7 W (pat) 6/14
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 6/14 Verkündet am 3. April 2014
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Patent DE 596 04 308 (EP 0 828 935) hier: Wiedereinsetzung BPatG 154 05.11 hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2014 durch den Vorsitzenden Richter Rauch sowie die Richterinnen Püschel und Kortge beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Auf die am 11. Mai 1996 eingereichte Anmeldung wurde der C… GmbH (nachfolgend C…-GmbH) mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland das europäische Patent EP 0 828 935 mit der Bezeichnung „Einspritzventil“ erteilt, das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter der Nummer DE 596 04 308 geführt wird. Die Patenterteilung wurde vom Europäischen Patentamt am 26. Januar 2000 veröffentlicht. Die Zahlung der 14. Jahresgebühr ist unterblieben, obwohl das DPMA mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 die C…-GmbH an die bis zum 30. November 2009 laufende Nachfrist zur Zahlung der Gebühr von 910 € mit Verspätungszuschlag von 50 €, also insgesamt 960 €, sowie an die Folgen einer nicht rechtzeitigen Zahlung erinnert hatte. Wegen der Nichtzahlung galt das Patent am 1. Dezember 2009 als gelöscht.
Am 8. Oktober 2010 ging beim DPMA der Antrag eines Arbeitnehmers der C…GmbH, des Erfinders K…, ein, das vorliegende Patent auf ihn umzuschreiben. Der Umschreibungsantrag war auch von der C…-GmbH unterzeichnet. Am 12. Oktober 2010 nahm Herr K… das schriftliche Angebot seiner Arbeitgeberin gemäß § 16 des Arbeitnehmererfindungsgesetzes vom 8. Oktober 2010, das Patent auf ihn zu übertragen, an. In diesem Angebot erklärte die C..-GmbH gleichzeitig ihr „Einverständnis mit einem“ von ihrem Arbeitnehmer „zu stellenden Antrag auf Wiedereinsetzung in die Nachfrist zur Zahlung der Jahresgebühr 2009, die am 30. November 2009 abgelaufen ist“.
Am 29. Oktober 2010 beantragte der Arbeitnehmererfinder K… mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2010 beim DPMA Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erteilte in Höhe des für die 14. Jahresgebühr samt Zuschlag geschuldeten Betrages von 960 € eine Einzugsermächtigung. Zur Begründung trug er vor, aufgrund des Übertragungsvertrages mit der C…-GmbH vom 8./12. Oktober 2010 sei er der materiell Berechtigte an dem verfahrensgegenständlichen Patent und schon vor Eintragung im Patentregister zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages legitimiert. Er habe das Fristversäumnis auch nicht verschuldet. Unter dem Datum des 15. April 2009 habe er ein formularmäßiges Schreiben der C…-GmbH erhalten, in welchem ihm unter dem Betreff „Aufgabe von Schutzrechten EINSPRITZVENTIL“ angeboten worden sei, „einzelne oder alle Schutzrechtspositionen zu übernehmen“. Am unteren Rand dieses Schreibens sei lediglich „GERMANY“, ein internes Aktenzeichen sowie eine Gebühr von 1.060 € angegeben gewesen. Er habe dieses Schreiben spontan mit dem handschriftlichen Vermerk „keine Übernahme“, dem Datum „16.4.09“ sowie seiner Paraphe versehen und an die C…-GmbH zurückgereicht. Er sei Arbeitnehmererfinder bei einer Vielzahl von deutschen und europäischen Patenten, die „Einspritzventil“ im Titel hätten. Aus dem Schreiben der C…-GmbH vom 15. April 2009 sei nicht klar hervorgegangen, um welches Patent es sich gehandelt habe. Er habe deshalb das zu übernehmende Patent mit einem anderen Patent „Einspritzventil“ verwechselt. Die Gebührenhöhe habe er als erschreckend hoch empfunden. Mit dem Vermerk „Keine Übernahme“ habe er zum Ausdruck bringen wollen, dass er diese Summe nicht übernehmen wolle. Eine verbindliche Aufgabe seines Übertragungsanspruchs an dem in Rede stehenden Patent habe er damit nicht erklären wollen. Zwei Monate später habe er ein weiteres Schreiben der C…-GmbH mit dem Datum 15. Juni 2009 erhalten mit demselben Betreff und identischem Wortlaut, diesmal aber mit vorgedrucktem Text für die Rückantwort und mit anderen Angaben am unteren Rand, nämlich „France“ und „Italy“ mit internen Aktenzeichen, die sich nur in den letzten beiden Zeichen von demjenigen im Schreiben vom 15. April 2009 unterschieden hätten, und Gebühren in Höhe von 435 € und 663 €. Erstmals beigefügt gewesen sei ein Formblatt mit der Überschrift „Hinweise zu unserem Angebot“, in dem im dritten Absatz unter dem Gliederungspunkt „Kosten“ auf Folgendes hingewiesen worden sei:
"Handelt es sich dabei um Gebühren von Schutzrechtspositionen, die Sie übernehmen wollen, werden wir die Kosten tragen, sofern diese Gebühren noch vor der Annahme unseres Angebots fällig werden; die Zahlung von Gebühren mit späterer Fälligkeit liegt bei Ihnen.“
Da er sich nicht recht habe erklären können, warum ihm zweimal dasselbe Schutzrecht angeboten werde, habe er sich mit der Patentabteilung der C..-GmbH telefonisch in Verbindung gesetzt und erstmals die konkrete Auskunft erhalten, dass ihm die Übernahme des europäischen Patents 0 828 935 angetragen werde. Er habe sich daraufhin entschlossen, das Angebot auf Übernahme des Schutzrechts „Einspritzventil“ anzunehmen, am 13. Juli 2009 den im Schreiben vom 15. Juni 2009 vorgedruckten Rückantworttext „Ich will die aufgeführten Schutzrechte gemäß Ihrem Angebot übernehmen“ angekreuzt und das Schreiben an die Patentabteilung zurückgegeben im Glauben, damit alles getan zu haben, um in den Besitz des (ganzen) europäischen Patents zu gelangen. An das vorausgegangene Schreiben habe er, da er in diesen Tagen beruflich und persönlich stark belastet gewesen sei, nicht mehr gedacht. Mehr als sechs Monate später, mit Schreiben vom 30. Dezember 2009 habe die C…-GmbH die „Übertragung von Schutzrechten“ erstmals unter Angabe der Nummer des europäischen Patents bestätigt und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass die Gebührenüberwachung und -zahlung nunmehr in seinen Verantwortungsbereich übergingen. Als nächste fällige Jahresgebühr seien in diesem Schreiben für Frankreich und Italien jeweils die 15. Jahresgebühr mit Datum 31. Mai 2010 angegeben worden. Dies alles habe ihn in seinem Glauben bestätigt, dass er nun Inhaber des europäischen Patents „Einspritzventil“ sei, dass die vor Übertragung fälligen Gebühren alle bezahlt worden seien und dass erst im Mai 2010 die nächste (15.) Jahresgebühr fällig werde. Für ihn als Laien, der mit eigenen Patenten vorher nicht befasst gewesen sei, sei nicht erkennbar gewesen, dass sich seine vorformulierte Übernahmeerklärung vom 13. Juli 2009 aus Sicht der Patentabteilung der C…-GmbH nicht auf das gesamte europäische Patent, sondern nur auf dessen französischen und italienischen Teil bezogen habe. Erst am 21. September 2010 habe er erfahren, dass in dem Zeitraum zwischen seiner Übernahmeerklärung vom 13. Juli 2009 und dem Erhalt des Schreibens der C…GmbH vom 30. Dezember 2009 die letzte Frist zur Zahlung der 14. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag für den deutschen Teil des europäischen Patents am 30. November 2009 abgelaufen sei. Denn am 13. September 2010 sei er von einer luxemburgischen Patentverwertungsfirma nach Vorlage der europäischen Patentschrift, aus dessen Titelseite hervorgegangen sei, dass das Patent für Deutschland, Frankreich und Italien erteilt worden sei, aufgefordert worden, nähere Informationen über das Patent und seine Rechtsbeständigkeit einzuholen. Deshalb habe er erstmals Kontakt mit einer Patentanwaltskanzlei aufgenommen. Die patentanwaltliche Überprüfung habe am 20. September 2010 ergeben, dass der deutsche Teil des europäischen Patents wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen sei und darüber sei er am 21. September 2010 von seinem Patentanwalt telefonisch informiert worden. Auch die im Patentregister eingetragene C..-GmbH treffe kein Verschulden an dem Fristversäumnis. Aus ihrer Sicht habe die Rückantwort auf dem Übernahmeangebot vom 15. Juni 2009 nur den französischen und italienischen Teil des europäischen Patents betroffen. Zum deutschen Teil habe ihr bereits der Vermerk „keine Übernahme 16.4.09“ auf dem Angebot vom 15. April 2009 vorgelegen. Damit sei für sie klar gewesen, dass die Ende Mai 2009 fällig werdende 14. Jahresgebühr für das deutsche Patent nicht mehr einzubezahlen sei, während die Parallelpatente in Frankreich und Italien dagegen weiter aufrecht zu erhalten seien. Erst am 7. Oktober 2010 habe die Patentabteilung der C…-GmbH von ihm erfahren, dass die Nichtzahlung der Gebühr nicht seinem Willen entsprochen habe. Der durch Nichtzahlung der 14. Jahresgebühr eingetretene Rechtsverlust stelle sich als Verkettung unglücklicher Umstände, Missverständnisse und unterschiedlicher Vorstellungen der Beteiligten über den wahren Sachverhalt dar.
Am 2. Dezember 2011 erfolgte die Umschreibung des verfahrensgegenständlichen Patents auf Herrn K…
Im Zwischenbescheid des DPMA vom 9. Mai 2012 wurde der Wiedereinsetzungsantrag des Herrn K… zwar als zulässig erachtet, weil er seine materielle Berechtigung als Rechtsnachfolger der C..-GmbH im Zeitpunkt der Stellung des Wiedereinsetzungsantrages nachgewiesen und die Umschreibung auf sich beantragt habe. Aber der Antrag wurde als unbegründet angesehen, weil die frühere Patentinhaberin nicht schuldlos verhindert gewesen sei, die Frist zur Einzahlung der Jahresgebühr einzuhalten. Da Herr K… das Übernahmeangebot am 16. April 2009 abgelehnt habe, habe die C…-GmbH, die das Patent habe aufgeben wollen, bewusst und gewollt die fristgerechte Einzahlung der Jahresgebühr unterlassen. Dass die Ablehnung des Angebots auf einem Irrtum des Herrn K… beruht habe, ändere nichts am Willen der früheren Patentinhaberin im Zeitpunkt der Nichtzahlung.
Mit dem am 20. September 2012 beim DPMA eingegangenen Schriftsatz vom 19. September 2012 legte Herr K… ein an ihn gerichtetes Schreiben der C…GmbH vom 14. September 2012 zum Beleg dafür vor, dass zwischen ihm und Herrn W… von der Patentabteilung der C…-GmbH im September 2009 mehrere Telefonate geführt worden seien. Zu diesem Zeitpunkt sei der C…GmbH klar gewesen, dass er das ganze Schutzrecht und nicht nur den italienischen und französischen Teil habe übernehmen wollen. Leider sei es hinsichtlich der Zuständigkeit, wer die nationale Gebühr für den deutschen Teil (nachträglich) entrichte, zu einem Missverständnis gekommen, weshalb die Nachzahlungsfrist von der C…-GmbH versehentlich versäumt worden sei. Dies sei angesichts der unübersichtlichen Sachlage im Zeitraum von September bis Dezember 2009 entschuldbar.
Mit Beschluss vom 25. September 2012 hat das DPMA den Wiedereinsetzungsantrag des Herrn K… zurückgewiesen. Zur Begründung ist auf den Zwischenbescheid vom 9. Mai 2012 verwiesen worden. Mit der Eingabe vom 19. September 2012 seien keine neuen Einlassungen vorgetragen worden, die nicht bereits im vorgenannten Bescheid berücksichtigt worden seien.
Hiergegen hat Herr K… Beschwerde eingelegt, ohne diese weiter zu begründen. Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2013 hat er mitgeteilt, dass er das verfahrensgegenständliche Patent am 14. Oktober 2013 auf die Beschwerdeführerin übertragen habe.
Die Umschreibung auf die Beschwerdeführerin ist am 24. Oktober 2013 im Patentregister erfolgt. Sie beantragt,
den Beschluss des DPMA vom 25. September 2012 aufzuheben und Wiedereinsetzung in die Frist zur Nachzahlung der 14. Jahresgebühr nebst Zuschlag zu gewähren.
Sie verfolgt den Wiedereinsetzungsantrag und das Beschwerdeverfahren ihres Rechtsvorgängers weiter. Sie ist der Ansicht, der Wiedereinsetzungsantrag ihres Rechtsvorgängers sei zulässig gewesen. Die Entscheidung des BGH GRUR 2008, 551 - Sägeblatt stehe dem schon deshalb nicht entgegen, weil die zum Zeitpunkt der Antragstellung im Register eingetragene C…-GmbH der Stellung des Wiedereinsetzungsantrags im Schreiben vom 8. Oktober 2010 explizit zugestimmt habe. Der Wiedereinsetzungsantrag sei auch begründet. Die Nachfrist zur Zahlung der 14. Jahresgebühr sei nicht eingehalten worden, weil Herr K… als Laie möglicherweise missverständliche Aussagen am Telefon gegenüber dem verantwortlichen Patentsachbearbeiter der C…-GmbH, Herrn W…, gemacht habe. Obgleich von einem Unternehmen erwartet werden könne, dass Jahresgebührenzahlungen für Patente zuverlässig verwaltet und abgewickelt werden, könnten nicht derart strenge Maßstäbe an die Berufsausübung von Patentsachbearbeitern angelegt werden, wie es beispielsweise Patentanwälten abverlangt werde. Eine umfangreiche Aufklärung der Gebührenlage durch anwaltliche Mitwirkung sei nicht erfolgt, und eine gezielte Nachfrage zur Erforschung des eindeutigen Willens und der geplanten oder erfolgten Handlungen von Herrn K… und der tatsächlichen Rechtslage habe - entschuldbar - nicht stattgefunden. Das im Schreiben der C…-GmbH vom 14. September 2012 dokumentierte Missverständnis (vgl. Seite 2, letzter Absatz) sei womöglich zustande gekommen, weil schon die Angebotsschreiben für die verschiedenen zur Übertragung anstehenden Schutzrechte, nämlich für Frankreich, Italien und Deutschland, verschieden gestaltet gewesen seien. In dem ursprünglich die Verwirrung beim Herrn K… hervorrufenden Schreiben vom 15. April 2009 seien keine standardisierten, dem Rückempfänger eindeutig den Willen des Mitarbeiters signalisierende Vorgaben gemacht worden. Bei dem den französischen und den italienischen Teil betreffenden Angebot vom 15. Juni 2009 habe der Empfänger eine eindeutige Rückantwort abgeben können. Diese eindeutige Vorformulierung sei dann später auch im Angebotsschreiben vom 8. Oktober 2010 verwendet worden und habe zur rechtsgeschäftlichen Übertragung der Rechte an Herrn K… geführt. Aufgrund einiger Missverständnisse treffe weder Herrn K… ein Verschulden dafür, dass die 14. Jahresgebühr nicht bis zum 30. November 2009 entrichtet worden sei, noch habe der damals zuständige Sachbearbeiter W… davon ausgehen können, die C…-GmbH hätte noch die Jahresgebühr zahlen sollen. Als Beweis würden das Schreiben der C…-GmbH vom 14. September 2012 sowie die Zeugen K… und W… angeboten. Somit habe die Verknüpfung unglücklicher Umstände einerseits auf Seiten von Herrn K…, verursacht durch missverständliche Formschreiben, Rückantworten und Telefonate, und andererseits auf Seiten der C…-GmbH, die ihrerseits verstanden habe, dass Herr K… die überfällige Jahresgebühr entrichten würde, zu dem Rechtsverlust geführt, obwohl sowohl Herr K… wie auch die C…-GmbH übereinstimmend das in Rede stehende Schutzrecht hätten aufrechterhalten wollen.
Auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis hat sich Herr K… am 21. Februar 2014 schriftlich damit einverstanden erklärt, dass die gegenwärtige Patentinhaberin das vorliegende Verfahren übernimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
1. Die P… GmbH & Co. KG ist zur Übernahme des von ihrem Rechtsvorgänger K… eingeleiteten Beschwerdeverfahrens gemäß § 99 Abs. 1 PatG i. V. m. § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO befugt, weil sie seit der am 24. Oktober 2013 erfolgten Eintragung im Register Inhaberin des verfahrensgegenständlichen Patents ist und der bisherige Patentinhaber und Beschwerdeführer K… am 21. Februar 2014 sein Einverständnis mit der Übernahme des Beschwerdeverfahrens durch die gegenwärtige Patentinhaberin erklärt hat.
Zwar verlangt § 265 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht die Zustimmung des Veräußerers bzw. des bisher eingetragenen Patentinhabers, sie ist aber erforderlich, weil er nicht gegen seinen Willen zum Ausscheiden gezwungen werden kann (Schulte, PatG, 9. Aufl., § 74 Rdnr. 9; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 34. Aufl. 2013, § 265 Rdnr. 17).
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist auch statthaft, weil eine gesetzliche Frist im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG, nämlich die Frist zur Zahlung der 14. Jahresgebühr, versäumt worden ist. Diese Zahlungsfrist ergibt sich aus Art. II § 7 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG i. V m. § 17 Abs. 1 PatG, §§ 3 Abs. 2 Satz 1, 7 Abs. 1 PatKostG. Ausgehend vom Anmeldetag 11. Mai 1996 war die 14. Jahresgebühr am 31. Mai 2009 fällig, hätte bis zum 31. Juli 2009 zuschlagsfrei und bis zum 30. November 2009 mit Zuschlag gezahlt werden können. Tatsächlich erfolgte die Zahlung aber erst am 29. Oktober 2010 mittels Erteilung einer Lastschrifteinzugsermächtigung (§ 2 Nr. 4 PatKostZV a. F.).
3. Problematisch könnte erscheinen, ob der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin, Herr K…, zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags berechtigt war. Im Zeitpunkt der Antragstellung war nämlich noch die C..-GmbH im Register als Patentinhaberin eingetragen und deshalb war nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH GRUR 2013, 713, 716 Rdnr. 52 f. – Fräsverfahren; GRUR 2008, 551, 552 Rdnr. 9 - Sägeblatt) gemäß § 30 Abs. 3 Satz 2 PatG auch nur diese berechtigt, einen Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen.
Allerdings erscheint es im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen, dass Herr K… befugt war, die Wiedereinsetzung als gewillkürter Prozessstandschafter zu beantragen. Nach dem von der Rechtsprechung entwickelten Rechtsinstitut der gewillkürten Prozessstandschaft darf jemand ein fremdes Recht aufgrund einer ihm von dem Berechtigten erteilten Ermächtigung im eigenen Namen gerichtlich verfolgen, sofern er hieran ein schutzwürdiges Interesse hat, wobei dieses Interesse auch wirtschaftlicher Natur sein kann (BGH GRUR 2014, 65, 69 Rdnr. 24 – Beuys-Aktion; GRUR 2009, 181, 182 Rdnr. 18 – Kinderwärmekissen; GRUR 2008, 1108, 1112 Rdnr. 54 – Haus & Grund III; BGHZ 119, 237, 242; NJW 1990, 1117 f.; NJW 1989, 1932; BGHZ 100, 217, 218 m. w. N.). Nach BGH GRUR 2008, 551, 552 Rdnr. 10 - Sägeblatt kommt die Anwendung dieser Grundsätze auch in Betracht, wenn der Erwerber eines Patents bzw. einer Patentanmeldung noch nicht im Patentregister eingetragen ist und daher gemäß § 30 Abs. 2 Satz 3 PatG seine Rechte gegenüber dem Patentamt noch nicht selber geltend machen kann.
Dafür, dass Herr K… befugt war, den Wiedereinsetzungsantrag an Stelle der C…GmbH als gewillkürter Prozessstandschafter zu stellen, könnte vor allem der Umstand sprechen, dass die C…-GmbH im Übertragungsvertrag vom
8./12. Oktober 2010 ausdrücklich ihr Einverständnis mit der Stellung eines Antrages zur Wiedereinsetzung in die Nachfrist zur Zahlung der 14. Jahresgebühr durch Herrn K… erklärt hat. Ferner hatte Herr K… als materiell Berechtigter ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Geltendmachung dieses (formell) fremden Rechts, weil die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag geeignet ist, seine eigene materielle Rechtslage zu beeinflussen. Denn bei Gewährung von Wiedereinsetzung würde das ihm rechtsgeschäftlich übertragene Patent wieder aufleben, während er bei Ablehnung das Patent endgültig verlöre.
4. Letztlich kann die Frage der Antragsberechtigung aber dahingestellt bleiben, weil der Wiedereinsetzungsantrag in der Sache keinen Erfolg hat. Das DPMA hat den Antrag auf Wiedereinsetzung daher zu Recht zurückgewiesen.
a) Zwar wurde der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Wegfall des Hindernisses schriftlich beantragt, die Wiedereinsetzung begründende Tatsachen angegeben und die versäumte Handlung nachgeholt (§ 123 Abs. 2 Satz 1 bis 3 PatG).
Herr K… hat vorgetragen, dass die Patentabteilung der C…-GmbH erst am 7. Oktober 2010 von ihm erfahren habe, dass die Nichtzahlung der 14. Jahresgebühr nicht seinem Willen entsprochen habe, nachdem er am 21. September 2010 von seinem Patentanwalt darüber informiert worden sei, dass der deutsche Teil des europäischen Patents wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr gelöscht worden sei. Die zweimonatige, mit dem Wegfall des Hindernisses beginnende Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG hat somit am 7. Oktober 2010 zu laufen begonnen und hat mit Ablauf des 7. Dezember 2010 geendet. Mit dem Eingang des Wiedereinsetzungsantrages am 29. Oktober 2010 ist diese Frist eingehalten worden. Herr K… hat diesen Wiedereinsetzungsantrag im Schriftsatz vom 28. Oktober 2010 ausführlich begründet (§ 123 Abs. 2 Satz 2 PatG) und die versäumte Handlung, nämlich die Zahlung in Höhe der 14. Jahresgebühr zuzüglich Verspätungszuschlages, mittels Einzugsermächtigung nachgeholt (§ 123 Abs. 2 Satz 3 PatG).
b) Der Wiedereinsetzungsantrag ist aber nicht begründet, weil die C…-GmbH, die bis zum Ablauf der Nachzahlungsfrist am 30. November 2009 im Register als Patentinhaberin eingetragen war, die Frist nicht unverschuldet versäumt hat.
aa) Nach § 30 Abs 3 Satz 2 PatG war die C…-GmbH als eingetragene Patentinhaberin gegenüber dem DPMA zur Zahlung bzw. Nachzahlung der 14. Jahresgebühr bis zum 30. November 2009 verpflichtet. Da aus Gründen der Rechtssicherheit klar sein muss, an wen sich das DPMA wegen der Patentgebühren wenden kann, ist bei der Prüfung, ob die Frist zur Zahlung dieser Gebühr schuldlos versäumt worden ist (§ 123 Abs. 1 Satz 1 PatG) allein auf die zum Zeitpunkt der Zahlungspflicht eingetragene Patentinhaberin abzustellen (BPatGE 49, 53 - Triazolverbindungen; 10 W (pat) 1/06; 10 W (pat) 105/99).
bb) Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, waren auf Seiten der C…-GmbH nicht gegeben.
Die C…-GmbH war an der Einhaltung der Nachfrist zur Entrichtung der 14. Jahresgebühr nebst Zuschlag am 30. November 2009 tatsächlich nicht verhindert. Vielmehr hat sie diese Zahlungsfrist bewusst verstreichen lassen. Denn sie wollte, wie das Übernahmeangebot an Herrn K… im Schreiben vom 15. April 2009 belegt, das verfahrensgegenständliche Patent aufgeben. Nachdem Herr K… am 16. April 2009 dieses Angebot ausdrücklich abgelehnt hatte, hat sie die Gebührenzahlung bewusst und gewollt unterlassen und die am 30. November 2009 ablaufende Nachzahlungsfrist verstreichen lassen. In einem solchen Fall ist für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich kein Raum (BGHZ 2, 347, 350 = NJW 1951, 717; NJW 1973, 1890 f.; BPatG Mitt 1973, 176 f.). Dass die Ablehnung des Übernahmeangebots auf einem Irrtum des Herrn K… beruhte, war seiner Rechtsvorgängerin bis zum Ablauf der Nachfrist nicht bekannt. Auch wenn sie bei ihrer Entscheidung, die 14. Jahresgebühr nebst Zuschlag nicht zu entrichten, von der unzutreffenden Annahme ausgegangen wäre, Herr K… lehne den deutschen Teil ab, könnten die Rechtsfolgen dieser auf falschen Motiven beruhenden Entscheidung nicht mit Hilfe des Rechtsinstituts der Wiedereinsetzung korrigiert werden.
cc) Soweit Herr K… in dem beim DPMA am 20. September 2012 eingegangenen Schriftsatz vom 19. September 2012 unter Vorlage des Schreibens der C…GmbH vom 14. September 2012 erstmals behauptet, dass der C…-GmbH bereits im September 2009, also noch vor Ablauf der Nachfrist, klar gewesen sei, dass Herr K… das ganze Schutzrecht habe übernehmen wollen und es zu einem Missverständnis gekommen sei, wer die 14. Jahresgebühr für das vorliegende Patent zahle, handelt es sich um nachgeschobene Wiedereinsetzungsgründe, die nach Ablauf der Wiedereinsetzungsfrist am 7. Dezember 2010 unzulässig sind (BGH GRUR 2004, 80, 81 – Verspätete Berufungsbegründung). Diese erstmals nach Fristablauf vorgetragenen Tatsachen können auch im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden (BGH NJW 1991, 1892 f.). Denn der Antrag hat eine in sich geschlossene, nicht ergänzungsbedürftige Sachdarstellung enthalten (BGH NJW 1997, 1708 f.).
dd) Aber selbst wenn dieser Sachverhalt nicht verspätet vorgetragen worden wäre, würde er nicht ausreichen, um eine Wiedereinsetzung zu rechtfertigen. Denn die aufgestellte Behauptung kann weder dem vorgelegten Schreiben entnommen werden, noch ist sie hinreichend substantiiert, um eine Beweisaufnahme durch Vernehmung der von der Beschwerdeführerin angebotenen Zeugen K… und W… durchzuführen.
Nach dem maßgeblichen Wortlaut im letzten Absatz auf Seite 2 des Schreibens der C…-GmbH vom 14. September 2012 kann sich ihr in der Patentabteilung tätiger Mitarbeiter W… an persönliche Telefonate mit Herrn K… erinnern, in denen neben technischen Details des Hauptanspruchs auch über die Weiterfüh- rung des Patents gesprochen worden sei. Insbesondere habe er Herrn K… auf die Notwendigkeit hingewiesen, nationale Vertreter für Frankreich und Italien zu bestimmen. Bezüglich des deutschen Teils teilt er in diesem Schreiben lediglich mit, dass er davon ausgegangen sei, dass Herr K… „ggf. die nationale Gebühr innerhalb der Nachzahlfrist, also bis 30. November 2009, entrichten“ werde, was „unter Umständen auf einem Missverständnis“ beruht habe. Ferner wird mitgeteilt, dass die Mitteilung des DPMA vom „09.10.2012“ - gemeint ist wohl die Mitteilung des DPMA vom „09.10.2009“ mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Nachzahlung der 14. Jahresgebühr bis zum 30. November 2009 - nicht an Herrn K… weitergeleitet worden sei.
Dem Wortlaut dieses Schreibens kann nicht entnommen werden, dass dem Mitarbeiter der C…-GmbH bereits im September 2009 klar gewesen sei, dass Herr K… das ganze Schutzrecht habe übernehmen wollen. Zum einen fehlt die konkrete Mitteilung, dass Herr K…, nachdem er am 16. April 2009 bereits in schriftlicher Form die Übernahme des vorliegenden deutschen Teils ausdrücklich abgelehnt hatte, im September 2009 gegenüber der C..-GmbH nunmehr diese Entscheidung rückgängig gemacht und die verbindliche Erklärung abgegeben habe, nunmehr neben dem italienischen und französischen Teil auch den vorliegenden deutschen Teil übernehmen zu wollen. Zum anderen wäre dann auch eine verbindliche Vereinbarung darüber getroffen worden, wer die bereits fälligen Gebühren innerhalb der noch laufenden Nachfrist zahlt, damit der deutsche Teil nicht erlischt. Die im Schreiben gewählte vage Formulierung, dass Herr K… „ggf. die nationale Gebühr innerhalb der Nachzahlfrist, also bis 30. November 2009, entrichten“ werde, belegt, dass zu diesem Zeitpunkt eine derartige Klarheit nicht bestanden hat, zumal auch die näheren Umstände des behaupteten Missverständnisses nicht mitgeteilt werden und Herr K… im Schriftsatz vom 28. Oktober 2010 vorgetragen hat, dass er noch im April 2009 die für den deutschen Teil angegebene Gebührenhöhe von 1.060 € als erschreckend hoch empfunden habe. Gegen die von Herrn K… behauptete Kenntnis der C…-GmbH von seinem Übernahmewillen auch hinsichtlich des deutschen Teils spricht zudem das Schreiben der C…-GmbH vom
30. Dezember 2009, in welchem ausschließlich von der Übertragung des französischen und italienischen Teils die Rede ist. Wenn im September 2009 schon über den deutschen Teil gesprochen worden wäre, hätte Herr K… spätestens nach Erhalt dieses Bestätigungsschreibens und nicht erst im September 2010 Anlass gehabt, sich nach dem deutschen Teil zu erkundigen.
Hinzu kommt, dass der Vortrag von Herrn K… widersprüchlich ist, wenn er zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrages im Schriftsatz vom 28. Oktober 2010 behauptet, dass er erst am 21. September 2010 erfahren habe, dass in dem Zeitraum zwischen seiner Übernahmeerklärung vom 13. Juli 2009 und dem Erhalt des Schreibens der C…-GmbH vom 30. Dezember 2009 die letzte Frist zur Zahlung der 14. Jahresgebühr mit Verspätungszuschlag für den deutschen Teil am 30. November 2009 abgelaufen sei. Denn nach dem von ihm mit Schriftsatz vom 19. September 2012 vorgelegten Schreiben der C…-GmbH vom 14. September 2010 soll diese Frist bereits im September 2009 ausdrücklich Thema in Telefongesprächen zwischen Herrn K… und Herrn W… gewesen sein.
ee) Selbst wenn man aber diesen neuen Vortrag als hinreichend substantiiert, glaubhaft gemacht und rechtzeitig unterstellte, wäre der Wiedereinsetzungsantrag ebenfalls unbegründet, weil dann die Einzahlung der 14. Jahresgebühr nebst Zuschlag innerhalb der Nachfrist von der C…-GmbH als eingetragener Patentinhaberin schuldhaft versäumt worden wäre.
Denn wenn die C…-GmbH aus den Telefonaten im September 2009 mit Herrn K… erfahren hätte, dass er entgegen seiner schriftlich geäußerten Erklärung nun doch noch auch den deutschen Teil übernehmen wolle, hätte ihre Patentabteilung klar regeln müssen, wer die 14. Jahresgebühr nebst Verspätungszuschlag noch innerhalb der Nachfrist bis zum 30. November 2009 einzahlt, damit der noch zu übertragende deutsche Teil des europäischen Patents nicht erlischt. Auf keinen Fall hätte sie diese Frage in der aus dem Schreiben vom 14. September 2012 ge- schilderten Weise handhaben dürfen. Sie hätte nicht nur davon ausgehen dürfen, dass „ggf.“ Herr K… als künftiger Erwerber die Zahlung übernimmt, sondern die Gebührenzahlung auf jeden Fall sicherstellen müssen, zumal sie sich ausweislich des für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Hinweisblattes, das dem Angebot des italienischen und französischen Teils beigefügt war, regelmäßig verpflichtet, vor der Angebotsannahme fällig werdende Gebühren zu bezahlen.
Da das verfahrensgegenständliche Patent wegen der Nichtzahlung der 14. Jahresgebühr seit dem 1. Dezember 2009 unverändert erloschen ist, sind etwaige weitere Jahresgebührenzahlungen ohne Rechtsgrund erfolgt und daher vom DPMA zu erstatten.
III. Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nur gegeben, wenn gerügt wird, dass 1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerdeschrift muss von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet und innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe eingereicht werden. Die Frist kann nicht verlängert werden.
Rauch Püschel Kortge prö