14 W (pat) 49/12
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 49/12
_______________________
(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung …
hier: Verfahrenskostenhilfe …
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 16. Juli 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, der Richterin Dr. Proksch-Ledig sowie den Richtern Dr. Gerster und Schell BPatG 152 08.05 beschlossen:
Der Antrag des Anmelders, ihm für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens 14 W (pat) 49/12 Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Der Anmelder hat am 27. April 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt die Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„…“
eingereicht. Auf seinen Verfahrenskostenhilfeantrag vom 10. Juni 2010 ist ihm durch Beschluss vom 12. November 2010 für das Patenterteilungsverfahren mit Wirkung vom 11. Juni 2010 Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden.
Mit Beschluss vom 29. Juni 2012 hat die Prüfungsstelle A 61 K des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung gemäß § 48 PatG zurückgewiesen.
Dem Beschluss lagen die ursprünglich eingereichten Ansprüche mit folgendem Wortlaut zugrunde:
„A. Neue Wirkung Krebs beseitigt B. Vorrichtung Destillat, Behälter, Blech, 1 Liter. Emulsion herstellen, Tupfer C. Verfahren Auftragen per Tupfer. Weitere Anwendung, intera, bei im Vergleich leichter Nebenwirkung…….. Anwendung präventiv nach Bedarf….“
Zur Begründung ist unter Hinweis auf die Dokumente
(1) Fiedler: Lexikon der Hilfsstoffe für Pharmazie, Kosmetik und angrenzende Gebiete. CD-Version 2.0 basierend auf der 5. Aufl. 2002. Stichwort: Petroleum, Petroleum Destillate, Mineralöle. ISBN: 3-87 193-234-5
(2) Römpp Lexikon Chemie, Stichwort: Petroleum, PAK = polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Version 3.14.
(3) CHASEY, K.L.; McKEE, R.H.: Evaluation of the Dermal Carcinogenicity of Lubricant Base Oils by the Mouse Skin Painting Bioassay and Other Proposed Methods. J. Appl. Toxicol. Vol. 13 (1), 1993. S. 57 bis 65; ISBN: 0260-437X im Wesentlichen ausgeführt, dass es bekannt sei, Petroleum und Mineralöle als Trägerstoffe in Pharmazie, Kosmetik usw. zu verwenden. Daher sei vorliegend als Schutz die zweite medizinische Indikation zwar möglich, die Anmeldungsunterlagen erfüllten dafür jedoch nicht die gesetzlichen Voraussetzungen. Die anmeldungsgemäße technische Lehre sei für Dritte nämlich nicht ausführbar. Denn aufgrund der fehlenden Angaben bezüglich chemisch-physikalischer Parameter und der Art und Weise der Herstellung sei nicht erkennbar, was unter Schutz gestellt werden solle. Darüber hinaus lägen keine Nachweise vor, die die anticancerogene Aktivität eines nicht näher beschriebenen Erdöldestillates glaubhaft belegten. Vielmehr enthalte Erdöl polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, die - wie aus (1) bis (3) zu ersehen sei - mutagen und cancerogen wirkten. Es möge zwar zutreffen, dass der Anmelder selbst eine Spontanheilung erfahren habe, dies aber erfülle nicht die gesetzlichen Voraussetzungen einer Patenterteilung, wie sie von der Prüfungsstelle unter Hinweis auf Schulte PatG, 8. Aufl., § 1 Rdn. 52 bis 55 gefordert worden sei.
Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders vom 11. Juli 2012, eingegangen am 12. Juli 2012.
Mit dem Beschwerdeschriftsatz hat er gleichzeitig einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren gestellt.
Zur Begründung hat er dem Verfahrenskostenhilfeantrag den letzten Bescheid über die Grundsicherung sowie eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist zurückzuweisen, weil die mit der Beschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 130 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. § 114 ZPO).
1. Im Beschwerdeverfahren ist gemäß § 136 PatG i. V. m. § 119 Satz 1 ZPO ein von der im Patenterteilungsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt bewilligten Verfahrenskostenhilfe unabhängiges weiteres Verfahren durchzuführen. Die Bewilligung erfolgt für jeden Rechtszug besonders (vgl. Schulte PatG 8. Aufl. § 135 Rn. 11).
2. Für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe fehlt es vorliegend an der weiteren Voraussetzung einer hinreichenden Aussicht auf Erteilung des Patentes,
denn das beanspruchte „Antikrebsdestillat“ ist nicht patentfähig, weil es aus den von der Prüfungsstelle dargelegten Gründen nicht ausführbar ist.
Erdöl stellt bekanntlich ein Stoffgemisch aus mehr als 500 Komponenten dar. Bei dem in der vorliegenden Anmeldung beschriebenen, bei ca. 200° C gewonnenen Destillat handelt es sich um jene bei der Raffinerie von Erdöl gewonnene Fraktion, die als Petroleum bezeichnet wird. Dieses aber stellt weiterhin ein Stoffgemisch dar, das von Fall zu Fall eine unterschiedliche Zusammensetzung aufweist. Denn die Zusammensetzung von Erdölen ist hinsichtlich der Komponenten und deren quantitativen Anwesenheit abhängig vom Förderort. Entsprechendes trifft auf die im Zuge einer Raffinierung erhalten einzelnen Fraktionen ebenso zu. Eine eindeutige Charakterisierung alleine über die Temperatur, bei der die Destillation erfolgte, ist für solche Erzeugnisse daher nicht möglich. Vielmehr müssen zu deren eindeutigen Charakterisierung sowohl die Komponenten dieses Gemisches selbst als auch deren quantitativer Anteil im Destillat angegeben werden. Ist dieses nicht der Fall, so müssen Dritte, zur Nacharbeitung der Patentanmeldung erst selbst erfinderisch tätig werden, um jene Zusammensetzung aufzufinden, die die in der Patentanmeldung beschriebene Wirkung aufweist.
Auf Grund der mangelnden Angaben zur Zusammensetzung des anmeldungsgemäßen Destillates verletzt das vorliegende Patentbegehren darüber hinaus zudem das Rechtschutzbedürfnis der Öffentlichkeit, weil für Dritte nicht erkennbar ist, was überhaupt alles unter Schutz gestellt werden soll. Eine unter Schutz zu stellende Erfindung muss nämlich so präzise beschrieben sein, dass deren eindeutige Identifizierbarkeit gewährleistet ist (vgl. Busse PatG 7. Aufl. § 1 Rdn. 8, BGH GRUR 1972, S. 80, 83 4.c), 84 4.f), C.1. - „Trioxan“, BGH GRUR 1985, 31, 32 II.1. e) und f) - „Acrylfasern“) und für Dritte erkennbar ist, ob sie gegebenenfalls das vorliegende Patentbegehren verletzen.
Der Antragsteller hat mit seiner Beschwerdebegründung keine neuen tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte vorgetragen, die gegenüber dem angefochtenen Beschluss eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würden.
3. Angesichts der vorliegenden Sachlage werden die Aussichten für eine Patenterteilung somit als nicht gegeben erachtet (§ 130 Abs. 1 PatG), so dass die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg besitzt.
4. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war daher zurückzuweisen.
Maksymiw Proksch-Ledig Gerster Schell Fa