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X S 5/12 (PKH)

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 29.8.2012, X S 5/12 (PKH)

Steuergeheimnis Tatbestand I. Der Antragsteller erhob Klage wegen der ihm gegenüber für die Streitjahre ergangenen Einkommensteuer- und Gewerbesteuermess-Bescheide. In diesen Bescheiden waren die Gewinne im Schätzungswege ermittelt worden. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur teilweise statt. Es bejahte die Schätzungsbefugnis des Beklagten (Finanzamt --FA--). Das FG sah die vom FA vorgenommene Schätzung als überhöht an. Im Rahmen seiner eigenen Schätzung erhöhte das FG die erklärten Betriebseinnahmen um 25 %. Für ein noch durchzuführendes Beschwerdeverfahren wegen der Nichtzulassung der Revision begehrt der anwaltlich vertretene Antragsteller Prozesskostenhilfe (PKH).

Entscheidungsgründe II. Der Antrag auf Gewährung von PKH wird abgelehnt, weil die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

1. Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies ist hier nicht der Fall.

2. Die vom Antragsteller geltend gemachten Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) liegen nicht vor.

a) Zwar kann ein Verstoß gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO und damit ein Verfahrensfehler gegeben sein, wenn das FG den Akteninhalt nicht vollständig und richtig zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. September 2000 VII B 92/00, BFH/NV 2001, 605). Voraussetzung hierfür ist aber, dass eine nach Aktenlage feststehende Tatsache unberücksichtigt bleibt (BFH-Beschluss vom 27. September 1999 I B 83/98, BFH/NV 2000, 673). Hingegen liegt kein Verfahrensverstoß, sondern ein grundsätzlich nicht zur Revisionszulassung führender materiell-rechtlicher Mangel vor, wenn das FG aus vorhandenen Tatsachen und Beweismitteln die unzutreffenden Schlussfolgerungen zieht.

Im Streitfall macht der Antragsteller geltend, das FG habe zu Unrecht angenommen, im Betrieb des Antragstellers und in demjenigen seines Nachfolgers im Zeitraum vom 15. bis 31. Mai 2001 hätten vergleichbare Verhältnisse vorgelegen, weil vor und unmittelbar nach der Betriebsübergabe die Kassenabrechnungen von Frau K gefertigt worden seien. Hingegen zeige ein Augenscheinsvergleich der Kassenabrechnungen für den Zeitraum vom 15. bis 31. Mai 2001 mit vom Antragsteller im Klageverfahren vorgelegten Kassenabrechnungen für andere Zeiträume, dass auffällige Unterschiede zwischen den Handschriften bestünden und Frau K daher nicht Urheberin der Abrechnungen für die genannten Zeiträume im Mai 2001 gewesen sei.

Dieses Vorbringen des Antragstellers berücksichtigt nicht, dass das FG seine Annahme, es hätten sich die Verhältnisse im Betrieb des Nachfolgers in der Anfangszeit nicht wesentlich von denjenigen im Betrieb des Antragstellers geändert, auf eine Gesamtwürdigung gestützt hat. Das FG hat nicht nur die jeweiligen Kassenabrechnungen herangezogen, sondern auch die Aussagen der von ihm vernommenen Zeugen berücksichtigt. So hatte der als Zeuge vernommene Betriebsnachfolger Herr K u.a. ausgesagt: "Nach Übernahme des Taxibetriebs habe ich auch keine Kenntnis von den Schichtblöcken gehabt. Die Abrechnung ist dann weiter von Frau K gemacht worden." In die gleiche Richtung geht auch die Aussage der Zeugin X. Diese hat u.a. ausgesagt: "Nach der Übernahme des Taxibetriebs durch Herrn K hat sich im Ablauf eigentlich nichts verändert." Die Annahme des FG, die Verhältnisse seien zunächst unverändert geblieben, steht daher nicht im Widerspruch zum eindeutig gegenteiligen Inhalt der Akten.

b) Es liegt im Streitfall auch keine unzulässige Überraschungsentscheidung vor. Eine solche ist gegeben, wenn das Gericht seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt gestützt und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben hat, mit der alle oder einzelne Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchten (ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss vom 9. November 2011 II B 105/10, BFH/NV 2012, 254).

Der Antragsteller macht in dieser Hinsicht geltend, das FG habe in seinem Urteil die erklärten Betriebseinnahmen im Wege der Schätzung um 25 % erhöht. Zwar habe das FG in der mündlichen Verhandlung einen entsprechenden Einigungsvorschlag unterbreitet. Das FG habe aber nicht in der mündlichen Verhandlung, sondern erst im Urteil erläutert, aus welchen Umständen die Differenz zwischen den Bareinnahmen laut Fahrerzetteln und denjenigen laut den Kassenabrechnungen abzuleiten sei. Er, der Antragsteller, habe darauf vertrauen dürfen, dass das FG aufgrund der im Klageverfahren eingereichten Unterlagen die vom Antragsteller gehandhabten Eintragungsmodalitäten erkennen und daher den zuvor unterbreiteten Einigungsvorschlag dem Urteil nicht zugrunde legen werde.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Antragsteller keine unzulässige Überraschungsentscheidung auf. Eine solche liegt nur vor, wenn einem Beteiligten durch ein nicht vorhersehbares Urteil die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) genommen wird. Im Streitfall ist das Gegenteil geschehen. Das FG hat sein Urteil auf einen Gesichtspunkt gestützt, auf den es bereits in seinem Einigungsvorschlag in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hatte. Ausweislich der Niederschrift über diese Verhandlung hat das FG erklärt, dass der Vorschlag auf Daten des Nachfolgebetriebs des Herrn K beruht. Der Antragsteller musste daher damit rechnen, dass das FG Hinzurechnungen für erforderlich halten würde. Auch hat das FG hinreichend deutlich gemacht, es werde hierbei an die Verhältnisse im Nachfolgebetrieb anknüpfen.

c) Mit der Verwertung der Daten des Nachfolgebetriebs des Herrn K hat das FG das Steuergeheimnis gemäß § 30 der Abgabenordnung (AO) nicht verletzt. Die Frage eines etwaigen Verwertungsverbots stellt sich daher nicht.

Nach § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO ist die Offenbarung der das Steuergeheimnis betreffenden Verhältnisse eines Dritten (Abs. 2 der Vorschrift) zulässig, wenn sie u.a. der Durchführung eines Besteuerungsverfahrens dient. Dies ist dann der Fall, wenn die Daten eine Prüfung der in einem solchen Verfahren relevanten Tatbestandsmerkmale ermöglichen, erleichtern oder auf eine festere Grundlage stellen können (Klein/Rüsken, Abgabenordnung, 11. Aufl., § 30 Rz 71). Hiervon ist das FG unter Zugrundelegung seiner Auffassung ausgegangen, wonach der Nachfolgebetrieb in seiner Anfangsphase im Wesentlichen unverändert fortgeführt worden und daher hinsichtlich der betrieblichen Daten mit demjenigen des Antragstellers vergleichbar sei. Auch hat das FG dargetan, dass sich die zutreffenden Umsätze und Betriebseinnahmen allein mittels der Aufzeichnungen des Antragsstellers nicht ermitteln lassen. Die Heranziehung der Daten des Herrn K steht demgemäß im Einklang mit § 30 AO.

3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (Gräber/ Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 142 Rz 93).

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