9 W (pat) 38/13
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 38/13
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung … (hier: Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe)
…
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 10. Mai 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber sowie der Richter Paetzold, Dr.-Ing. Baumgart und Dr.-Ing. Geier BPatG 152 08.05 beschlossen:
1. Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Prüfungsstelle 21 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 9. August 2013 aufgehoben.
2. Das Verfahrenskostenhilfeverfahren wird zur weiteren Durchführung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Gründe I.
Der Anmelder und Antragsteller hat am 6. Januar 2013 per Fax eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„… …" eingereicht und mit Schreiben vom selben Tage Verfahrenskostenhilfe (nachstehend VKH) beantragt. Hierzu hat er verschiedene Unterlagen, u.a. den Vordruck A9541 (Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) und eine „Gesamtaufstellung Einnahmen & Ausgaben“ mit Datum vom 6. Januar 2013 nebst zahlreichen Belegen eingereicht mit dem Hinweis, dass er diese bereits in anderen Verfahren vorgelegt habe und in allen Fällen die VKH bewilligt worden sei. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich demgegenüber nicht verändert. Zu diesem Antrag hat die Prüfungsstelle 51 des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) den Antragsteller mit Bescheid vom 24. Januar 2013 gebeten, einen ausdrücklichen Antrag auf VKH zu stellen, aus dem ersichtlich sei, für welchen Teil des Verfahrens und für welche Gebühren die VKH beantragt werde. Im Übrigen müssten die Einnahmen und Ausgaben nach dem neuesten Stand angegeben werden. Den Bescheid hat der Antragsteller zurückgesandt mit seinem handschriftlichen Vermerk vom 28. Januar 2013, die VKH betreffe die Antrags- und Prüfungsgebühr und erneut das Formblatt A9541 beigefügt, das als Erstellungsdatum die Daten 26.02.2012, 05.07.2012 und 06.01.2013 trägt. Nach weiterem Schriftverkehr hinsichtlich des Adressenwechsels des Antragstellers zum laufenden Anmeldungsverfahren hat nachfolgend die Prüfungsstelle 21 mit Bescheid vom 29. Juli 2013 beanstandet, dass der Bescheid vom 24. Januar 2013 nicht vollständig beantwortet sei; es fehlten sämtliche Belege zu den geltend gemachten Angaben. Die Versicherung, die Verhältnisse hätten sich nicht geändert, sei nicht ausreichend. Auch diesen Bescheid hat der Antragsteller zurückgesandt mit dem handschriftlichen Hinweis, er habe bereits am 7. Februar 2013 neue Unterlagen seiner Einkommensnachweise per Post an das DPMA geschickt; möglicherweise seien diese bei der Hauptakte. Daraufhin hat diese Prüfungsstelle den Verfahrenskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 9. August 2013 zurückgewiesen mit der Begründung fehlender Bedürftigkeit des Antragstellers, die ohne aktuelle Nachweise und Belege nicht habe überprüft werden können. Der Antragsteller habe nur den Vordruck 9541 eingereicht und trotz Erinnerung vom 29. Juli 2013 lediglich darauf hingewiesen, die Unterlagen befänden sich möglicherweise in der Hauptakte. In VKH-Verfahren würden aber keine Hauptakten geführt. Auch wenn Verweise auf Parallelakten zulässig seien, könne eine solche nicht ausgemacht werden. Da der Antragsteller kein konkretes Aktenzeichen genannt habe, liege kein Nachweis vor, dass die Unterlagen eingereicht worden seien. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt mit Fax vom 13. August 2013, in welchem er darauf verwiesen hat, dass er die Unterlagen bereits im Januar/Februar noch einmal in Kopie übersandt habe; er wisse nicht, wohin diese Unterlagen im Amt gelangt seien, obwohl er ein Aktenzeichen angegeben habe; dennoch werde er die Unterlagen erneut übersenden. Mit Schreiben vom 19. September 2013 hat er sich nach dem Stand des Verfahrens erkundigt und wieder die Übersendung der Unterlagen angeboten. Mit Schreiben vom 7. November 2013 hat der Anmelder erneut um Auskunft zum Sachstand gebeten und darauf hingewiesen, dass er am 15. Oktober 2013 die Unterlagen an der Posteingangsstelle abgegeben habe und nunmehr um Weiterbearbeitung bitte.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, zumal sie gebührenfrei ist (als Verfahrenskostenhilfesache, vgl. Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl. 2014, § 135 Rdn. 16 m. w. N.). Die Beschwerde ist auch begründet.
Zwar ist der den Beschluss erlassenden Stelle des DPMA darin zuzustimmen, dass der VKH-Antrag ohne Vorlage des ausgefüllten Formblatts A 9541 nebst Belegen nicht bewilligt werden konnte. Zur Beantragung von VKH, die gemäß § 129 PatG nach Maßgabe der §§ 130 bis 138 PatG gewährt wird, ist nach der Verweisungsvorschrift des § 136 Satz 1 PatG in Verbindung mit § 117 Abs. 2 ZPO eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen. Diese hat der Antragsteller unter Verwendung eines Formblattes darzulegen und zu belegen (vgl. BPatG, Beschluss vom 13.03.2009 - Az. 8 W (pat) 54/08; Schulte PatG, 9. Aufl. 2014, § 130, Rn. 9).
Diesen Erfordernissen ist der Antragsteller seinerzeit auch nachgekommen. Allerdings wurde amtsseitig beanstandet, dass er insoweit nicht die erforderlichen Belege mitgeschickt habe. Ausweislich der elektronischen Akte sind diese Unterlagen jedoch gemeinsam mit dem Formblatt im Amt per Fax eingegangen; offenbar haben sie der über den Antrag befindenden Stelle bei Beschlussfassung nicht vorgelegen. Schon deshalb musste die Beschwerde Erfolg haben, weil zur abschließenden Prüfung wesentlicher Vortrag des Antragstellers außer Acht gelassen wurde (vgl. Schulte/Püschel a. a. O., § 73, Rdn. 144 m. w. N.). Soweit im angefochtenen Beschluss darauf abgestellt ist, dass der Antragsteller kein Aktenzeichen angegeben habe, um den Nachweis des Eingangs der Unterlagen im Amt zu führen, so darf allein darauf ein Zurückweisungsbeschluss nicht ohne Weiteres gestützt werden. Vielmehr wäre es geboten gewesen, die Belege für die Akte zu beschaffen. Selbst wenn eine Namensrecherche wegen weiterer Anträge des Antragstellers erfolglos geblieben sein sollte, so hätte es jedenfalls nahe gelegen, auf das Angebot des Antragstellers zurückzukommen und um erneute Übersendung der Belege zu bitten. Dies hätte auch noch im Rahmen das Abhilfeverfahrens nach Beschlussfassung geschehen können und müssen, zumal der Antragsteller die Übersendung auch nach Einlegung der Beschwerde angeboten hat.
Nachdem der Formmangel, der in dem Beschluss als Zurückweisungsgrund benannt wurde, ohnehin nicht vorliegt, hätte vor dem DPMA mit der Prüfung der Bedürftigkeit des Antragsteller bzw. der hinreichenden Aussicht auf Erteilung eines Patentes fortgefahren werden können.
Nach alledem war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache gemäß § 79 Abs. 3 PatG an das DPMA zurückzuverweisen. Zwar liegt die Zurückverweisung nach dieser Vorschrift im Ermessen des Gerichts. Im vorliegenden Fall bestehen jedoch mehrere Gründe, die eine Zurückverweisung erforderlich erscheinen lassen. Zum einen sind mit den unberücksichtigten Belegen neue Tatsachen und Beweismittel im Sinne von § 79 Abs. 3 Nr. 3 PatG bekannt geworden, die für die Entscheidung wesentlich sind. Zum andern liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne von § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG vor. Der angegriffene Beschluss ist nämlich von der formell unzuständigen „Prüfungsstelle 21“ erlassen worden anstatt von der entsprechenden Prüfungsabteilung (vgl. § 27 Abs. 1 Nr. 2 PatG); zwar rechtfertigt ein solcher Mangel allein keine Zurückverweisung gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG, wenn der Beschluss in der Sache zutreffend ist und damit eine eigene Entscheidung des Senats möglich ist (vgl. Schulte a. a. O. § 79 Rn. 10 und 18 m. w. N.). Im vorliegenden Fall ist die Sache aber weiter von der Patentabteilung auf alle Voraussetzungen der beantragten Verfahrenskostenhilfe zu prüfen, was gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 1 PatG ebenfalls die Zurückverweisung rechtfertigt.
Hilber Paetzold Dr. Baumgart Dr. Geier Me