19 W (pat) 4/12
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 4/12 Verkündet am 3. Februar 2016
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend die Patentanmeldung 10 2007 050 844.3 hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. Februar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck, sowie der Richter Dr.-Ing. Scholz und Dipl.-Ing. J. Müller BPatG 154 05.11 beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Das Deutsche Patent- und Markenamt – Prüfungsstelle für Klasse H 02 P – hat die am 24. Oktober 2007 eingereichte Anmeldung, bei der die Priorität der japanischen Anmeldung JP 2006-303860 vom 9. November 2006 in Anspruch genommen ist, durch Beschluss, verkündet am Ende der Anhörung am 19. September 2011, zurückgewiesen. In der schriftlichen Begründung ist ausgeführt, die jeweiligen Gegenstände der Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag sowie Hilfsanträgen 1 und 2 beruhten nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 25. Oktober 2011. Sie ist zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen und beantragt – sinngemäß – mit Schriftsatz vom 2. April 2012,
den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse H 02 M des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. September 2011 aufzuheben und das nachgesuchte Patent aufgrund folgender Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 7 gemäß Hauptantrag vom 2. April 2012, Beschreibung, Seiten 1 bis 19, vom 31. Oktober 2007, 3 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, vom 31. Oktober 2007,
hilfsweise, Patentansprüche 1 bis 6 gemäß Hilfsantrag 1 vom 2. April 2012,
Patentansprüche 1 bis 5 gemäß Hilfsantrag 2 vom 2. April 2012,
übrige Unterlagen zu den Hilfsanträgen jeweils wie Hauptantrag,
sowie außerdem die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.
Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet (mit einer eingefügten Gliederung):
Booster-Leistungsschaltkreis (1), mit:
a) einem Leistungsschalter (4), um eine Gleichstrom-Stromversorgungsquelle (2) mit einer elektrischen Last (3) zu verbinden, die eine Kapazität aufweist; b) einer Booster-Schaltung (5), die folgendes enthält:
c) eine Wicklung (5a), die in einer elektrischen Zuführleitung von dem Leistungsschalter (4) zu der elektrischen Last (3) angeordnet ist, wobei die Wicklung (5a) mit dem Leistungsschalter (4) in Reihe verbunden ist,
d) eine Diode (5b), die zwischen der Wicklung (5a) und der elektrischen Last (3) in der elektrischen Versorgungsleitung angeordnet ist, wobei die Diode (5b) mit dem Leistungsschalter (4) in Reihe geschaltet ist, und e) ein Schaltelement (5c), welches mit dem Leistungsschalter (4) zwischen der Wicklung (5a) und der Diode (5b) parallel geschaltet ist; f) eine Schalt-Steuereinrichtung (6), um die Ein-/Aus-Zustand des Schaltelements (5c) zu steuern; g) einen Spannungsdetektor (7) zum Detektieren eines Eingangsspannungswertes an einer vorbestimmten Stelle (A) der elektrischen Zuführleitung und zum Bestimmen des Eingangsspannungswertes, ob dieser größer ist als ein vorbestimmter Spannungs-Schwellenwert (7a) oder nicht, wobei der SpannungsSchwellenwert (7a) gleich ist mit oder kleiner ist als ein maximaler Spannungswert (2a) der Gleichstrom-Stromversorgungsquelle (2); und h) eine Verzögerungsschaltung (8) zum Ausgeben eines Freigabesignals (8a), welches den Betrieb der Schalt-Steuereinrichtung (6) ermöglicht, wenn eine vorbestimmte erste Zeit (T1) verstrichen ist nachdem der Eingangsspannungswert größer als der Spannungs-Schwellenwert (7a) geworden ist.
Im Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 lautet das vorletzte Merkmal unter Hervorhebung der Änderungen gegenüber dem Patentanspruch 1 des Hauptantrags (kursiv und unterstrichen):
g‘) einen Spannungsdetektor (7) zum Detektieren eines Eingangsspannungswertes an einer vorbestimmten Stelle (A) der elektrischen Zuführleitung, wobei die vorbestimmte Stelle (A) direkt an einem stromverbraucherseitigen Anschluss des Leistungsschalters (4) gelegen ist, und zum Bestimmen des Eingangsspannungswertes, ob dieser größer ist als ein vorbestimmter SpannungsSchwellenwert (7a) oder nicht, wobei der Spannungs-Schwellenwert (7a) gleich ist mit oder kleiner ist als ein maximaler Spannungswert (2a) der Gleichstrom-Stromversorgungsquelle (2); und Im Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ist an den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 angefügt:
„der Booster-Leistungsschaltkreis (1) ferner aufweisend:
i) einen Mikrocomputer (9), der mit der elektrischen Last (3) von einem Verbindungspunkt (E) zwischen der Diode (5b) und der elektrischen Last (3) parallel geschaltet ist; j) eine Absenkschaltung (10), die zwischen dem Verbindungspunkt (E) und dem Mikrocomputer (9) angeordnet ist, wobei die Absenkschaltung (10) eine Spannung allmählich absenkt, die von der Gleichstrom-Stromversorgungsquelle (2) aus zugeführt wird oder zur elektrischen Last (3) zugeführt wird, und zwar auf eine Nennspannung (9a) des Mikrocomputers (9) absenkt; und k) eine Rückstellschaltung (11), von der ein erstes Ende mit der Absenkschaltung (10) verbunden ist und von der ein zweites Ende mit dem Mikrocomputer (9) und der Verzögerungsschaltung (8) verbunden ist, wobei l) die Rückstellschaltung (11) einen abgesenkten Spannungswert detektiert, der durch die Absenkschaltung (10) abgesenkt wurde,
m) die Rückstellschaltung (11) ein Anlaufsignal oder Startsignal (11a) zum Aktivieren des Mikrocomputers (9) an den Mikrocomputer (9) und die Verzögerungsschaltung (8) ausgibt, wenn eine dritte vorbestimmte Zeit (T3) verstrichen ist nachdem die abgesenkte Spannung angenähert gleich wird der Nennspannung (9a), und n) die Verzögerungsschaltung (8) das Freigabesignal (8a) an die Schalt-Steuereinrichtung (6) ausgibt, ohne die erste vorbestimmte Zeit (T1) abzuwarten, wenn der Eingangsspannungswert gleich ist mit oder größer wird als der Spannungs-Schwellenwert (7a), während die Verzögerungsschaltung (8) das Anlauf- oder Startsignal (11a) empfängt.“
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Anmeldung betrifft einen Booster-Leistungsschaltkreis. In der Beschreibungseinleitung ist ein derartiger Booster-Schaltkreis mit Kondensator, Wicklung (Induktivität), Transistorschalter und Diode beschrieben. Solche Schaltkreise hätten entweder das Problem, dass der Transistor für hohe Einschaltstromstöße dimensioniert sein müsse oder das Problem, dass es bei reduzierter Versorgungsspannung zu einem stark verzögerten Hochlauf komme.
Als Aufgabe ist angegeben, im Hinblick auf die genannten Probleme einen verbesserten Booster-Leistungsschaltkreis zu schaffen (Beschreibung, Seite 3, Absatz 4).
Diese Aufgabe werde mit den im Anspruch 1 gemäß Hauptantrag genannten Merkmalen oder jedenfalls mit den in einem der Ansprüche 1 gemäß Hilfsantrag 1 oder 2 genannten Merkmale gelöst.
2. Bei dieser Sachlage sieht der Senat als Fachmann einen Diplomingenieur (FH) der Fachrichtung Elektrotechnik mit Erfahrung in der Entwicklung von Schaltwandlern, insbesondere Hochsetzstellern (Boostern).
3. Einzelne Merkmale der Ansprüche 1 nach Hauptantrag und Hilfsanträgen bedürfen näherer Erläuterung:
3.1 Unter einer Boosterschaltung versteht der Fachmann im Kontext der Anmeldung einen auch Aufwärtswandler genannten Hochsetzsteller, unter einem Leistungsschalter einen eingangsseitigen Schalter.
3.2 Durch die direkte Anordnung der vorbestimmten Stelle A an den stromverbraucherseitigen Anschluss des Leistungsschalters 4 gemäß Merkmal g‘ soll laut Beschreibung (Seite 18, Zeilen 17 ff.) die Verzögerungsschaltung schnell ansprechen. Der Fachmann liest dabei mit, dass keine – jedenfalls keine verzögernden – Elemente zwischen dem Spannungsabgriff, jener vorbestimmten Stelle A, und dem Schalter geschaltet sein sollen. Dieses Verständnis legt auch der Senat zugrunde.
3.3 Die Last besteht ersichtlich nicht nur aus dem im Merkmal a genannten Kondensator 3, sondern zumindest auch aus dem Mikrocomputer 9, der über die Absenkschaltung 10 an den Booster angeschlossen ist sowie aus einer nachfolgenden, nicht gezeigten Last (Beschreibung Seite 8, Zeilen 21 bis 25).
3.4 Unter der in Merkmal j genannten Absenkschaltung 10 versteht der Fachmann einen auch Abwärtswandler genannten Tiefsetzsteller oder eine vergleichbare Spannungsversorgung für den Mikrocomputer 9, der mit einer niedrigeren Nennspannung als der Ausgangsspannung des Boosters betrieben wird.
3.5 Nach dem Einschalten mit dem Leistungsschalter 4 baut sich die Spannung in dem Kondensator 3 sowie die Betriebsspannung für den Mikrocomputer 9 langsam auf. Wenn die Spannung für den Mikrocomputer 9 die Nennspannung stabil erreicht hat, kann er in Betrieb gehen. Die Merkmale l und m sind deshalb dahingehend zu verstehen, dass das Anlaufsignal oder Startsignal dann gegeben wird, wenn sich die Spannung am Mikrocomputer 9 bis zu dessen Nennspannung 9a aufgebaut hat und die vorbestimmte Zeit T3 verstrichen ist. Dass die Spannung am Mikrocomputer von einem höheren Wert aus (einer Überspannung) abgesenkt wird, wie der Wortlaut des Merkmals l auch vermuten lassen könnte, ist nicht völlig auszuschließen, aber jedenfalls beim Anlauf nicht die Regel.
4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1 gilt nicht als neu und ist daher nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 PatG).
Die im parallelen Verfahren vor dem US-amerikanischen Patent- und Markenamt (USPTO) genannte Druckschrift US 6,014,300 A zeigt in Figur 1 einen Hochsetzsteller mit Batterie-Speisung (Spalte 1, Zeilen 39 bis 41).
Figur 1 aus US 6,014,300 A mit Ergänzung des Bezugszeichen „VS“ durch den Senat.
Als zu lösendes Problem ist auch dort ein hoher Einschaltstrom (rush current) genannt (Spalte 2, Zeilen 37 bis 67). Um diesen zu vermeiden, wird ein Unterbrecherkreis 10 eingesetzt, der die Eingangsspannung an einem Spannungsabgriff (in der Zeichnung nachträglich mit VS gekennzeichnet) erfasst, und den Einschaltzeitpunkt für die Steuerschaltung 8 verzögert (Spalte 4, Zeile 61 bis Spalte 5, Zeile 63). Dieser Unterbrecherkreis ist in Figur 2 dargestellt:
Figur 2 aus US 6,014,300 A Sie zeigt einen Vergleicher 24, der die über einen Hochpass (Widerstand 22, Kondensator 21) gefilterte, aber zum Einschaltzeitpunkt zunächst unveränderte Eingangsspannung mit einer Referenzspannung 23 vergleicht und ein Ausgangssignal erzeugt, das die Steuerung für eine bestimmte Zeit stoppt (Spalte 6, Zeilen 1 bis 26; Figur 3). Die Druckschrift US 6,014,300 A (vgl. insbesondere Figur 1) offenbart, ausgedrückt in den Worten des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1, einen Booster-Leistungsschaltkreis mit a) einem Leistungsschalter 2, um eine Gleichstrom-Stromversorgungsquelle (Batterie, Spalte 1, Zeilen 39 bis 42) mit einer elektrischen Last (an Ausgang 9, Spalte 1, Zeilen 36 bis 37) zu verbinden, die eine Kapazität 7 (Spalte 1, Zeilen 32 bis 34) aufweist; b) einer Booster-Schaltung, die folgendes enthält:
c) eine Wicklung 4, die in einer elektrischen Zuführleitung von dem Leistungsschalter 2 zu der elektrischen Last 7, 9 angeordnet ist, wobei die Wicklung 4 mit dem Leistungsschalter 2 in Reihe verbunden ist,
d) eine Diode 6, die zwischen der Wicklung 4 und der elektrischen Last (Kondensator 7 und Last an Klemme 9) in der elektrischen Versorgungsleitung angeordnet ist, wobei die Diode 6 mit dem Leistungsschalter 2 in Reihe geschaltet ist, und e) ein Schaltelement 5, welches mit dem Leistungsschalter 2 zwischen der Wicklung 4 und der Diode 6 parallel geschaltet ist; f) eine Schalt-Steuereinrichtung 8, um den Ein-/Aus-Zustand des Schaltelements 5 zu steuern; g, g‘) einen Spannungsdetektor 10 zum Detektieren eines Eingangsspannungswertes an einer vorbestimmten Stelle VS der elektrischen Zuführleitung, wobei die vorbestimmte Stelle VS direkt an einem stromverbraucherseitigen Anschluss des Leistungsschalters 2 gelegen ist, und zum Bestimmen des Eingangsspannungswertes, ob dieser größer ist als ein vorbestimmter SpannungsSchwellenwert 23 (vgl. Figur 2) oder nicht, wobei der SpannungsSchwellenwert 23 kleiner ist als ein maximaler Spannungswert der Gleichstrom-Stromversorgungsquelle (Figur 3); und h) eine Verzögerungsschaltung 10 zum Ausgeben eines Freigabesignals (Das Ausgangssignal des Vergleichers 24 – dargestellt in Figur 3 unten – ist zunächst für eine bestimmte Zeit ein Stoppsignal, und danach ein Freigabesignal.), welches den Betrieb der Schalt- Steuereinrichtung 8 ermöglicht, wenn eine vorbestimmte erste Zeit verstrichen ist nachdem der Eingangsspannungswert größer als der Spannungs-Schwellenwert (reference voltage) geworden ist (Figur 3, Spalte 6, Zeilen 4 bis 26).
Damit ist der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag und Hilfsantrag 1 in der Variante, wonach der Spannungs-Schwellenwert kleiner ist als ein maximaler Spannungswert (Merkmal g, g‘) bereits aus der US 6,014,300 A bekannt.
5. Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 beruht nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit und ist deshalb nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 4 PatG).
Spannungsversorgungen mit einer Kombination aus Aufwärtswandler (Booster) und Abwärtswandler (Absenkschaltung) sind weit verbreitet (siehe zum Beispiel US 4,677,366, Figur 1: Boost Converter / Main Convertor; US 2005/0179424 A1, Figur 1, Bezugszeichen 20, 66; DE 10 2004 018 261 A1 Figur 1, 2 Boost / Buck), ebenso deren Einsatz zur Spannungsversorgung von Steuerungen mit Mikrocomputern nach den Merkmalen i und j. Der Senat ist wie die Prüfungsstelle der Überzeugung, dass Steuercomputer, beispielsweise für Fahrzeug-Airbags (Beschreibung, Seite 8, Zeilen 21 bis 22) schon aus Sicherheitsgründen erst nach Sicherstellung einer ausreichenden und stabilen Spannungsversorgung ihren Betrieb aufnehmen dürfen und dass dafür ein „Power on Reset“ allgemein üblich ist. Für die Stabilisierung der Versorgungsspannung sowie für die Vorbereitung und Durchführung des Resets ist eine Zeitverzögerung unvermeidlich. Deshalb sieht der Senat die Merkmale i bis m als für den Fachmann nahegelegt an.
Nach Merkmal n soll das Freigabesignal für den Mikrocomputer auch dazu genutzt werden die Verzögerungsschaltung 8 zu deaktivieren. Laut Beschreibung Seite 16, Absätze 2 und 3, dient das dazu, dass nach dem Anlauf die Funktion der Verzögerungsschaltung 8 bei periodisch auftretenden Störungen nicht wiederholt wird. Das versteht sich nach Überzeugung des Senats für den Fachmann von selbst, denn diese Funktion ist sowohl bei den bekannten Schaltungen, wie der in der US 6,014,300 A beschriebenen, als auch bei der anmeldungsgemäßen Schaltung ersichtlich nur für den Anlauf gedacht und sinnvoll. Demgemäß bleiben auch bei der bekannten Schaltung nach US 6,014,300 A kürzere Spannungsausfälle und Störungen nach dem Anlauf ohne Wirkung auf die Verzögerungsschaltung. Die Reaktion auf längere Spannungsausfälle, bei denen die Spannung in dem Ausgangskondensator deutlich absinkt und die Gefahr eines Stromstoßes bei Spannungsrückkehr steigt, ist sowohl bei der anmeldungsgemäßen als auch bei der bekannten Schaltung als neuer Anlauf mit entsprechender Aktivierung der Verzögerungsschaltung zur Vermeidung oder Verringerung dieses Stromstoßes zu werten.
Die in den Merkmalen i bis n genannten Maßnahmen gehen somit nicht über das hinaus, was der auf Sicherheit bedachte Fachmann bei der Konzeption einer Spannungsversorgung für einen Steuercomputer beachtet.
6. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG sah der Senat nicht veranlasst.
Eine von der Anmelderin geltend gemachte Verletzung rechtlichen Gehörs in der Anhörung vor der Prüfungsstelle am 19. September 2011, die ggf. eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen rechtfertigen könnte, ist nicht feststellbar. Im Prüfungsverfahren erfordert der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG, § 48 Satz 2 i. V. m. § 42 Abs. 3 Satz 2 PatG), dass eine Zurückweisung der Patentanmeldung nur auf tatsächliche und rechtliche Umstände gestützt werden darf, zu denen sich der Anmelder vorher äußern konnte (vgl. Schulte, PatG, 9. Aufl., Einl. Rdn. 265 f.; BGH, Beschluss vom 16. Juni 2011 – X ZB 3/10, GRUR 2011, 851 – Werkstück). Dies ist vorliegend in ausreichender Weise geschehen.
Wie aus dem Vorbringen der Anmelderin im Schriftsatz vom 2. April 2012 sowie aus der Niederschrift über die Anhörung hervorgeht, hat der Prüfer nach Übergabe eines zweiten Hilfsantrags durch den Vertreter der Anmelderin die Anhörung zur Recherche unterbrochen und anschließend zu dem zweiten Hilfsantrag zwei neu ermittelte Druckschriften, US 2005/0179424 A1 und DE 10 2004 018 261 A1, übergeben. Lediglich diese beiden neuen Druckschriften sind in dem Beschluss der Prüfungsstelle zur Begründung der Zurückweisung der Patentanmeldung mit herangezogen worden zum Beleg dafür, dass Maßnahmen gemäß Merkmalen M3 bis M6 des der Entscheidung zugrundeliegenden Hilfsantrags 2 vom 19. September 2011 dem Fachmann bei Airbaganwendungen geläufig seien. Die weiteren drei von der Prüfungsstelle in der Anhörung neu eingeführten Druckschriften (US 2004/0070436 A1, US 2002/0084809 A1 und US 6,097,228 A) sind hingegen in die Entscheidungsgründe nicht eingeflossen. Zu den beiden allein entscheidungsrelevanten neu eingeführten Druckschriften hatte die Anmelderin in der Anhörung ausreichend Gelegenheit Stellung zu nehmen. Dadurch, dass der Prüfer den von dem Vertreter der Anmelderin beantragten Übergang ins schriftliche Verfahren abgelehnt und auch die Anhörung nicht vertagt hat, ist der Anmelderin das rechtliche Gehör nicht abgeschnitten worden. Ein im Ermessen der Prüfungsstelle stehender Übergang in das schriftliche Verfahren (analog § 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO) ist, ebenso wie eine Vertagung der Anhörung (analog § 227 Abs. 1 ZPO), nur dann zur Wahrung des rechtlichen Gehörs zwingend angezeigt, wenn der Anmelder zu den in der Anhörung neu eingeführten Tatsachen sachlich fundiert erst nach einer angemessenen Zeit für Überlegung und Vorbereitung Stellung nehmen kann, die anders, etwa durch Unterbrechung der Anhörung, nicht in ausreichender Weise zur Verfügung gestellt werden kann (vgl. Schulte, a. a. O., Einl. Rdn. 275, § 48 Rdn. 18; BGH, Urteil vom 13. Januar 2004 – X ZR 212/02, GRUR 2004, 354 – Crimpwerkzeug). Vorliegend wäre der Anmelderin durch den sie vertretenden fachkundigen Patentanwalt eine Äußerung zu den beiden relevanten neuen Druckschriften bei objektiver Betrachtung aber ohne ein längeres Studium der Schriften oder nähere Überlegungen nach einer von dem Prüfer angebotenen längeren Unterbrechung der Anhörung durchaus möglich gewesen. So hat der Prüfer ausweislich der Anhörungsniederschrift konkret die zum Beleg des Fachwissens relevanten Stellen in den Figuren der beiden Druckschriften genannt, die Hochsetzsteller gefolgt von Tiefsetzstellern zur Energiespeicherung für Airbagversorgungsschaltungen zeigen. Es war daher nicht nötig, die – zweifellos umfangreichen –Schriften insgesamt durchzuarbeiten, um den vom Prüfer diesbezüglich allein geltend gemachten Stand der Technik erfassen und dazu Stellung nehmen zu können. Durch die Ablehnung der angebotenen längeren Unterbrechung der Anhörung für ein Studium der neu eingeführten Schriften hat sich die Anmelderin damit selbst ihres rechtlichen Gehörs begeben und kann sich darauf nachträglich nicht mehr berufen, abgesehen davon, dass sich der Vertreter der Anmelderin in der Anhörung zu den neuen Druckschriften zumindest kurz eingelassen hat. Nachdem in dem Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Marken- amt ein bevollmächtigter Patentanwalt aufgetreten ist, von dessen vollumfänglicher Vertretungsbefugnis gemäß § 25 PatG auszugehen ist, bedurfte es für eine Stellungnahme zu den fraglichen Druckschriften im Übrigen auch nicht einer vorherigen Rücksprache mit der Anmelderin.
Ebensowenig kann der Vorwurf einer nicht ordnungsgemäßen und angemessenen Sachbehandlung zur Rückzahlung der Beschwerdegebühr führen. Soweit die Anmelderin geltend macht, bei ordnungsgemäßer Vorbereitung der Anhörung seitens der Prüfungsstelle wäre eine weitere Recherche mit neuem Stand der Technik nicht notwendig gewesen, ist festzustellen, dass sie diese Nachrecherche am Tag der Anhörung durch früheres Einreichen der beiden Hilfsanträge hätte vermeiden können. Dies insbesondere, als im Prüfungsbescheid vom 22. Januar 2009 bereits die mangelnde Patentfähigkeit des – damaligen – Gegenstands des Hauptanspruchs und der Unteransprüche dargelegt worden ist. Dem ist die Anmelderin mit Schriftsatz vom 9. Juni 2009 lediglich inhaltlich entgegengetreten, ohne jedoch geänderte Patentansprüche einzureichen. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr wegen unangemessener Sachbehandlung scheidet schon aus diesem Grund aus (vgl. Schulte, a. a. O., § 73 Rdn. 155, 156). Abgesehen davon war ein etwaiger Verstoß gegen die Verfahrensökonomie seitens der Prüfungsstelle nicht ursächlich für die Beschwerdeeinlegung, da die Anmelderin ihre Beschwerde ungeachtet der Kenntnis der in der Anhörung neu eingeführten Druckschriften eingelegt hat.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den an dem Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Nachdem der Beschwerdesenat in dem Beschluss die Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist die Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn einer der nachfolgenden Verfahrensmängel durch substanziierten Vortrag gerügt wird (§ 100 Abs. 3 PatG):
1. Das beschließende Gericht war nicht vorschriftsmäßig besetzt. 2. Bei dem Beschluss hat ein Richter mitgewirkt, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war.
3. Einem Beteiligten war das rechtliche Gehör versagt. 4. Ein Beteiligter war im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten,
sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat. 5. Der Beschluss ist aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind. 6. Der Beschluss ist nicht mit Gründen versehen.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, schriftlich einzulegen (§ 102 Abs. 1 PatG).
Die Rechtsbeschwerde kann auch als elektronisches Dokument, das mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur zu versehen ist, durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofes eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 2a, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofes www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Die Rechtsbeschwerde muss durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten des Rechtsbeschwerdeführers eingelegt werden (§ 102 Abs. 5 Satz 1 PatG).
Kleinschmidt Kirschneck Dr. Scholz J. Müller Hu