3 StR 87/25
BUNDESGERICHTSHOF StR 87/25 BESCHLUSS vom 15. April 2025 in der Strafsache gegen wegen versuchten Totschlags u.a.
ECLI:DE:BGH:2025:150425B3STR87.25.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 15. April 2025 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO einstimmig beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Mönchengladbach vom 4. September 2024 im Ausspruch über die Einzelstrafe unter VI. 1. der Urteilsgründe und die Gesamtstrafe aufgehoben; jedoch bleiben die jeweils zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und wegen gefährlicher Körperverletzung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Freiheitsberaubung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der Angeklagte beanstandet mit seiner Revision die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und genügt daher nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.
2. Die materiellrechtliche Nachprüfung des Urteils auf die Sachbeschwerde hat hinsichtlich des Schuldspruchs, wie vom Generalbundesanwalt näher dargelegt und durch die Gegenerklärung nicht entkräftet, keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Insbesondere sind die vom Landgericht getroffenen Feststellungen durch die Beweiswürdigung belegt und tragen den Schuldspruch. Dagegen haben die für den versuchten Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung bemessene Einzelstrafe sowie in der Folge die Gesamtstrafe keinen Bestand. Die übrigen Einzelstrafen weisen keinen Rechtsmangel auf.
Das Landgericht hat die Einzelstrafe unter VI. 1. der Urteilsgründe dem nach § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen des § 212 Abs. 1 StGB entnommen, ohne sich zu einem minder schweren Fall des Totschlags nach § 213 StGB zu verhalten. Indes muss, sofern das Gesetz einen besonderen Strafrahmen für minder schwere Fälle vorsieht und ein gesetzlich vertypter Milderungsgrund – wie hier – gegeben ist, bei der Strafrahmenwahl zunächst geprüft werden, ob die allgemeinen Milderungsgründe die Annahme eines minder schweren Falles tragen. Ist nach einer Abwägung aller allgemeinen Strafzumessungsumstände das Vorliegen eines solchen abzulehnen, so sind zusätzlich die den gesetzlich vertypten Strafmilderungsgrund verwirklichenden Umstände in die Betrachtung einzubeziehen. Erst wenn das Tatgericht die Anwendung des milderen Strafrahmens danach weiterhin nicht für gerechtfertigt hält, darf es seiner konkreten Strafzumessung den (allein) wegen des gesetzlich vertypten Milderungsgrundes gemilderten Regelstrafrahmen zugrunde legen (st. Rspr.; etwa BGH, Beschluss vom 16. November 2022 – 3 StR 371/22, juris Rn. 4 mwN).
Da sich eine derartige Prüfung den Urteilsgründen nicht entnehmen und hier nicht ausschließen lässt, dass das Landgericht gegebenenfalls auf eine geringere Einzelstrafe erkannt hätte, ist die für diese Tat verhängte Strafe aufzuheben. Dies entzieht zugleich der Gesamtstrafe die Grundlage. Die jeweils zugehörigen Feststellungen sind von dem Rechtsfehler nicht betroffen und daher aufrechtzuerhalten (§ 353 Abs. 2 StPO).
Angesichts der Aufhebung der Einzelstrafe bedarf es keiner Vertiefung, dass die Verneinung der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Täter-OpferAusgleichs (§ 46a Nr. 1 StGB) mit der Begründung bedenklich ist, der Angeklagte habe sich im Sinne eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch des Totschlags eingelassen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 13. September 2018 – 5 StR 107/18, juris Rn. 6, 11). Ungeachtet dessen bleibt es im Ermessen des Tatgerichts, ob es eine Strafmilderung vornimmt.
Schäfer Anstötz Kreicker Voigt Munk Vorinstanz: Landgericht Mönchengladbach, 04.09.2024 - 27 Ks-720 Js 42/24-9/24