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IX ZR 32/24

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IX ZR 32/24 Nachschlagewerk: ja BGHZ:

ja BGHR:

ja JNeu:

nein URTEIL in dem Rechtsstreit InsO § 134 Abs. 1 a) Die Erfüllung von Verbindlichkeiten aus Steuerbescheiden und Steueranmeldungen ist grundsätzlich auch dann nicht als unentgeltliche Leistung des Schuldners anfechtbar, wenn eine Steuer materiell-rechtlich nicht entstanden ist.

b) Trägt der Schuldner durch eigenes Verhalten dazu bei, dass ein bei objektiver Betrachtung offenkundig und ohne ernsthaften Zweifel von der materiellen Rechtslage abweichender Steuerbescheid ergeht oder begründet er durch eine eigene Steueranmeldung eine bei objektiver Betrachtung offenkundig und ohne ernsthaften Zweifel von der materiellen Rechtslage abweichende Zahlungsverpflichtung, ist die Erfüllung der daraus folgenden Verbindlichkeit als unentgeltliche Leistung anfechtbar.

BGH, Urteil vom 31. Juli 2025 - IX ZR 32/24 - OLG Frankfurt am Main LG Frankfurt am Main ECLI:DE:BGH:2025:310725UIXZR32.24.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2025 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Schoppmeyer, den Richter Dr. Schultz, die Richterin Dr. Selbmann, die Richter Dr. Harms und Kunnes für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 31. Januar 2024 unter Zurückweisung der weitergehenden Revision des Beklagten und der Revision des Klägers im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagte zur Zahlung von 220.400 € nebst Zinsen verurteilt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Der A.

W. e.V. (fortan: Schuldner) war als gemeinnütziger Verein tätig. Die frühere Geschäftsführerin des Schuldners, H.

R. , erhielt auf der Grundlage eines Geschäftsführervertrags ein Jahresbruttogehalt in Höhe von 130.000 €. Daneben erhielt sie aufgrund von verschiedenen Zusatzvereinbarungen Gehaltszuschläge. Insgesamt beliefen sich ihre Jahresbruttobezüge im Jahr 2017 auf 433.218,02 €, im Jahr 2018 auf 299.689,39 €, im Jahr 2019 auf 273.672,33 € und im Januar 2020 auf 21.769,62 €.

Der frühere kaufmännische Leiter und stellvertretende Vereinsvorstand des Schuldners, M. B. , erhielt ein arbeitsvertraglich vereinbartes Jahresbruttogehalt in Höhe von 92.300 € zuzüglich eines 13. Monatsgehalts; zum 1. September 2014 erhöhte sich sein jährliches Festgehalt auf 147.131,27 € brutto. Daneben erhielt auch er aufgrund von verschiedenen Zusatzvereinbarungen Gehaltszuschläge. Insgesamt beliefen sich seine Jahresbruttobezüge im Jahr 2017 auf 218.741,09 €, im Jahr 2018 auf 221.518,76 €, im Jahr 2019 auf 238.147,09 € und im Januar 2020 auf 16.147,30 €.

Der Sohn der früheren Geschäftsführerin, G. R. , war bei dem Schuldner ab Juni 2015 zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, später als Kita-Referent und schließlich in leitender Position tätig. Im Jahr 2017 erhielt er ein Bruttojahresgehalt in Höhe von 105.009,94 €, im Jahr 2018 in Höhe von 124.433,60 € und im Jahr 2019 in Höhe von 177.543,51 €.

In den Jahren 2017 bis 2019 bestanden überdies Arbeitsverträge zwischen dem Schuldner und vier in persönlicher Verbindung zu den Organmitgliedern oder Arbeitnehmern des Schuldners stehenden Personen, denen ein Nettogehalt nach dem Entgeltsystem des TVöD/VKA ausgezahlt wurde. Bei diesen Personen handelte es sich um T. B. , die Ehefrau des stellvertretenden Vereinsvorstands, um H. B. , den Vater des stellvertretenden Vereinsvorstands, um S. G. , die Tochter eines vormaligen Stadtverordneten

, und um M. R. , die Ehefrau des ehemaligen Geschäftsführers des A. A.

F.

e.V.

5 In allen Fällen führte der Schuldner für H.

R.

, M. B. ,

G. R. , T. B. , H.

B. , S. G. und M. R.

Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer nach Maßgabe der von ihm jeweils tatsächlich gewährten (Lohn- und Gehalts-)Zahlungen an das zuständige Finanzamt ab. Aufgrund einer vom Finanzamt durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung für die Jahre 2013 bis 2016 wurden unter anderem für H.

R. ,

G. R. , M. B. und T. B. weitere Nettobezüge festgestellt,

für die mit Bescheid vom 16. Februar 2018 nachträglich Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer in Höhe von insgesamt 337.117,49 € festgesetzt wurden. Der Schuldner legte gegen diesen Bescheid keinen Rechtsbehelf ein und bezahlte den Betrag am 20. März 2018.

Am 1. November 2018 beauftragte der Schuldner die T.

G. GmbH mit Sitz in F.

mit der Käufersuche und Kaufpreisverhandlung für ein Grundstück des Schuldners in W.

. Ein entsprechender Kaufvertrag wurde am 28. März 2019 abgeschlossen. Am 15. Juli 2019 stellte die am 26. März 2019 neu gegründete und am 9. September 2019 im entsprechenden Register eingetragene T. B. GmbH mit Sitz in B. (Schweiz) dem Schuldner den Lohn für die vereinbarten Leistungen in Rechnung. Der Schuldner beglich die Rechnung der T.

B.

GmbH, erfasste den Betrag in seiner Umsatzsteuervoranmeldung und leistete am 23. Oktober 2019 eine entsprechende Umsatzsteuervorauszahlung an das beklagte Land in Höhe von 220.400 €. Der Schuldner gab den Umsatz auch in seiner Umsatzsteuer-Jahreserklärung an, so dass eine entsprechende Veranlagung erfolgte.

Am 1. Februar 2021 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners in Eigenverwaltung und bestellte den Kläger zum Sachwalter. Das Insolvenzverfahren wurde am 2. Dezember 2021 nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans aufgehoben. Der Kläger führt den vorliegenden Insolvenzanfechtungsprozess entsprechend seiner Ermächtigung im Insolvenzplan gegen das beklagte Land fort.

Der Kläger meint, es handele sich bei den an das beklagte Land abgeführten Steuern um unentgeltliche Leistungen. Er hat mit seiner Klage vom Beklagten Rückzahlung der vom Schuldner geleisteten Zahlungen für Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer sowie Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 1.092.776,08 € verlangt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und den Beklagten verurteilt, an den Kläger 385.150,46 € nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter, soweit diesem nicht entsprochen worden ist, während der Beklagte mit seiner ebenfalls vom Berufungsgericht zugelassenen Revision vollständige Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe:

Die beiderseitigen Revisionen sind aufgrund umfassender Zulassung durch das Berufungsgericht statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Revision des Klägers bleibt ohne Erfolg. Die Revision des Beklagten hat nur insoweit Erfolg, als er sich gegen seine Verurteilung zur Rückzahlung von Umsatzsteuer in Höhe von 220.400 € wendet.

A. Zur Revision des Klägers Die Revision des Klägers, mit der er die Verurteilung des Beklagten zur Rückgewähr derjenigen Steuerzahlungen erreichen möchte, die im Zusammenhang mit Lohnzahlungen an H.

R. , M. B. und G. R.

stehen, ist unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht hat insoweit angenommen, dass die vom Schuldner vorgenommenen Zahlungen von Lohnsteuer und Annexsteuern im Zusammenhang mit überhöhten Gehaltszahlungen für die frühere Geschäftsführerin des Schuldners, deren Sohn und den früheren kaufmännischen Leiter und stellvertretenden Vereinsvorstand des Schuldners nicht nach § 134 InsO anfechtbar seien. Zwar seien die den Lohnsteueranmeldungen nachfolgenden Zahlungen als solche ebenso wie die Zahlungen auf den Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 16. Februar 2018 als Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht des Schuldners für sich genommen nicht unentgeltlich. Als anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners im Sinne des § 129 InsO komme aber auch eine Handlung des Schuldners in Betracht, die erst zum Entstehen einer Lohnsteuerschuld führe. Die Auszahlung von arbeitsvertraglich nicht geschuldeten Gehaltsbestandteilen an die drei genannten Personen habe zur Entstehung von Lohnsteuer geführt. Durch die streitgegenständlichen Zahlungen sei es auch hinsichtlich der Lohnsteuer zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung gekommen. Zwar sei der Arbeitnehmer gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG Schuldner der Lohnsteuer; der Arbeitgeber hafte aber gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen habe. Dadurch bestehe zumindest mittelbar die Möglichkeit, dass das Vermögen des Schuldners beeinträchtigt werde.

Jedoch habe der Umstand, dass die überschießenden Gehaltsbestandteile im Verhältnis zwischen dem Schuldner auf der einen Seite und der früheren Geschäftsführerin des Schuldners, deren Sohn und des früheren kaufmännischen Leiters und stellvertretenden Vereinsvorstands des Schuldners jeweils auf der anderen Seite unentgeltlich geleistet worden seien, nicht zur Folge, dass auch das beklagte Land die hierauf entfallenden Lohn- und Annexsteuern unentgeltlich im Sinne des § 134 InsO erhalten habe. Maßgeblich bei der Begründung der Lohnsteuerverbindlichkeiten des Schuldners sei die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur unentgeltlichen Leistung im Drei-Personen-Verhältnis, wonach eine unentgeltliche Leistung nur vorliege, wenn der Zuwendungsempfänger seinerseits eine Gegenleistung zu erbringen habe. Der Fiskus sei Dritter einer zwischen dem Schuldner als Arbeitgeber und dem jeweiligen Arbeitnehmer bestehenden Leistungsbeziehung. Das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Finanzbehörde sei durch das Lohnsteuerabzugsverfahren nach § 38 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG gekennzeichnet. Der Arbeitgeber sei zum Einbehalt der Lohnsteuer und zur Anmeldung und Abführung derselben an die Finanzbehörde (§ 41a EStG) verpflichtet. Schuldner der Lohnsteuer sei nach § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG der Arbeitnehmer. Als akzessorische Haftung knüpfe die Arbeitgeberhaftung an eine bestehende Steuerschuld des Arbeitnehmers an. Im Zeitpunkt der Zahlung des - wenn auch rechtsgrundlosen - Arbeitslohns, entstehe die Lohnsteuerschuld des Arbeitnehmers und die Haftung des Arbeitgebers nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG. Eine im Drei-Personen-Verhältnis von Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Fiskus für eine Anfechtung nach § 134 InsO erforderliche freigiebige Zuwendung des Arbeitgebers an den Fiskus liege nicht vor. Die Rückabwicklung von auf überhöhte Bezüge gezahlter Lohnsteuer bleibe dem Kausalverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vorbehalten, in dessen Rahmen der Arbeitnehmer auf Rückzahlung nicht nur des Netto-, sondern auch des Bruttolohns in Anspruch genommen werden könne.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung stand. Die Zahlung von Lohn- und Annexsteuern im Zusammenhang mit überhöhten Gehaltszahlungen an die frühere Geschäftsführerin des Schuldners, deren Sohn und den früheren kaufmännischen Leiter und stellvertretenden Vereinsvorstand des Schuldners ist mangels Unentgeltlichkeit der Leistung des Schuldners nicht nach § 134 InsO anfechtbar.

1. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Begriff der Leistung des Schuldners in § 134 Abs. 1 InsO weit auszulegen (BGH, Urteil vom 26. April 2012 - IX ZR 146/11, WM 2012, 1131 Rn. 37 mwN; vom 20. Dezember 2012 - IX ZR 21/12, WM 2013, 215 Rn. 18). Darunter ist jede Rechtshandlung zu verstehen, die zu einer Schmälerung des Schuldnervermögens führt.

2. Die Leistung des Schuldners muss ferner unentgeltlich sein, wobei auch der Begriff der Unentgeltlichkeit weit auszulegen ist (BGH, Urteil vom 5. März 2015 - IX ZR 133/14, BGHZ 204, 231 Rn. 49 mwN; vom 13. Oktober 2016 - IX ZR 184/14, BGHZ 212, 272 Rn. 13 mwN). Maßgeblich sind im Streitfall die Grundsätze über die Schenkungsanfechtung im Zwei-Personen-Verhältnis. Die Grundsätze über die Schenkungsanfechtung im Drei-Personen-Verhältnis gelten nicht, wenn den Leistenden gegenüber dem Zahlungsempfänger eine eigene Verbindlichkeit trifft (BGH, Beschluss vom 24. September 2020 - IX ZR 260/19, WM 2020, 2086 Rn. 2 mwN).

Erfüllt der Schuldner eine eigene Verbindlichkeit, ist die Leistung unentgeltlich, wenn es sich um eine unentgeltlich begründete Verbindlichkeit handelt. Auch eine Leistung, die auf Grund eines Schenkungsvertrags - also mit Rechtsgrund - erfolgt, ist unentgeltlich (BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16,

BGHZ 214, 350 Rn. 15). Leistungen, mit denen der Schuldner eine eigene Verbindlichkeit erfüllt, sind hingegen entgeltlich, sofern die Verbindlichkeit ihrerseits entgeltlich begründet ist (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2019 - IX ZR 167/18, BGHZ 222, 283 Rn. 84). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist die Erfüllung von Ansprüchen aus gesetzlichen Schuldverhältnissen entgeltlich, wobei es nicht darauf ankommt, ob dem Schuldner im Einzelfall ein ausgleichender Gegenwert zufließt. Die Entgeltlichkeit folgt aus der mit der Erfüllung bewirkten Schuldbefreiung. Die Bestimmungen über gesetzliche Schuldverhältnisse beruhen auf der gesetzlichen Wertung, dass mit ihnen stets ein Ausgleich verfolgt wird, so dass sich ein Schuldner bei der Erfüllung solcher Verbindlichkeiten nicht auf Kosten seiner Gläubiger objektiv freigiebig zeigt (BGH, Urteil vom 27. Juni 2019, aaO Rn. 85 mwN). Demgemäß ist auch die Erfüllung von eigenen (vollstreckbaren) Steuer- und Abgabeschulden durch den Schuldner keine anfechtbare unentgeltliche Leistung (BGH, Urteil vom 4. Februar 2016, aaO). Dem entspricht, dass Steuern kraft Gesetzes (§ 3 Abs. 1 AO) ohne Gegenleistung zu erbringen sind.

3. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass gemessen hieran die Bezahlung der Lohn- und Annexsteuern aus überhöhten Gehaltszahlungen keine unentgeltliche Leistung des Schuldners gegenüber dem Finanzamt darstellt. Der Schuldner hat mit diesen Zahlungen eine eigene, entgeltlich begründete Verbindlichkeit erfüllt.

a) Mit Recht hat das Berufungsgericht zunächst ausgeführt, dass die nach den Lohnsteueranmeldungen vorgenommene Abführung der Lohnsteuern (§ 41a Abs. 1 Satz 1 EStG) und Annexsteuern und die Zahlung auf den Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 16. Februar 2018 betreffend die vorgenannten Arbeitsverhältnisse der Erfüllung einer eigenen Verbindlichkeit des Schuldners dienten. Zwar ist nur der Arbeitnehmer gemäß § 38 Abs. 2 Satz 1 EStG Schuldner der Lohnsteuer. Jedoch hat der Schuldner als Arbeitgeber mit der Einbehaltung der Lohn- und Annexsteuern "für Rechnung des Arbeitnehmers" nach § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG und deren Abführung eine ihn aus § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG treffende öffentlich-rechtliche Verpflichtung erfüllt (BAGE 149, 117 Rn. 20 mwN). Mit der Abgabe der Steueranmeldung erklärt der Arbeitgeber seine eigene Abführungsschuld aus § 41a Abs. 1 EStG und gibt damit eine Art Steueranerkenntnis ab (BFHE 207, 5, 8). Sie steht gemäß § 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (BFHE aaO). Zudem haftet der Schuldner als Arbeitgeber gemäß § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG für die Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Der Haftungsanspruch entsteht (§ 38 AO), sobald die einzubehaltende Lohnsteuer zum Fälligkeitszeitpunkt nicht an das Finanzamt abgeführt wird (BFHE 281, 228 Rn. 41). Soweit der Arbeitgeber für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer einzustehen hat, hat er als Haftender der Lohnsteuer eine eigene Schuld zu erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 2004 - IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 359 f).

b) Diese Verbindlichkeiten sind im Streitfall vom Schuldner entgeltlich begründet worden, so dass ihre Erfüllung eine entgeltliche Leistung darstellt. Entgeltlich ist die Leistung des Arbeitgebers, mit der er die ihn treffende Pflicht zur Abführung der Lohnsteuern und Annexsteuern erfüllt, schon dann, wenn die entsprechenden Steuern materiell-rechtlich entstanden sind. Dies ist der Fall mit der Verwirklichung des Steuertatbestands (§ 38 AO). Der Umstand, dass die überhöhten Gehaltszahlungen an die frühere Geschäftsführerin des Schuldners, deren Sohn und den früheren kaufmännischen Leiter und stellvertretenden Vereinsvorstand des Schuldners - wie revisionsrechtlich zugunsten des Klägers zu unterstellen ist - ohne arbeitsvertragliche Grundlage (und damit rechtsgrundlos) erfolgten, führt nicht dazu, dass die daraus folgende Pflicht des Schuldners zur Anmeldung und Abführung von Lohn- und Annexsteuern unentgeltlich begründet worden ist.

aa) Die überhöhten Gehaltszahlungen für die frühere Geschäftsführerin des Schuldners, deren Sohn und den früheren kaufmännischen Leiter und stellvertretenden Vereinsvorstand waren lohnsteuerpflichtige Einkünfte im Sinne des § 38 EStG, die zum Entstehen des Lohnsteueranspruchs des Finanzamts führten.

(1) Dem Lohnsteuerabzug nach § 38 EStG unterliegen nur Einkünfte im Sinne des § 19 EStG. Das Einkommensteuergesetz enthält zwar keine Definition des Begriffs Arbeitslohn. Der Arbeitslohnbegriff des § 38 EStG entspricht jedoch dem des § 19 EStG (Schmidt/Krüger, EStG, 44. Aufl., § 38 Rn. 1; Strohner in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, 2022, § 38 EStG Rn. 20). Erfasst werden danach grundsätzlich alle Vorteile, die für die Beschäftigung gewährt werden, unabhängig davon, ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist immer dann zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (st.Rspr.; BFHE 255, 125 Rn. 20).

Für das Vorliegen von Arbeitslohn im Sinne des § 19 EStG kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher oder (tarif-)vertraglicher Verpflichtung oder sogar freiwillig ohne Rechtspflicht leistet. Unerheblich ist auch, ob die an der Zuwendung Beteiligten der Auffassung sind, die Zahlung sei eine nicht durch das Arbeitsverhältnis veranlasste Schenkung.

Maßgeblich ist allein, ob die Zuwendung objektiv durch das Dienstverhältnis veranlasst ist. Auch freiwillige Sonderzuwendungen des Arbeitgebers an einzelne Arbeitnehmer sind Ertrag der Arbeit und damit Lohn (Schmidt/Krüger, EStG, 44. Aufl., § 19 Rn. 46).

Ob eine Zuwendung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung. Denn ob der entsprechende Leistungsaustausch den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht einkommensteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, kann nur aufgrund einer grundsätzlich der Tatsacheninstanz vorbehaltenen Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls entschieden werden (BFHE 255, 125 Rn. 22).

(2) Nach diesen Maßstäben hält die vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers angenommen, dass der früheren Geschäftsführerin des Schuldners, deren Sohn und dem früheren kaufmännischen Leiter und stellvertretenden Vereinsvorstand des Schuldners weit überhöhte und arbeits- oder (tarif-)vertraglich nicht geschuldete Zahlungen gewährt worden sind. Da zwischen dem Schuldner und den genannten Personen Arbeitsverhältnisse bestanden, innerhalb derer es zur Zahlung von Arbeitslohn und im Gegenzug zur Erbringung von Arbeitsleistungen kam, ist das Berufungsgericht aber zu der Einschätzung gelangt, dass auch die überhöhten Zahlungen im weitesten Sinn in einem Zusammenhang mit diesen Arbeitsverhältnissen standen. Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die im Streitfall gegebenen Auszahlungen weit überhöhter und vertraglich nicht geschuldeter Zahlungen nicht einem steuerrechtlich abweichend zu beurteilenden Diebstahl oder einer Untreuehandlung eines Arbeitnehmers zu Lasten seines Arbeitgebers gleichstanden, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

bb) Gleichzeitig mit der Auszahlung des Arbeitslohns entstand der Lohnsteueranspruch des Beklagten. Nach § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG entsteht die Lohnsteuer in dem Zeitpunkt, in dem der steuerpflichtige Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt. Bereits zu dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt, wandelt sich die Rechtsnatur des vom Arbeitgeber einbehaltenen und an das Finanzamt abzuführenden Teils des Arbeitslohns. Es entsteht insoweit der Lohnsteueranspruch des Staates als Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis (BFH, BFH/NV 1996, 10, 12; BAGE 149, 117 Rn. 18). Die Einbehaltungspflicht (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) sowie die Anmeldungs- und Abführungspflicht (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG) des Arbeitgebers entsteht immer dann kraft Gesetzes, wenn dem Arbeitnehmer Arbeitslohn im Sinn des § 38 Abs. 1 Satz 1 EStG zufließt.

cc) Die Entstehung der Lohnsteuer im Zeitpunkt der Auszahlung des Arbeitslohns ist auch dann nicht als unentgeltlich zu qualifizieren, wenn die Auszahlung des Arbeitslohns oder Teile davon an die frühere Geschäftsführerin des Schuldners, deren Sohn und den früheren kaufmännischen Leiter und stellvertretenden Vereinsvorstand ohne gesetzliche oder (tarif-)vertragliche Verpflichtung vorgenommen wurde. Der Lohnsteueranspruch entsteht kraft Gesetzes, sofern ein lohnsteuerpflichtiger Lohn zur Auszahlung gelangt; das Entstehen der Steuerpflicht ist stets als entgeltlich anzusehen.

dd) Selbst wenn in den überhöhten Gehaltszahlungen im Verhältnis zu den Arbeitnehmern unentgeltliche Leistungen des Schuldners im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO liegen sollten, hat dies im Hinblick auf die entstandenen Lohnund Annexsteuern im Verhältnis zwischen dem Schuldner und dem Finanzamt nicht die Unentgeltlichkeit der hinsichtlich der einbehaltenen Lohn- und Annexsteuern bestehenden Abführungspflicht zur Folge.

c) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich insoweit kein Widerspruch zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Februar 2014 (ZIP 2014, 1396 Rn. 38), wonach in der Insolvenz des Arbeitgebers ein Anfechtungsanspruch nach § 131 Abs. 1 InsO gegen den Arbeitnehmer sich auf den erhaltenen Nettolohn beschränke. Dabei handelt es sich um ein obiter dictum, nachdem der Insolvenzverwalter in dem vom Bundearbeitsgericht entschiedenen Fall mit der Anfechtungsklage allein den Nettolohn zurückforderte (BAG, aaO Rn. 3, 9). Das Senatsurteil vom 22. Januar 2004 (IX ZR 39/03, BGHZ 157, 350, 358 f) betrifft - entgegen der Annahme der Revision - nicht die Frage, ob der Arbeitnehmer tauglicher Anfechtungsgegner auch hinsichtlich der auf den Lohn entfallenden Steuern ist, sondern allein die Gläubigerbenachteiligung. Aus den dortigen Ausführungen zum Vorliegen der Gläubigerbenachteiligung durch die Abführung von Lohnsteuer an den Anfechtungsgegner ergeben sich keine Erkenntnisse für die im Streitfall maßgebliche Anfechtung unentgeltlicher Leistungen nach § 134 InsO.

B. Zur Revision des Beklagten:

Die Revision des Beklagten ist unbegründet, soweit er sich gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 164.750,46 € wegen abgeführter Lohn- und Annexsteuern für T. B. , H. B. , S. G. und M. R. wendet. Soweit sich der Beklagte gegen seine Verurteilung zur Zahlung von 220.400 €

wegen der Umsatzsteuervorauszahlung des Schuldners betreffend die Rechnung der T.

B. GmbH wendet, führt die Revision zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

1. Das Berufungsgericht hat gemeint, dass die Begründung von Lohnsteuerforderungen im Zusammenhang mit Gehaltszahlungen an vier in persönlicher Verbindung zu den Organmitgliedern oder Arbeitnehmern des Schuldners stehenden Personen in den Jahren 2017 bis 2019 der Anfechtung nach § 134 InsO unterliege. Bei den Arbeitsverhältnissen mit T. B. , H. B. , S. G. und M. R. habe es sich um Scheingeschäfte im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB gehandelt. Den vom Schuldner gezahlten Arbeitsentgelten habe keinerlei Arbeitsleistung gegenübergestanden; es sei den Beteiligten der genannten Arbeitsverhältnisse allein darum gegangen, den äußeren Schein eines Rechtsgeschäfts hervorzurufen, dessen Rechtsfolgen jedoch nicht eintreten sollten. Die auf reine Scheinarbeitsverhältnisse geleisteten Zahlungen begründeten nicht bereits kraft Gesetzes im Zeitpunkt der Zahlung des vermeintlichen Arbeitslohns eine Lohnsteuerschuld. Die maßgebliche gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners liege erst in der jeweiligen Lohnsteueranmeldung gemäß § 41a EStG. Die in der Steueranmeldung liegende Leistung des Schuldners sei mangels ausgleichender Gegenleistung unentgeltlich im Sinn des § 134 InsO. Maßgeblich für die Beurteilung der Unentgeltlichkeit seien die Grundsätze für eine Anfechtung nach § 134 InsO im Zwei-Personen-Verhältnis. Die Anmeldung materiell-rechtlich nicht geschuldeter Lohnsteuer erfolge losgelöst von der Rechtsbeziehung zwischen dem Schuldner als Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer und führe infolge der Bescheidwirkung der Lohnsteueranmeldung zu einem von diesem unabhängigen Haftungsanspruch des Fiskus gegen den Schuldner. Durch die rechtsgrundlose Lohnsteueranmeldung habe der Schuldner keine anderen ausgleichenden Vermögenswerte seitens des Fiskus erlangt; insbesondere komme im Hinblick auf die öffentlich-rechtliche Natur der Begründung der Steuerforderung kein Anspruch nach § 812 BGB in Betracht. Eine innerhalb der Fristen des § 41c Abs. 3 EStG mögliche Korrektur der Steueranmeldung hätte nicht zur Kompensation der Minderung des Schuldnervermögens führen können. Darauf, ob die vom Insolvenzschuldner erbrachten Zuwendungen an die genannten Personen schenkungssteuerpflichtig gewesen wären, komme es nicht an. Eine etwaige Schenkungssteuer sei sowohl der Höhe nach als auch nach der Erhebungsform grundverschieden von der im Streitfall gegenständlichen Lohnsteuer als Erhebungsform der Einkommensteuer. Der Schuldner habe durch die Anmeldung der Lohnsteuer daher keine gleichwertige Befreiung von einer Schenkungssteuerverbindlichkeit erlangt, welche die Unentgeltlichkeit beseitigen könnte.

Ebenfalls erfolgreich sei eine Anfechtung nach § 134 InsO im Hinblick auf nachträglich durch den Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 16. Februar 2018 festgesetzte Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 25.855,94 € für Nettogehaltszahlungen an T. B. in den Jahren 2013 bis 2016. Die maßgebliche gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung des Schuldners liege insoweit in der unterlassenen Einlegung eines Einspruchs gegen den Haftungs- und Nachforderungsbescheid, infolge dessen der Bescheid in Bestandskraft erwachsen und ein gesetzliches Schuldverhältnis mit entsprechender Steuerpflicht des Schuldners begründet worden sei. Ein Einspruch gegen den Haftungs- und Nachforderungsbescheid wäre hinsichtlich der für T. B. festgesetzten Lohnsteuer nebst Solidaritätszuschlag aussichtsreich gewesen, weil es sich um ein nicht lohnsteuerpflichtiges Scheinarbeitsverhältnis gehandelt habe. Das Unterlassen des Einspruchs habe auch zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt.

2. Das Berufungsgericht hat außerdem einen Anfechtungsanspruch nach

§ 134 Abs. 1 InsO im Hinblick auf die Begründung einer Umsatzsteuerschuld des Schuldners infolge der Zahlung auf die Rechnung der T.

B.

GmbH vom 15. Juli 2019 bejaht. Die Umsatzsteuervoranmeldung stehe einem Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich, so dass die nachfolgende Zahlung des Schuldners auf die durch die Voranmeldung geschaffene Zahlungsverpflichtung nicht unentgeltlich sei. Als anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners komme aber die Begründung der Umsatzsteuerschuld durch Erbringung der zugrundeliegenden Leistung oder die Anmeldung der Umsatzsteuer nach § 18 UStG in Betracht. Der Schuldner sei nicht nach § 13b Abs. 5 UStG Steuerschuldner der Umsatzsteuer gewesen, weil die gegenständliche Maklerleistung nicht von einem im Ausland ansässigen Unternehmer erbracht worden sei. Im Hinblick darauf, dass der vermittelte Kaufvertrag betreffend das Grundstück des Schuldners bereits am 28. März 2019 beurkundet worden sei, sei es ausgeschlossen, dass die erst am 26. März 2019 gegründete T.

B. GmbH mit Sitz in der Schweiz noch nennenswerte Leistungen im Hinblick auf die Käufersuche und Kaufpreisverhandlungen erbracht habe. Die Maklerleistungen seien vielmehr durch die in Deutschland ansässige T.

G. GmbH erbracht worden, die richtigerweise nach § 13a UStG Schuldner der Umsatzsteuer gewesen sei.

Die in der Anmeldung der Umsatzsteuer liegende Rechtshandlung sei auch unentgeltlich gewesen. Zwar scheide eine unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO bereits dann aus, wenn der Schuldner eine Verpflichtung zur Zahlung von Umsatzsteuer angenommen habe. Im Streitfall sei der Schuldner aber gerade nicht vom Bestehen seiner Umsatzsteuerschuld überzeugt gewesen, sondern habe vielmehr erhebliche Zweifel daran gehabt. Dies ergebe sich aus dem Schreiben des Steuerberaters des Schuldners vom 18. Oktober 2019 an die Finanzbehörde, in dem eine entsprechende Umsatzsteuervoranmeldung nur deswegen angekündigt worden sei, weil der Sachverhalt bislang nicht abschließend habe aufgeklärt werden können.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten einer rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass die Zahlung von Lohn- und Annexsteuern nach vorheriger Lohnsteueranmeldung in den Jahren 2017 bis 2019 im Zusammenhang mit "Gehaltszahlungen" an T. B. , H. B. , S. G. und M. R. und die Zahlung von Lohn- und Annexsteuern nach Festsetzung durch Steuerbescheid vom 16. Februar 2018 für die Jahre 2013 bis 2016 im Zusammenhang mit "Gehaltszahlungen" an T. B. als unentgeltliche Leistungen des Schuldners nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar sind.

a) Die anfechtbare Leistung des Schuldners im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO liegt in der Abführung der Lohn- und Annexsteuern nach vorheriger eigener Steueranmeldung und in der Zahlung nach Festsetzung der Steuer durch Steuerbescheid vom 16. Februar 2018. Sie ist unentgeltlich, weil keine gesetzliche Verbindlichkeit bestand und es sich bei den aus den Steueranmeldungen und dem Steuerbescheid folgenden Verbindlichkeiten um unentgeltlich begründete Verpflichtungen handelt.

b) Eine Entgeltlichkeit der Zahlungen ergibt sich - anders als bei der Zahlung von Lohn- und Annexsteuern im Zusammenhang mit Gehaltszahlungen für H.

R. , M. B. und G. R.

- nicht schon daraus, dass die Steuern materiell-rechtlich entstanden waren. Mit Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass materiell-rechtlich keine Lohn- und Annexsteuern entstanden waren, weil die "Gehaltszahlungen" im Rahmen von nur zum Schein abgeschlossenen Arbeitsverhältnissen zwischen dem Schuldner und T.

B. , H. B. , S. G. und M. R. geflossen waren.

aa) Aufgrund von Scheinarbeitsverhältnissen vorgenommene "Gehaltszahlungen" stellen keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG dar und können daher nicht gemäß § 38 Abs. 2 Satz 2 EStG zum Entstehen von Lohnsteuer führen. Gemäß § 41 Abs. 2 Satz 1 AO sind Scheingeschäfte und Scheinhandlungen für die Besteuerung unerheblich. Scheingeschäfte entfalten im Steuerrecht wie im Zivilrecht keine Wirkungen. Ein nur zum Schein abgeschlossenes Arbeitsverhältnis ist dementsprechend steuerlich unerheblich. Eine Pflicht des Arbeitgebers zur Anmeldung und Abführung von Lohnsteuer (§ 41a Abs. 1 Satz 1 EStG) für nur zum Schein gezahlten Arbeitslohn besteht infolgedessen nicht.

Das Berufungsgericht hat auch nicht den Regelungsgehalt des § 41 AO verkannt. Nach § 41 Abs. 1 AO ist es wegen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise im Steuerrecht für die Besteuerung unerheblich, ob ein Rechtsgeschäft nach Maßgabe des Zivilrechts unwirksam ist oder wird, solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Demgegenüber regelt § 41 Abs. 2 AO die steuerlichen Folgen von Scheingeschäften oder Scheinhandlungen, bei denen die Parteien die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen gerade nicht eintreten lassen wollen. Das Berufungsgericht hat entsprechend seiner Annahme, dass Scheingeschäfte vorlagen, folgerichtig die Regelung des § 41 Abs. 2 AO angewandt. Auf die auf § 41 Abs. 1 AO gestützten Rügen der Revision kommt es deswegen nicht an.

bb) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass die vorgenommenen Lohnsteueranmeldungen für T. B. , H. B. , S. G. und M. R. im Rahmen von Scheingeschäften erfolgten.

(1) Der Begriff des Scheingeschäfts in § 41 Abs. 2 AO entspricht der Definition in § 117 BGB (vgl. BFHE 198, 208, 213; Klein/Ratschow, AO, 18. Aufl., § 41 Rn. 40, 42; Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 2025, § 41 AO Rn. 211). Ein Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, dagegen die damit verbundene Rechtswirkung nicht eintreten lassen wollen. Wollen die Parteien des "Arbeitsvertrags" nicht, dass der "Arbeitnehmer" aufgrund dieses Vertrags überhaupt eine Arbeit zu verrichten hat, beabsichtigen sie nicht, den Eintritt der rechtlichen Verpflichtungen und Folgen der von ihnen abgegebenen Willenserklärungen herbeizuführen, wonach sich eine Seite zur Leistung von Arbeit für die andere Seite verpflichtet und diese ihr als Gegenleistung dafür Arbeitsentgelt zahlen soll. Daher ist ein Arbeitsvertrag als Scheingeschäft nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig, wenn zwischen den Parteien bei Vertragsschluss Einigkeit darüber besteht, dass das vereinbarte Entgelt ganz oder zumindest teilweise nicht als Gegenleistung für die Erbringung einer Arbeitsleistung, sondern aus anderen Gründen gezahlt werden soll und eine Pflicht zur Arbeitsleistung nicht begründet wird (BAG, MDR 2021, 628; vgl. auch Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler, aaO Rn. 275).

Der maßgebende übereinstimmende innere Vorbehalt der Vertragspartner kann nur anhand äußerer Umstände festgestellt werden. Entscheidende Bedeutung kommt dabei dem Umstand zu, dass die Parteien die notwendigen Folgerungen aus dem Vertrag bewusst nicht ziehen oder die mit dem betreffenden Rechtsgeschäft verbundenen Rechtsfolgen nicht eintreten lassen.

(2) Das Berufungsgericht hat sich anhand der vom Kläger vorgetragenen Indizien die Überzeugung davon gebildet, dass die Parteien die mit einem Arbeitsvertrag verbundenen Verpflichtungen, die nicht nur in der Zahlung von Ver- gütung, sondern als Hauptleistung in der Erbringung von Arbeitsleistung bestehen, nicht haben eintreten lassen wollen. Der Kläger hat vorgetragen, dass keine der genannten Personen den Mitarbeitern des Schuldners bekannt war; dass weder Mitarbeiter in der Verwaltung des Schuldners noch Mitarbeiter einzelner Einrichtungen und die aktuelle Geschäftsführung des Schuldners irgendwelche Arbeitsleistungen der genannten Personen feststellen oder bestätigen konnten; dass kein Arbeitsplatz für die genannten Personen eingerichtet war; dass die genannten Personen - anders als alle anderen Mitarbeiter des Insolvenzschuldners - über keine dienstliche E-Mail-Adresse beim Insolvenzschuldner verfügten und dass sich in den Personalakten keinerlei Hinweise wie Urlaubs- oder Krankmeldungen auf ein gelebtes Arbeitsverhältnis befanden. Ferner hat der Kläger für S. G. und M. R. jeweils erstinstanzliche arbeitsgerichtliche Urteile vorgelegt, ausweislich derer beide zur Rückzahlung des Nettoarbeitslohns verurteilt worden waren, weil lediglich Scheinarbeitsverhältnisse vorgelegen hätten. Dabei hat das Berufungsgericht zutreffend darauf abgestellt, dass die Parteien das zum Schein abgeschlossene Arbeitsverhältnis gerade nicht wie vereinbart durchführen wollten. Insbesondere sollte die "Gehaltszahlung" nicht im weitesten Sinn für ein Zurverfügungstellen der Arbeitskraft geleistet werden.

(3) Die hierauf gestützte Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts lässt keinen revisiblen Rechtsfehler erkennen. Die Prüfung des Vorliegens eines Scheingeschäfts unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung des Tatsachengerichts. Die revisionsrechtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob das Berufungsgericht die Vorschriften über die Auslegung richtig angewandt hat oder ob dabei gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen worden ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2021 - IX ZR 223/20, WM 2022, 2088 Rn. 16 mwN; zum Scheingeschäft BGH, Urteil vom 7. Juli 1980 - III ZR 28/79, WM 1980, 1085, 1087; BFH, HFR 2006, 195, 196; BAG, NZA 2021, 37 Rn. 15). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält das Berufungsurteil stand.

Bei der Würdigung der vom Kläger vorgetragenen Indiztatsachen hat das Berufungsgericht auch nicht die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast verkannt. Wer sich auf die Nichtigkeit eines Geschäfts nach § 117 Abs. 1 BGB beruft, trägt für den Scheincharakter des Geschäfts die Beweislast. Dies gilt auch für die Behauptung, bei einem Arbeitsvertrag habe es sich um ein Scheingeschäft gehandelt. Dem entspricht, dass den anfechtenden Insolvenzverwalter die primäre Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer unentgeltlichen Leistung trifft (BAG, ZIP 2014, 2519 Rn. 23). Es reicht aus, wenn die darlegungspflichtige Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, die geltend gemachte Rechtslage als entstanden erscheinen zu lassen. Die vom Kläger vorgetragenen Tatsachen hat der Beklagte nicht ausreichend bestritten. Die in diesem Zusammenhang von der Revision erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft, aber nicht für durchgreifend erachtet.

Entgegen der Annahme der Revision hat das Berufungsgericht nicht lediglich festgestellt, dass keine Arbeitsleistung erbracht worden sei, und dabei keine Feststellungen zum Willen der Vertragsparteien beim Vertragsschluss getroffen. Vielmehr hat das Berufungsgericht aus den äußeren Umständen auf den übereinstimmenden inneren Vorbehalt der Parteien geschlossen. Ebenso wenig greift die Rüge der Revision durch, das Berufungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Annahme eines Scheingeschäfts entgegenstehe, dass der Schuldner für die genannten Personen Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer abgeführt habe. Denn die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge und Lohnsteuer diente lediglich dazu, den äußeren Anschein eines Arbeitsverhältnisses zu wahren, dessen Rechtsfolgen die Parteien aber im Hinblick auf die Hauptleistungspflichten nicht eintreten lassen wollten.

c) Eine Entgeltlichkeit der Zahlungen folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Schuldner aufgrund der vorgenommenen Steueranmeldungen und der Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid vom 16. Februar 2018 zur Zahlung der Steuern verpflichtet war. Im Streitfall handelt es sich bei den hieraus folgenden Verbindlichkeiten um unentgeltlich begründete Verpflichtungen.

aa) Allerdings ergibt sich eine eigene Verbindlichkeit des Schuldners unabhängig davon, ob die Lohn- und Annexsteuern materiell-rechtlich entstanden sind, aus den von ihm vorgenommenen Steueranmeldungen und dem Steuerbescheid vom 16. Februar 2018. Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) sind gemäß § 218 Abs. 1 Satz 1 AO die Steuerbescheide; die Steueranmeldungen (§ 168 AO) stehen den Steuerbescheiden gleich (§ 218 Abs. 1 AO; BFHE 237, 296 Rn. 19 mwN). Dies gilt auch dann, wenn sie materiell-rechtlich unrichtig sind. Der Steuerbescheid oder die Steueranmeldung bringen den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis zwar nicht zum Entstehen; dieser entsteht vielmehr bereits kraft Gesetzes mit der Verwirklichung des Steuertatbestands (Klein/Werth, AO, 18. Aufl., § 218 Rn. 2). Soweit die Steuerfestsetzung jedoch von der tatsächlich entstandenen Steuer abweicht, wirkt der Steuerbescheid konstitutiv. Er schafft zwar keine Steuerschuld, stellt sie aber bestandskraftfähig fest, sodass die betroffene Person sie erfüllen muss, als wenn sie entstanden wäre (§ 218 Abs. 1 AO; Klein/Rüsken, AO, 18. Aufl., § 155 Rn. 6). Auch der Entrichtungsanspruch aufgrund der Lohnsteueranmeldung durch den Arbeitgeber gemäß § 41a Abs. 1 EStG steht nach § 168 Satz 2 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich; insoweit ist anerkannt, dass der Arbeitgeber deshalb gegen seine LohnsteuerAnmeldungen Einspruch einlegen und Klage erheben kann (vgl. BFHE 260, 526 Rn. 11 mwN).

bb) Weiter stellt die Zahlungsverpflichtung aus einer vom Schuldner vorgenommenen Steueranmeldung oder aus einem Steuerbescheid regelmäßig eine entgeltlich begründete Verbindlichkeit des Schuldners dar. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Steueranmeldung oder der Steuerbescheid materiell-rechtlich unrichtig sind.

Dass eine mit der Steueranmeldung oder dem Steuerbescheid verbundene Verbindlichkeit materiell-rechtlich unzutreffend sein kann, rechtfertigt es nicht, allein wegen dieser Abweichung eine unentgeltlich begründete Verbindlichkeit anzunehmen. Dem steht entgegen, dass Steuerbescheide und die ihnen gemäß § 218 Abs. 1 Satz 2 AO gleichstehenden Steueranmeldungen (§ 168 AO) die Grundlage für die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) sind (BFHE 237, 296 Rn. 19 mwN). Auch wenn die Steueranmeldung oder Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid von der tatsächlich entstandenen Steuer abweicht, wird die Steuerschuld bestandskraftfähig festgestellt.

cc) Unentgeltlichkeit ist aber in dem Ausnahmefall anzunehmen, wenn der Schuldner an der Begründung einer ihn treffenden Verbindlichkeit mitwirkt und mit der Steueranmeldung oder der Festsetzung der Steuer durch Steuerbescheid der Bereich überschritten wird, in dem bei objektiver Würdigung eine Verpflichtung zur Steuerzahlung angenommen werden kann. Dies führt ausnahmsweise zu einer unentgeltlich begründeten Verbindlichkeit. Voraussetzung ist, dass bei objektiver Würdigung des Sachverhalts und der Rechtslage offenkundig ist und keine ernsthaften Zweifel daran bestehen können, dass eine Steuerschuld materiell-rechtlich nicht in Betracht kommt. In diesem Fall handelt der Schuldner auf Kosten seiner anderen Gläubiger objektiv freigiebig.

(1) Die Frage, ob eine unentgeltliche Leistung vorliegt, ist objektiv zu beurteilen. Daher folgt eine Entgeltlichkeit nicht allein aus einer zuvor vom Schuldner geschaffenen Verpflichtung zur Leistung. Insoweit ist anerkannt, dass eine unentgeltliche Leistung auch dann vorliegt, wenn die Beteiligten den Anschein der Entgeltlichkeit setzen, um die unentgeltliche Zuwendung des Schuldners zu verschleiern (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 1993 - IX ZR 96/92, ZIP 1993, 1170, 1173; vom 22. Oktober 2020 - IX ZR 208/18, ZIP 2020, 2348 Rn. 24; Schmidt/Ganter/Weinland, InsO, 20. Aufl., § 134 Rn. 66). Insoweit liegt eine verdeckte Schenkung vor, die nach § 134 InsO anfechtbar ist. Ebenso unentgeltlich sind Leistungen zur Erfüllung des Anspruchs aus § 661a BGB aufgrund einer Gewinnzusage (BGH, Urteil vom 13. März 2008 - IX ZR 117/07, ZIP 2008, 975 Rn. 6, 9). Unentgeltlich ist schließlich die Besicherung einer unentgeltlich begründeten Verbindlichkeit, etwa durch ein abstraktes Schuldversprechen (vgl. BGH, Urteil vom 18. März 2010 - IX ZR 57/09, ZIP 2010, 841 Rn. 11).

Gleiches kann für durch Steueranmeldung oder Steuerbescheid begründete Verbindlichkeiten gelten. Allerdings ist hierbei zum Schutz der Bestandskraftfähigkeit von Steueranmeldungen und Steuerbescheiden und wegen der für den Schuldner bestehenden Möglichkeiten, eine Steuerfestsetzung - etwa mittels einer berichtigten Lohnsteueranmeldung (§ 153 Abs. 1 AO), eines Aufhebungsoder Änderungsantrags (§ 164 Abs. 2 Satz 2 AO), eines Einspruchs (§§ 347 ff AO) oder durch das Finanzamt nach den allgemeinen Korrekturvorschriften (vgl. Brandis/Heuermann/Heuermann, Ertragssteuerrecht, 2024, § 41a EStG Rn. 25; Schmidt/Krüger, EStG, 44. Aufl., § 41a Rn. 9) - abzuändern oder überprüfen zu lassen, Zurückhaltung geboten.

(2) Auf dieser Grundlage führt eine von der tatsächlich entstandenen Steuer abweichende Steueranmeldung oder die Festsetzung einer von der materiellen Rechtslage abweichenden Steuer durch Steuerbescheid erst dann zur Unentgeltlichkeit der Verbindlichkeit, wenn hierfür bei objektiver Würdigung des Sachverhalts und der Rechtslage offenkundig keine Grundlage besteht. Hierfür spricht, dass sowohl die Steueranmeldung durch den Schuldner als auch die Mitwirkung des Schuldners bei der Steuerfestsetzung durch Steuerbescheid Zweifelsfragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufwerfen können. Die dabei auftretenden Bewertungsfragen rechtfertigen es nicht, jede Abweichung von der materiellen Steuerschuld als eine unentgeltliche Leistung anzusehen. Handlungen des Schuldners, die dazu führen, eine bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit über die Steuerfestsetzung zu beseitigen, genügen deshalb - wenn sie innerhalb der von objektiver Ungewissheit gekennzeichneten Lage bleiben - nicht, um die Erfüllung der daraus folgenden Verbindlichkeit als eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 134 InsO zu behandeln. Denn der Steuerschuldner ist gegenüber der Finanzverwaltung verpflichtet, die für die Besteuerung erforderlichen Tatsachen zutreffend und vollständig zu erklären.

Anders ist es, wenn der Schuldner diesen Bereich objektiver Ungewissheit verlässt. Trägt der Schuldner durch eigenes Verhalten dazu bei, dass ein bei objektiver Betrachtung offenkundig und ohne ernsthaften Zweifel von der materiellen Rechtslage abweichender Steuerbescheid ergeht, oder begründet er durch eine eigene Steueranmeldung eine bei objektiver Betrachtung offenkundig von der materiellen Rechtslage abweichende Zahlungsverpflichtung, ist der Anwendungsbereich des § 134 Abs. 1 InsO eröffnet. Indem der Schuldner durch sein Verhalten dazu beiträgt, trotz offenkundig und ohne ernsthaften Zweifel nicht bestehender Steuerpflicht eine bestandskraftfähige Festsetzung der Steuerschuld herbeizuführen, zeigt sich der Schuldner gegenüber dem Steuergläubiger auf Kosten seiner anderen Gläubiger objektiv freigiebig. § 134 Abs. 1 InsO beruht auf der gesetzgeberischen Wertung, dass ein in Vermögensverfall geratener Schuld- ner sich nicht auf Kosten seiner Gläubiger objektiv freigiebig zeigen dürfe. Entscheidender Gesichtspunkt ist, dass der Schuldner, statt seine Gläubiger zu befriedigen, diesen durch die unentgeltliche Leistung Mittel entzogen hat, die andernfalls im Zeitpunkt der Insolvenz zu ihrer Befriedigung zur Verfügung gestanden hätten (BGH, Urteil vom 20. April 2017 - IX ZR 252/16, BGHZ 214, 350 Rn. 10).

(3) Insoweit ist die Frage der Unentgeltlichkeit von insbesondere durch Steueranmeldung, aber auch durch einen Steuerbescheid begründeten Verbindlichkeiten vergleichbar mit der aus einem Vergleich folgenden Verbindlichkeit. Der Senat hat bereits entschieden, dass ein zwischen dem Schuldner und einem Insolvenzgläubiger vorinsolvenzlich geschlossener Vergleich keine unentgeltliche Leistung enthält und deswegen nicht nach § 134 Abs. 1 InsO anfechtbar ist, wenn der Vergleich abgeschlossen wurde, um die bei verständiger Würdigung des Sachverhalts oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit darüber, was der Gesetzeslage entspricht, durch gegenseitiges Nachgeben zu beseitigen (BGH, Urteil vom 9. November 2006 - IX ZR 285/03, NZI 2007, 101 Rn. 17). Dadurch wird den Parteien für ihr gegenseitiges Nachgeben ein Ermessens- und Bewertungsspielraum eingeräumt. Ein Vergleichsschluss kann erst dann als unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO angefochten werden, wenn der Vergleichsinhalt den Bereich verlässt, der bei objektiver Beurteilung ernstlich zweifelhaft sein kann (BGH, Urteil vom 9. November 2006, aaO Rn. 16 f).

(4) Der Beschluss des Senats vom 9. Oktober 2014 (IX ZR 294/13, ZInsO 2015, 305, 306 mwN) steht dem nicht entgegen. Soweit der Senat darin für Umsatzsteuerverbindlichkeiten darauf abgestellt hat, ob der Schuldner wenigstens eine solche Zahlungsverpflichtung angenommen hat, setzt dies eine - in jener Entscheidung vorhandene - ausreichende objektive Grundlage für das Bestehen einer Steuerverbindlichkeit voraus. Soweit dieser Entscheidung entnommen werden könnte, dass allein die subjektive Vorstellung des Schuldners von einer Steuerschuld zur Entgeltlichkeit der Leistung führt, hält der Senat hieran nicht fest.

dd) Im Streitfall liegen die Voraussetzungen für die Einordnung als unentgeltlich begründete Verbindlichkeit vor. Der Schuldner hat durch Lohnsteueranmeldungen in den Jahren 2017 bis 2019 im Zusammenhang mit "Gehaltszahlungen" an T. B. , H. B. , S.

G. und M. R. eigene Verbindlichkeiten begründet, die in offenkundigem Widerspruch zur materiellen Rechtslage stehen. Nachdem Arbeitsverhältnisse mit den genannten Personen nicht bestanden, war der Schuldner weder zur Zahlung von Arbeitslohn noch zur Anmeldung und Abführung von Lohnsteuer verpflichtet. Die gleichwohl vom Schuldner nach vorheriger Steueranmeldung vorgenommenen Zahlungen lassen nur den Schluss darauf zu, dass der Schuldner damit auf Kosten seiner anderen Gläubiger eine objektiv freigiebige Leistung vornahm. Die Steuerzahlung diente objektiv nicht dazu, materiell-rechtlich entstandene Lohn- und Annexsteuern an den Beklagten abzuführen, sondern dazu, das Vorhandensein von Scheinarbeitsverhältnissen zu verdecken. Gleiches gilt im Hinblick auf die Festsetzung von Lohn- und Annexsteuern für die Jahre 2013 bis 2016 im Zusammenhang mit "Gehaltszahlungen" an T. B. durch Steuerbescheid vom 16. Februar 2018. Auch insoweit bestand offenkundig keine Verpflichtung zur Zahlung von Lohnsteuer. Gleichwohl hat der Schuldner im Rahmen der Lohnsteuerau- ßenprüfung den Sachverhalt bezüglich des nur zum Schein abgeschlossenen Arbeitsverhältnisses mit T. B. nicht aufgeklärt und nach Erlass des Steuerbescheids hiergegen kein Rechtsmittel eingelegt.

d) Entgegen der Auffassung der Revision hindert der Umstand, dass der Haftungs- und Nachforderungsbescheid vom 16. Februar 2018 die Lohnsteuer bestandskräftig festgesetzt hat, die Anfechtbarkeit nicht (§ 141 InsO; MünchKomm-InsO/Kayser/Freudenberg, 4. Aufl., § 129 Rn. 27; Uhlenbruck/Borries/ Hirte, InsO, 15. Aufl., § 129 Rn. 127). Insbesondere liegt insoweit kein Verstoß gegen die Tatbestandswirkung von Verwaltungsakten (vgl. BGH, Beschluss vom 12. Januar 2006 - IX ZB 29/04, WM 2006, 779 Rn. 7) vor. Bestand und Inhalt eines wirksamen Verwaltungsakts werden durch die Prüfung, ob die hierauf beruhenden Leistungen des Schuldners anfechtbar sind, nicht in Frage gestellt.

2. Mit Erfolg wendet sich der Beklagte allerdings gegen seine Verurteilung zur Zahlung vom 220.400 € wegen der Umsatzsteuervorauszahlung des Schuldners betreffend die Rechnung der T.

B. GmbH.

a) Die Leistung des Schuldners im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO liegt in der Abführung von Umsatzsteuer nach vorheriger eigener Steueranmeldung.

b) Maßgeblich sind auch insoweit die Grundsätze der Schenkungsanfechtung im Zwei-Personen-Verhältnis. Der Schuldner hat mit der Zahlung eine eigene, sich aus der Steueranmeldung ergebende Verbindlichkeit erfüllt.

c) Rechtsfehlerhaft bejaht das Berufungsgericht eine Unentgeltlichkeit der Leistung im Sinne des § 134 Abs. 1 InsO.

aa) Eine Entgeltlichkeit der Zahlung ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass die Steuern materiell-rechtlich geschuldet waren. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass der Schuldner nicht nach § 13b Abs. 5 UStG Steuerschuldner der Umsatzsteuer gewesen ist, weil die gegenständliche Vermittlungsleistung nicht durch die in der Schweiz ansässige T.

B. GmbH, sondern durch die T.

G. GmbH mit Sitz in F.

erbracht worden ist.

(1) Regelmäßig ergibt sich aus den abgeschlossenen zivilrechtlichen Vereinbarungen, wer bei einem Umsatz als Leistender anzusehen ist. Leistender ist in der Regel derjenige, der die Leistungen oder sonstigen Lieferungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausgeführt hat (BFHE 198, 208, 212).

(2) Ausgehend hiervon hat das Berufungsgericht bei der Ermittlung der Person des Leistenden die Vereinbarung vom 1. November 2018 zwischen dem Schuldner und der T.

G. GmbH mit Sitz in F.

,

die tatsächlichen Geschehensabläufe betreffend den vermittelten Verkauf des Grundstücks am 28. März 2019 und die Rechnung der T.

B.

GmbH mit Sitz in der Schweiz vom 15. Juli 2019 berücksichtigt. Hierbei hat es unter lebensnaher Betrachtungsweise angenommen, dass die geschuldeten Vermittlungsleistungen in Anbetracht der zeitlichen Abläufe tatsächlich von der T.

G. GmbH in F.

und nicht von der erst am

26. März 2019 gegründeten T.

B. GmbH erbracht worden sind. Dies begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken.

bb) Jedoch genügen die tatrichterlichen Feststellungen nicht, um trotz der vom Schuldner vorgenommenen Steueranmeldung eine Unentgeltlichkeit anzunehmen.

(1) Soweit das Berufungsgericht eine unentgeltliche Leistung deshalb bejaht, weil der Schuldner erhebliche Zweifel am Bestehen der Umsatzsteuerschuld hatte, ist dies rechtsfehlerhaft. Insbesondere folgt ein solcher Maßstab nicht aus dem Beschluss des Senats vom 9. Oktober 2014 (IX ZR 294/13, ZInsO 2015, 305 Rn. 3 mwN). Maßgeblich für die Anwendung des § 134 Abs. 1 InsO ist vielmehr, ob der Schuldner durch eine eigene Steueranmeldung eine bei objektiver Betrachtung offenkundig und ohne ernsthafte Zweifel von der materiellen Rechtslage abweichende Zahlungsverpflichtung begründet hat (siehe oben Rn. 51 ff).

(2) Zu prüfen ist daher, ob die materiell-rechtlich unzutreffende Umsatzsteuervoranmeldung bei objektiver Betrachtung den Bereich verlässt, der als zweifelhaft angesehen werden kann, so dass der Schluss gerechtfertigt ist, dass der Schuldner mit der Zahlung auf Kosten seiner anderen Gläubiger eine objektiv freigiebige Leistung vornahm. Ob dies der Fall ist, lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht abschließend entscheiden.

C.

Das angefochtene Urteil hat danach keinen Bestand, soweit der Beklagte zur Zahlung von 220.400 € nebst Zinsen verurteilt worden ist. Es ist insoweit und im Kostenpunkt aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache insoweit nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Schoppmeyer Schultz RiBGH Dr. Schultz ist wegen Urlaubs gehindert zu signieren.

Schoppmeyer Harms RiBGH Dr. Harms ist wegen Urlaubs gehindert zu signieren Schoppmeyer Kunnes Selbmann Vorinstanzen: LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 19.09.2022 - 2-04 O 232/21 OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 31.01.2024 - 4 U 248/22 - IX ZR 32/24 Verkündet am: 31. Juli 2025 Preuß, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

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Paragraphen in IX ZR 32/24

Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit Paragraph
24 134 InsO
13 38 EStG
10 41 EStG
8 41 AO
5 117 BGB
5 19 EStG
4 168 AO
4 218 AO
3 42 EStG
3 13 UStG
2 37 AO
2 38 AO
1 3 AO
1 153 AO
1 164 AO
1 347 AO
1 661 BGB
1 812 BGB
1 2 EStG
1 129 InsO
1 131 InsO
1 141 InsO
1 18 UStG
1 562 ZPO
1 563 ZPO

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