StB 76/24
BUNDESGERICHTSHOF StB 75-77/24 BESCHLUSS vom 6. Februar 2025 in dem Strafverfahren gegen
1. 2. 3.
wegen zu 1.: mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer u.a.
zu 2.: mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung u.a.
zu 3.: Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ECLI:DE:BGH:2025:060225BSTB75.24.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 6. Februar 2025 gemäß § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 Alternative 2 StPO beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts wird
1. der Beschluss des Thüringer Oberlandesgerichts vom 19. Dezember 2024 aufgehoben, soweit das Hauptverfahren unter Maßgaben vor dem Landgericht Gera – Staatsschutzkammer – eröffnet worden ist;
2. die Anklage des Generalbundesanwalts vom 4. September 2024 mit der Änderung zur Hauptverhandlung zugelassen, dass der dem Angeklagten W. vorgeworfene Sachverhalt abweichend von der Anklageschrift als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Besitz und Herstellung eines wesentlichen Teils einer Schusswaffe sowie mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung gewürdigt wird;
3. das Hauptverfahren vor einem anderen Strafsenat des Thüringer Oberlandesgerichts eröffnet.
Gründe:
Der Generalbundesanwalt wirft mit zum Thüringer Oberlandesgericht erhobener Anklage
- dem Angeklagten N. die tateinheitliche Gründung einer kriminellen Vereinigung und die mitgliedschaftliche Beteiligung an dieser – jeweils als Rädelsführer – sowie die mitgliedschaftliche Beteiligung als Rädelsführer an einer terroristischen Vereinigung (§ 129 Abs. 1, 2 und 5 Satz 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, § 53 StGB),
- dem Angeklagten W. die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit der Herstellung und dem Besitz eines wesentlichen Teils von Schusswaffen (§ 129 Abs. 1 und 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1, §§ 52, 53 StGB, § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a, Nr. 3 WaffG i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1) und
- dem Angeklagten Wi.
die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in sieben Fällen (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5, § 129 Abs. 2, § 53 StGB)
vor.
Das Oberlandesgericht hat durch Beschluss vom 19. Dezember 2024 die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren vor dem Landgericht Gera – Staatsschutzkammer – mit der Maßgabe eröffnet, dass aus tatsächlichen Gründen und Rechtsgründen jeweils nur ein hinreichender Tatverdacht der Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung beziehungsweise der Unterstützung einer solchen, nicht aber in Bezug auf eine terroristische Vereinigung begründet sei. Es hat die Entscheidung über die Besetzung in der Hauptverhandlung der Staatsschutzkammer überlassen sowie gegen die Angeklagten N. und W. Haftfortdauer angeordnet. Der Generalbundesanwalt hat gegen den Beschluss am 20. Dezember 2024 sofortige Beschwerden eingelegt, mit der er im Wesentlichen begehrt, die Anklage vor dem Thüringer Oberlandesgericht zur Hauptverhandlung mit der Maßgabe zuzulassen, dass der Angeklagte W. der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Besitz und Herstellen eines wesentlichen Teils einer Schusswaffe hinreichend verdächtig ist. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
A.
I. Mit der Anklageschrift wird den Angeklagten im Wesentlichen Folgendes zur Last gelegt:
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1. Die rechtsextremistisch ausgerichtete Kampfsportgruppe „
“
sei spätestens im März 2019 vom Angeklagten N. und drei gesondert Verfolgten gegründet worden. Das von regelmäßig fünf bis 15 Teilnehmern besuchte Kampfsporttraining habe zweimal wöchentlich in Räumen des „
“ stattgefunden, der Geschäftsstelle von Landes- und Kreisverband sowie Stadtratsfraktion der sich ab Juni 2023 als „Die Heimat“ bezeichnenden „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“. Die Mitglieder und Anfänger hätten der Gruppe einen monatlichen Beitrag zu zahlen gehabt. Die Erprobungszeit bis zur vollwertigen Mitgliedschaft habe ein halbes Jahr bis zwei Jahre gedauert. Für Vollmitglieder sei das Tragen einer einheitlichen Kleidung vorgesehen gewesen,
die bei fehlendem Engagement entzogen worden sei. Der Jugendbereich habe aus etwa 15 Personen bestanden.
6 Insbesondere der gesondert verfolgte R. habe „
“ überregional in die Szene rechtsextremer Kampfsportgruppen eingebunden. Er habe gro- ßen Wert auf eine rechtsextreme Haltung gelegt. Die Organisation als Kampfsportgruppe habe der Durchsetzung der Vereinigungszwecke, namentlich der Teilnahme an gewalttätigen Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner und Polizeibeamten, gedient. Das Training sei daher mit großer Brutalität geführt worden und habe simulierte Stresssituationen wie Überfälle und Schlägereien enthalten, um im Straßenkampf gegen politisch linksgerichtete Personen bestehen zu können. Zudem hätten die Mitglieder von „
“ im „
“ für den Saalschutz zu sorgen gehabt.
Ferner habe die Gruppe beansprucht, Ordnungsmacht im sogenannten
„Nazi-Kiez“ der E.
Nordstadt zu sein. Dieses Stadtgebiet sei mit Graffiti gekennzeichnet worden und habe von möglichst vielen Mitgliedern bewohnt werden sollen. „Linke“, Ausländer, Drogenabhängige sowie -dealer seien dort nicht geduldet und Ziel willkürlicher Gewalttaten geworden. Bei der Teilnahme an überregionalen Demonstrationen aus dem Lager von Coronaleugnern, Querdenkern und Reichsbürgern sei es in erster Linie um die Ausübung von Gewalt aus einer geschlossenen Gruppe heraus gegangen.
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2. Der Angeklagte N.
sei maßgeblich an der Gründung sowie öffentlichkeitswirksamen Darstellung von „
“ beteiligt gewesen und habe ein Wandbild mit dem Logo der Organisation erstellt. Er sei vielfältig in führender Stellung beteiligt gewesen, habe über eine Zugangsberechtigung für den von Mitgliedern betriebenen Instagram-Kanal verfügt und im Mai 2020 dort ein Foto ver- öffentlicht. Bei Gruppentreffen zur ideologischen Schulung habe er von Juli 2019 bis Oktober 2020 einschlägige Vorträge gehalten. Dabei sei es ihm darum gegangen, Hass zu verbreiten. Zudem sei er für den Saalschutz verantwortlich gewesen.
Der Angeklagte W. sei von Beginn an tief in die Gruppierung eingebunden gewesen, habe am Training teilgenommen, Kleidung der Vereinigung getragen und sich als Ausdruck seiner Verbundenheit die Zahl „ “ auf die Handaußenflächen tätowieren lassen.
Am 25. Juli 2020 habe der Angeklagte N. mit fünf gesondert Verfolgten an einer von dem Angeklagten Wi. , dem damaligen Verantwortlichen der NPD-Landesgeschäftsstelle in E. Oberbekleidung mit der Aufschrift „
, angemeldeten Kundgebung in “ teilgenommen.
Am 31. Juli 2020 seien die Angeklagten N. und W. mit vier anderen als Mitglieder von „
“ nach D.
gefahren, um für die Partei „Die Rechte“ Plakate aufzuhängen. Nachts seien sie durch die Stadt gefahren und auf gewaltsame Auseinandersetzungen aus gewesen, zu denen es nicht gekommen sei.
12 Am 29. August 2020 sei der Angeklagte N.
in „
“-Kleidung mit fünf anderen zu Veranstaltungen gegen die Corona-Maßnahmen nach Berlin gefahren, um sich mit Mitgliedern der D.
rechtsextremen Szene zu gewalttätigen Aktionen zu treffen. Der Angeklagte N.
und drei weitere Personen seien an einer körperlichen Auseinandersetzung mit der Polizei beteiligt gewesen, bei der einer aus der Gruppe einen Beamten getreten und geschlagen habe. Der Angeklagte N. habe einen Beamten angegriffen und sei in Gewahrsam genommen worden.
Am 26. November 2020 habe der Angeklagte N. mit drei gesondert Verfolgten an einer Veranstaltung des Kampfsportnetzwerkes „
“ in M.
teilgenommen und sei als Kämpfer für „
“ angetreten.
Am 7. November 2020 hätten sich die Angeklagten N. und W. neben zwei weiteren für „
“ an einer Versammlung in L.
beteiligt,
die sich gegen die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gerichtet hätten. Ein gesondert Verfolgter habe während des Demonstrationsgeschehens in Richtung der eingesetzten Polizeibeamten eine Flasche geworfen, die zunächst einen Bereitschaftspolizisten getroffen und dann eine andere Person leicht am Kopf verletzt habe.
Am 21. November 2020 sei der Angeklagte N. in einer Gruppe von etwa 50 gewaltbereiten Personen im L.
Hauptbahnhof festgehalten worden. Danach seien sie von einer Gruppe aus dem linken Spektrum angegriffen worden, die sie bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung in die Flucht geschlagen hätten. Hiervon sei ein Video zu Werbezwecken erstellt worden.
16 Am 20. März 2021 hätten die Angeklagten N.
und W. neben drei anderen Mitgliedern von „
“ in entsprechender Bekleidung an einer Demonstration in K. gegen die Corona-Maßnahmen teilgenommen und seien auf Auseinandersetzungen mit der Polizei sowie „linken“ Gegendemonstranten aus gewesen. Als sie eine Gruppe aufgrund roter Fahnen dem linken Spektrum zugeordnet hätten, habe einer von ihnen eine Person aus der anderen Gruppe angegriffen. Später habe der gesondert verfolgte R. jemanden grundlos mit der Faust gegen Hals, Kiefer sowie Kinn geschlagen und neben starken Schmerzen leichte Verletzungen verursacht.
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3. Bis Ende April 2021 habe sich die Ausrichtung von „
“ zu einer terroristischen Vereinigung gewandelt. Den Mitgliedern sei seitdem bewusst gewesen, dass es beim Kampf gegen den politischen Gegner aus der linksextremistischen Szene zum Einsatz tödlicher Gewalt kommen könne; diese sei von ihnen aufgrund vorangegangener Anschläge von Linksextremisten auch gewollt gewesen.
a) Nach Überfällen aus Reihen der linksextremistischen Szene im Oktober und Dezember 2019 sowie im Januar 2021 sei unter den Mitgliedern von „ “ die Einschätzung gereift, solche Angriffe würden unter Billigung tödlich wirkender Gewalt ausgeführt. Für weitere erwartete Angriffe habe daher Konsens bestanden, zur Selbstverteidigung auch Messer, Macheten und Äxte einzusetzen, deren tödliche Wirkung in Kauf genommen worden sei. Nach einer Anschlagserie auf „rechte Objekte“ im April 2021 hätten die drei Angeklagten und acht gesondert verfolgte Mitglieder von „
“ den Entschluss gefasst,
weitere Angriffe der Linksextremisten zu provozieren, um die Angreifer unter dem Deckmantel vermeintlicher Notwehr töten zu können. R. habe darauf hingewiesen, dass unter Berufung auf „Putativnotwehr“ mit höherer Gewalt bei Überfällen reagiert werden und jeder Angehörige der Vereinigung sich mit allen Mitteln zur Wehr setzen müsse. Die Mitglieder seien sich der Überschreitung des Notwehrrechts beim Einsatz von Messern und Pistolen bewusst gewesen.
Die Neuausrichtung habe sich nach außen erstmals bei einem vom Angeklagten Wi.
initiierten Vernetzungstreffen am 8. Mai 2021 gezeigt, durch das Überfälle hätten provoziert werden sollen. Im Nachgang des Treffens habe der Angeklagte Wi.
eine Chatgruppe zum Teilen von Informationen zu „Antifaterror“ eingerichtet. Dieser hätten neben auswärtigen Personen der Angeklagte N. und der gesondert verfolgte R. angehört.
20 b) Ab Anfang Mai 2021 seien die von „
“ durchgeführten „Kiezstreifen“ intensiviert worden. Diese hätten im Wesentlichen die Angeklagten N.
und W. sowie sechs gesondert Verfolgte durchgeführt. Bei einer internen Schulung für Mitglieder hätten der Angeklagte Wi.
und R. Hinweise dazu gegeben, wie man sich bei Überfällen durch „Linke“ zu verhalten habe, und die Bewaffnung im öffentlichen Raum thematisiert. An der Schulung habe der Angeklagte W. teilgenommen. Mitte Juni 2021 habe ein gesondert Verfolgter für Mitglieder von „
“ drei Macheten bestellt. Um die Anwendung tödlich wirkender Gewalt gegen den politischen Gegner umsetzen zu können, habe sich die Gruppierung zudem Schusswaffen beschafft.
Im Frühjahr 2021 habe der gesondert verfolgte R. dazu ein Salutgewehr und eine Schreckschusspistole in Schusswaffen umgebaut, mittels eines 3D-Druckers wesentliche Teile einer – in ihrer Wirkung mit der Maschinenpistole HKMP5 vergleichbare – „FGC-9“ hergestellt und alle Komponenten für die Herstellung von 300 Schuss Munition, zwei Visiere, einen Rückstoßdämpfer sowie Federn für Magazine bestellt. Bei vier Fahrten von Mitgliedern der Gruppierung zu tschechischen Schießständen, zuletzt im Januar und Juli 2021, sei mit Schusswaffen trainiert worden. Daran habe auch der Angeklagte W. teilgenommen. Im März 2022 hätten zwei gesondert Verfolgte für den Besuch eines polnischen Schießstandes votiert, von dem zuvor berichtet worden sei, dass dort mit vollautomatischen Waffen geschossen werden könne. Ein Video eines solchen Ausfluges zeige, wie ein gesondert Verfolgter mit einer Maschinenpistole schieße, wobei die Zielscheibe digital bearbeitet und durch das ANTIFA-Symbol ersetzt worden sei.
Unter Führung des Angeklagten N. habe die Gruppierung außenwirksame Maßnahmen getroffen. Nach dem 14. April 2021 habe er Graffiti entworfen mit Texten „Defend E.
“, „wir bleiben motiviert“ und „E.
ist rechts“.
In der Nacht vom 25. auf den 26. September 2021 seien die Angeklagten N.
und W. mit zwei gesondert Verfolgten nach E. gefahren in der Erwartung eines unmittelbar bevorstehenden Überfalls, den sie für einen tödlichen Angriff auf die Angreifer hätten nutzen wollen. Der von allen Mitgliedern zumindest gebilligte Plan habe vorgesehen, dass der Angeklagte W. unter dem Deckmantel vermeintlicher Notwehr mit dem Auto in die Gruppe fußläufig angreifender Linksextremisten fahren solle. R. solle sich zunächst in Abstand halten, um sodann mit einer mitgeführten Axt oder Machete mit tödlicher Wirkung auf die Angegriffenen „einzuhacken“. Der Angeklagte N. habe bei Bedarf seine Kontakte in das rechtsextreme Milieu in E. nutzen und Unterstützung anfordern sollen. Zu einem Aufeinandertreffen mit Personen aus dem linksextremen Spektrum sei es aber nicht gekommen.
Nach den Festnahmen vier anderweitig Verfolgter am 6. April 2022 seien die Angeklagten N. und W. weiter fest in die Strukturen von „
“
eingebunden gewesen. Der Angeklagte W. habe sich als Saalschutz betätigt und in dieser Funktion an Veranstaltungen im September 2022 sowie Mai, Juni,
August und Oktober 2023 teilgenommen. Ferner habe er sich öffentlich und rückhaltlos mit dem inhaftierten R. solidarisiert, dessen Freilassung gefordert und so zur Festigung des inneren Zusammenhalts der Vereinigung beigetragen.
4. Der Angeklagte W. habe aufgrund eines gemeinsamen Tatentschlusses auf R. Bitte zwischen dem 20. und 21. April 2021 Bohr- und Schweißarbeiten an einem Verschluss durchgeführt, der einen wesentlichen Teil eines halbautomatischen Pistolenkarabiners des Kalibers 9mmx19 „FGC-9“ dargestellt habe. R. sei, wie der Angeklagte W. gewusst habe, im Besitz weiterer wesentlicher und nicht wesentlicher, mittels eines 3D-Druckers hergestellter Teile des „FGC-9“ gewesen, um daraus mindestens eine funktionsfähige Schusswaffe zu fertigen. Der Angeklagte W. sei in das Vorhaben eingeweiht gewesen und habe seine beruflich erworbenen handwerklichen Fähigkeiten sowie sein Werkzeug genutzt, um maßgeblich am Bau der Maschinenpistole mitzuwirken.
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5. Der Angeklagte Wi.
habe den Fortbestand von „
“ in Kenntnis der organisatorischen, personellen, zeitlichen und interessenbezogenen Elemente der Vereinigung mit der Absicht gefördert, der Verwirklichung der Vereinigungsziele Vorschub zu leisten, und zwar durch folgende Handlungen:
a) Im Zuge der Neuausrichtung der Vereinigung hätten Mitglieder von
„ “ das „
“ im April und Mai 2021 auf Veranlassung des Angeklagten Wi.
gegen erwartete linksextremistische Angriffe befestigt. Dazu habe er eine Vorstandssitzung des „
“ am 18. April 2021 arrangiert, einen Kostenvoranschlag für eine sodann eingebaute Stahltür eingeholt, Stacheldraht geordert und eine Alarmanlage installieren lassen. Im Hinterhof sei auf seinen Auftrag hin eine erklimmbare Holzwand zusätzlich mit Stacheldraht und Drähten gesichert worden, um die Überlegenheit von „
“ in bewaffneten Auseinandersetzungen sicherzustellen und möglichen Angreifern einen Fluchtweg abzuschneiden.
27 b) Der Angeklagte Wi.
habe „
“ das „
auch nach der Neuausrichtung als Waffenlager zur Verfügung gestellt. Die Vereinigung habe für das Training vorgesehene Gegenstände in einem Abstellraum aufbewahrt, in dem sich am 6. April 2022 Waffen oder als Waffen taugliche Gegenstände befunden hätten, etwa ein Teleskopschlagstock, eine Machete, Eisenstangen mit angeschweißten Haltegriffen, ein Vorschlaghammer, Kunststoffrohre mit Holzkern und Handschlaufen, eine Axt und mehrere Cuttermesser. Der Angeklagte Wi.
habe gewusst, dass die Waffen in erster Linie für gewalttätige Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner vorgesehen gewesen seien,
und sie als Schutzbewaffnung bezeichnet.
28 c) Der Angeklagte Wi.
habe dem gesondert Verfolgten R. spä- testens ab März 2020 für Vereinigungszwecke Zugriff auf den Computer in der Geschäftsstelle der NPD im „
“ gewährt. Ihm sei bekannt gewesen, dass es sich um den leistungsstärksten Computer gehandelt habe, über den „ “ verfügt habe. Mit seiner Kenntnis habe R. darauf eine Software installiert, mit der ein 3D-Drucker im Frühjahr 2021 wesentliche Teile eines halbautomatischen Pistolenkarabiners „FGC-9“ hergestellt habe.
d) In Umsetzung einer bei einem Vernetzungstreffen des „nationalen Widerstands“ in T.
am 8. Mai 2021 getroffenen Vereinbarung habe der Angeklagte Wi.
am 15. Mai 2021 die Chatgruppe „T.
“ gegründet und als Teilnehmer unter anderem den Angeklagten N. , den gesondert Verfolgten R. , Eigentümer von Objekten der rechtsextremen Szene und Führungspersonen anderer rechtsextremer Kampfsportgruppen hinzugefügt. Die Chatgruppe, die 208 Nachrichten bis zum 17. Februar 2022 ausgetauscht habe, habe dem Zweck gedient, einen Überblick über Aktivitäten des politischen Gegners zu erhalten, sich zu koordinieren und „
“ die Möglichkeit zur konzertierten Reaktion zu geben. Der Angeklagte Wi.
habe sich aktiv an den Chats beteiligt.
e) Bei einer am 12. Juni 2021 im „ “ unter anderem für Mitglieder von „
“ ausgerichteten Schulung habe der Angeklagte Wi. einen Vortrag zur rechtlichen Bewertung von Waffen im öffentlichen Raum gehalten. Während der Veranstaltung seien Waffen ausgestellt worden.
Darunter hätten sich auch die Art von Messer, Axt und Machete befunden, die
„
“ bei einer Aktion in E.
für die tödliche Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner habe zum Einsatz bringen wollen.
31 f) Am 21. August 2021 habe der Angeklagte Wi.
dem gesondert verfolgten R. für die „Kiezstreife“ die Information weitergeleitet, dass ein VW Passat mit einem bekannten L.
Kennzeichen gesichtet worden sei. Später habe er R. dazu erklärt, es sei ihm darum gegangen, dass Bereitschaft hergestellt werde und R. seine Leute in Rufbereitschaft halten solle.
g) Nach der Inhaftierung zahlreicher Vereinigungsmitglieder am 6. April habe der Angeklagte Wi.
die Organisation von „
“ aufrechterhalten und den Angeklagten W. in seiner Nähe wissen wollen. Um zu verhindern, dass dieser ohne die Anbindung an den gesondert verfolgten R.
der Vereinigung den Rücken kehre, habe er W. als Hausmeister im „
“ engagiert und ihn in die Organisation der „Jugend“ von „
“
einbinden wollen. Für diese „Jugend“ habe der Angeklagte Wi.
Ende April ein Treffen organisiert, zu dem auch der Angeklagte N.
erschienen sei. Der Angeklagte Wi.
habe bei dem Treffen eine Bestandsaufnahme machen und auf die Absetzung der von ihm als „apolitisch“ angesehenen Führungsperson hinwirken wollen. Zum Ergebnis des Treffens habe er R. geschrieben: „Wir lassen sie [die ‚Jugend‘] weiterhin nicht alleine und wenn ihr wieder da seit werden alle noch vorhanden sein.“ Für weitere Treffen der „Jugend“
habe er das „
“ zur Verfügung gestellt.
II. Das Oberlandesgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss „ “ abweichend von der Beurteilung des Generalbundesanwalts für den gesamten angeklagten Zeitraum als kriminelle Vereinigung nach § 129 Abs. 1 StGB, nicht aber als terroristische Vereinigung nach § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB eingeordnet, da nach seiner Auffassung aus Rechtsgründen und aus tatsächlichen Gründen nicht anzunehmen sei, dass „
“ auf die Begehung von Kapitalverbrechen gerichtet gewesen sei. Die „Belege der Anklage“ sprächen dafür, dass sich die in der Vereinigung zusammengefassten Mitglieder allenfalls vorgestellt hätten, es könne bei der Verfolgung ihrer Pläne zu durch das Notwehrrecht gedeckten Tötungen kommen, die sie indes nicht aktiv gewollt, sondern lediglich vage „ins Auge gefasst“ hätten.
Das Oberlandesgericht hat ferner ausgeführt, dass es nicht nach § 120 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 74a Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 GVG zuständig sei, da der Fall keine besondere Bedeutung habe. Die Straftaten, auf deren Begehung Zwecke und Tätigkeit von „
“ zielten, seien weder nach der Art ihrer Begehung noch nach ihren Auswirkungen geeignet, die Bundesrepublik Deutschland erheblich zu schädigen. Bei den begangenen Straftaten habe es sich stets um solche gehandelt, die der mittleren Kriminalität zuzuordnen seien und keine erhebliche Einschüchterung der Bevölkerung hervorgerufen hätten. Für die Funktionsfähigkeit des Staates wichtige Infrastruktur oder für die öffentliche Sicherheit notwendige Einrichtungen seien nicht beschädigt und das Erscheinungsbild der Bundesrepublik Deutschland im Ausland nicht beeinträchtigt worden. Ein überregionales Interesse sei erst zu verzeichnen gewesen, als der Generalbundesanwalt im Rahmen der Verhaftung gesondert Verfolgter im April 2022 durch den plakativen,
in der Sache völlig überzogenen Vorwurf einer terroristischen Vereinigung für Aufsehen gesorgt habe. Eine überregionale Täterstruktur habe nicht bestanden, sondern erst noch aufgebaut werden sollen.
B.
Die sofortige Beschwerde des Generalbundesanwalts wendet sich gegen den Beschluss insgesamt, soweit entgegen dem Antrag aus der Anklage diese in Bezug auf alle drei Angeklagten unter Maßgaben vor dem Landgericht Gera eröffnet worden ist. Entgegen der von der Verteidigung des Angeklagten Wi. vertretenen Ansicht erstreckt sich das Rechtsmittel ersichtlich nicht allein auf den Angeklagten W. . Bereits in der Beschwerdeeinlegung ist ausgeführt, dass das Schreiben das Strafverfahren gegen alle drei Angeklagte betrifft und sich die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss richtet, ohne dies einzuschränken. In der Beschwerdebegründung sind ebenfalls alle drei Angeklagte aufgeführt. Soweit der dortige Antrag eine Maßgabe hinsichtlich der den Angeklagten W. betreffenden rechtlichen Würdigung enthält, ist dem nicht zu entnehmen, das Rechtsmittel habe allein den gegen diesen gerichteten Anklagevorwurf zum Gegenstand. Die weiteren Ausführungen beziehen sich ebenfalls auf sämtliche Angeklagten. Soweit an einer Stelle „der gesondert Verfolgte Wi. “ aufgeführt wird, handelt es sich dabei um ein augenscheinliches, vom Generalbundesanwalt zwischenzeitlich klargestelltes Fassungsversehen, zumal im Übrigen jeweils von dem „Angeklagten Wi.
“ die Rede ist.
C.
Die nach § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 3 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde hat Erfolg. Das Hauptverfahren ist vor dem Thüringer Oberlandesgericht zu eröffnen, da zum einen ein die originäre Zuständigkeit des Oberlandesgerichts begründender (§ 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG) hinreichender Tatverdacht in Bezug auf eine terroristische Vereinigung und zum anderen, davon unabhängig, eine besondere Bedeutung des Falles (§ 120 Abs. 2 Satz 1 GVG) gegeben sind. Dafür kommt es nicht darauf an, dass die dem Angeklagten W. zur Last gelegten Handlungen, wie vom Generalbundesanwalt nunmehr beantragt, konkurrenzrechtlich abweichend von der Anklage zu würdigen sind.
I. Bei der zum gegenwärtigen Verfahrensstand gebotenen vorläufigen Bewertung der Beweislage ist im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts wahrscheinlich, dass die Angeklagten die in der Anklageschrift genannten Straftatbestände verwirklicht haben. Der näheren Erörterung bedarf insbesondere, dass sich die Gruppierung „
“ bis Ende April 2021 nach hier maßgeblicher Erkenntnislage entgegen der Bewertung des Oberlandesgerichts von einer kriminellen (§ 129 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 StGB) zu einer terroristischen Vereinigung
(§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129 Abs. 2 StGB) wandelte. Hierzu im Einzelnen:
1. In Fällen, in denen sich die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einem Gericht niedrigerer Ordnung richtet, kann sich das Beschwerdegericht nicht auf die Prüfung der Anträge der Staatsanwaltschaft und die von ihr geltend gemachten Beschwerdepunkte beschränken. Es hat die vom Anklagevorwurf umfassten Taten vielmehr in ihrer Gesamtheit zu würdigen und ist dabei an den Eröffnungsbeschluss weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht gebunden. Hat der Bundesgerichtshof damit als Beschwerdegericht in der Sache selbst über die Eröffnung zu entscheiden, so hat er das in der Eröffnungsentscheidung liegende Wahrscheinlichkeits- urteil eines Oberlandesgerichts über den Tatnachweis und dessen rechtliche Bewertung des Tatvorwurfs in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbstständig zu untersuchen. Insoweit gilt, dass gemäß § 203 StPO die Eröffnung des Hauptverfahrens zu beschließen ist, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeklagte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Ein hinreichender Tatverdacht ist zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist. Der gleiche Maßstab gilt hinsichtlich solcher Merkmale der Tat, die die besondere Bedeutung des Falles und damit das Evokationsrecht des Generalbundesanwalts zu begründen vermögen. Die Darlegung von insoweit bedeutsamen Umständen kann die Staatsanwaltschaft zudem noch im Beschwerdeverfahren nachholen; das Beschwerdegericht hat auch im Zeitpunkt der ersten Eröffnungsentscheidung noch nicht bekannte Tatsachen oder Beweismittel bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 22. August 2019 – StB 17/18, juris Rn. 11 mwN).
2. Hieran gemessen besteht ein hinreichender Verdacht, dass sich
- der Angeklagten N. wegen Gründung einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an dieser sowie wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung als Rädelsführer (§ 129 Abs. 1 und 2, Abs. 5 Satz 2 Alt. 1, § 129a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4, §§ 52, 53 StGB),
- der Angeklagte W. wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit der Herstellung und dem Besitz eines wesentlichen Teils von Schusswaffen (§ 129 Abs. 1 und 2, § 129a Abs. 1 Nr. 1, §§ 52, 53 StGB, § 52 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a, Nr. 3 WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3, Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1) und
- der Angeklagte Wi.
wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in sieben Fällen (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, 5, § 129 Abs. 2, § 53 StGB)
strafbar gemacht haben.
a) Nach vorläufiger Bewertung der gegenwärtigen Beweislage ist ein Nachweis in der Hauptverhandlung wahrscheinlich, dass es sich bei „ “ um eine Vereinigung handelt, die sich von einer kriminellen zu einer terroristischen wandelte, ihre Zwecke oder Tätigkeit mithin schließlich darauf gerichtet waren, Mord oder Totschlag zu begehen (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB). Dafür spricht im Wesentlichen, dass sich Mitglieder zur Verfolgung ihrer Zwecke zunehmend um die Ausstattung mit tödlich wirkenden Waffen, insbesondere Schusswaffen, bemühten, sie auf die gewaltsame Auseinandersetzung mit als verfeindet angesehenen Menschen abzielten und den Tod der Geschädigten bei dem geplanten, ungerechtfertigten Einsatz der Waffen zumindest billigend in Kauf nahmen. Nach einstweiliger Wertung der Beweislage wird die sich daraus ergebende Ausrichtung auf Tötungsdelikte im Ergebnis nicht dadurch in Frage gestellt, dass es zu keinem Vorgehen mit tödlichem Ausgang kam und die Aktionen unter dem Deckmantel der Notwehr geführt werden sollten. Ebenso wenig ist für die hier zu treffende Entscheidung maßgeblich, dass das Oberlandesgericht in einem anderen Strafverfahren auf der Grundlage der in der dortigen Hauptverhandlung erhobenen Beweise mit Urteil vom 1. Juli 2024 (3 St 2 BJs 4/21) zu einer abweichenden Beurteilung gelangt ist.
aa) Die in der Anklageschrift näher dargelegten Beweismittel sprechen dafür, dass sich der gesondert verfolgte R. in der ersten Jahreshälfte 2021 mit der Herstellung halbautomatischer Pistolen mittels 3D-Drucker befasste, dazu erforderliche Bestandteile herstellte, zwei Rotpunktvisiere erwarb und 300 Geschosskerne sowie Hülsen bestellte. Die Art der Waffe, die Anzahl der angestrebten Patronen und die Ausstattung mit Visieren legt – entgegen dem vom Oberlandesgericht gezogenen Schluss – nicht nahe, dass die Ausrüstung im Kontext eigener Verteidigungsfähigkeit stehe, sondern deutet eher auf einen geplanten offensiven Einsatz hin. Daraus folgt im Weiteren, dass eine solche Verwendung ersichtlich tödliche Folgen nach sich ziehen kann und solche augenscheinlich zumindest billigend in Kauf genommen werden. Hinzu kommt, dass im Juli 2021 ein ebenfalls der Organisation zuzurechnender gesondert Verfolgter wahrscheinlich drei Macheten für drei Mitglieder bestellte.
bb) Nicht allein die Art der Bewaffnung, sondern weitere Umstände lassen es wahrscheinlich erscheinen, dass die Mitglieder der Gruppierung den Tod der mit den Waffen Angegriffenen wenigstens billigten. Beispielsweise wird sich voraussichtlich erweisen lassen, dass mehrere Mitglieder bereits Ende Dezember 2019 auf einem Schießstand in der Tschechischen Republik unter anderem mit einer Maschinenpistole sowie einem Sturmgewehr geschossen und bei einem davon gefertigten Video die Zielscheibe durch ein ANTIFA-Symbol ersetzt hatten. Insoweit lassen die insgesamt vier bis in den Juli 2021 durchgeführten Schießtrainings hinsichtlich der Waffenaffinität, der Motivation und der Zielsetzung im Gesamtzusammenhang Rückschlüsse zu, selbst wenn sie – entsprechend der Wertung des Oberlandesgerichts – nicht dazu dienten, die Tötung des „Feindes“ zu üben oder einen terroristischen Anschlag konkret vorzubereiten. Im Übrigen spricht für eine menschenverachtende Einstellung insbesondere gegenüber politischen Gegnern eine Vielzahl von Äußerungen, beispielsweise dahin, falls „10,
Zecken auftauchen“, mit dem Auto „einmal rein“ zu fahren. Hieraus lässt sich eine das gemeinsame Vorgehen prägende Einstellung unabhängig davon entnehmen, ob das Gespräch – wie vom Generalbundesanwalt angenommen – als ernsthafter Plan oder vielmehr als nicht unmittelbar vor der Umsetzung stehendes Wunschdenken zu werten ist.
Eine solche Grundhaltung zeigt sich ferner in dem vom Oberlandesgericht angeführten Gespräch vom 14. März 2021. Auf die Äußerung eines anderen gesondert Verfolgten, er habe „Bock einen umzulegen“, erwiderte wahrscheinlich der gesondert verfolgte R. im Beisein des Angeklagten N. , man könne „Zecken“ umlegen, aber dann sei „die Kurve“ (im Stadion) „immer noch links“. Dies lässt sich dahin verstehen, dass die Tötung von politischen Gegnern nicht grundsätzlich abgelehnt, jedoch nicht als Mittel angesehen wird, um den „Kampf um den vorpolitischen Raum“ zu gewinnen. Danach ergibt sich nicht, dass Gruppenmitglieder im Rahmen der beabsichtigten gewaltsamen Reaktionen beim Zusammentreffen mit „Linken“ einen tödlichen Ausgang des dabei vorgesehenen Waffeneinsatzes nicht wenigstens billigend in Kauf nahmen.
cc) Das erstrebte gewaltsame, bewaffnete Vorgehen gegen andere Menschen sollte hinreichend wahrscheinlich nicht vorrangig der eigenen Verteidigung im Sinne rechtlich zulässiger Notwehr dienen, sondern eine solche lediglich als Deckmantel für die eigene Aggression vorgeschoben werden. Beispielsweise fügten zwei Gesprächsteilnehmer, nachdem sie das Hineinfahren in eine Menschenmenge erwogen hatten, nachträglich an: „Ist Selbstverteidigung“. Nach dem Kontext lässt sich dies als bloß vorgebliche Rechtfertigung, nicht als subjektive Annahme einer Notwehrlage in rechtlichem Sinne verstehen. Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, dass nach vorläufiger Bewertung Mitglieder der Organisation regelmäßig in interner Kommunikation auf Notwehrregelungen abstellten, um damit die unabhängig davon angestrebte Gewaltanwendung gegen andere Menschen nach außen legitimieren zu können.
Für eine doppeldeutige, nicht ernst gemeinte Heranziehung der Rechtslage spricht ferner ein Chat aus April 2020, in dem ein gesondert Verfolgter zunächst dazu aufforderte, nur bewaffnet mit mehreren vor die Tür zu gehen und nicht zu zögern, das zu tun, „was getan werden muss“. Auf Einwürfe, man wolle nicht zur Tötung auffordern, dies sei eine Straftat, davon „distanziere“ man sich, folgt die Zusammenfassung „genug Spaß jetzt […] Kein Bock das die Runde nochmal an die geht“.
Weiteres Indiz dafür, dass die Gruppierung nicht maßgeblich auf die Abwehr von gegen sie gerichteten Angriffen, sondern darüber hinaus auf eigene Gewaltanwendung gerichtet war, ist eine Äußerung des gesondert verfolgten R. , eine Wand solle bei einem Angriff „von den Linken“ den Angreifern einen weiteren Fluchtweg nehmen.
dd) Soweit das Oberlandesgericht zusätzlich in der Anklageschrift aufgeführte Gesichtspunkte als nicht geeignet ansieht, daraus Schlüsse auf die Bereitschaft zur Anwendung tödlicher Gewalt zu ziehen, bedarf dies hier keiner Vertiefung. Selbst wenn die in der Anklage herangezogenen Abläufe keine Beweisanzeichen für einen Tötungsvorsatz darstellen sollten, könnten sie einen solchen nicht entkräften. Die sonstigen zuvor dargelegten Anhaltspunkte reichen in der Gesamtschau aus, um einen hinreichenden Verdacht zu begründen, dass die Vereinigung auf die Begehung von Tötungsdelikten ausgerichtet war. Eine abschließende Beurteilung muss insofern der Hauptverhandlung vorbehalten werden.
ee) Aufgrund der vom Beschwerdegericht eigenständig vorzunehmenden tatsächlichen Bewertung kommt es hier nicht darauf an, ob das Oberlandesgericht nach einer gegen gesondert Verfolgte geführten Hauptverhandlung zu der Überzeugung gelangt ist, die Vereinigung sei nicht auf die Begehung von Tötungsdelikten gerichtet gewesen. Für die hier zu treffende Beschwerdeentscheidung ist – unabhängig von einer anderweitig für sich stehenden tatgerichtlichen Beweiswürdigung – beispielsweise von Gewicht, dass der Senat der Beschaffung von Rotpunktvisieren für die Einordnung eines möglichen Waffeneinsatzes Bedeutung zumisst (s.o.).
b) Im Übrigen begründet die Beweislage, wie bereits vom Oberlandesgericht angenommen, einen hinreichenden Tatverdacht in Bezug auf die den Angeklagten zur Last gelegten Straftaten. Insoweit wird auf das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen verwiesen. Dies gilt mit Blick auf die von der Verteidigung des Angeklagten Wi.
vorgebrachten Einwände insbesondere für die diesem zur Last gelegten Unterstützungshandlungen. Für die Beurteilung des hier maß- geblichen hinreichenden Tatverdachts ist es nicht geboten, im Zwischenverfahren ergänzende Beweiserhebungen anzuordnen, namentlich die benannten Zeugen zu vernehmen.
51 aa) Die einzelnen dem Angeklagten Wi.
vorgeworfenen Unterstützungshandlungen werden sich im Rahmen einer Hauptverhandlung wahrscheinlich erweisen lassen.
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(1) Vom Angeklagten Wi.
mit initiierte und in den Vorstand des
„ “ eingebrachte Sicherungsmaßnahmen am Gebäude ergeben sich unter anderem aus Gesprächsüberwachungen und sind von ihm im Grundsatz eingeräumt worden. Dafür, dass sie insbesondere „
“ zugutekommen sollten, spricht etwa die maßgebliche Einbindung von mutmaßlichen Mitgliedern, insbesondere dem gesondert verfolgten R. , in die Planung und Umsetzung des Vorhabens. Eine rechtliche Einordung als Unterstützen im Sinne des § 129a Abs. 5 Satz 1 StGB kommt ungeachtet der Frage in Betracht,
inwieweit bauliche Veränderungen etwaigen Angreifern noch Fluchtmöglichkeiten ließen. Ein Unterstützen setzt lediglich das Tätigwerden eines Nichtmitglieds voraus, das die innere Organisation der Vereinigung und deren Zusammenhalt unmittelbar fördert, die Realisierung der von ihr geplanten Straftaten – wenngleich nicht unbedingt maßgebend – erleichtert oder sich sonst auf deren Aktionsmöglichkeiten und Zwecksetzung in irgendeiner Weise positiv auswirkt und damit die ihr eigene Gefährlichkeit festigt (st. Rspr., etwa BGH, Beschluss vom 10. August 2023 – StB 35/23, NStZ-RR 2023, 341, 342 mwN).
(2) Vor diesem Hintergrund kann ebenfalls ein etwaige Straftaten der Vereinigung erleichternder Beitrag darin gesehen werden, dass der Angeklagte Wi. wahrscheinlich mehrere Mitglieder der Gruppierung als Teilnehmer einer Chatgruppe einfügte, die dem Austausch über Aktionen des politischen Gegners diente. Daran ändert nichts, falls der Angeklagte Wi.
oder andere Personen im Übrigen einzelne Beobachtungen oder Vorfälle Polizeidienststellen meldeten.
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(3) Soweit der Angeklagte Wi.
der Gruppierung es ermöglichte, im
„ “ Waffen oder ähnliche Gegenstände zu lagern, wirkt sich dies vorteilhaft auf die Aktionsmöglichkeiten aus. Dies gilt selbst dann, wenn er dort nur der Lagerung „legaler Waffen“ zugestimmt haben sollte. Zudem deutet der Zusammenhang eines Gesprächs darauf hin, dass Hintergrund des Wunsches,
Waffen aus dem Haus zu entfernen, eine drohende Beschlagnahme war, zumal der Angeklagte der Beweislage zufolge ausdrücklich dazu aufforderte, dass dortbleibe, „was unauffällig ist und nicht beschlagnahmt werden kann“.
(4) Nach dem derzeit maßgeblichen Ermittlungsstand ermöglichte der Angeklagte Wi.
Mitgliedern der Vereinigung zudem die Nutzung eines Computers, hielt bei einer Schulungsveranstaltung einen Vortrag, leitete Informationen über einen gesichteten Pkw an den gesondert Verfolgten R. für die „Kiezstreife“ weiter und kümmerte sich nach der Inhaftierung von Mitgliedern um die organisatorische Aufrechterhaltung von „
“. Da der Computer in der Geschäftsstelle der NPD stand und der Angeklagte deren Landesvorsitzender sowie im selben Gebäude tätig war, ist der vorläufige Schluss möglich, er habe Zugang zu dem Gerät gewährt. Hierfür sind die Eigentumsverhältnisse unerheblich. Der wahrscheinliche Beitrag zur Schulung, an der mehrere Vereinigungsmitglieder teilnahmen, diente naheliegend dem Zusammenhalt der Organisation und der Bestärkung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses. Hierbei ist nicht entscheidend, ob sich der Vortrag, wie in der Anklage angenommen, auf waffenrechtliche oder, nach der Beweislage wahrscheinlicher, auf politische Themen bezog. Schließlich belegt eine Gesprächsüberwachung den Verdacht, der Angeklagte Wi.
habe nach der Festnahme maßgeblicher Vereinigungsmitglieder ein Treffen vorbereitet, um „erstmal eine Bestandsaufnahme“ zu machen,
und unter anderem dadurch den Fortbestand der Vereinigung gefördert.
bb) Ein Vorsatz der Angeklagten, namentlich in Bezug auf die terroristische Ausrichtung, wird sich in der Zusammenschau der objektiven Umstände wahrscheinlich erweisen lassen. In eine Gesamtwürdigung ist zwar einzubeziehen, dass hinsichtlich befürchteter Angriffe teils Kontakt zu Polizeidienststellen gesucht wurde. Dies steht aber der Möglichkeit nicht entgegen, darüber hinaus die Auseinandersetzung selbst gewaltsam führen zu wollen und dabei den Tod von angegangenen Personen billigend in Kauf zu nehmen, zumal die Vereinigungsmitglieder sich auf ein vermeintliches Notwehrrecht berufen und somit nach außen hin legal erscheinen wollten. Überdies wandte sich der Angeklagte Wi. hinsichtlich der im „
“ gelagerten Waffen augenscheinlich nicht an die Polizei. Sein nach Beweislage regelmäßiger Austausch mit dem gesondert verfolgten R. , die gemeinsame Nutzung des „
“ und etwa die Kenntnis von dort aufbewahrten Waffen legt nahe, dass er um die Organisation und Zwecke von „
“ wusste sowie damit einverstanden war.
c) In rechtlicher Hinsicht besteht insgesamt ein hinreichender Verdacht in Bezug auf die in der Anklageschrift dargelegten Straftatbestände. Eine abschließende Bewertung wird aufgrund der in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse vorzunehmen sein, insbesondere auch dazu, ob der Angeklagte N. als Rädelsführer im Sinne von § 129 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1, § 129a Abs. 4 Alt. 1 StGB anzusehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 16. Dezember 2012 – 3 StR 243/11, BGHSt 57, 160 Rn. 8 f.; Beschluss vom 12. September 2023 – 3 StR 306/22, StV 2024, 562 Rn. 69 mwN). Zudem besteht Gelegenheit, hinsichtlich der in Rede stehenden Waffenteile näher zu klären, inwieweit sie im Sinne von Abschnitt 1 Unterabschnitt 1 Nr. 1.3 Satz 1 Anlage 1 zu § 1 Abs. 4 WaffG zur Herstellung einer halbautomatischen Kurzwaffe bestimmt waren und daher eine Strafbarkeit des Angeklagten W. nach § 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG in Betracht kommt (vgl. Gade, WaffG, 3. Aufl., § 52 Rn. 15 f., Anlage 1 Rn. 23; Steindorf/Heinrich, Waffenrecht, 11. Aufl., WaffG § 52 Rn. 15, Anlage 1 Rn. 34).
Im Übrigen sind die dem Angeklagten W. zur Last gelegten Delikte mit Blick auf die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur konkurrenz- rechtlichen Bewertung der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen oder kriminellen Vereinigung und der vom Mitglied in deren Interesse ausgeführten Handlungen (s. BGH, Urteil vom 14. November 2024 – 3 StR 189/24,
NJW 2025, 456 Rn. 11) abweichend von der Anklageschrift als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung in Tateinheit mit Besitz und Herstellung eines wesentlichen Teils einer Schusswaffe sowie mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zu würdigen (vgl. zum waffenrechtlichen Konkurrenzverhältnis BGH, Beschluss vom 6. April 2022 – AK 11/22, juris Rn. 29 mwN). Davon bleibt die Beurteilung mehrerer Unterstützungshandlungen des Angeklagten Wi.
unberührt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 19. Oktober 2022 – 3 StR 310/21, NStZ 2023, 727 Rn. 17 mwN).
3. Angesichts des danach bestehenden Verdachts auf eine mitgliedschaftliche Beteiligung an beziehungsweise Unterstützung einer terroristischen Vereinigung ist die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts nach § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG eröffnet. Die örtliche Zuständigkeit des Thüringer Oberlandesgerichts ergibt sich aufgrund im dortigen Bezirk liegender wahrscheinlicher Tatorte nach § 7 Abs. 1 StPO, § 120 Abs. 5 Satz 1 GVG.
II. Ausgehend von der vom Oberlandesgericht vorgenommenen vorläufigen Bewertung der Beweislage wäre dessen Zuständigkeit ebenfalls eröffnet, da dann eine besondere Bedeutung des Falles gemäß § 120 Abs. 2 GVG gegeben wäre.
1. Eine solche Bedeutung besteht, wenn es sich bei der Tat unter Beachtung der Zielrichtung der Vereinigung und deren objektiver Gefährlichkeit um ein staatsgefährdendes Delikt von erheblichem Gewicht handelt, welches den Gesamtstaat in einer derart spezifischen Weise angreift, dass ein Einschreiten des Generalbundesanwalts und eine Aburteilung durch ein Bundesgerichtsbarkeit ausübendes Gericht geboten ist. Auch wenn daran nach der ständigen Rechtsprechung des Senats mit Blick auf die in der Übernahmeerklärung durch den Generalbundesanwalt liegenden Bestimmung des gesetzlichen Richters (Art. 101 GG) und des Eingriffs in die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern (vgl. Art. 96 Abs. 5 GG) strenge Anforderungen zu stellen sind (s. BGH, Beschluss vom 15. Oktober 2013 – StB 16/13, juris Rn. 26 mwN), ist stets aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände und Auswirkungen der Tat zu entscheiden, ob ein ausreichend gewichtiger Angriff auf gesamtstaatliche Interessen vorliegt. Hierbei sind neben dem individuellen Schuld- und Unrechtsgehalt auch die konkreten Auswirkungen für die innere Sicherheit der Bundesrepublik und ihr Erscheinungsbild gegenüber Staaten mit gleichen Wertvorstellungen in den Blick zu nehmen. Auch ist zu beachten, welche Signalwirkung von der Tat für potentielle Nachahmer ausgeht (BGH, Beschluss vom 10. November 2016 – StB 33/16, juris Rn. 25 mwN). Die innere Sicherheit kann insbesondere beeinträchtigt sein, wenn durch die Tat zwar nicht die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen in Mitleidenschaft gezogen wird, aber die Tat durch den ihr innewohnenden Verstoß gegen Verfassungsgrundsätze ihren besonderen Charakter gewinnt (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 – 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238, 250; daran anknüpfend BTDrucks. 16/12428 S. 14).
2. Nach diesem Maßstab liegt eine besondere Bedeutung vor (vgl. bereits BGH, Beschluss vom 3. November 2022 – AK 36-39/22, juris Rn. 35). Im Rahmen der gebotenen Gesamtwürdigung ist von Belang, dass die Gruppierung nach der hier zugrunde zu legenden Beweislage bestrebt war, „Ordnungsmacht“ in einem bestimmten Stadtgebiet zu sein, und dies durch willkürliche Gewalttaten gegen missliebige Personen umsetzte. Damit ist der zu den Verfassungsgrundsätzen zählende Ausschluss jeglicher Gewalt- und Willkürherrschaft (§ 92 Nr. 6 StGB) betroffen. Auch wenn der Anspruch der Organisation insofern lokal begrenzt war, bleibt es für das Vertrauen der Bevölkerung und das Erscheinungsbild des Gesamtstaates nicht ohne Auswirkung, wenn das staatliche Gewaltmonopol aus politisch-extremistischen Gründen in einem zusammenhängenden Gebiet in Frage gestellt wird. Zudem ist eine überregionale Vernetzung mit rechtsradikalen Kräften zu berücksichtigen. Ferner waren die Aktivitäten der Vereinigung wahrscheinlich nicht auf den Bereich eines Bundeslandes beschränkt. Vielmehr stehen neben dem hauptsächlichen Wirkungsfeld in E.
(Thüringen)
vereinigungsbezogene Tätigkeiten in D.
(Nordrhein-Westfalen), B. ,
M.
(Sachsen-Anhalt), L.
(Sachsen), K. (Hessen) und E.
(Thüringen) in Rede. Mit wiederholten Schießtrainings in Tschechien kommt noch eine internationale Komponente hinzu. Schließlich verleiht die bereits begonnene Bewaffnung mit einer – noch nicht fertiggestellten – halbautomatischen Schusswaffe neben einer Vielzahl weiterer Gegenstände dem Fall ein erhöhtes Gewicht.
III. Um die Unvoreingenommenheit des Tatgerichts zu wahren, ist es unter den gegebenen Umständen sachdienlich, von der Möglichkeit des § 210 Abs. 3 Satz 2 StPO Gebrauch zu machen und zu bestimmen, dass die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat des Oberlandesgerichts stattzufinden hat. Diesem obliegt die nach § 122 Abs. 2 Satz 2 GVG zu treffende Entscheidung über seine Besetzung in der Hauptverhandlung.
Schäfer Hohoff Anstötz Kreicker Voigt