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V B 121/14

BUNDESFINANZHOF Beschluss vom 1.4.2015, V B 121/14 Aussetzung des Verfahrens - vorgreifliches Rechtsverhältnis - Beschwerdegegenstand Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Hessischen Finanzgerichts vom 4. September 2014 6 K 3067/10 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Finanzgerichts (FG) vom 4. September 2014, mit dem es die Aussetzung des Klageverfahrens 6 K 3067/10 (geänderte Umsatzsteuerfestsetzung 1998) bis zur Entscheidung des Rechtsstreits 6 K 2648/12 (Abrechnungsbescheid) mangels Vorgreiflichkeit abgelehnt hat.

Gegenüber der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) --einer GmbH & Co. KG-- erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) nach einer Steuerfahndungsprüfung den am 8. Dezember 2008 nach § 173 der Abgabenordnung (AO) geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1998, in dem geringere Vorsteuerbeträge berücksichtigt wurden. Dies führte zugleich zu einer geänderten Festsetzung der Zinsen zur Umsatzsteuer für 1998.

Mit der dagegen beim FG am 26. November 2010 erhobenen Klage (6 K 3067/10) beantragte die Klägerin: "Der geänderte Umsatzsteuerbescheid für 1998 über Umsatzsteuer und Zinsen vom 8. Dezember 2008 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. November 2010 wird dahingehend geändert, dass Vorsteuerbeträge in Höhe von 725.000 DM in 1998 zum Abzug zugelassen werden. Die Umsatzsteuer wird für 1998 auf minus 329.783,26 EUR festgesetzt. Die Zinsen zur Umsatzsteuer werden auf 122,71 EUR festgesetzt." Weitere Hauptanträge hat die Klägerin nicht gestellt. Zur Begründung führte sie u.a. aus, dass die Umsatzsteuervergütung aufgrund des ursprünglichen Umsatzsteuerbescheids für 1998 ihr gegenüber vom FA nicht entrichtet worden sei, weshalb auch eine Rückforderung aufgrund des geänderten Umsatzsteuerbescheids nicht in Betracht komme.

Nach Ergehen eines richterlichen Hinweises in der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2012 beantragte die Klägerin wegen der Streitigkeit, ob die Umsatzsteuervergütung u.a. für 1998 an sie ausbezahlt worden sei, beim FA den Erlass eines Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 AO. Gegen den Abrechnungsbescheid vom 25. September 2012 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 28. November 2012 hat die Klägerin am 14. Dezember 2012 Klage beim FG erhoben (Az. 6 K 2648/12).

Mit Schriftsatz vom 18. August 2014 beantragte die Klägerin beim FG, das Klageverfahren wegen Umsatzsteuer für 1998 nebst Zinsen (6 K 3067/10) gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auszusetzen, bis über das vorgreifliche Verfahren 6 K 2648/12 wegen des Abrechnungsbescheids entschieden sei. Dazu führt sie u.a. aus: "Das finanzgerichtliche Verfahren über den berichtigten Bescheid zur Umsatzsteuer und Zinsen 1998 vom 8. Dezember 2008 ist deshalb nach pflichtgemäßen Ermessen zwingend auszusetzen." Nach Anhörung der Beteiligten lehnte das FG den Antrag auf Aussetzung des Verfahrens 6 K 3067/10 durch Beschluss vom 4. September 2014 ab. Das Verfahren wegen des Abrechnungsbescheids sei für das Klageverfahren wegen Umsatzsteuer für 1998 nebst Zinsen nicht vorgreiflich. In diesem Zusammenhang könne dahinstehen, ob die Klägerin mit ihrer Klage wegen Umsatzsteuer für 1998 nebst Zinsen zugleich auch die im geänderten Umsatzsteuerbescheid enthaltene Abrechnungsverfügung angefochten habe. Mit Erlass eines Abrechnungsbescheids über Streitigkeiten von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis entfalle das Rechtsschutzinteresse an der Entscheidung einer angefochtenen Abrechnungsverfügung. Da mit dem Abrechnungsbescheid über Streitigkeiten im Erhebungsverfahren entschieden werde, könne dieser nicht vorgreiflich für die Festsetzung der Umsatzsteuer sein.

Hiergegen richtet sich die --vom FG nicht abgeholfene und dem Bundesfinanzhof (BFH) vorgelegte-- fristgerecht erhobene Beschwerde der Klägerin. Sie macht u.a. geltend, der Abrechnungsbescheid sei gegenüber dem --unter Az. 6 K 3067/10 (mit)angefochtenem-- Rückforderungsbescheid vorgreiflich. Deshalb müsse das FG das Verfahren über die festgesetzte Steuer und das Leistungsgebot aussetzen, bis über den Abrechnungsbescheid bestandskräftig entschieden worden sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Hessischen FG vom 4. September 2014 aufzuheben und das Klageverfahren 6 K 3067/10 wegen Umsatzsteuer für 1998 nebst Zinsen bis zu einer Entscheidung im Klageverfahren 6 K 2648/12 wegen des Abrechnungsbescheids auszusetzen.

Das FA hat keine Stellungnahme abgegeben und auch keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe II. Die nach § 128 Abs. 1 FGO zulässige Beschwerde ist unbegründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 FGO).

Das FG hat die Aussetzung des Verfahrens nach § 74 FGO zu Recht abgelehnt. Es ist kein vorgreifliches Rechtsverhältnis erkennbar, das Gegenstand eines anderen Rechtsstreits ist.

Nach dieser Vorschrift kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist.

1. Das Verfahren über die Erhebung der festgesetzten Steuer ist --wie vom FG zutreffend entschieden-- für die Entscheidung in dem Rechtsstreit über die Steuerfestsetzung --hier wegen Umsatzsteuer nebst Zinsen-- nicht vorgreiflich (BFH-Beschluss vom 16. Mai 2007 V B 75/06, BFH/NV 2007, 1688, unter II.a, und Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 74 Rz 17 Spiegelstrich 11; zum umgekehrten Fall der Vorgreiflichkeit des Festsetzungsverfahrens gegenüber dem Erhebungsverfahren, vgl. BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 24/11, BFHE 236, 274, BStBl II 2012, 466, Rz 42, m.w.N.).

2. Die Beschwerde kann auch nicht deshalb zum Erfolg führen, weil die Klägerin nunmehr im Beschwerdeverfahren die Vorgreiflichkeit des Abrechnungsbescheids gegenüber dem Leistungsgebot geltend macht. Dies war nicht Streitgegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens und kann daher im Streitfall im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden.

a) Ein Beschwerdeführer kann grundsätzlich seinen Antrag im Beschwerdeverfahren ändern. Das Beschwerdegericht ist nicht auf eine Nachprüfung in rechtlicher Hinsicht beschränkt. Es hat auch einen neuen Tatsachenvortrag zu berücksichtigen. Jedoch darf dies nicht zu einer so wesentlichen Änderung führen, dass der Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens nicht mehr mit dem des erstinstanzlichen Verfahrens identisch ist; denn dann würde der auf Überprüfung einer bereits ergangenen Entscheidung des FG gerichtete Zweck des Beschwerdeverfahrens verfehlt (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 23. August 1988 VII B 76/88, BFHE 154, 29, BStBl II 1988, 952, und vom 20. Juni 2007 VIII B 36/07, BFH/NV 2007, 1911, unter II.1.).

b) Das Verfahren beim FG hatte ausschließlich die Frage der Vorgreiflichkeit des Anrechnungsbescheids gegenüber der Steuerfestsetzung zum Gegenstand, nicht hingegen die Vorgreiflichkeit des Anrechnungsbescheids gegenüber dem Leistungsgebot. Aus diesem Grund kommt eine diesbezügliche Überprüfung im Streitfall auch nicht in Betracht.

Nach den in der mündlichen Verhandlung vom 4. Mai 2012 gestellten Anträgen sowie dem Inhalt der Schriftsätze im finanzgerichtlichen Verfahren, kann der Senat zudem nicht erkennen, dass die Klägerin das Leistungsgebot überhaupt angefochten hat und es damit Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden ist. Deshalb hat das FG im Prüfungsmaßstab --dem Antrag und den Ausführungen der Klägerin folgend-- zu Recht nur darüber entschieden, ob das Klageverfahren wegen des "berichtigten Bescheids zur Umsatzsteuer und Zinsen 1998 vom 8. Dezember 2008" auszusetzen sei und diesen Antrag --in zutreffender Weise-- abgelehnt. Eine darüber hinausgehende Entscheidung hat das FG nicht getroffen und war auch nicht veranlasst.

c) Unter Berücksichtigung der vorgenannten Gesichtspunkte ist der von der Klägerin angeführte Beschluss des BFH vom 17. September 1998 I B 2/98 (BFH/NV 1999, 440, unter III.1.b und d) im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Dieser Beschluss betrifft inhaltlich nicht das Verhältnis von Festsetzungs- und Erhebungsverfahren, sondern ausschließlich das Verhältnis zwischen Abrechnungs- und Rückforderungsbescheid im Erhebungsverfahren (z.B. Schoenfeld in Beermann/Gosch, FGO § 74 Rz 23 Stichwort --Abrechnungsbescheid--). Letzteres ist aber im Streitfall nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 113 Abs. 2 Satz 3 FGO unter Hinweis auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses abgesehen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 FGO.

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