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XI ZB 24/23

BUNDESGERICHTSHOF XI ZB 24/23 BESCHLUSS vom 11. März 2025 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:110325BXIZB24.23.0 Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 11. März 2025 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Grüneberg, Dr. Schild von Spannenberg und Dr. Sturm sowie die Richterin Ettl beschlossen:

Die Rechtsbeschwerden des Musterrechtsbeschwerdeführers und der Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 4 gegen den Musterentscheid des 13. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 3. November 2023 werden zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Musterbeklagten zu 1 und 2 tragen der Musterrechtsbeschwerdeführer und die Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 4 wie folgt:

Musterrechtsbeschwerdeführer

25,58%

Rechtsbeschwerdeführer zu 1

19,18%

Rechtsbeschwerdeführer zu 2

15,99%

Rechtsbeschwerdeführer zu 3

15,99%

Rechtsbeschwerdeführer zu 4

23,26%

Ihre außergerichtlichen Kosten tragen der Musterrechtsbeschwerdeführer und die Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 4 jeweils selbst.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird hinsichtlich der Gerichtskosten auf 504.196,97 € festgesetzt.

Der Gegenstandswert für die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird für den Prozessbevollmächtigten des Musterrechtsbeschwerdeführers sowie der Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 4 auf 110.354,64 € und für den Prozessbevollmächtigten der Musterbeklagten zu 1 und 2 auf 504.196,97 € festgesetzt.

Gründe:

A.

Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz in der bis zum 19. Juli 2024 geltenden Fassung (nachfolgend für alle zitierten Vorschriften: KapMuG aF) über die Fehlerhaftigkeit des am 18. Juni 2008 aufgestellten Prospekts (nachfolgend: Prospekt) zu der "B. " Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG (nachfolgend: Fondsgesellschaft oder Fonds).

Gegenstand der Fondsgesellschaft war der Erwerb und Betrieb eines Panamax-Containerschiffs mit einer Stellplatzkapazität von 4.330 TEU (Twentyfoot Equivalent Unit; nachfolgend: Fondsschiff).

3 Die Musterbeklagte zu 1, die ursprünglich unter L.

AG firmierte,

war Anbieterin, Prospektverantwortliche und als Gründungskommanditistin mit 25.000 € an der Fondsgesellschaft beteiligt. Die Musterbeklagte zu 2, die ursprünglich unter L. T.

GmbH firmierte, war Gründungskommanditistin mit einem Anteil von 5.000 € und außerdem Treuhänderin der Fondsgesellschaft.

Der Prospekt enthält - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - folgende Angaben:

5 Auf Seite 11 findet sich im Rahmen des Kapitels " 'B.

' - Kurzdarstellung" unter der Überschrift "Prognostizierte Fondslaufzeit" unter anderem das Folgende:

"Die Prognoserechnung geht von einer Laufzeit der Vermögensanlage bis zum 31. Dezember 2027 aus." Auf Seite 28 ist im Kapitel "Das Anlageobjekt - Schifffahrtsmarkt" unter der Überschrift "Hohe Wachstumsraten" unter anderem ausgeführt:

"Insgesamt wird vom ISL und anderen Marktanalysten mit einer Stabilisierung des Containerverkehrswachstums auf dem hohen Niveau von circa 9% p.a. bis zum Jahr 2010 ausgegangen. Noch weiter gehende Prognosen gehen von einer Zuwachsrate im Containerhafenumschlag von 6,5% p.a. bis zum Jahr 2020 aus. Daraus resultierend erscheinen die langfristigen Prognosen, die von einer Verdoppelung des Containerumschlages innerhalb der nächsten zehn bis zwölf Jahre ausgehen, durchaus realistisch." Unter der Überschrift "Flottenentwicklung und Auftragsbestand" (Prospekt,

S. 28 f.) heißt es unter anderem:

"Auch in den vergangenen Jahren hielt der Trend zu größeren Schiffen an. Die Flottenentwicklung in den kleineren und mittleren Segmenten bis hin zu den Sub-Panamax-Schiffen unter 3.000 TEU ist eher unterproportional, obwohl mit den vielen großen, neuen Containerschiffen auch der Bedarf im Feederverkehr zunehmen wird. Die deutlichsten Wachstumsraten finden sich in den Größenklassen oberhalb von 4.000 Stellplätzen." Im Kapitel "Rechtliche Grundlagen - Abgeschlossene Verträge" findet sich auf Seite 68 unter der Überschrift "Geschäftsbesorgungsvertrag - Projektierung,

Eigenkapitalvermittlung, Werbung, Marketing -" unter anderem das Folgende:

"Ferner ist die L.

AG mit der Eigenkapitalvermittlung sowie den vorbereitenden Vertriebsmaßnahmen (Werbung und Marketing) beauftragt worden."

9 Die L.

AG wird in dem Kapitel "Rechtliche Grundlagen - Angaben über wichtige Vertragspartner" unter dem Punkt "Funktion/Aufgaben" (Prospekt, S. 77) als Vertragspartnerin des Geschäftsbesorgungsvertrags für "Projektierung, Eigenkapitalvermittlung, Werbung, Marketing" genannt. In dem Kapitel

"Vertragswerk - Gesellschaftsvertrag" ist unter "§ 14 Vergütung der L.

AG" (Prospekt, S. 109) unter anderem das Folgende ausgeführt:

"Auf Grund gesonderter Geschäftsbesorgungsverträge übernimmt die L. AG folgende entgeltliche Leistungen:

[…]

b) Die Platzierung des noch erforderlichen Kommanditkapitals in Höhe von EUR 22.200.000 sowie die in diesem Zusammenhang zu erbringenden Werbe- und Marketingleistungen;" Im Jahr 2018 haben zahlreiche Anleger Klagen gegen die Musterbeklagten anhängig gemacht, mit denen sie von den Musterbeklagten Schadensersatz wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an der Fondsgesellschaft nach den "Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne" verlangen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 19. November 2019 dem Oberlandesgericht Feststellungsziele zum Zweck der Herbeiführung eines Musterentscheids vorgelegt. Diese sind - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren von Interesse - gerichtet auf die Feststellung, der Prospekt sei fehlerhaft, da in diesem verschwiegen werde, dass ein Ausbau des Panamakanals beschlossen worden sei und dass sich aus dem Ausbau erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Fondsschiffs ergeben könnten (Feststellungsziel 1.),

und auf die Feststellung der Haftung der Musterbeklagten für diesen Prospektfehler (Feststellungsziel 6.). 12 Das Oberlandesgericht hat mit Musterentscheid vom 3. November 2023 das Feststellungsziel 1. als unbegründet zurückgewiesen und den Vorlagebeschluss des Landgerichts hinsichtlich des Feststellungsziels 6. für gegenstandslos erklärt. 13 Gegen den Musterentscheid haben der Musterkläger und die Beigeladenen zu 1 bis 4 Rechtsbeschwerden eingelegt, mit denen sie die Feststellungsziele 1. und 6., letzteres insoweit als der Vorlagebeschluss im Verhältnis zur Musterbeklagten zu 1 für gegenstandslos erklärt worden ist, weiterverfolgen. 14 Mit Beschluss vom 19. März 2024 hat der Senat die Musterbeklagte zu 1 zur Musterrechtsbeschwerdegegnerin bestimmt. Die Musterbeklagte zu 2 ist dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten der Musterrechtsbeschwerdegegnerin innerhalb der Frist des § 20 Abs. 3 Satz 1 KapMuG aF beigetreten.

B. 15 Die zulässigen Rechtsbeschwerden haben keinen Erfolg.

I. 16 Das Oberlandesgericht hat in seinem Musterentscheid - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:

Es komme eine Haftung der Musterbeklagten zu 1 als Gründungsgesellschafterin dem Grunde nach in Betracht, da diese nach den Darstellungen im Prospekt Vertriebsverantwortlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs habe und damit grundsätzlich eine "Prospekthaftung im weiteren Sinne" in Betracht komme.

Der Prospekt habe nicht über den zum Zeitpunkt der Prospekterstellung geplanten Ausbau des Panamakanals und dessen wirtschaftliche Folgen für den Fonds aufklären müssen (Feststellungsziel 1.). Es sei nicht wahrscheinlich gewesen, dass der Ausbau die Einnahmen aus dem Chartergeschäft in absehbarer Zeit verringern würde. Denn der Ausbau sei zu diesem Zeitpunkt zwar grundsätzlich beschlossen gewesen, es habe aber nicht sicher vorhergesagt werden können, wann der Kanalausbau fertiggestellt sei. Der Ausbau des Panamakanals für 5,25 Milliarden USD sei im Oktober 2006 letztgültig durch eine Volksabstimmung in Panama beschlossen worden. 2008 sei eine sichere Prognose über die Fertigstellung nicht möglich gewesen, was in der Natur von Infrastrukturprojekten dieses Ausmaßes begründet liege. Ob es daher bei dem vom Musterkläger behaupteten zum Zeitpunkt des Beschlusses über den Ausbau geplanten Fertigstellungszeitpunkt im Jahr 2014/2015 bleiben werde, sei völlig ungewiss gewesen.

Weiterhin sei ebenfalls nicht sicher gewesen, wie sich die Fertigstellung des Kanalausbaus auf die Einnahmen aus der Vercharterung des Fondsschiffs auswirke. Denn die überwiegende Mehrheit der Schiffe der Panamax-Klasse, zu denen das Fondsschiff gehöre, durchquerten den Panamakanal nicht. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Vortrag des Musterklägers. Diesem sei zwar zu entnehmen, dass der abgeschlossene Kanalausbau Auswirkungen auf die Containerschifffahrt haben werde. Ihm sei jedoch nicht zu entnehmen, dass das Fondsschiff, respektive solche Schiffe der Panamax-Klasse, mit ausreichender Wahrscheinlichkeit negativ von einem ausgebauten Kanal berührt werde. Der Musterkläger sei dem Vortrag der Musterbeklagten, dass nur 24% der PanamaxSchiffe überhaupt durch den Panamakanal fahren würden, nicht hinreichend entgegengetreten.

Der Ausbau des Panamakanals sei auch nicht deshalb ein wesentlicher Umstand gewesen, weil der Prospekt die Fähigkeit des Fondsschiffs, den Panamakanal zu durchqueren, in den Vordergrund gestellt hätte. Der Prospekt enthalte vielmehr nur spärliche Hinweise auf die Klassifizierung des Fondsschiffs. Die Fähigkeit, den unausgebauten Panamakanal zu durchfahren, werde an keiner Stelle besonders werbend erwähnt.

Das Feststellungsziel 6. sei gegenstandslos, weil Prospektfehler nicht vorlägen und es insoweit auf die Feststellung einer grundsätzlichen Haftung der Musterbeklagten nicht ankomme.

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand. Die Rechtsbeschwerden des Musterrechtsbeschwerdeführers und der weiteren Rechtsbeschwerdeführer haben keinen Erfolg und sind daher zurückzuweisen.

1. Das Oberlandesgericht hat zu Recht angenommen, dass im Hinblick auf die Musterbeklagte zu 1 zu prüfen ist, ob der geltend gemachte Prospektfehler vorliegt.

Die Musterbeklagte zu 1 ist allein aufgrund ihrer Stellung als Gründungsgesellschafterin Prospektverantwortliche im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BörsG in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (nachfolgend für alle zitierten Vorschriften: aF) und haftet somit für unrichtige oder unvollständige wesentliche Angaben im Prospekt nach den Grundsätzen der spezialgesetzlichen Prospekthaftung aus § 13 VerkProspG in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (nachfolgend für alle zitierten Vorschriften: aF), §§ 44 ff. BörsG aF (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2023 - XI ZB 20/21, BGHZ 237, 346 Rn. 39 f. mwN). Daneben haftet sie nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB für Prospektfehler, da sie den Vertrieb der Beteiligungen übernommen und damit einen zusätzlichen Vertrauenstatbestand gesetzt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Juli 2023, aaO Rn. 41 ff. mwN). Sie war mit der Eigenkapitalvermittlung sowie mit vorbereitenden Vertriebsmaßnahmen beauftragt (Prospekt, S. 68 und 77), wofür sie eine Vergütung erhielt (Prospekt, S. 109).

2. Auf den am 18. Juni 2008 aufgestellten Prospekt finden die Regelung des § 8g VerkProspG aF i.V.m. § 32 Abs. 2 Satz 1 VermAnlG sowie die VermVerkProspV in der bis zum 31. Mai 2012 geltenden Fassung (nachfolgend für alle zitierten Vorschriften: aF) Anwendung.

Nach § 8g Abs. 1 Satz 1 VerkProspG aF muss der Verkaufsprospekt alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Emittenten und der Vermögensanlagen im Sinne des § 8f Abs. 1 VerkProspG aF zu ermöglichen. Nach § 8g Abs. 2 VerkProspG aF i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 VermVerkProspV aF muss der Verkaufsprospekt über die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Beurteilung der angebotenen Vermögensanlagen notwendig sind, Auskunft geben und richtig und vollständig sein. Der Prospekt muss daher über alle Umstände, die von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichten. Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können, und über solche Umstände, von denen zwar noch nicht feststeht, die es aber wahrscheinlich machen, dass sie den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden. Für die Frage, ob ein Prospekt nach diesen Grundsätzen unrichtig oder unvollständig ist, kommt es nicht allein auf die darin wiedergegebenen Einzeltatsachen an, sondern wesentlich auch darauf, welches Gesamtbild der Prospekt dem Anleger von den Verhältnissen des Unternehmens vermittelt. Hierbei sind solche Angaben wesentlich, die ein Anleger "eher als nicht" bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Abzustellen ist auf die Kenntnisse und Erfahrungen eines durchschnittlichen Anlegers, der als Adressat des Prospekts in Betracht kommt und der den Prospekt sorgfältig und eingehend liest (st. Rspr.; Senatsbeschlüsse vom 6. Oktober 2020 - XI ZB 28/19, WM 2020, 2411 Rn. 25, vom 12. Januar 2021 - XI ZB 18/17, WM 2021, 672 Rn. 43, vom 22. März 2022 - XI ZB 24/20, WM 2022, 1007 Rn. 38, vom 11. Juli 2023 - XI ZB 20/21, BGHZ 237, 346 Rn. 54 und vom 2. Juli 2024 - XI ZB 29/21, WM 2024, 1653 Rn. 61). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts ist grundsätzlich der Zeitpunkt, zu dem der Prospekt aufgestellt wurde (Senatsbeschlüsse vom 23. Februar 2021 - XI ZB 29/19, WM 2021, 1047 Rn. 65 und vom 14. Juni 2022 - XI ZB 33/19, WM 2022, 1633 Rn. 65), und damit hier der 18. Juni 2008.

3. Gemessen an diesen Grundsätzen weist der Prospekt, den der Senat selbst auslegen kann (st. Rspr.; Senatsbeschluss vom 2. Juli 2024 - XI ZB 29/21, WM 2024, 1653 Rn. 60 mwN), den mit dem Feststellungsziel 1. geltend gemachten Prospektfehler nicht auf. Der Prospekt musste keinen Hinweis auf den geplanten Ausbau des Panamakanals enthalten.

a) Rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht angenommen, dass eine sichere Prognose über die Fertigstellung des Ausbaus des Panamakanals zum Zeitpunkt der Prospektaufstellung nicht möglich war. Diese Annahme beruht

- entgegen der Meinung der Rechtsbeschwerden - nicht auf einem nicht begründbaren Erfahrungssatz, wonach der Fertigstellungszeitpunkt von Infrastrukturprojekten vom Ausmaß des Ausbaus des Panamakanals unsicher und letztlich "völlig ungewiss" sei, sondern auf dem Vorbringen der Parteien. Dabei hat das Oberlandesgericht in seine Erwägungen eingestellt, dass der Ausbau des Kanals im Jahr 2006 beschlossen wurde. Die Rechtsbeschwerden zeigen nicht auf, dass der Musterkläger vorgetragen hätte, der Zeitpunkt der Fertigstellung sei bei Prospekterstellung sicher vorherzusagen gewesen. Sie meinen lediglich, dass die Fertigstellung für das Jahr 2014/2015 geplant gewesen sei und dass mit einer Fertigstellung des Ausbaus noch während der Laufzeit des Fonds zu rechnen gewesen sei, da keine Anhaltspunkte für erhebliche Verzögerungen erkennbar gewesen seien. Eine solche Prognose musste der unter dem 18. Juni 2008 aufgestellte Prospekt allerdings nicht enthalten. Denn zu diesem Zeitpunkt stand noch keine Finanzierung des Ausbaus fest. Die Musterbeklagten haben unbestritten vorgetragen, dass die Finanzierungsverträge für den Kanalausbau im Dezember 2008 und damit erst nach Prospektaufstellung abgeschlossen wurden.

b) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist außerdem die Einschätzung des Oberlandesgerichts, es sei ex ante nicht sicher, wie sich die Fertigstellung des Kanalausbaus auf die Einnahmen aus der Vercharterung des Fondsschiffs auswirkt.

So könnte sich zwar jedenfalls auf Routen, die eine Durchquerung des Panamakanals erfordern, ab Fertigstellung des Kanalausbaus der Wettbewerb verschärfen (vgl. Senatsbeschluss vom 9. April 2024 - XI ZB 28/20, WM 2024, 1068 Rn. 81). Der Prospekt stellt aber - wie das Oberlandesgericht zutreffend ausführt - die Fähigkeit des Fondsschiffs, den Panamakanal zu durchqueren, nicht in den Vordergrund. Auf den allgemeinen Trend zu größeren Schiffen weist der Prospekt hin (S. 28 f.). Hinzu kommt, dass Schiffe der Panamax-Klasse, anders als Post-Panamax-Schiffe, auch nach Erweiterung des Kanals weiterhin die alten Schleusen werden benutzen können (vgl. Senatsbeschluss vom 9. April 2024, aaO Rn. 82). Überdies können Post-Panamax-Schiffe aufgrund ihrer Größe nicht alle Häfen anlaufen (vgl. Senatsbeschluss vom 2. Juli 2024 - XI ZB 29/21, WM 2024, 1653 Rn. 120). Dass die Häfen noch während der geplanten Fondslaufzeit auf größere Schiffe umgerüstet werden, hat der Musterkläger nicht behauptet.

Insgesamt war von einem wachsenden Markt auszugehen. Der Prospekt

(S. 28) prognostiziert eine Verdoppelung des Containerumschlags innerhalb der nächsten zehn bis zwölf Jahre. Das von den Rechtsbeschwerden angeführte Themenpapier des Europäischen Parlaments vom Mai 2008 geht ebenfalls von einem starken Wachstum des Seehandels und von einem Trend zu größeren Schiffen aus. Weiter weisen die Rechtsbeschwerden zwar darauf hin, dass der Musterkläger unter Berufung auf eine Veröffentlichung der H.

vom Februar 2008 vorgetragen hat, das Flottenwachstum werde sich auf Containerschiffe mit einer Kapazität von über 10.000 TEU verlagern. In dieser Veröffentlichung wird aber zum einen auch ein Wachstum im Bereich der Schiffe mit einer Kapazität von 4.000 bis 4.999 TEU erwartet. Zum anderen zeigt die Veröffentlichung auf, dass nach einer Befragung 83,3% der Reeder damals davon ausgingen, dass Panamax-Schiffe trotz des geplanten Ausbaus des Panamakanals weiterhin ihre Bedeutung bzw. ihren Markt behalten werden.

Soweit der Musterkläger vorbringt, Panamax-Schiffe hätten nicht auf andere Routen ausweichen können, bezieht er sich auf einen Zeitschriftenartikel vom August 2016. Das stellt im Hinblick auf den am 18. Juni 2008 veröffentlichten Prospekt eine unzulässige ex-post-Betrachtung dar. Gleiches gilt für die Informationen aus einem weiteren vom Musterkläger angeführten Artikel aus der Deutschen Verkehrszeitung vom 7. Dezember 2015.

Ohne Erfolg beanstanden die Rechtsbeschwerden außerdem, das Oberlandesgericht habe übergangen, dass infolge reduzierter Einsatzbereiche der Panamax-Schiffe deren Veräußerungserlöse sänken, was sich auf die Rentabilität der Anlage auswirke. Sie verweisen in dem Zusammenhang darauf, der Musterkläger habe vorgetragen, dass im Sommer 2016 die ersten Panamax-Schiffe bereits verschrottet worden seien, obwohl zu diesem Zeitpunkt nur 0,6% der Panamax-Flotte ihr durchschnittliches Verschrottungsalter erreicht habe. Dieses Vorbringen ist schon deswegen unbeachtlich, weil mit ihm eine unzulässige expost-Perspektive eingenommen wird. Denn diese Informationen lagen bei Prospektveröffentlichung im Juni 2008 noch nicht vor. Darüber hinaus lässt die Verschrottung einer nicht näher konkretisierten Zahl von Panamax-Schiffen nicht darauf schließen, dass Schiffe dieser Klasse grundsätzlich vor Erreichen ihres ursprünglich avisierten Verschrottungsalters verschrottet werden.

Bei der anzustellenden Gesamtschau der Umstände war es bei Prospektaufstellung nicht hinreichend wahrscheinlich, dass der Ausbau des Panamakanals noch während der Laufzeit des Fonds nicht nur unerhebliche negative Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit des Fondsschiffs haben wird. Ob 24% der Panamax-Schiffe durch den Panamakanal fahren, wie es das Oberlandesgericht festgestellt hat, oder mehr als die Hälfte, wie es die Rechtsbeschwerden vorbringen, ist dabei unbeachtlich.

4. Zutreffend hat das Oberlandesgericht angenommen, dass das Feststellungsziel 6. damit gegenstandslos ist.

Gegenstandslos wird der dem Musterverfahren zugrundeliegende Vorlagebeschluss hinsichtlich eines Feststellungsziels, wenn die Entscheidungserheblichkeit dieses Feststellungsziels aufgrund der vorausgegangenen Prüfung im Musterverfahren entfallen ist (Senatsbeschlüsse vom 12. Oktober 2021 - XI ZB 26/19, WM 2021, 2386 Rn. 27, vom 5. März 2024 - XI ZB 17/22, WM 2024, 887 Rn. 59 und vom 2. Juli 2024 - XI ZB 29/21, WM 2024, 1653 Rn. 142).

Das ist hier der Fall. Da der streitgegenständliche Prospekt keine Prospektfehler aufweist, kommt es auf eine Feststellung zu der Haftung nicht mehr an.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens folgt aus § 26 Abs. 1 KapMuG aF. Danach haben der Musterrechtsbeschwerdeführer und die weiteren Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 4 die gesamten Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach dem Grad ihrer Beteiligung zu tragen.

Die Entscheidung über die Festsetzung des Streitwerts für die Gerichtskosten folgt aus § 51a Abs. 2 GKG in der bis zum 19. Juli 2024 geltenden Fassung. Der Gesamtwert der in sämtlichen ausgesetzten Ausgangsverfahren geltend gemachten Ansprüche beträgt vorliegend 504.196,97 €.

Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die außergerichtlichen Kosten richtet sich nach § 23b RVG. Danach ist der Gegenstandswert für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten des Prozessbevollmächtigten des Musterrechtsbeschwerdeführers und der Rechtsbeschwerdeführer zu 1 bis 4 auf

110.354,64 € und für die Bestimmung der außergerichtlichen Kosten des Prozessbevollmächtigten der Musterbeklagten zu 1 und 2 auf 504.196,97 € festzusetzen.

Ellenberger Grüneberg Sturm Schild von Spannenberg Ettl Vorinstanzen: LG Hamburg, Entscheidung vom 19.11.2019 - 318 OH 4/19 OLG Hamburg, Entscheidung vom 03.11.2023 - 13 Kap 3/20 -

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Paragraphen in XI ZB 24/23

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Häufigkeit Paragraph
4 8 VerkProspG
1 241 BGB
1 280 BGB
1 311 BGB
1 44 BörsG
1 51 GKG
1 20 KapMuG
1 26 KapMuG
1 23 RVG
1 13 VerkProspG

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