (Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG, 9. Aufl., § 46 Rdn. 11 m. w. N.). Eine Sachdienlichkeit kann nur ausnahmsweise verneint werden, etwa wenn die Anhörung zu einer überflüssigen Verfahrensverzögerung eines einfach gelagerten Verfahrens führen würde (Schulte/Rudloff-Schäffer, a. a. O., § 46 Rdn. 15). Dabei bleibt ein Antrag auf Anhörung existent, solange er nicht ausdrücklich zurückgezogen oder fallengelassen wird, etwa durch einen eindeutigen Antrag auf Entscheidung nach Aktenlage (vgl. Busse/Keukenschrijver, a. a. O., § 46 Rdn. 10, § 80 Rdn. 108).

Vorliegend hat die Prüfungsstelle ersichtlich nicht auf die Frage der Sachdienlichkeit, sondern darauf abgestellt, der mit Schriftsatz vom 19. Juli 2012 hilfsweise gestellte Antrag auf Anhörung sei hinfällig, da mit Schriftsatz vom 14. Juni 2013 zusätzlich die Hilfsanträge 3 und 4 gestellt worden seien, welche anstelle einer mündlichen Verhandlung treten sollten.

Ein einmal gestellter Antrag auf Anhörung – unabhängig davon ob lediglich hilfsweise gestellt oder nicht – bleibt jedoch auch dann existent, wenn in einer späteren Eingabe weitere oder andere Hilfsanträge gestellt werden. Aus der Stellung eines Hilfsantrag auf eine weiter eingeschränkte Anspruchsfassung – hier der Verzicht auf die als uneinheitlich bemängelten nebengeordneten Verfahrensansprüche in den Hilfsanträgen 3 und 4 – kann nicht darauf geschlossen werden, dass der Anmelder auf die Erörterung in einer Anhörung verzichten will. Die Anhörung hätte somit bei Sachdienlichkeit durchgeführt werden müssen. Vorliegend wäre eine Anhörung sachdienlich gewesen, da zu dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik, den Druckschriften D1 und D2, noch Diskussionsbedarf bestanden hat, insbesondere da die Anmelderin diese als „gattungsfremd“ angesehen hat.

In der Ablehnung der mit Schriftsatz vom 19. Juli 2012 beantragten Anhörung ist daher ein Verfahrensfehler zu sehen, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigt (Busse/Keukenschrijver – Engels, a. a. O., § 80 Rdn. 104 f. und Schulte/Püschel, a. a. O., § 73 Rdn. 154).

Ob darüber hinaus ein Verfahrensfehler aufgrund mangelhafter Begründung vorliegt, da die Prüfungsstelle in ihrem Zurückweisungsbeschluss ausschließlich den kennzeichnenden Teil des Hauptanspruchs druckschriftlich abgehandelt hat und zu den im Oberbegriff aufgeführten Merkmalen auch im Prüfungsverfahren nichts ausgeführt hat, kann dahingestellt bleiben.

IV.

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.

Wickborn Kruppa Dr. Otten-Dünnweber Dr. Flaschke Hu

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