VIa ZR 1670/22
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VIa ZR 1670/22 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 14. Mai 2024 Breit Justizfachangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2024:140524UVIAZR1670.22.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis zum 23. April 2024 eingereicht werden konnten, durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Krüger, Wille und den Richter Liepin für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 7. Dezember 2022 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 65.000 € festgesetzt.
Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen in einem Kraftfahrzeug auf Schadensersatz in Anspruch. 2 Der Kläger erwarb im November 2019 von einem Dritten einen von der Beklagten hergestellten Neuwagen Mercedes-Benz V 250 d AVG. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 654 (Schadstoffklasse Euro 6) ausgestattet. Den Kaufpreis finanzierte der Kläger teilweise durch ein Darlehen der Mercedes-Benz Bank AG (künftig Darlehensgeberin). Dem Darlehensvertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Darlehensgeberin zugrunde. Dort hieß es unter anderem:
"II. Sicherheiten Der Darlehensnehmer räumt dem Darlehensgeber zur Sicherung aller gegenwärtigen und bis zur Rückzahlung des Darlehens noch entstehenden sowie bedingten und befristeten Ansprüche des Darlehensgebers aus der Geschäftsverbindung einschließlich einer etwaigen Rückabwicklung, gleich aus welchem Rechtsgrund, Sicherheiten gemäß nachstehenden Ziffern 1 - 3 ein. […]
[…]
3. Abtretung von sonstigen Ansprüchen Der Darlehensnehmer tritt ferner hiermit folgende - gegenwärtige und zukünftige - Ansprüche an den Darlehensgeber ab, [der] diese Abtretung annimmt:
- […]
- […]
- gegen den Verkäufer für den Fall einer Rückgängigmachung des finanzierten Vertrages oder Herabsetzung der Vergütung.
- gegen die […] [Beklagte], […], gleich aus welchem Rechtsgrund. Ausgenommen von der Abtretung sind Gewährleistungsansprüche aus Kaufvertrag des Darlehensnehmers gegen die […] [Beklagte] oder einen Vertreter der […] [Beklagten]. Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber auf Anforderung jederzeit die Namen und Anschriften der Drittschuldner mitzuteilen.
[…]
6. Rückgabe der Sicherheiten Der Darlehensgeber verpflichtet sich, nach Wegfall des Sicherungszweckes (alle Zahlungen unanfechtbar erfolgt) sämtliche Sicherungsrechte (Abschnitt II. Ziff. […] 3) zurückzuübertragen […]. Bestehen mehrere Sicherheiten, hat der Darlehensgeber auf Verlangen des Darlehensnehmers schon vorher nach [seiner] Wahl einzelne Sicherheiten oder Teile davon freizugeben, falls deren realisierbarer Wert 120% der gesicherten Ansprüche des Darlehensgebers überschreitet. […]" Der Kläger, dessen Klage in beiden Instanzen erfolglos geblieben ist, hat die Beklagte zuletzt auf Zahlung von 31.759,16 € nebst Prozesszinsen und Freistellung von Ansprüchen der Darlehensgeberin aus dem Darlehensvertrag jeweils Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs in Anspruch genommen. Ferner hat er die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begehrt. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Schlussanträge aus der Berufungsinstanz weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe kein Anspruch gegen die Beklagte zu. Der Kläger sei nicht aktivlegitimiert, weil er etwaige deliktische Ansprüche an die Darlehensgeberin abgetreten und eine Rückabtretung nicht vorgetragen habe.
Die in den Darlehensvertrag einbezogene Abtretungsklausel erfasse die geltend gemachten deliktischen Ansprüche und halte einer Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB stand. Weder sei sie - weil bankenüblich - überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB noch benachteilige sie den Kläger unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Klausel sei auch nicht unklar. Aufgrund der Offenlegung der Sicherungsabtretung könne der Kläger nicht Zahlung an sich verlangen.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der Begründung des Berufungsgerichts können die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nicht abgelehnt werden. Der Kläger ist vielmehr als Käufer Anspruchsinhaber möglicher deliktischer Ansprüche gegen die Beklagte, weil die in der Sicherungsabrede zwischen dem Kläger und der Darlehensgeberin enthaltene Abtretungsklausel nach § 307 Abs. 1 und 2 Nr. 1, §§ 134, 400 BGB, § 850b Abs. 1 Nr. 1 ZPO nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 1657/22, BGHZ 237, 281 Rn. 7 ff.; Urteil vom 11. September 2023 - VIa ZR 1693/22, juris Rn. 7 mwN).
III.
Das Berufungsurteil ist gemäß § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben, da es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Das Berufungsgericht hat keine tragfähigen Feststellungen zu einer Haftung der Beklagten wegen einer deliktischen Schädigung des Klägers getroffen, so dass die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
C. Fischer Wille Möhring Liepin Krüger Vorinstanzen: LG Stuttgart, Entscheidung vom 05.01.2022 - 15 O 471/21 OLG Stuttgart, Entscheidung vom 07.12.2022 - 23 U 18/22 -