Paragraphen in 12 W (pat) 702/07
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 702/07 Verkündet am 22. November 2012
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend das Patent 10 2004 017 326 …
BPatG 154 05.11
…
hat der 12. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Schneider, der Richterin Bayer sowie der Richter Dr.-Ing. Baumgart und Dipl.-Ing. Univ. Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Ausfelder beschlossen:
Das Patent 10 2004 017 326 wird widerrufen.
Gründe I
Gegen das am 6. April 2004 angemeldete und am 5. Oktober 2006 veröffentlichte Patent 10 2004 017 326 mit der Bezeichnung „Verfahren zur Herstellung von gegen elektrostatische Aufladungen geschützten Behältern“ hat die Einsprechende am 2. Januar 2007 Einspruch eingelegt.
Das angegriffene Patent umfasst insgesamt 17 Patentansprüche.
Der Einspruch ist darauf gestützt, dass der Gegenstand des Patents (im Umfang aller Ansprüche) mangels zugrundeliegender erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei.
Im Verfahren sind u. a. folgende, den Stand der Technik belegende Dokumente zu berücksichtigen, deren Inhalt auch in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde:
E1 DE 199 05 765 A1 E4 DE 102 42 956 A1 E7 R. GÄCHTER, H. MÜLLER: Taschenbuch der Kunststoff-Additive,
Carl Hanser Verlag München Wien, ISBN 3-446-15627-5, 3. Ausgabe, 1989, Seiten 798 bis 800 E8 DE 203 00 592 U1 Der Patentinhaber ist dem Vorbringen der Einsprechenden entgegengetreten; er verteidigt das Patent in der erteilten Fassung (Hauptantrag) sowie zuletzt hilfsweise im Umfang geänderter Anspruchsfassungen nach 4 in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Hilfsanträgen. Die Einsprechende widerspricht dem Vorbringen des Patentinhabers auch im Übrigen.
Die Einsprechende beantragt, das Patent 10 2004 017 326 zu widerrufen.
Der Patentinhaber beantragt, das Patent 10 2004 017 326 aufrechtzuerhalten,
hilfsweise, das Patent 10 2004 017 326 mit folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten: Patentansprüche 1 bis 13 gemäß 1. Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2012, Beschreibung und Zeichnung (Fig. 1 bis Fig. 3) gemäß Patentschrift,
weiter hilfsweise mit folgenden Unterlagen: Patentansprüche 1 bis 12 gemäß 2. Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2012, Beschreibung und Zeichnung (Fig. 1 bis Fig. 3) gemäß Patentschrift,
weiter hilfsweise mit folgenden Unterlagen: Patentansprüche 1 bis 12 gemäß 3. Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2012, Beschreibung und Zeichnung (Fig. 1 bis Fig. 3) gemäß Patentschrift,
weiter hilfsweise mit folgenden Unterlagen: Patentansprüche 1 bis 11 gemäß 4. Hilfsantrag, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 22. November 2012, Beschreibung und Zeichnung (Fig. 1 bis Fig. 3) gemäß Patentschrift.
Der Anspruch 1 in der erteilten Fassung hat folgenden Wortlaut:
1. Verfahren zur Herstellung eines Behälters für Transport und/oder Lagerung von fließfähigen Stoffen, dessen Wandungen mindestens einschichtig aufgebaut sind, unter Verwendung eines leitfähigen Kunststoffes, dadurch gekennzeichnet, dass ein Anteil des ersten Kunststoffmaterials mit einem Anteil eines leitfähigen Kunststoffes und einem Anteil eines Basiskunststoffes in Form eines Masterbatches mit einem Anteil eines weiteren, nichtleitfähigen Kunststoffmaterials in einem vorgebbaren Verhältnis gemischt und die Mischung einer Blasformmaschine zugeführt wird.
An diesen Anspruch schließen sich direkt oder indirekt rückbezogene Ansprüche 2 bis 17 an.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:
1. Verfahren zur Herstellung eines Behälters für Transport und/oder Lagerung von fließfähigen Stoffen, dessen Wandungen zweischichtig oder dreischichtig aufgebaut sind, unter Verwendung eines leitfähigen Kunststoffes, dadurch gekennzeichnet, dass eine Schicht aus Highdensity-Polyethylen hergestellt wird und eine weitere Schicht aus einem Anteil eines ersten Kunststoffmaterials mit einem Anteil eines leitfähigen Kunststoffes und einem Anteil eines Basiskunststoffes, nämlich Highdensity- Polyethylen, in Form eines Masterbatches mit einem Anteil eines weiteren nichtleitfähigen Kunststoffmaterials, nämlich einem Highdensity-Polyethylen, wofür die Anteile in einem vorgebbaren Verhältnis gemischt werden und die Mischung einer Blasformmaschine zugeführt wird.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:
1. Verfahren zur Herstellung eines Behälters für Transport und/oder Lagerung von fließfähigen Stoffen, dessen Wandungen zweischichtig oder dreischichtig aufgebaut sind, unter Verwendung eines leitfähigen Kunststoffes, dadurch gekennzeichnet, dass eine Schicht aus Highdensity-Polyethylen und Aufschmelzung desselben in einem Extruder und Zuführung zu einer Blasformmaschine über eine Ringdüse hergestellt wird und eine weitere Schicht aus einem Anteil eines ersten Kunststoffmaterials mit einem Anteil eines leitfähigen Kunststoffes und einem Anteil eines Basiskunststoffes, nämlich Highdensity-Polyethylen, in Form eines Masterbatches mit einem Anteil eines weiteren nichtleitfähigen Kunststoffmaterials, nämlich einem HighdensityPolyethylen, wofür die Anteile in einem vorgebbaren Verhältnis gemischt, dann einem Extruder zugeführt, gemischt und aufgeschmolzen werden und anschließend die Mischung über die Ringdüse der Blasformmaschine zugeführt wird.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 lautet:
1. Verfahren zur Herstellung eines Behälters für Transport und/oder Lagerung von fließfähigen Stoffen, dessen Wandungen zweischichtig oder dreischichtig aufgebaut sind, unter Verwendung eines leitfähigen Kunststoffes, dadurch gekennzeichnet,
dass eine Schicht aus Highdensity-Polyethylen und Aufschmelzung desselben in einem Extruder und Zuführung zu einer Blasformmaschine über eine Ringdüse hergestellt wird und eine weitere Schicht aus einem Anteil eines ersten Kunststoffmaterials mit einem Anteil eines leitfähigen Kunststoffes in einer Menge in einem Bereich von 0,05 Gew.% bis 5 Gew.%, bezogen auf die Gesamtmenge des ersten Kunststoffmaterials, und einem Anteil eines Basiskunststoffes, nämlich Highdensity-Polyethylen, in Form eines Masterbatches mit einem Anteil eines weiteren nichtleitfähigen Kunststoffmaterials, nämlich einem HighdensityPolyethylen, wofür die Anteile in einem vorgebbaren Verhältnis gemischt, dann einem Extruder zugeführt, gemischt und aufgeschmolzen werden und anschließend die Mischung über die Ringdüse der Blasformmaschine zugeführt wird.
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 lautet:
1. Verfahren zur Herstellung eines Behälters für Transport und/oder Lagerung von fließfähigen Stoffen, dessen Wandungen zweischichtig oder dreischichtig aufgebaut sind, unter Verwendung eines leitfähigen Kunststoffes, dadurch gekennzeichnet, dass eine Schicht aus Highdensity-Polyethylen und Aufschmelzung desselben in einem Extruder und Zuführung zu einer Blasformmaschine über eine Ringdüse hergestellt wird und eine weitere Schicht aus einem Anteil eines ersten Kunststoffmaterials mit einem Anteil eines leitfähigen Kunststoffes in einer Menge in einem Bereich von 0,05 Gew.% bis 5 Gew.%, bezogen auf die Gesamtmenge des ersten Kunststoffmaterials, wobei der leitfähige Kunststoff ausgewählt ist aus einer Gruppe umfassend Polythiophene und/oder Polyethylendioxitiophene (PEDOT), und einem Anteil eines Basiskunststoffes, nämlich Highdensity- Polyethylen, in Form eines Masterbatches mit einem Anteil eines weiteren nichtleitfähigen Kunststoffmaterials, nämlich einem Highdensity-Polyethylen, wofür die Anteile in einem vorgebbaren Verhältnis gemischt, dann einem Extruder zugeführt, gemischt und aufgeschmolzen werden und anschließend die Mischung über die Ringdüse der Blasformmaschine zugeführt wird.
Wegen des Wortlauts der sich jeweils anschließenden Unteransprüche und zu weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II
1) Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig und führt zum Widerruf des Patents.
2) Die unmittelbare Zuständigkeit des Senats für die Entscheidung folgt aus § 61 Abs. 2 Nr. 1 PatG in der seit dem 1. Juli 2006 geltenden Fassung.
3) Das angefochtene Patent betrifft ein Verfahren zur Herstellung von gegen elektrostatische Aufladungen geschützten Behältern aus Kunststoff.
Bei der Verwendung von Behältern aus Kunststoff für Flüssigkeiten, deren Dämpfe leicht entzündlich sind oder bei der Verwendung derartiger Behälter in Bereichen, die aus anderen Gründen als explosionsgefährdet einzustufen sind, besteht die Gefahr, dass durch eine Entladung der elektrostatischen Aufladung am Behälter unter Funkenbildung eine Explosion ausgelöst wird, vgl. Absatz 0002 in der Patentschrift DE 10 2004 017 326 B4.
Mit deren Entwicklung und Konstruktion ist ein Dipl.-Ingenieur (FH) Maschinenbau mit mehrjähriger Berufserfahrung im Bereich des Behälterbaus befasst, der bei der Auswahl der Werkstoffe für Kunststoffbehälter auch im Hinblick auf deren Verarbeitung einen Kunststofftechniker zu Rate zieht. Nach dem Verständnis dieses Fachmanns, das Maßstab für die Ermittlung des Offenbarungsgehaltes der Patentschrift und für die Auslegung der Patentansprüche ist, stellt sich das patentgemäße Herstellungsverfahren im Umfang des erteilten Anspruchs 1 (Hauptantrag) gemäß Absatz 0010 i. V. m. Absätzen 0018 bis 0020 in der beanspruchten Patentkategorie wie folgt dar:
- Ein erstes Kunststoffmaterial liegt vor als ein durch Mischung (erster Verfahrensschritt) aus einem leitfähigen Kunststoff und einem Basiskunststoff gebildeter „Masterbatch“.
- Ein Anteil des ersten Kunststoffmaterials wird mit einem weiteren, nichtleitfähigen Kunststoffmaterial gemischt (zweiter Verfahrensschritt).
- Die Mischung aus dem den leitfähigen Kunststoff enthaltenden „Masterbatch“ und dem weiteren, nichtleitfähigen Kunststoffmaterial wird einer Blasformmaschine zugeführt (dritter Verfahrensschritt).
Bei solcher Verfahrensführung soll „durch die Vorlage der das erste Kunststoffmaterial bildenden Mischung aus einem leitfähigen Kunststoff und einem Basiskunststoff in Form eines Masterbatches […] erzielt“ werden, „dass der leitfähige Kunststoff bereits gleichmäßig verteilt im Basiskunststoff vorliegt. Dann kann auch bei der weiteren Vermischung dieses ersten Kunststoffmaterials mit dem weiteren Kunststoffmaterial […] eine weitgehend homogene Verteilung des leitfähigen Kunststoffes in dieser Mischung erzielt werden“ (vgl. Absatz 0010, Sätze 2 und 3). Ein unter Einschluss dieser Verfahrensschritte hergestellter Behälter soll hierdurch nicht nur eine sehr homogene Wandungsstruktur aufweisen (vgl. Abs. 0021, letzter Satz), wodurch „nur so viel leitfähiger Kunststoff beigemischt werden muss, dass die geforderte Ladungsdichte auf der Behälteroberfläche von max. 40 Nano-Coulomb pro cm² eingehalten werden kann“ (vgl.
Absatz 0024, letzter Satz), sondern auch den an ihn gestellten Anforderungen hinsichtlich der Stabilität und Festigkeit nach den maßgeblichen Normen entsprechen (vgl. Abs. 0009).
Dementsprechend sind für das beanspruchte Herstellungsverfahren hinsichtlich der beabsichtigten Eigenschaften des fertigen Erzeugnisses auch die Verarbeitungseigenschaften der zu wählenden Polymerwerkstoffe nach Art und (anteiliger) Menge maßgeblich.
Dem vorstehenden Verständnis trägt folgende, der Erörterung in der mündlichen Verhandlung zugrunde gelegte Gliederung des erteilten Anspruchs 1 (Hauptantrag) Rechnung.
Anspruch 1 gemäß DE 10 2004 017 326 B4:
M1 Verfahren zur Herstellung eines Behälters für Transport und/oder Lagerung von fließfähigen Stoffen,
M1.1 dessen Wandungen mindestens einschichtig aufgebaut sind, M2 unter Verwendung eines leitfähigen Kunststoffes.
Hierfür ist vorgesehen:
M3 Ein Anteil eines ersten Kunststoffmaterials wird mit einem weiteren Kunststoffmaterial in einem vorgebbaren Verhältnis gemischt,
M3.1 das erste Kunststoffmaterial liegt vor als ein durch Mischung aus einem leitfähigen Kunststoff und einem Basiskunststoff gebildeter „Masterbatch“,
M3.2 das weitere Kunststoffmaterial ist ein nichtleitfähiges Kunststoffmaterial. M4 Die Mischung des ersten und weiteren Kunststoffmaterials wird einer Blasformmaschine zugeführt.
Die jeweils in den Ansprüchen 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 3 angegebenen Weiterbildungen - betreffend den Schichtaufbau, die Art des Basiskunststoffs bzw. des nichtleitfähigen Kunststoffmaterials und dessen Verarbeitung sowie den Mengenanteil des leitfähigen Kunststoffes - sind auch vom Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 umfasst, in dem darüber hinaus auch die Art des leitfähigen Kunststoffs angegeben ist.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 ist insgesamt durch folgende Merkmale definiert, die in einer Gliederung wie nachstehend aufgeführt in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erörtert wurden (mit Hochzeichen (H1) versehene Merkmale betreffen Ergänzungen/Änderungen gegenüber Anspruch 1 in der erteilten Fassung, mit Hochzeichen (H2) bis (H4) versehene Merkmale gehen auf Ergänzungen der Ansprüche in der Rangfolge der entsprechend bezifferten Hilfsanträge zurück).
Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4:
M1 Verfahren zur Herstellung eines Behälters für Transport und/oder M1.1H1 Lagerung von fließfähigen Stoffen, dessen Wandungen zweischichtig oder dreischichtig aufgebaut sind,
M2 M2.1H1 M2.2H1 unter Verwendung eines leitfähigen Kunststoffes, hiervon wird eine Schicht aus Highdensity-Polyethylen hergestellt, eine weitere Schicht wird aus der anteiligen Mischung eines ersten Kunststoffmaterials mit einem weiteren Kunststoffmaterial hergestellt; Hierfür ist vorgesehen:
M3 Ein Anteil eines ersten Kunststoffmaterials wird mit einem weiteren M3.1H1 Kunststoffmaterial in einem vorgebbaren Verhältnis gemischt, das erste Kunststoffmaterial liegt vor als ein durch Mischung aus einem leitfähigen Kunststoff und einem Basiskunststoff, nämlich einem Highdensity-Polyethylen, gebildeter „Masterbatch“,
M3.3H3 M3.4H4 M3.2H1 M4 M4.1H2 M4.2H2 der Mengenanteil des leitfähigen Kunststoffes liegt in einem Bereich von 0,05 Gew.% bis bis 5 Gew.%, bezogen auf die Gesamtmenge des ersten Kunststoffmaterials, wobei der leitfähige Kunststoff ausgewählt ist aus einer Gruppe umfassend Polythiopene und/oder Polyethylendioxithiophene (PEDOT); das weitere Kunststoffmaterial ist ein nichtleitfähiges Kunststoffmaterial, nämlich ein Highdensity-Polyethylen; Die Mischung des ersten und weiteren Kunststoffmaterials wird einer Blasformmaschine zugeführt; Für die Herstellung der ersten Schicht wird das HighdensityPolyethylen in einem Extruder aufgeschmolzen und zu der Blasformmaschine über eine Ringdüse zugeführt; Für die Herstellung der weiteren Schicht wird die anteilige Mischung des Masterbatches mit dem Highdensity-Polyethylen einem Extruder
- zugeführt - gemischt und - aufgeschmolzen und anschließend die Mischung über die Ringdüse der Blasformmaschine zugeführt.
4) Die erteilten wie verteidigten Ansprüche sind zulässig, ihre Gegenstände sind sowohl in der ursprünglich eingereichten Anmeldung als auch im Patent offenbart. Die Ansprüche nach den Hilfsanträgen sind im Übrigen gegenüber dem erteilten Anspruch 1 beschränkt. Gegenteiliges hat die Einsprechende auch nicht geltend gemacht.
5) Bereits der Gegenstand des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 – somit auch jeweils nach dem Haupt- und nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 - ist nicht patentfähig. Denn diese Ansprüche haben dasselbe Herstellungsverfahren wie der Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 in allgemeiner gehaltener Anspruchsfassung zum Gegen- stand, weshalb nachfolgende Aussagen zum am weitesten beschränkten Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 diesen Ansprüchen gegenüber sinngemäß ebenfalls gelten.
Die Neuheit des zwar gewerblich anwendbaren Herstellungsverfahrens mit den im geltenden Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 angegebenen Merkmalen ist unbestritten gegeben. Die von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf den erteilten Anspruch 1 ergänzend vorgelegte EP 1 439 131 B1 war nicht zu berücksichtigen, da diese aus einer älteren Anmeldung hervorgegangene Druckschrift selbst nicht den aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 PatG folgenden Anforderungen an eine Veröffentlichung zum Beleg des Standes der Technik genügt.
Nähere Ausführungen hierzu erübrigen sich zudem, da die Lehre des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG) beruht.
Aus der E1 geht ein mehrschichtiger Transportbehälter mit erzeugnistechnischen Eigenheiten entsprechend den Merkmalen M1, M1.1H1, M2.1H1 hervor, für den dort auch ein Herstellungsverfahren durch Coextrusion vorgeschlagen ist, bei dem mehrere Schichten Polymerschmelze – hiervon eine Schicht aus hochdichtem Polyethylen („HD-PE“, vgl. Spalte 2, Zeile 15) in der Extrusionsdüse übereinandergelegt werden und dieses Coextrudat zur weiteren Verarbeitung in eine Formgebungseinrichtung gegeben wird, vgl. dort Spalte 3, Zeilen 15 bis 19 i. V. m. Spalte 4, Zeile 56 bis Spalte 5, Zeile 9.
Weil das in E1 beschriebene Ausführungsbeispiel ein Hohlfass betrifft (vgl. Figur 1), unterstellt der Fachmann dem dort angegeben Verfahren zwangslos auch die fachübliche, für derartige Hohlkörper übliche Herstellung entsprechend den Verfahrensschritten der Merkmalsgruppe 4 durch Blasformen eines coextrudierten Schlauches innerhalb einer Blasform – der insoweit aus einer Ringdüse austritt und einer Blasformmaschine zugeführt wird (Teil der Merkmale M4.1H2 und M4.2H2). In diesem Zusammenhang belegt die E4 das Fachwissen im einschlägigen Zusammenhang, vgl. dort Absätze 0005 und 0020 sowie 0021 in Verbindung mit den Figuren 1 bis 3, die einen blasformtechnisch hergestellten Transportbehälter bzw. dessen mehrschichtige Wandung zeigen. Ein derartiger, mit dem aus E1 hervorgehenden Hohlfass hinsichtlich der blasformtechnischen Herstellung vergleichbarer Behälter ist auch dem nach der beanspruchten Lehre hergestellten Behälter, wie hier in der Figur 1 des Streitpatents gezeigt, auch im Übrigen ähnlich: Denn das hierfür notwendige Plastifizieren der dem Extruder entsprechend Merkmal M4 zuzuführenden thermoplastischen Polymerwerkstoffe (vgl. E1 a. a. O.) vollzieht sich durch Aufschmelzen im Extruder bei Temperaturen oberhalb des Schmelzpunktes (vgl. E1, Spalte 5, Zeilen 15 bis 18), wobei im Extruder zwangsläufig immer auch eine (weitere) Durchmischung des zugeführten Materials erfolgt (Teil des Merkmals M4.2H2). Dieses Durchmischen entspringt der einem Extruder inhärenten Wirkungsweise beim Plastifizieren, die auch das Streitpatent im Hinblick auf eine vorliegend nicht beanspruchte Verfahrensweise, die ohne Vormischung außerhalb des Extruders auskommt, als allgemein bekannt vorausgesetzt (vgl. Absatz 0035, Satz 3).
Während sich bereits durch Anwendung der Methode der Mehrschichtblasextrusion eine hohe Festigkeit des Kunststoffbehälters erzielen lässt (vgl. E1, Spalte 3, Zeilen 6 bis 15), orientiert sich auch die Auswahl der Materialien für die einzelnen Schichten – die Auswirkungen auf die Verfahrensführung je nach Verarbeitungseigenschaft der Materialien hat – zur Erzielung der gewünschten erzeugnistechnischen Eigenschaften des fertigen Behälters am Einsatzzweck des Behälters (vgl. E1, Spalte 1, Zeilen 25 bis 40). So schlägt die E1 „HD-PE“ als Werkstoff nicht nur für die innere, coextrudierte Schicht, sondern auch für die übrigen Schichten vor, in denen dieses Highdensity-Polyethylen zudem als Bestandteil eines Gemisches von Kunststoffen („Copolymer“, „Gemisch“, vgl. E1, Spalte 3, Zeilen 37 bis 49) entsprechend Merkmal M2.2H1 vorgesehen sein kann. Als Beispiel für die in E1 angesprochene „freie“ Wählbarkeit (vgl. Spalte 3, Zeilen 5 und 6) der Werkstoffe bzw. Gemische wird dort auch die Verwendung eines allerdings vorgemischt vorliegenden, elektrisch leitfähigen Materials auf Basis eines Highdensity-Polyethylens – von daher entsprechend Merkmal M3.2H1 - speziell zur Erzielung eines vorgegebenen „spezifischen elektrischen Oberflächenwiderstandes“ vorgeschlagen („Vorzugsweise […] HD-PE Hostalen® GM 9350C black“, Widerstand „≤ 105 Ω“, vgl. Spalte 3, Zeile 61 bis Spalte 4, Zeile 14).
Jedoch ist als werkstofftechnische Alternative dem Fachmann mit der E8 auch die Verwendung einer extrudierbaren Mischung eines Anteils eines leitfähigen, aus der Mischung eines Kunststoffs „mit elektrisch eigenleitenden (intrinsischen) Eigenschaften“ (vgl. Seite 4, Zeilen 4 und 5) und eines Highdensity-Polyethylens als einem elektrisch- nichtleitenden Basiskunststoff hervorgegangenen Kunststoffmaterials („Kunststoffmaterial mit intrinsischen Eigenschaften“, vgl. Seite 3, Zeile 23) als „Master-Batch“ (vgl. Seite 4, Zeile 7) mit einem Anteil eines HighdensityPolyethylens bekannt, vgl. dort Ansprüche 1 bis 4 i. V. m. Seite 4, Zeile 19f.. Denn die E8 schlägt auch die Beimischung aufgearbeiteten Kunststoffmaterials zum elektrisch nichtleitfähigen Kunststoff vor (vgl. Spalte 4, Zeilen 19 bis 35). Wird dieses Kunststoffmaterial nach Aufarbeitung von Abfällen im regranulierten Zustand als beizumischender Anteil anstelle eines originären „Masterbatches“ mit intrinsischer Leitfähigkeit mit dem elektrisch nicht-leitfähigen Kunststoff vermischt, liegt dieses Regranulat gleichsam als „erstes“, durch Mischung aus einem leitfähigen Kunststoff und einem Basiskunststoff gebildetes Kunststoffmaterial in Form eines Masterbatches entsprechend Merkmal M3.1H1 vor. Diese in E8 beschriebene Vorgehensweise entspricht auch dem gebotenen Verständnis dieses Merkmals, weil sie auch Gegenstand der Weiterbildung gemäß dem erteilen Unteranspruch 5 des angegriffenen Patents bzw. des Unteranspruchs 4 gemäß Hilfsantrag 4 ist.
Dieses nach der Lehre der E8 einen leitfähigen Kunststoff (entsprechend Merkmal M2) enthaltende Material liegt am fertigen Erzeugnis von daher auch als Mischung entsprechend dem Merkmal M3.2H1 vor.
Dieses Materialgemisch ist in E8 zwar für die Herstellung einer gegen elektrostatische Aufladung geschützten Transportpalette vorgeschlagen, allerdings zur gemeinsamen Anwendung mit Transportbehältern aus Kunststoff. Hierfür stellt die E8 den Vorteil gegenüber Kunststoffmaterialien mit Leitrußanteil zur Erzielung dauerantistatischer Eigenschaften heraus (vgl. Seite 1, zweiter Absatz i. V. m. Seite 2, zweiter Absatz).
Der Fachmann erkennt hierin von daher eine weitere Möglichkeit der Ausführung auch der Wandung eines Behälters, um mit einer solchen, dem Merkmal M2.2H1 entsprechenden Schicht auch einen Behälter gegen elektrostatische Aufladungen zu schützen. Er würde von daher auch auf ein solches, durch Mischung eines anteilig Highdensity-Polyethylen aufweisenden „Masterbatches“ (vgl. E8, Seite 4, Zeile 7) entsprechend Merkmal M3.1H1 mit einem Highdensity-Polyethylen entsprechend Merkmal M3.2H1 entstandenes Kunststoffmaterial im Rahmen einer im Übrigen willkürlichen Auswahl – wie in E1 Spalte 3, Zeilen 5 und 6 i. V. m. Zeilen 37 bis 43 („Copolymere“) angesprochen - zurückgreifen.
Dies gilt auch für die – ebenfalls die Festlegung der Verarbeitungsschritte beeinflussende – Auswahl des leitfähigen Kunststoffs. Weil die E8 hierfür keine speziellen Typen vorschlägt, ist der die in E8 angesprochenen Vorteile anstrebende Fachmann veranlasst, zum Anmeldezeitpunkt handelsübliche, zur Vermischung mit Highdensity-Polyethylen vorgesehene leitfähige Kunststoffe auszuwählen. Hierzu zählt der im Merkmal M3.4H4 benannte, sich für einen analogen Einsatz anbietende, zum Anmeldezeitpunkt kommerziell verfügbare Werkstoff Polyethylendioxithiophene (PEDOT), was der Vertreter der Patentinhaberin auf Nachfrage des Gerichts ausdrücklich bestätigt hat. Dieser für eine Vermischung mit Polyolefinen wie Polyethylen besonders geeignete Kunststoff wurde nach Kenntnis des Senats lange vor dem Anmeldezeitpunkt - was auch nicht bestritten wurde, somit ein druckschriftlicher Beleg entbehrlich war - unter dem Markennamen Baytron P® vertrieben.
Die Festlegung des Mengenanteils (Merkmal M3.3H3) des leitfähigen Kunststoffs richtet sich nach der zu erzielenden – im Anspruch nicht näher definierten – elektrischen Leitfähigkeit der Schicht am fertigen Erzeugnis und folgt einer einfachen Bemessung. Bereits in E8 ist angesprochen, dass zur Sicherung gegen elektrostatische Aufladungen bereits geringe Mengen eines intrinsisch leitfähigen Kunststoffs – durch „Vermischung mit dem elektrisch nichtleitenden Kunststoff entsprechend „verdünnt““ (vgl. Seite 3, Zeilen 3 bis 11) – ausreichend sind. Die E8 schlägt hierfür u. a. auch einen Anteil von weniger als 5 Vol.% für ein ausreichend leitfähig eingestelltes Kunststoffmaterial vor (vgl. dort Anspruch 11).
Allerdings schweigt sich die E8 über die Herstellung des auch dort als „MasterBatch“ (vgl. Seite 4, Zeile 7) entsprechend dem gebotenen Verständnis des Merkmals M3.1H1 vorliegenden ersten Kunststoffmaterials aus. Abweichend von der durch die Merkmale M3 i. V. m. den Merkmalen M4 und M4.2H2 vorgegebenen Abfolge der das beanspruchte Verfahren maßgeblich bestimmenden Mischprozesse beschreibt die E8 zudem eine Vorgehensweise, bei dem der als „Konzentrat“ vorliegende Masterbatch (Komponente „A“, vgl. Figur 2) und das weitere, nichtleitfähige Kunststoffmaterial (Komponente „B“, vgl. Figur 2) erst im Extruder „homogen vermischt“ werden (vgl. Seite 4, Zeilen 1 bis 17 i. V. m. Seite 6, Zeilen 9 bis 18). Die E8 belegt insoweit, dass es sich bei einer Durchmischung im Extruder um einen im Fachwissen liegenden Nebeneffekt handelt, der dort bei der Extrusion eines Kunststoffmaterials ausgenutzt wird, wofür ein als „Masterbatch“ vorliegendes Kunststoffmaterial und ein weiteres Kunststoffmaterial dem Extruder gesondert zugeführt werden (vgl. dort Seite 6, Zeilen 9 bis 18 i. V. m. Figur 2) – ähnlich einer weiteren im Streitpatent beschriebenen Vorgehensweise (vgl. Absatz 0035), die allerdings nicht Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ist.
Die erfindungsgemäße, eine weitere Vormischung vor der Zuführung in den Extruder einschließende Vorgehensweise bei der Herstellung erschöpft sich indes im Vorschlag einer handwerklichen Maßnahme, belegt durch das Lehrbuch E7 betreffend die Einarbeitung von Antistatika in Polymermassen. Dort ist ein Vormischen entsprechend Merkmal M3.1H1 angesprochen, um das in kleiner Menge zugegebene Additiv möglichst gleichmäßig auf die Kunststoffteilchen zu verteilen (vgl. Seite 799, erster Absatz, zweiter Satz). So wird für das Beispiel eines zudem im beanspruchten Bereich gemäß Merkmal M3.3H3 liegenden Anteils von lediglich 0,15 Gew % (1,5 kg Antistatikum auf 1000 kg Polyethylen, vgl. Seite 800, erster Satz) vorgeschlagen, „die Wirksubstanz in einer mit dem Endprodukt verträglichen Matrix in wesentlich höherer Konzentration vorzudispergieren“ (vgl. Seite 800, vierter Satz). Ein solcher, durch Vermischung erhaltener „hochkonzentrierter Masterbatch“ (vgl. Seite 800, letzter Satz des ersten Absatzes) - konfektioniert als erstes Kunststoffmaterial in einer Teilchengröße, „die dem [anteilig beizumischenden] Polymergranulat entspricht“ (vgl. Seite 800, vorletzter Satz des ersten Absatzes) – ist von daher für die in E7 a. a. O. angesprochene „Vormischung“ mit dem weiteren Kunststoffmaterial vor der Zuführung vorgesehen. Diese Vorgehensweise eignet sich insoweit für die fachübliche, unmittelbare Beschickung des Extruders mit einem Gemisch wie aus E1 hervorgehend (vgl. Spalte 3, Zeilen 48 und 49 i. V. m. Anspruch 11), ohne dass es einer Beimischung am Extruder, wie in E8 a. a. O. i. V. m. Figur 2 vorgeschlagen, bedarf. Vielmehr konnte der Fachmann bei Anwendung einer gemäß E7 fachüblichen Vorvermischung eines selbst auf einer Mischung beruhenden „Masterbatches“ mit einem weiteren Kunststoffmaterial entsprechend Merkmal M3 eine weitere Verbesserung der Homogenität des Extrudats erwarten, weil der das erste Kunststoffmaterial bildende „Masterbatch“ nicht erst im Extruder mit dem zweiten Kunststoffmaterial wie in E8 vorgeschlagen vermischt wird, sondern über die vorangehende Durchmischung im Extruder gerade zusätzlich (Teil des Merkmals M4.2H2) durchmischt wird.
Somit ergibt sich der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 ausgehend von der E1 – in der der Fachmann das fachübliche Extrudieren aus einer Ringdüse in eine Blasform, wie durch E4 belegt, mitliest - i. V. m. der E8 bei Anwendung der mit E7 dokumentierten hergebrachten Regeln der Verarbeitung von Kunststoffen mit geringanteiligen Komponenten in naheliegender Weise.
6) Der Patentanspruch 1 nach dem Hauptantrag und die Patentansprüche 1 jeweils nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 teilen das Schicksal des am weitesten eingeschränkten Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 4. Obige Aussagen gelten sinngemäß für sämtliche Hauptansprüche nach den übrigen Anträgen, nähere Ausführungen hierzu erübrigen sich. Mit diesen Hauptansprüchen fallen auch jeweils die abhängigen Ansprüche, da über einen Antrag auf Aufrechterhaltung des Patents nur als Ganzes entschieden werden kann (BGH in GRUR 1997, 120 – elektrisches Speicherheizgerät). Ein eigenständiger erfinderischer Gehalt der jeweiligen Unteransprüche ist zudem weder geltend gemacht noch für den Senat erkennbar.
Schneider Bayer Baumgart Ausfelder Me
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