VII ZB 1/25
BUNDESGERICHTSHOF VII ZB 1/25 BESCHLUSS vom 19. März 2025 in dem Zwangsvollstreckungsverfahren ECLI:DE:BGH:2025:190325BVIIZB1.25.0 Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 19. März 2025 durch den Vorsitzenden Richter Pamp, den Richter Halfmeier sowie die Richterinnen Graßnack, Sacher und Dr. Hannamann beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Gläubigerin wird der Beschluss der 10. Zivilkammer (Einzelrichter) des Landgerichts Erfurt vom 19. Dezember 2024 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Gründe:
I.
Die Gläubigerin ist eine gesetzliche Krankenkasse. Sie betreibt die Zwangsvollstreckung gegen die minderjährige Schuldnerin wegen rückständiger Beitragsforderungen und hat den Erlass einer Durchsuchungsanordnung gemäß § 5 VwVG i.V.m. § 287 AO gegen die Schuldnerin beantragt. Die Gläubigerin hat geltend gemacht, die Vollstreckung in der elterlichen Wohnung beziehungsweise im Kinderzimmer stelle die einzige Vollstreckungsmöglichkeit dar.
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat den Antrag zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das Beschwerdegericht (Einzelrichter) zurückgewiesen.
Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit der vom Beschwerdegericht (Einzelrichter) wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses des Beschwerdegerichts und zur Zurückverweisung an das Beschwerdegericht.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft. Ihre Zulassung ist nicht deshalb unwirksam, weil der Einzelrichter entgegen § 568 Satz 2 Nr. 2 ZPO anstelle des Kollegiums entschieden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, juris Rn. 4; Beschluss vom 19. Dezember 2018 - VII ZB 45/18 Rn. 7, NJW-RR 2019, 446; Beschluss vom 14. Mai 2024 - VIII ZB 6/24 Rn. 6, juris).
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Einzelrichterentscheidung ist aufzuheben, weil sie unter Verletzung des Verfassungsgebots des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) ergangen ist. Die Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde obliegt - wie sich aus § 568 Satz 2 ZPO ergibt - nicht dem Einzelrichter, sondern dem Kollegium. Das Vorgehen des Einzelrichters stellt sich angesichts der widersprüchlichen gleichzeitigen Bejahung und (impliziten) Verneinung der Grundsatzbedeutung als objektiv willkürlich dar und verletzt daher das Verfassungsgebot des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, juris Rn. 6-11; Beschluss vom 19. Dezember 2018 - VII ZB 45/18 Rn. 8 f., NJW-RR 2019, 446; Beschluss vom 28. Januar 2022 - VI ZB 13/20 Rn. 5, NJW-RR 2022, 570; Beschluss vom 7. März 2024 - V ZB 73/23 Rn. 3, juris; Beschluss vom 14. Mai 2024 - VIII ZB 6/24 Rn. 7, juris). Diesen Verstoß hat das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 13. März 2003 - IX ZB 134/02, BGHZ 154, 200, juris Rn. 9; Beschluss vom 7. März 2024 - V ZB 73/23 Rn. 3, juris).
3. Die Aufhebung führt zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter, der den angefochtenen Beschluss erlassen hat (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Sollte er bei seiner bisherigen Beurteilung verbleiben, wird er nach § 568 Satz 2 ZPO zu verfahren haben.
4. Wegen der durch die Rechtsbeschwerde angefallenen Gerichtskosten macht der Senat von der Möglichkeit des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG Gebrauch.
Pamp Sacher Halfmeier Graßnack Hannamann Vorinstanzen: AG Gotha, Entscheidung vom 24.07.2024 - M 3939/23 LG Erfurt, Entscheidung vom 19.12.2024 - 10 T 215/24 -