IX ZR 226/18
BUNDESGERICHTSHOF IX ZR 226/18 BESCHLUSS vom 21. Februar 2019 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2019:210219BIXZR226.18.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Kayser, die Richterin Lohmann, den Richter Prof. Dr. Pape, die Richterin Möhring und den Richter Röhl,
am 21. Februar 2019 beschlossen:
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den die Berufung zurückweisenden Beschluss des Kammergerichts vom 12. Juni 2018 wird abgelehnt.
Gründe:
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Berufungsgerichts wäre unzulässig, weil die bis zum 12. November 2018 verlängerte Frist zur Begründung des Rechtsmittels (§ 544 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 3 ZPO) abgelaufen ist, ohne dass eine von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt (vgl. § 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO) gefertigte Rechtsmittelbegründung beim Bundesgerichtshof eingegangen ist. Der den Beklagten vertretende Rechtsanwalt hat nach frist- und formgerechter Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 1 Satz 2 ZPO) vor Ablauf der verlängerten Begründungsfrist das Mandat niedergelegt. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen schuldloser Fristversäumung (§§ 233 ff ZPO) käme nur in Betracht, wenn bis zum Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist nicht nur ein Prozesskostenhilfegesuch eingereicht, sondern auch eine ordnungsgemäß ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den erforderlichen Belegen beigefügt worden wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015 - VII ZB 66/14, nv Rn. 6). Das war hier nicht der Fall. Dem am 12. November 2018, dem letzten Tag der Frist, eingereichten Prozesskostenhilfeantrag war die entsprechende Erklärung nicht beigefügt.
Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung am 11. Juni 2018 durch den Beklagten ließ die Verpflichtung, eine Erklärung über die wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse abzugeben, nicht entfallen. Zum einen war im vorliegenden Rechtsstreit dieser Umstand nicht bekannt. Zum anderen hat der Beklagte weder zum Inhalt der eidesstattlichen Versicherung vorgetragen noch hat er versichert, dass sich seitdem seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht geändert haben.
2. Eine Wiedereinsetzung kommt zwar grundsätzlich darüber hinaus in Betracht, sofern auch der verspätete Eingang des Prozesskostenhilfeantrags nebst Anlagen unverschuldet ist und innerhalb der Frist des § 234 ZPO nachgeholt wird (BGH, Beschluss vom 21. Februar 2002 - IX ZA 10/01, NJW 2002, 2180; vom 2. April 2008 - XII ZB 131/06, NJW-RR 2008, 1518 Rn. 13; vom 20. Mai 2015, aaO Rn. 7; vom 13. September 2016 - XI ZA 13/15, nv Rn. 4). Hierfür bedarf es nicht eines vom Beklagten allerdings auch gestellten Antrags auf Wiedereinsetzung wegen dieses Versäumnisses (BGH, Beschluss vom 20. Mai 2015, aaO; vom 13. September 2016, aaO). Hier ist aber auf der Grundlage des Inhalts des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht ausgeräumt, dass der verspätete Eingang der erforderlichen Erklärung auf einem Verschulden des Beklagten beruht.
Der Beklagte hat nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass er nicht in der Lage war, am letzten Tag der Frist die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erstellen und sie dem Bundesgerichtshof zu übermitteln. Seinem eigenen Vortrag kann schon nicht entnommen werden, dass er wegen der Erkrankung der Kinder nicht in der Lage war, die Erklärung zu fertigen. Das Ausmaß der Erkrankung der Kinder wird nicht mitgeteilt. Der Arzt bescheinigte für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes (W. ) nur, dass wegen dessen Erkrankung vom 12. bis 15. November 2018 eine Betreuung und Beaufsichtigung des Kindes notwendig sei, und für die Schule (U. ), dass diese wegen Krankheit voraussichtlich vom 13. bis zum 15. November 2018 am Schulunterricht nicht teilnehmen könne. Daraus ergibt sich nicht, dass die Erkrankungen so schwerwiegend waren, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen wäre, das Formular zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen auszufüllen.
Die eigene Erkrankung, welche ihn an der Erstellung der Erklärung gehindert habe, hat der Beklagte lediglich eidesstattlich versichert, ein ärztliches Attest hat er nicht vorgelegt. Dass ihn seine Erkrankung davon abgehalten hat, das Formular am letzten Tag der Frist auszufüllen und zu unterschreiben, ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Nach eigenem Vortrag hat er seine Verfahrensbevollmächtigte, welche unter der Wohnanschrift des Beklagten ihr Anwaltsbüro betreibt, angerufen und sie gebeten, die Erklärung wegen seiner Erkrankung nicht bei ihm abzuholen. Das widerspricht aber dem am letzten Tag der Frist beim Bundesgerichtshof eingegangenen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten, mit welchem diese für den Beklagten Prozesskostenhilfe beantragt hat. In dem Antrag verweist sie nämlich auf die "anliegende Erklärung des Antragstellers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - Anlage PKH 1 -" und macht nicht geltend, die Erklärung wegen der Erkrankung des Beklagten nicht vorlegen zu können. Es kommt hinzu, dass der Beklagte in seiner eidesstattlichen Versicherung einräumt, gedacht zu haben, die Vorlage der Erklärung zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen sei "ohnehin überflüssig", weil er bereits vor Monaten die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe, was der Bundesgerichtshof aufgrund des dort anhängigen berufsrechtlichen Verfahrens hätte wissen müssen. Danach war Grund der Fristversäumung weniger seine behauptete Erkrankung, sondern eher seine (vorwerfbar falsche) Annahme, dazu nicht verpflichtet zu sein. Dafür spricht auch, dass er nicht unmittelbar nach seiner Gesundung die Erklärung nachgereicht, sondern erst den Hinweis des Gerichts abgewartet hat.
3. Im Übrigen ist auch die Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht gewahrt. In der eidesstattlichen Versicherung macht der Beklagte geltend, am Dienstag, den 13. November 2018, seine Kinder zum Arzt gebracht zu haben, obwohl er sich noch schwach gefühlt habe. Am Mittwoch, den 14. November 2018, war er auch nach eigenen Angaben wieder gesundet. Mithin begann die Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 Abs. 2, § 222 ZPO, § 187 Abs. 1 BGB am Donnerstag, den 15. November 2018, zu laufen und endete nach § 222 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB am Mittwoch, den 28. November 2018. Demgegenüber ging der Schriftsatz mit den erforderlichen Unterlagen erst am 30. November 2018 beim Bundesgerichtshof ein.
4. Darüber hinaus böte die Nichtzulassungsbeschwerde auch in der Sache keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die im Prozesskostenhilfeantrag angekündigten Zulassungsgründe liegen nicht vor. Weder hat die Rechtssache rechtsgrundsätzliche Bedeutung, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die behaupteten Verletzungen von Verfahrensgrundrechten hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend gehalten. Die angefochtene Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Senats ab. Zwar wurden die auf dem Anderkonto des Beklagten eingehenden Zahlungen nicht Bestandteil der Insolvenzmasse im Sinne von § 35 InsO, wohl aber die Ansprüche der Masse gegen den Beklagten aus dem Treuhandvertrag.
Kayser Lohmann Pape Möhring Röhl Vorinstanzen: LG Berlin, Entscheidung vom 01.08.2017 - 85 O 52/16 KG Berlin, Entscheidung vom 12.06.2018 - 14 U 101/17 -