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VIa ZR 1109/22

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL VIa ZR 1109/22 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2025:260225UVIAZR1109.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 4. Februar 2025 eingereicht werden konnten, durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Vogt-Beheim, die Richter Dr. F. Schmidt und Dr. Tausch für Recht erkannt:

Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 4. Juli 2022 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für die Revision wird auf bis 35.000 € festgesetzt.

Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch. 2 Er erwarb am 13. Mai 2019 von einem Dritten einen von der Beklagten hergestellten gebrauchten Audi A6 Avant Allroad 3.0 TDI, der mit einem 3.0 Liter Dieselmotor (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet ist und unstreitig über ein Thermofenster verfügt. Das Fahrzeug ist von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes (künftig: KBA) wegen des Einsatzes einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Emissionskontrollsystem zur prüfstandsbezogenen Reduktion des ECLI:DE:BGH:2025:260225UVIAZR1109.22.0 NOx-Ausstoßes betroffen. Das KBA verpflichtete die Beklagte zur Entfernung der unzulässigen Abschalteinrichtungen und dazu, geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit zu ergreifen. Daraufhin entwickelte die Beklagte ein Softwareupdate, das vom KBA freigegeben und am 8. Februar 2019 auf das klägerische Fahrzeug aufgespielt wurde. 3 Das Landgericht hat die im Wesentlichen auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs (Antrag zu 1), Feststellung des Annahmeverzugs (Antrag zu 2) und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Antrag zu 3) gerichtete Klage abgewiesen. Die auf diese Anträge bezogene Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des Klägers, mit der er seine Berufungsanträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe: 4 Die Revision des Klägers hat Erfolg.

I. 5 Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - im Wesentlichen wie folgt begründet: 6 Ein Anspruch aus § 826 BGB bestehe nicht, auch wenn unterstellt werde,

dass die vom KBA als unzulässige Abschalteinrichtung gerügte Funktion einer allein prüfstandsbezogenen Abgasoptimierung nach den europarechtlichen Vorgaben unzulässig sei. Denn unabhängig hiervon sei das Verhalten der Beklagten ECLI:DE:BGH:2025:260225UVIAZR1109.22.0 im Moment des Vertragsschlusses durch den Kläger jedenfalls nicht mehr sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB. Die Beklagte habe ihr Verhalten in den Jahren 2017 bis 2019 in Bezug auf die vom KBA gerügte Abschalteinrichtung geändert. Zum Zeitpunkt des Fahrzeugerwerbs durch den Kläger im Mai 2019 könne ein verwerfliches Verhalten der Beklagten daher nicht mehr festgestellt werden. 7 Ebenso wenig bestehe ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV. Das Interesse, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, liege nicht im Schutzbereich der Regelungen. Aber selbst wenn die europäischen Zulassungsregelungen dahin auszulegen seien, dass sie die Interessen eines individuellen Erwerbers eines Kraftfahrzeugs schützten, insbesondere das Interesse, kein Fahrzeug zu erwerben, das mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet sei, stehe es den Mitgliedstaaten frei, die Regeln für die Art und Weise der Berechnung des Ersatzes des Schadens, der dem Erwerber entstanden sei, festzulegen, sofern dieser Ersatz in Anwendung des Effektivitätsgrundsatzes dem erlittenen Schaden angemessen sei. Damit könnten die Mitgliedstaaten weiterhin einen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags wegen der Verletzung des wirtschaftlichen Selbstbestimmungsrechts verneinen.

II. 8 Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand. 9 1. Es begegnet allerdings im Ergebnis keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB ECLI:DE:BGH:2025:260225UVIAZR1109.22.0 verneint hat (vgl. zur Sittenwidrigkeit der Implementierung eines "Thermofensters": BGH, Urteil vom 24. März 2022 - III ZR 270/20, WM 2022, 986 Rn. 14 ff.). Die Revision erhebt insofern auch keine Einwendungen.

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV abgelehnt hat. Wie der Senat nach Erlass des Zurückweisungsbeschlusses entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des Fahrzeugkäufers gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der Differenzhypothese zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 29 bis 32).

Das Berufungsgericht hat daher zwar zu Recht einen Anspruch des Klägers auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen Differenzschadens zustehen kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso BGH, Urteile vom 20. Juli 2023 - III ZR 267/20, WM 2023, 1839 Rn. 21 ff.; - III ZR 303/20, juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - VII ZR 412/21, juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

ECLI:DE:BGH:2025:260225UVIAZR1109.22.0 III.

Die angefochtene Entscheidung ist demnach aufzuheben, § 562 Abs. 1 ZPO, weil sie sich nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil diese nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen Differenzschaden darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des Senats vom 26. Juni 2023 (VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245) die erforderlichen Feststellungen zu der Verwendung einer - bislang unterstellten - unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EGFGV zu treffen haben.

C. Fischer F. Schmidt Möhring Vogt-Beheim Tausch Vorinstanzen: LG Ingolstadt, Entscheidung vom 14.01.2022 - 34 O 2045/21 Die OLG München, Entscheidung vom 04.07.2022 - 3 U 947/22 - ECLI:DE:BGH:2025:260225UVIAZR1109.22.0

-7Verkündet am: 26. Februar 2025 Wendt, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2025:260225UVIAZR1109.22.0

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5 823 BGB
3 826 BGB
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1 562 ZPO

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