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3 Ni 14/12 (EP)

BUNDESPATENTGERICHT Ni 14/12 (EP) (Aktenzeichen)

IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Verkündet am

18. Juni 2013 …

In der Patentnichtigkeitssache …

BPatG 253 08.05 betreffend das europäische Patent 1 300 086 (DE 598 13 666)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2013 unter Mitwirkung des Richters Guth als Vorsitzenden sowie der Richterin Martens, des Richters Dipl.-Chem. Dr. Gerster, der Richterin Dipl.-Chem. Dr. Münzberg und des Richters Dipl.-Chem. Dr. Jäger für Recht erkannt:

I. Das europäische Patent 1 300 086 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass sein Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält:

„1. Verfahren zum Herstellen von Verzehrgütern mit einer äußeren Schale aus einer fließfähigen Masse, welche in eine Form eingefüllt wird, wobei in die Form (9) ein temperierter Stempel (5) eintaucht und die Masse fließpresst, dadurch gekennzeichnet, dass Unebenheiten der Form (9) durch eine Mehrzahl von federnd gelagerten Druckstiften (21) an dem Stempel (5) ausgeglichen werden“.

und die Patentansprüche 2, 4 und 5 sich direkt oder indirekt auf Patentanspruch 1 neuer Fassung rückbeziehen, sowie dass Patentanspruch 10 sich - soweit auf die Patentansprüche 2, 4 und 5 direkt oder indirekt rückbezogen - auf Patentanspruch 1 neuer Fassung rückbezieht.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand Die Beklagte ist Inhaberin des am 11. April 1998 beim europäischen Patentamt als Teilanmeldung der als WO 98/52425 A1 veröffentlichten Stammanmeldung angemeldeten, die Priorität der deutschen Anmeldungen DE 19732036 vom 25. Juli 1997 und DE 19720844 vom 17. Mai 1997 in Anspruch nehmenden mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 300 086 (Streitpatent), das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 598 13 666.5 geführt wird. Das Streitpatent, das eingeschränkt mit einem Hauptantrag sowie einem Hilfsantrag verteidigt wird, betrifft „Verfahren zum Herstellen von schalenförmigen Verzehrgütern" und umfasst 10 Patentansprüche. Die nebengeordneten Patentansprüche 1 und 5 lauten in der erteilten Fassung:

1. Verfahren zum Herstellen von Verzehrgütern mit einer äußeren Schale aus einer fließfähigen Masse, welche in eine Form eingefüllt wird, wobei in die Form (9) ein temperierter Stempel (5) eintaucht und die Masse fließpresst, dadurch gekennzeichnet, dass die Unebenheiten der Form (9) durch eine Mehrzahl von federnd gelagerten Druckstiften (21) ausgeglichen werden.

5. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet,

dass sich der Stempel (5) und die Form (9) beim Fließpressen in einem geschlossenen Gehäuse (11) befinden.“

Hinsichtlich des Wortlauts der unmittelbar oder mittelbar auf die Patentansprüche 1 und/oder 5 rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 und 6 bis 10 wird auf die Patentschrift EP 1 300 086 verwiesen.

Die Klägerin greift mit ihrer Klage Anspruch 1, Anspruch 2 mit Rückbezug auf 1, Anspruch 4 mit Rückbezug auf 1 oder 2, Anspruch 5 mit Rückbezug auf 1, 2 oder 4 und Anspruch 10 mit Rückbezug auf 5 i.V.m. 1, 2 oder 4 an. Sie macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der unzulässigen Erweiterung geltend und stützt ihr Vorbringen auf folgende Entgegenhaltungen:

D0: D1: D2: D3:

D4:

D5: D6. D7: D8:

D9: D10:

WO 98/52425 A1 (Stammanmeldung) EP 1 300 086 B1 (Streitpatent) WO 95/32633 A1 „Frozen-Cone: Praxiserfahrungen mit einer neuen Technik", Süsswarenproduktion, Nr. 8, 2. Jahrgang, 23. April 1997, S. 4 H. Whetstone, „Moulds and Moulding: Examples and Techniques", 50th P.M.C.A. Production Conference, 1996, S. 100 bis 106 GB 445,903 GB 678,554 GB 193,284 „Das Formen von Schokolade: Präzision mit Frozen Cone", Süßwaren Ausgabe 9/1995 , S. 18 bis 19 englische Ofen-Bedienungsanleitung, S. 6 undatiert Forum Chefkoch.de, Thema "Backblech verzogen?!", http://www.chefkoch.de/forum/2,8,193615/Backblechverzogen.html D11: Forum Chefkoch.de, Thema "Backformen einbrennen oder einarbeiten? Ja immer!", http://www.chefkoch.de/forum/2,8,617236/Backformeneinbrennen-oder-einarbeiten-Ja-immer.html D12: Amazon.de Kundenrezension – Zenker 6115 Back- und Pizzablech Emaille rund 32 cm, http://www.amazon.de/Zenker-6115-Back-PizzablechEmaille/dp/B001FOQJBO D13: DE 31 18 814 C2 D14: DE 195 23 727 C2 LSP1: Merkmalsgliederung der Anspruchsfassung des Streitpatents LSP2: Beschluss des EPA über den Einspruch gegen das Streitpatent vom 22. Dezember 2009 Die Klägerin ist der Ansicht, das Streitpatent in seiner erteilten Fassung gehe hinsichtlich des Merkmals „dass Unebenheiten der Form (9) durch eine Mehrzahl von federnd gelagerten Druckstiften (21) ausgeglichen werden“ über den Inhalt der Stammanmeldung D0 hinaus. Auch sei die Beschreibung des Streitpatents unzulässig abgeändert. Patentanspruch 1 gemäß dem neuen Hauptantrag sei ebenfalls unzulässig erweitert, weil das Merkmal von Anspruch 10 der D0 nicht aufgenommen worden sei, dass die Unebenheiten der Form (9) durch den Stempel (5) ausgeglichen werden.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei gegenüber D2 nicht neu und beruhe auch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ausgehend von D2 als nächstliegendem Stand der Technik oder D3 bzw D4, woraus jeweils Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 bekannt seien, sei der Gegenstand des Anspruchs 1 von D5, D6 oder D7 nahegelegt. Dass sich Backformen beim Erhitzen verziehen könnten, sei allgemein und aus D9 bis D15 bekannt, so dass auch ein Anlass zur Kombination mit D5, D6 und D7 bestanden habe.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das europäische Patent 1 300 086 im Umfang der Patentansprüche 1 und 2, weiterhin der Patentansprüche 4 und 5, soweit diese nicht auf Patentanspruch 3 rückbezogen sind, sowie Patentanspruch 10, soweit dieser auf Patentanspruch 5 in Verbindung mit Patentanspruch 1, 2 oder 4 rückbezogen ist, mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte stellt den Antrag,

die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass Anspruch 1 des Streitpatents die Fassung des neuen Hauptantrags gemäß Schriftsatz der Beklagten vom 14. Mai 2013, hilfsweise die Fassung des in der mündlichen Verhandlung übergebenen Hilfsantrags erhält.

Patentanspruch 1 gemäß neuem Hauptantrag lautet:

"1. Verfahren zum Herstellen von Verzehrgütern mit einer äußeren Schale aus einer fließfähigen Masse, welche in eine Form eingefüllt wird, wobei in die Form (9) ein temperierter Stempel (5) eintaucht und die Masse fließpresst, dadurch gekennzeichnet, dass Unebenheiten der Form (9) durch eine Mehrzahl von federnd gelagerten Druckstiften (21) an dem Stempel (5) ausgeglichen werden.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen.

Sie ist der Meinung, jedenfalls der neue Hauptantrag trage allen Bedenken hinsichtlich der unzulässigen Erweiterung Rechnung.

Die Neuheit sei gegenüber D2 gegeben, da ein Ring gemäß D2, auch wenn er axial federbelastet sei, kein federnd gelagerter Druckstift sei.

Der Gegenstand des Streitpatents beruhe auch auf einer erfinderischen Tätigkeit. Der angesprochene Fachmann habe insbesondere keine Veranlassung, ausgehend von der Druckschrift D2 die dem Streitpatent zugrunde liegende Aufgabe, die Herstellung von Verzehrgütern zu verbessern, indem Unebenheiten der Form beseitigt werden, durch die Kombination der von der Klägerin genannten Druckschriften gemäß der Lehre des Streitpatents zu lösen. Diese Druckschriften nähmen weder Bezug auf eine Form, in die flüssige Schokolade eingefüllt werde noch sprächen sie das Problem der Verwerfung der Form und den Ausgleich von Unebenheiten an.

Entscheidungsgründe I.

Die auf die Nichtigkeitsgründe der unzulässigen Erweiterung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 3 IntPatÜG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 lit c EPÜ) und der mangelnden Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG i. V. m. Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ) gestützte Klage ist zulässig.

Soweit das Streitpatent im Wege der zulässigen Selbstbeschränkung nicht mehr verteidigt wird, war es mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland ohne Sachprüfung für nichtig zu erklären (zur st. Rspr. im Nichtigkeitsverfahren vgl. z. B. BGH GRUR 2007, 404, 405 - Carvedilol II; Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 83 Rdn. 45 m. w. Nachw.; Schulte/Kühnen, PatG, 8. Aufl., § 81 Rdn. 132).

Im Übrigen hat die Klage jedoch keinen Erfolg.

1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zum Herstellen von schalenförmigen Verzehrgütern mit einer äußeren Schale aus einer fließfähigen Masse, welche in eine Form eingefüllt wird, und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.

Bei einer Reihe von Verzehrgütern ist es notwendig, eine äußere Schale aus einer fließfähigen Masse herzustellen, wobei diese fließfähige Masse in einen Hohlraum eingepresst wird und dort durch entsprechende Temperierung erstarrt und so eine feste Form annimmt. In erster Linie gilt dieser Vorgang für die Herstellung einer Schokoladenschale, die später mit einer Füllung gefüllt wird. Es ist bekannt, einen von einem Kühlmittel durchströmten Stempel in die Schokoladenmasse einzutauchen, wobei das Eintauchen in einem solchem Maße erfolgt, dass die entstehende Schokoladenschale die gewünschte Dicke erhält. Des Weiteren ist bekannt, dass der Stempel bzw. die Vorsprünge oder Kühlkörper an dem Stempel bis auf eine Temperatur von unter 0°C abgekühlt werden und dann in die Schokoladenmasse eintauchen. Dabei beschlägt die der Schokoladenmasse zugewandte Fläche des Stempels vor dem Kontakt mit der Schokoladenmasse. Ein entsprechendes Verfahren ist auch aus der WO 95/32633 (D2) bekannt, wobei zur Kompensation von Ungenauigkeiten bei der Dosierung der vorbestimmten Menge an Schokoladenmasse um den Stempel ein Ring vorgesehen ist, der axial durch beispielsweise einen Gummieinsatz nachgiebig ist. Bei solchen Verfahren wurde des Weiteren festgestellt, dass die Form, die beispielsweise aus Kunststoff bestehen kann, nach mehrmaligem Gebrauch zu Verwerfungen neigt (vgl. D1 Abs. [0001] bis [0006] und [0009]).

2. Davon ausgehend liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Herstellung von schalenförmigen Verzehrgütern zu entwickeln, bei dem die Herstellung des Verzehrgutes verbessert wird und insbesondere die Unebenheiten der verwendeten Form ausgeglichen werden (vgl. D1 [0007], [0008]).

3. Die Aufgabe wird durch das Verfahren zum Herstellen von Verzehrgütern nach Anspruch 1 und die Vorrichtung zur Durchführung dieses Verfahrens nach Anspruch 5 gelöst.

Der Patentanspruch 1 gemäß neuem Hauptantrag weist folgende Merkmale auf:

1. Verfahren zum Herstellen von Verzehrgütern mit einer äußeren Schale aus einer fließfähigen Masse,

2. welche in eine Form gefüllt wird, 3. wobei in die Form (9) ein temperierter Stempel (5) eintaucht und die Masse fließpresst, 4. wobei Unebenheiten der Form (9) durch eine Mehrzahl von federnd gelagerten Druckstiften (21) an dem Stempel (5) ausgeglichen werden.

4. Zuständiger Fachmann ist ein Ingenieur der Lebensmitteltechnik mit langjähriger Erfahrung in der industriellen Herstellung von Schokoladenartikeln.

5. Der Anspruch 1 gemäß Hauptantrag lässt sich aus dem erteilten Anspruch 1 i.V.m. Abs [0009] des Streitpatents ableiten, das auf eine Teilanmeldung aus der Stammanmeldung EP 98919256.2 (EP 0 981 280) veröffentlicht als WO 98/52425 A1 (D0) zurückgeht. Er basiert auch auf Anspruch 11 der Erstveröffentlichung D0, der auf wenigstens einen der Ansprüche 1 bis 10 rückbezogen ist, und dem gleichlautenden Oberbegriff der Ansprüche 1, 2, 4 und 5 sowie S. 4 Z. 19 bis 24 der D0 und auf den Ansprüchen 1 und 4 i.V.m. S. 3 Z. 28 bis 33 der Erstunterlagen der Teilanmeldung. Die weiterhin geltenden erteilten Ansprüche 2 bis 10 gehen auf die Ansprüche 3, 8, 9, 12 bis 17 und S. 5 Z. 27 bis 29 der D0 sowie die Ansprüche 3, 5 bis 12 und S. 5 Z. 27 bis 29 der Erstunterlagen der Teilanmeldung zurück.

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin geht der Gegenstand des Streitpatents nicht über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie bei der für die Einreichung der Anmeldung zuständigen Behörde ursprünglich eingereicht worden ist (PatG § 21 (4)). Denn auch das Merkmal im Anspruch 1 des Hauptantrags, dass die Unebenheiten der Form (9) „durch eine Mehrzahl von federnd gelagerten Druckstiften (21) an dem Stempel (5)“ ausgeglichen werden, geht auf die ursprünglichen Unterlagen zurück. Dem Streitpatent und gleichlautend den Erstunterlagen der Stammanmeldung ist entnehmbar, dass am Stempel bevorzugt federnd gelagerte Druckstifte vorgesehen sein sollen (vgl. Streitpatent D1 Abs. [0009] und D0 S. 4 Z. 21 bis 24). Auch die Zusammenschau der Ansprüche 10 und 11 der D0, wonach im Anspruch 10 nur auf den Stempel und im Anspruch 11 nur auf die federnd gelagerten Druckstifte Bezug genommen wird, lässt keine andere Lesart zu. Denn der Anspruch 11 ist auf den Anspruch 10 rückbezogen, was in der Zusammenschau dieser Ansprüche wieder zwangsläufig die im geltenden Anspruch 1 nach Hauptantrag genannten Druckstifte am Stempel ergibt. Das nunmehr beanspruchte Verfahren kann deshalb auch nicht in der Weise ausgelegt werden, dass bereits der Stempel an sich die Unebenheiten der Form ausgleicht, wie die Klägerin vorträgt.

Es ist auch nicht erforderlich, dass im Anspruch 1 der kennzeichnende Teil des Anspruchs 1 der D0 anzugeben ist, d.h. dass der Taupunkt der das Verzehrgut umgebenden Atmosphäre unter der Temperatur des Stempels (5) gehalten wird, wie die Klägerin schriftsätzlich vorträgt. Denn, wie auch im Beschluss der Einspruchsabteilung des EPA (LSP2) zutreffend festgestellt, ist eindeutig erkennbar, dass in der Stammanmeldung mindestens zwei technisch unverknüpfte Lehren enthalten sind, die sich in ihrer Problemstellung unterscheiden und mit unterschiedlichen, voneinander unabhängigen Merkmalen verwirklichen lassen. Das der Lösung gemäß Anspruch 1 der D0 zugrunde liegende Problem der Fleckenbildung auf der Schokolade hat mit dem zu lösenden Problem des Streitpatents, nämlich dem Ausgleich von Unebenheiten der Form, nichts zu tun. Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist daher auch in dieser Hinsicht nicht unzulässig erweitert.

Soweit die Klägerin in ihrem schriftsätzlichen Vortrag eine teilweise Vernichtung der Beschreibung anstrebt, kann auch dies nicht zum Erfolg führen. Zum einen besteht nur dann ein Anlass zur Nichtigerklärung von Teilen der Beschreibung, wenn diese zu einer unzulässig erweiterten Auslegung der Patentansprüche führen (vgl. Busse, Patentgesetz, 7. Aufl., § 21 Rn. 82). Zum anderen ist die Beschreibung nicht unzulässig erweitert, da lediglich die Aufgabe umformuliert und Teile gestrichen wurden, die nichts mit der Lehre der Teilanmeldung zu tun haben.

6. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist neu.

Aus D2 ist ein Verfahren zum Herstellen von fetthaltigen, schokoladenartigen Massen für Lebensmittel bekannt, bei dem entsprechend dem Oberbegriff des geltenden Anspruchs 1 eine temperierte Masse in eine Form gefüllt und ein unter 0oC gekühlter Stempel anschließend eine vorbestimmte Zeit in die Masse eingetaucht wird, wodurch ein vorbestimmtes Schalenvolumen zwischen dem Stempel und dem Hohlraum der Form definiert wird (Anspruch 1 i.V.m. S. 1 Z. 5 bis 21). Zusätzlich kann außen um den Stempel ein Kupplungsring angebracht werden, sei es durch Druckpassung oder Schraubverschluss, der nach unten gegen die obere Fläche der Form geführt wird (Anspruch 3, S. 7 Z. 16 bis 24 und Fig.1, 2). Dieser Kupplungsring kann axial federnd gelagert sein, z.B. durch eine Gummieinlage (S. 9 Z. 21 bis 23). Von federnd gelagerten Druckstiften zwischen Stempel und Form ist aber bei D2 keine Rede. Dieser Ring gemäß D2, wenn er auch durch eine Gummieinlage federnd gelagert ist, kann nicht mit federnd gelagerten Druckstiften gleichgesetzt werden.

Die weiteren Entgegenhaltungen liegen vom Gegenstand des Anspruchs 1 weiter entfernt. D3, D4 (S 105) und D8 (S. 19 2. bis 4. Spalte) berichten zwar über Erfahrungen mit einem gattungsgemäßen Verfahren gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 (Frozen Cone Verfahren). Über das Merkmal 4 des Anspruchs 1 geht aus D3, D4 und D8 aber nichts hervor. In D5 und D6 werden Teigformungsverfahren mittels einem in eine Form eintauchenden Stempel beschrieben, bei denen kein temperierter Stempel verwendet wird (D5, S. 1 Z. 8 bis 31, D6 S. 2 Z. 23 bis 29 und 43 bis 57). Auch D7 betrifft eine Verformung von Teig oder Pasten mit einer zweiteiligen Backform aus einem Bett, in dem sich ein einziger Napf befindet, der befüllt wird, und einem Stempel mit einem Schneidwerkzeug, wodurch die Formung des Teigs und die Entfernung von überschüssigem Material in einem Arbeitsschritt ermöglicht wird. Der in den Napf eintauchende Stempel ist beheizbar, und federnd gelagerte Druckstifte sind außen um den Stempel angebracht, damit die erzeugte Teigform nicht am Werkzeug anhaftet (S. 1 Z. 18 bis 25, S. 4 Z. 25 bis 41 i.V.m. Fig. 1 und 3). Ein Ausgleich von Unebenheiten der Form durch eine Mehrzahl von federnd gelagerten Druckstiften wird dabei nicht angesprochen. Aus den Druckschriften D9 bis D14 ist in Bezug auf den Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag lediglich zu entnehmen, dass sich Backformen und Backrahmen verziehen und verwerfen können.

7. Der Gegenstand des Anspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Ausgangspunkt zur Lösung der Aufgabe sind Verfahren zum Herstellen von Verzehrgütern mit einer äußeren Schale gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1, wie sie aus D2, D3, D4 und D8 hervorgehen. In D2 wird, wie vorstehend dargelegt, ein solches Verfahren im Detail beschrieben, bei dem der gekühlte Stempel von einem äußeren Ring umgeben ist, der beim Eintauchen des temperierten Stempels nach unten gegen die Form geführt wird und axial federnd durch eine Gummieinlage gelagert sein kann. Die axiale Bewegung des federbelasteten Rings dient dazu, bei dem erwünschten vollständigen Füllen des Aufnahmevolumens mit der Masse beim Eintauchen des Stempels Ungenauigkeiten in der Dosierung zu kompensieren (S. 9 Z. 21 bis 28 i.V.m. S. 7 Z. 16 bis 33). Dabei weicht aber der Ring dem Druck der Schokolade axial aus, um überschüssige Schokolade aufnehmen zu können, und drückt nicht gegen die Form. Bei D2 wird durch den Ausgleich der Dosierungsungenauigkeiten durch den Ring verhindert, dass ein Überschuss von Masse über die Ränder der Form ausfließt, damit die Ränder der hergestellten Schale nicht nachgearbeitet werden müssen (S. 3 Z. 19 bis 24).

Es kann daher nicht die Rede davon sein, dass der bekannte Ring die gleiche Wirkung oder die gleiche Funktion wie die im Merkmal 4 des Anspruchs 1 genannte Mehrzahl federnd gelagerter Druckstifte aufweist. Ein analoger Austausch des Rings durch die Druckstifte ist daher nicht gegeben, da durch diesen Austausch das Ziel der D2, Dosierungsungenauigkeiten auszugleichen, nicht erreichbar wäre. Auf eventuelle Unebenheiten der Form wird in D2 nicht hingewiesen. Es findet sich daher auch keine Anregung, dass ein Ring geeignet sein könnte, Unebenheiten der Form auszugleichen.

Aus dem weiteren die Herstellung von Verzehrgütern betreffenden Stand der Technik sind Verfahren und Vorrichtungen bekannt, bei denen Teig mittels zweiteiliger Werkzeuge mit einem inneren Teil (Stempel) und einem äußeren Teil (Form), der den Teig aufnimmt, geformt wird. D5 weist Schraubenfedern auf, die einen Abstand zwischen beiden Formteilen gewährleisten. Zusätzliche Schraubenfedern zwischen Stempel und Form wirken dem Saugeffekt entgegen, der beim Zurückziehen der Form nach der Kompression entsteht, und ein Anhaften des Teiges an der Form bewirkt (Anspruch 1 und S. 1 Z. 8 bis 31, S. 4 Z. 120 bis 126, S. 5 Z. 19 bis 35 i.V.m. Fig. 2 und 4). Mit der Vorrichtung gemäß D5 soll außerdem ein Vorerhitzen der Teigform vermieden werden (S. 1 Z. 37 bis 50). Temperaturdifferenzen, wie beim Verfahren gemäß Streitpatent hervorgerufen durch den temperierten Stempel, können daher bei D5 nicht auftreten. Eine Verwerfung der Form kann bei D5, bei der die Schale aus Teig nur in einer einzigen Form hergestellt wird, nicht auftreten. Eine Anregung ausgehend von D2 Unebenheiten der Form durch eine Mehrzahl von federnd gelagerten Druckstiften auszugleichen, kann daher D5 nicht entnommen werden. Das gleiche gilt für D6, die sich ebenfalls mit dem Formen eines Teigs mittels eines nicht temperierten Stempels, der in den Teig abgesenkt wird, befasst. Auch dort wird die Schale aus Teig nur in einer einzigen Form hergestellt, und federnd gelagerte Schrauben werden hier angebracht, um durch die Wirkung der Federkraft ein Anhaften des Teigs am Stempel beim Zurückziehen des Stempels zu verhindern (Anspruch 1 und S. 2 Z. 23 bis 33 und 43 bis 57 i.V.m. Fig. 1 bis 3). Aus D7 ist ein weiteres Verfahren zur Verformung von Teig bekannt, wobei ebenfalls nur eine Schale aus Teig in einer einzi- gen Form hergestellt wird. Die Form ist hier zweiteilig aus einem eigentlichen Bett und einem sich darin befindlichen Napf aufgebaut. In den Napf kann ein ggf. beheizter Stempel eingetaucht werden, wobei die Heizung dazu dient, ein Anhaften des Teigs am Werkzeug zu verhindern. Zu diesem Zweck werden auch federnd gelagerte Stifte ähnlich D6 angebracht, um durch Federwirkung ein Anhaften des Teigs am Werkzeug zu verhindern (S. 1 Z. 8 bis 25, S. 4 Z. 25 bis 41 i.V.m. Fig. 1 und 3). Ein Hinweis dahingehend, dass die Form Unebenheiten aufweisen könnte und diese auszugleichen sind, und dies auch noch mit einer Mehrzahl von federnd gelagerten Druckstiften zu tun haben könnte, kann daher auch D7 nicht entnommen werden. Die weiteren dem Senat vorliegenden Druckschriften liegen vom Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Hauptantrags noch weiter entfernt und können den Fachmann ebenfalls nicht zur patentgemäßen Lösung der technischen Aufgabe des Streitpatents anregen.

Der Auffassung der Klägerin, dass ausgehend von D3 oder D4 eine sinnvolle technische Aufgabe darin bestünde, ein Verfahren zum Herstellen von Verzehrgütern vorzuschlagen, das dem Effekt der Anhaftung der Form an den Stempel entgegenwirkt, kann nicht gefolgt werden. Denn beim Streitpatent spielt diese Anhaftung keine Rolle. Dieses Problem wird im Streitpatent durch ein Trennmittel am Stempel oder eine hauchdünne Eisschicht am Stempel als gelöst dargestellt (Abs. [0003, 0004]). Beim Streitpatent geht es im Gegenteil um das Problem der Verbesserung der Herstellung des Verzehrguts, indem Unebenheiten der Form beseitigt werden, wie vorstehend ausführlich erläutert.

8. Der Patentanspruch 1 des Hauptantrags hat daher Bestand. Mit ihm haben die darauf rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4, die vorteilhafte Ausführungsformen des Gegenstandes des Patentanspruchs 1 des Hauptantrags betreffen, ebenfalls Bestand.

9. Der nebengeordnete Patentanspruch 5 ist auf die Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 4 gerichtet. Dieser Anspruch enthält im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin die Vorrichtungsmerkmale des Anspruchs 1, die zur Durchführung des Verfahren dienen, und das Vorrichtungsmerkmal des Anspruchs 5. Bezüglich Neuheit und erfinderischer Tätigkeit gelten für diesen Anspruch die oben für den Anspruch 1 dargelegten Gesichtspunkte gleichermaßen. Der Anspruch 5 hat daher Bestand. Mit diesem Anspruch haben die mittelbar und unmittelbar rückbezogenen Ansprüche 6 bis 10, die besondere Ausgestaltungen des Anspruchs 5 betreffen, ebenfalls Bestand.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 PatG i.V.m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Guth Martens Dr. Gerster Dr. Münzberg Dr. Jäger Hu

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