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21 W (pat) 28/13

BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 28/13 Verkündet am 24. Februar 2015

…

BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 10 2008 062 744.5-34 …

hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Häußler sowie der Richterin Hartlieb, der Richter Dipl.-Ing. Veit und Dipl.-Ing. Schmidt-Bilkenroth BPatG 154 05.11 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe I

Für die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2008 062 744.5 und der Bezeichnung „Elektrokabel mit optimierter Propagationszeit zur Signalübertragung“ sind am 17. Dezember 2008 die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen und am 31. Juli 2009 geänderte Anmeldungsunterlagen beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden. Die Offenlegung ist am 8. Juli 2010 mit den nachgereichten Anmeldungsunterlagen erfolgt.

Im Prüfungsverfahren sind die Druckschriften D1 DE 10 2007 023 935 A1 D2 US 2 761 137 D3 DE 10 2004 003 010 A1 D4 DE 694 35 042 T2 in Betracht gezogen worden.

In der Anhörung am 24. Oktober 2012 ist die Anmeldung zurückgewiesen worden. Im Zurückweisungsbeschluss, der fälschlicherweise vom 31. Oktober 2012 datiert, ist ausgeführt worden, dass der Gegenstand des Patentanspruchs in der dem Beschluss zugrundeliegenden Fassung gegenüber den Druckschriften D4 und D1 zwar neu sei, aber von diesen in der Zusammenschau nahegelegt werde.

Hiergegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 7. Dezember 2012 eingereichte Beschwerde des Anmelders. In diesem Schriftsatz setzt sich der Anmelder mit den im Verfahren befindlichen Druckschriften D1 bis D3 auseinander, die seiner Meinung nach der vorliegenden Erfindung nicht entgegenstehen; ein Antrag wird nicht gestellt. Ferner sind dem Beschwerde-Schriftsatz zwei Seiten eines vom Anmelder verfassten, nachveröffentlichten Aufsatzes sowie ein Blatt „Patentanspruch vom 07.12.12 / Vorschlag“ beigegeben, auf das sich der Schriftsatz jedoch nicht bezieht.

Mit Schreiben vom 8. Januar 2015 ist der Anmelder zur mündlichen Verhandlung geladen worden; ferner ist zum Beleg des Fachwissens die Druckschrift D5 ROSA, E. B.: The Self and Mutual Inductances of Linear Conductors. In: Bulletin of the Bureau of Standards. Washington, September 1907.

in das Verfahren eingeführt worden. Schließlich ist mitgeteilt worden, dass nach vorläufiger Auffassung des Berichterstatters die Beschwerde keinen Erfolg habe.

Im seinem Schriftsatz vom 15. Januar 2015 hat der Anmelder die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung bestätigt und angeregt, im Verhandlungsraum eine Schultafel mit Schreibmittel oder andere Präsentationsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

In der mündlichen Verhandlung am 24. Februar 2015 hat der Senat zu Beginn verfahrensleitend darauf hingewiesen, dass nach seiner vorläufigen Auffassung der Gegenstand des dem Zurückweisungsbeschluss zugrundeliegenden Patentanspruchs von der Druckschrift D1 in Verbindung mit dem Fachwissen nahegelegt werde. Daraufhin ist dem Anmelder ausreichend Gelegenheit gegeben worden, hierzu Stellung zu nehmen. Sodann hat der Anmelder den bereits im Beschwerdeschriftsatz eingereichten Vorschlag als neuen Patentanspruch überreicht und zur Patentfähigkeit seines Gegenstands, auch unter Zuhilfenahme einer im Verhandlungsraum befindlichen Tafel (Whiteboard) und von Schreibgeräten, vorgetragen. Insbesondere hat der Anmelder dabei ausgeführt, dass durch die geänderte Zweckangabe, wonach das beanspruchte Elektrokabel zur Signalübertragung im Niederfrequenzbereich diene, es dem Fachmann nicht naheliege, die Signalleiter als Hohlader auszubilden.

Der Senat hat zum überreichten Patentanspruch deutlich gemacht, dass er Bedenken gegen dessen Zulässigkeit hat und seinen Gegenstand auch nicht für patentfähig hält.

Der Anmelder hat in der mündlichen Verhandlung beantragt,

den angegriffenen Beschluss vom 31. Oktober 2012 aufzuheben und das Patent zu erteilen auf der Grundlage folgender Unterlagen:

- Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2015

- Beschreibung, Seiten 2 und 3, - 2 Blatt Zeichnungen, Fig. 1 bis 4, jeweils gemäß Offenlegungsschrift.

Danach lautet der Patentanspruch 1 nach Merkmalen gegliedert:

M1 Elektrokabel mit optimierter Propagationszeit zur Signalübertragung im Niederfrequenzbereich mit folgenden Merkmalen:

M2 a) Seine beiden Signalleiter sind als gleichartige runde Hohlader mit einem Metallmantel mit dem Radius r ausgeführt.

M3 b) Die Signalleiter sind parallel zueinander über die gesamte Länge l des Kabels und mit dem Mittenabstand d voneinander geführt.

M4-A c) Der Hohlraum in den Signalleitern ist entweder mit einer isolierenden Aderfüllmasse gefüllt M4-B oder besteht aus einem elastischen und isolierenden Kern.

M5 d) Geometrie des Kabels ist mit den Größen d (Mittenabstand), r (Hohlader-Radius) und l (Kabellänge) bestimmt, so dass die folgende Relation gilt:

Im Schriftsatz vom 9. März 2015 hat der Anmelder eine Wiederholung des Termins vom 24. Februar 2015 oder eine fachgerechte Berichtigung der Sachlage (Revision) seiner Beschwerde beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II

1. Die Beschwerde des Anmelders ist form- und fristgerecht erhoben worden und damit zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, denn nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erweist sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 als nicht patentfähig.

2. Die Anmeldung betrifft ein Elektrokabel mit optimierter Propagationszeit zur Signalübertragung (siehe Bezeichnung).

In der Beschreibungseinleitung verweist die Anmeldung auf die DE 10 2007 023 935 A1 (= D1), in der eine konstruktive Ausführung eines symmetrischen Elektrokabels mit folgendem Merkmal beschrieben ist: Die Induktivität gemessen an einem der beiden Kabelenden, während das andere Kabelende elektrisch kurzgeschlossen ist, und die Induktivität des Hin- und Rückleiters, während die Anschlüsse des übrig gebliebenen Signalleiters offen bleiben, sind alle untereinander gleich (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0001]).

Diesem Hinweis schließt sich in der ursprünglichen Beschreibung der Satz an: „Im Folgenden wird als eine weitere Ausführung des Kabels ein Doppelleiter mit optimierter Propagationszeit zur Signalübertragung vorgeschlagen.“ Dementsprechend ist die der Erfindung zugrundeliegende, in der am 31. Juli 2009 nachgereichten Beschreibung angegebene Aufgabe dahingehend zu verstehen, einen Doppelleiter als eine weitere Ausführung des aus der DE 10 2007 023 935 A1 bekannten Elektrokabels mit optimierter Propagationszeit zur Signalübertragung zu realisieren.

Fachmann ist ein Dipl.-Ingenieur der Elektrotechnik mit Universitätsstudium und dem Schwerpunkt Nachrichtentechnik, der über eine mehrjährige Berufserfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Elektrokabeln verfügt.

3. Der Senat hat bereits Zweifel, ob der geltende Patentanspruch 1 zulässig ist.

So ist fraglich, ob ein Elektrokabel mit dem Merkmal „seine beiden Signalleiter“ gemäß den Merkmalen M1, M2 nicht eine über die ursprüngliche Offenbarung hinausgehende Auslegung erlaubt. So können Elektrokabel im Allgemeinen neben Signalleitern noch weitere Leiter wie Schirmungs- und Masseleitern haben. Derartige Leiter sind in der Patentanmeldung nicht offenbart, im geltenden Patentanspruch aber nicht ausgeschlossen, so dass die im geltenden Patentanspruch angegebene Formulierung keinen gleichwertigen inhaltlichen Sinngehalt hat wie die im ursprünglichen Patentanspruch angegebene Formulierung, wonach das Elektrokabel als ein Doppelleiter ausgeführt ist; hierauf richten sich insbesondere auch die zugrundeliegende Aufgabe und das Ausführungsbeispiel. Denn bei der Auslegung des Patentanspruchs, bei der dessen Sinngehalt in seiner Gesamtheit und der Beitrag, den die einzelnen Merkmale zum Leistungsergebnis der Erfindung liefern, zu bestimmen sind, darf ihm nicht deshalb ein bestimmter Sinngehalt beigelegt werden, weil sein Gegenstand andernfalls gegenüber den Ursprungsunterlagen unzulässig erweitert wäre (BGH, GRUR 2012, 1124 – Polymerschaum, 1. Leitsatz). Ferner sind gemäß Merkmal M2 die Signalleiter als runde Hohlader mit einem Metallmantel ausgeführt; ursprünglich offenbart ist (siehe Offenlegungsschrift, Abs. [0002] und Anspruch 1) hingegen nur, dass die Signalleiter als runde Hohlader ausgeführt sind, d. h. ohne einen Metallmantel. Schließlich besteht der Hohlraum in den Signalleitern gemäß der Alternative M4-B aus einem elastischen und isolierenden Kern. Dies widerspricht der ursprünglichen Offenbarung, wonach der Hohlraum alternativ aus einem elastischen und isolierenden Kern besteht, der allerdings von einem Kupfermantel (siehe Offenlegungsschrift, Abs. [0002]) bzw. mit einem Metallmantel (siehe Offenlegungsschrift, Anspruch 1) umgeben ist.

Jedoch kann die Frage nach der Zulässigkeit des Patentanspruchs dahinstehen, denn sein Gegenstand ist ohnehin nicht patentfähig.

4. Die Druckschrift D1 beschreibt (siehe Patentanspruch 1) ein Elektrokabel mit optimierter Propagationszeit zur Signalübertragung im Nieder(Audio)- oder Hochfrequenzbereich, das einen symmetrischen Aufbau sowie zwei gleichartige Signalleiter als Hin- und Rückleiter aufweist [= M1]. Dabei geht die Druckschrift D1 zur näheren Betrachtung des PropagationszeitProblems auf ein Twisted-Pair-Kabel mit der Kabellänge Kl ein (siehe Fig. 1; Abs. [0002]), bei dem die Kupferadern für den Hinleiter (Lh) und für den Rückleiter (Lr) gleichwertig ausgeführt sind, so dass die daraus hergestellten Leitungen im Idealfall als symmetrisch betrachtet werden können. Dabei entnimmt der Fachmann dieser Beschreibung und der Fig. 1, dass Hin- und Rückleiter [= „seine beiden Signalleiter“ im Sinne des Merkmals M2] ohne einen Abstand voneinander und als massive Adern ausgestaltet sind [= M3, jedoch ohne „mit dem Mittenabstand d“ und nicht als „Hohlader“], wobei aber die Ausbildung als massive Adern nicht explizit angegeben und damit im Umkehrschluss eine hohle Ausführung nicht ausgeschlossen ist.

Die Fig. 2 der Druckschrift D1 zeigt ferner ein Zweitor-Ersatzschaltbild eines Leitungsstücks mit der Länge ΔKl, wobei die Leitungsbeläge, R', L'cl, G' und C' auf die Kabellänge bezogene Größen sind. Für dieses infinitesimale Leitungsstück (siehe Abs. [0002]) gilt nun, dass die Anforderung einer optimierten Propagationszeit dann erfüllt ist, wenn (siehe Kennzeichen des Patentanspruchs 1) der CL-Induktivitätsbelag (L'cl) (d. h. der Induktivitätsbelag der geschlossenen Schleife), also die Induktivität gemessen an einem der beiden Kabelenden eines entsprechenden Kabelstückes während das andere Kabelende elektrisch kurz geschlossen ist, und die OL-Induktivitätsbeläge (L'ol) (d. h. die Eigeninduktivitätsbeläge jedes Signalleiters einzeln für sich), also die einzelnen Induktivitäten des Hin- und Rückleiters desgleichen Kabelstückes während die Anschlüsse des übrig gebliebenen Signalleiters offen bleiben, alle untereinander den gleichen Wert besitzen.

Diese Bedingung für das infinitesimale Leitungsstück lässt sich in der D1 auf das „makroskopische“ Kabel, d. h. das Elektrokabel als solches, entsprechend umsetzen. So führt die Druckschrift D1 im Absatz [0001] aus, dass für ein Elektrokabel mit optimierter Propagationszeit die Anforderung gilt, dass die CL-Induktivität gemessen an einem der beiden Kabelenden, während die Anschlüsse an dem übrig gebliebenen Kabelende elektrisch kurz geschlossen sind und die Induktivität jedes einzelnen Signalleiters (während der andere offen bleibt), erfindungsgemäß alle untereinander gleich sind. Dies ist auch der Fig. 5 eindeutig zu entnehmen, wonach die Eigeninduktivität L1 des Hinleiters zwischen Lh1 und Lh2 (Teilfigur oben) und die Eigeninduktivität L2 des Rückleiters zwischen Lr1 und Lr2 (Teilfigur Mitte) und die Closed-Loop-Induktivität L3 am Anfang des Kabels bei kurzgeschlossenem Kabelende untereinander gleich sind (Teilfigur unten): L1 = L2 = L3. Diese Bedingung entspricht der Angabe „Lloop = Le“ im ursprünglichen Patentanspruch 1 und am Ende des Abs. [0006] der Beschreibung der vorliegenden Patentanmeldung.

Wird diese Bedingung nun auf ein „Twisted-Pair“-Kabel angewendet, so ist es laut Abs. [0004] der D1 offensichtlich, dass diese Anforderung für diese Kabelanordnung, bei dem die Signalleiter ohne einen Abstand voneinander angeordnet sind, nicht erfüllt wird. Zwar sind die Induktivitäten der Kabelstrecke Lh1-Lh2 und der Kabelstrecke Lr1-Lr2 aufgrund des symmetrischen Kabelaufbaus denkbar untereinander gleich, aber die Induktivität des Kabels im „Closed-Loop“-Betrieb nimmt in der Regel einen geringeren Wert an, weil wegen des fehlenden Abstands der Signalleiter voneinander für den Kopplungsfaktor k nahezu k = 1 gilt. Daher schlägt die Druckschrift D1 als Doppelleiter mit optimierter Propagationszeit eine Anordnung von zwei aufeinandergelegten, jeweils einseitig kupferkaschierten Leiterplatten vor, deren Kupferbeschichtung jeweils die Form einer sinusförmigen Leiterbahn haben, wobei die induktive Kopplung durch Verschieben der Leiterplatten eingestellt werden kann.

Für den Fachmann stellt dieser Vorschlag der D1 jedoch eine offensichtlich aufwändige und zudem nicht nacharbeitbare Lösung dar, da die Druckschrift D1 keinerlei Vorgaben macht, wie die Dimensionierung der sinusförmigen Leiterbahnen (sozusagen die „Amplitude“ und die „Periode“ der, der Leiterbahnform zugrundeliegenden Sinusschwingung) vorzunehmen ist.

Für den Fachmann liegt es daher nahe, nicht in Richtung des in der Druckschrift D1 vorgeschlagenen Weges zu gehen, sondern seine Betrachtung auf den Ausgangspunkt der Überlegungen der D1 zu richten und dementsprechend ein „Twisted-Pair“-Kabel oder ein nicht verseiltes Doppelleiter-Kabel mit parallelen Leitern vorzusehen, bei dem die Kopplung zwischen den beiden Signalleitern dadurch herabgesetzt wird, dass die beiden Signalleiter voneinander beabstandet sind [= „Mittenabstand d“ im Sinne des Merkmals M3]. Besteht nämlich aus fachmännischer Sicht Anlass, im Rahmen der technischen Weiterentwicklung einer Vorrichtung eine bestimmte Konstruktion in Erwägung zu ziehen, und bedarf es deshalb hierfür keiner erfinderischen Tätigkeit, führt allein das Verharren bei dieser Konstruktion auch dann nicht zu einer anderen Bewertung, wenn erkennbare Nachteile der erwogenen Konstruktion dem Fachmann eine konkrete Anregung geben könnten, bei dieser nicht stehen zu bleiben (BGH, GRUR 2013, 160 ff. - Kniehebelklemmvorrichtung, Leitsatz).

Um nun ein Doppelleiter-Kabel der Länge l mit zwei parallelen Leitern, die einen Radius r und einen Abstand d voneinander haben, so zu dimensionieren, dass die Lehre der Druckschrift D1, nämlich dass gemäß Fig. 5 die Eigeninduktivität L1 des Hinleiters zwischen Lh1 und Lh2 (Teilfigur oben) und die Eigeninduktivität L2 des Rückleiters zwischen Lr1 und Lr2 (Teilfigur Mitte) und die Closed-Loop-Induktivität L3 am Anfang des Kabels bei kurzgeschlossenem Kabelende untereinander gleich sind, erfüllt wird, muss der Fachmann zwangsläufig sein Fachwissen anwenden, wie es beispielweise in der D5 gelehrt wird.

So belegt die D5 das Fachwissen des Fachmanns, wonach sich die Eigeninduktivität L eines Rundleiters, d. h. eines geraden zylindrischen Drahts (siehe Überschrift „1. Self-Inductance Of A Straight Cylindrical Wire“ auf Seite 302) berechnet zu (siehe Gleichung 11a) auf Seite 305)

was der Formel für Le in der Fig. 2 der Anmeldung entspricht. Ferner weiß der Fachmann, dass sich die Gegeninduktivität zweier paralleler Drähte (siehe Überschrift „2. The Mutual Inductance Of Two Parallel Wires“ auf Seite 305 in D5) ergibt zu (siehe Gleichung (13)

M was näherungsweise der Formel für M12 in Fig. 3 der Anmeldung entspricht. Schließlich weiß der Fachmann auch, dass sich die Induktivität einer „Rückwärtsschaltung“, die als zwei parallele Drähte der Länge l mit entgegengesetzter Stromrichtung definiert ist und damit dem Begriff „Closed-Loop-Induktivität Lloop“ der Anmeldung entspricht, gemäß der Gleichung auf Seite 306 unten der D5 berechnet zu:

wobei L1 die Eigeninduktivität eines der beiden Drähte und M deren Gegeninduktivität ist. Diese Formel entspricht im Übrigen dem vorderen Teil der Gleichung am Ende des Absatzes [0006] der Anmeldung.

Will der Fachmann also gemäß der Vorgabe der Druckschrift D1 ein Kabel mit optimierter Propagationszeit verwirklichen, so wendet er sein Fachwissen an und setzt gemäß der in der Fig. 5 unten der D1 gemachten Vorgabe „L1 = L2 = L3“ die ihm aus der Druckschrift D5 bekannte Gleichung für Lloop mit der ebenfalls aus der Druckschrift D5 bekannten Gleichung für Le gleich und erhält:

Lloop = 2 Le – 2 M = Le  Le = 2 M Werden in die rechte Gleichung nun noch die aus der Druckschrift D5 bekannten Bestimmungsgleichungen für Le (Gleichung 11a der D5) und M (Gleichung 13 der D5) eingesetzt, so gelangt der Fachmann nach wenigen Umformungen auf die Dimensionierungsvorschrift für die Größen d, l und r gemäß dem Merkmal M5.

Sofern schließlich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 dahingehend weiter eingeschränkt ist, dass die Signalleiter als Hohladern gemäß Merkmal M3, also als leitende Röhrchen mit einem Hohlraum, der gemäß dem ersten alternativen Merkmal M4-A mit isolierender Aderfüllmasse gefüllt ist, ausgebildet sind, so handelt es sich dabei um eine ihm selbstverständliche Abwandlung, zu deren Nutzung der Fachmann sich bereits dann veranlasst sieht, wenn sie sich in dem zu beurteilenden Zusammenhang als objektiv zweckmäßig darstellt (BGH GRUR 2014, 647 ff. – Farbversorgungssystem, Leitsatz). Dem Fachmann ist nämlich der Skineffekt bekannt, wonach der Hochfrequenzstrom in einem Leiter im Wesentlichen nur in einer dünnen Schicht an der Oberfläche fließt. Diesen Effekt nutzt der Fachmann bewusst beispielsweise dazu, dass im Mikrowellenbereich nicht das ganze Volumen, also nicht der gesamte Querschnitt, aus einem guten Leiter hergestellt sein muss, sondern auf der Oberfläche eines beispielsweise mit Spritzguss hergestellten Kunststoffs ein gut leitendes Material galvanisch aufgebracht wird, was zu erheblichen Kosteneinsparungen führt.

Dass ein als runde Hohlader ausgebildeter Signalleiter, bei dem ein Hohlraum aus einem elastischen und isolierenden und von einem Metallmantel umgebenen Kern besteht, zum fachmännischen Wissen gehört, belegen des Weiteren auch die Druckschriften D2 (siehe dort Fig. 2 in Verb. mit Spalte 1 Zeilen 51 bis 57) und D3 (siehe dort Fig. 1 in Verb. mit Abs. [0028]) sowie die D4 (siehe dort Fig. 1 und 2 in Verb. mit Abs. [0033] und [0036]).

Auch der Einwand des Anmelders, wonach beim Gegenstand des Patentanspruchs 1 die Ausbildung der Signalleiter als Hohlader wegen der nun im Merkmal M1 angegebenen Zweckangabe „zur Signalübertragung im Niederfrequenzbereich“ nicht nahegelegt sei, vermag den Senat nicht zu überzeugen. So hat der Anmelder in der mündlichen Verhandlung selbst darauf hingewiesen, dass der Skineffekt nicht nur bei Signalen mit höheren Frequenzen auftritt, sondern auch bei Signalen mit niedrigen Frequenzen, aber hohen Amplitudensprüngen (also die Signalsteilheit) zu beobachten ist. Vor dem Hintergrund, dass in der Systemtheorie der ideale Dirac-Impuls ein unendlich weites Frequenzspektrum besitzt, sieht der Senat daher die Ausgestaltung der Signalleiter als Hohlader als einen dem Fachmann naheliegenden Beitrag für eine verbesserte Impulsübertragung bei niederfrequenten Signalen an.

Nach alledem wird der Gegenstand des Patentanspruchs 1 von der Druckschrift D1 in Verbindung mit dem Fachwissen des Fachmanns, wie es durch die D5 belegt wird, nahegelegt.

5. Für die vom Anmelder mit Schriftsatz vom 9. März 2015 beantragte Wiederholung des Termins oder die Rücknahme der Entscheidung durch das Bundespatentgericht ist daher kein Raum.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung seine Entscheidung verkündet. Von diesem Zeitpunkt an ist das Bundespatentgericht an seine Entscheidung gebunden (siehe Schulte, Patentgesetz 9. Auflage, § 94 Rn. 17).

III Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu, wenn gerügt wird, dass

1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht. Die Frist kann nicht verlängert werden.

Dr. Häußler Hartlieb Veit Schmidt-Bilkenroth Pü

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